Protokoll der Sitzung vom 06.03.2007

Meine Damen und Herren, es muss hier im Plenarsaal wirklich ein bisschen ruhiger werden, damit diejenigen, die die Debatte verfolgen wollen, dies auch können.

Der Abgeordnete Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Herr Dürr, Ihre Eloge auf den Markt in allen Ehren. Lesen Sie einmal unseren Antrag. Darin geht es in erster Linie um den Markt. Sie unterstellen hier Dinge, die in der Debatte überhaupt nicht gefallen sind.

Herr Dinkla, Ihre Bilanz wird leider nicht besser, wenn man sie schönredet, weder bei den Autobahnen noch bei Bus und Bahn noch bei der Brennstoffzelle, wo leider wenig passiert ist, wie ich mir vor kurzem angucken konnte. Wir alle werden vor eine Herausforderung gestellt, vor einen fundamentalen Wertewandel, der vieles in unserem Land verändern wird, der auch uns, jedem einzelnen von uns - da nehme ich mich überhaupt nicht aus, Herr Dinkla - in Zukunft vieles abverlangen wird, was die Überprüfung von Verhaltensweisen, des Lebensstils und technische Innovationen angeht. Wie können wir dabei gemeinsam vorankommen?

Meine Sorge ist vor allen Dingen auch, dass das auch ein knallhartes soziales Thema wird. Nicht nur im globalen Maßstab trifft es zuerst die sozial Schwächeren. Auch hier bei uns ergibt sich die Frage: Wo sind in Zukunft die Arbeitsplätze? In welchen Industrien werden sie entstehen? In welchen werden sie den Bach hinuntergehen?

Da gilt meine Sorge VW. VW muss es nämlich rechtzeitig hinkriegen, hierbei einen Wandel zu organisieren und den Markt nicht Toyota zu überlassen. VW muss sagen: Wir sind diejenigen, die das weltweit umweltfreundlichste Fahrzeug auf die Straße setzen, die das den Käuferinnen und Käufern anbieten, die das auch nachfragen. - Dann geht es um Arbeitsplätze, die in Niedersachsen entstehen. Das ist die Diskussion, die wir führen müssen. Deswegen ärgert es mich so, wenn Herr Wulff das Zwölfzylinderauto von VW propagiert, weil das nämlich eine Strategie ist, die diesen Konzern nicht nach vorne bringt. Mit diesen Spielzeugen von Herrn Piëch und Herrn Wulff können die beiden Herren zuhause in den Kinderzimmern mit ihren Kindern spielen, aber VW braucht Zukunftstechnologie.

(Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Das hat Wulff doch nicht zu verantworten! Das sind Schröders Autos! Was redest du denn da?)

Damit müssen wir jetzt anfangen, alle gemeinsam. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Hirche das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kein Zweifel: Der Klimawandel ist ein globales Problem. Deswegen muss man auch in globalen Zusammenhängen denken. Das entbindet einen andererseits nicht, zu gucken, was man zuhause machen kann. Aber wenn man hier Koalitionen schmieden will, Herr Wenzel, wie Sie das als Wunsch angedeutet haben, dann sind die ersten Voraussetzungen dafür Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Dann sollte man mit Unterstellungen aufhören. Der Ministerpräsident hat an keiner Stelle das Zwölfzylinderauto propagiert. Er hat allerdings im Interesse der niedersächsischen Arbeitsplätze darauf hingewiesen, wie sich die Situation im Lande darstellt und dass sich der Konzern unter maßgeblichem Einfluss von Gerhard Schröder, Gerhard Glogows

ki und Sigmar Gabriel für eine Produktion von Luxuswagen entschieden hat, die heute den Konzern mitprägen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber dahinter - ich will das nicht billig machen steht auch eine andere Erkenntnis, die ich den drei Genannten abnehme: Sie können neue technische Errungenschaften zunächst nur mit erheblichen Kosten einführen. Diese Kosten können sie gesellschaftspolitisch eher denen anlasten, die höhere Einkommen haben, um dann mit diesen Errungenschaften in die soziale Breite gehen zu können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Genau das wird hier gemacht. VW erprobt neue Techniken im Zusammenhang mit Autos auch der Oberklasse, die dann für Mittelklasse- und Unterklassewagen genutzt werden können. Das ist eine klare, nachvollziehbare, sozial vertretbare Strategie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danach hat es die Entscheidung gegeben - maßgeblich in den letzten drei, vier Jahren -, in die Anfänge der Produktion des Polo BlueMotion, des Passat BlueMotion, und jetzt in die Entwicklung des Golf BlueMotion zu gehen; alles Autos, die in besonderer Weise sparsam sind. Ich bedanke mich sehr, dass Sie, Herr Wenzel, gesagt haben, Sie hielten nichts von Kassandrarufen. In der Tat hat das, was Ihre Kollegin Künast in völliger Verkennung der Wirklichkeit in Deutschland gesagt hat, dazu geführt, dass in der Öffentlichkeit Negativpositionen diskutiert werden,

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

anstatt dass man stolz darauf wäre, dass die VWFlotte eine viel geringere CO2-Emissionsbilanz als die Flotte von Toyota aufweist. Wenn man irgendwo ein Produkt herausgreift, kommt man automatisch in eine Marktverzerrung hinein; dies halte ich für nicht in Ordnung.

(Beifall bei der FDP)

Wenn hier im Lande dieser Konzern daran arbeitet, dass alternative Kraftstoffe - ob nun nach dem Choren-Verfahren oder nach dem Iogen-Verfahren - entwickelt werden, dann ist dies ein richtiger Weg, der mehr Erfolg als weitere Arbeit an den Motoren verspricht.

Deshalb sollten Sie ruhig zur Kenntnis nehmen und abwägen, was Herr Kollege Rösler gesagt hat. Er hat darauf hingewiesen, dass es genügend Gutachten gibt, die belegen, dass Tempo-30Zonen dann, wenn sie nicht aus Sicherheitsgesichtspunkten erforderlich sind - vor Schulen und ähnlichen Einrichtungen müssen wir diese Zonen auch in Zukunft haben -, nicht propagiert werden sollten, weil in diesen Zonen in einem niedrigeren Gang gefahren wird, was zu schlechteren Verbrennungswerten beim Motor sowie dazu führt, dass der CO2-Ausstoß höher als sonst ist. Wenn Sie es mit der CO2-Debatte ehrlich meinen, dann müssen Sie die pauschale Bejahung von Tempo30-Zonen aufgeben.

Genau das Gleiche gilt für die Gigaliner. Auch in der Studie der Bundesanstalt für das Straßenwesen wurde nachgewiesen, dass zwei große Eurokombis weniger Diesel pro Tonnenkilometer als drei herkömmliche Lastwagen verbrauchen.

(Widerspruch bei der SPD)

- Der Kraftstoffverbrauch verringert sich um 15 % pro Tonnenkilometer. In eine ehrlich geführte CO2Diskussion müssen Sie dieses Argument einführen. Sie können trotzdem noch über andere Fragen diskutieren. Ich sage damit nicht, dass nicht auch andere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Aber unter CO2-Gesichtspunkten ist der Gigaliner die richtige Antwort im Transportgewerbe.

(Beifall bei der FDP - Anhaltender Wi- derspruch bei der SPD)

Wir werden die Diskussion um die Kfz-Steuer weiterhin führen. Im Augenblick zögert der Bund an dieser Stelle, weil er meint, die Versicherungssteuer weise eine höhere Dynamik auf, sodass er sich besser stünde, wenn er sie behielte.

Dies gilt auch für die Diskussion über die Regionalisierungsmittel. Dazu sage ich abschließend, dass wesentliche Verkehrsprojekte im Lande ohne jede Abstriche vollendet werden, ob es nun um die SBahn nach Neugraben

(Zuruf von der CDU: Von Neugraben bis Stade!)

oder die S-Bahn nach Hildesheim oder darum geht, alle Regional-Express-Linien im LNVG-Gebiet mit neuen, modernen Fahrzeugen auszurüsten.

Meine Damen und Herren, eines ist auch klar: Im Hinblick auf eine Reduzierung der vom Verkehr erzeugten CO2-Emissionen ist das Wichtigste, dass die Stausituationen beseitigt werden. Wir brauchen fließenden Verkehr und nicht, wie von den Grünen propagiert, rote Wellen, die nur künstlich CO2-Emissionen in den Städten erzeugen. Das muss nicht sein. Seien Sie in der Diskussion ehrlicher!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, zum diesem Tagesordnungspunkt liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich rufe daher auf

c) Zielgruppe verfehlt - Wulffs Kombilohn ist gescheitert - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3617

Zu Wort hat sich der Abgeordnete Lenz gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

(Zuruf von der CDU: Im Märzen der Bauer, der Lenz ist da!)

Da freuen sich immer alle Leute; das ist richtig.

(Zuruf von der CDU: Nicht alle!)

- Abwarten!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 1. Juli letzten Jahres hat Niedersachsen den Alleingang beim sogenannten NiedersachsenKombi - wie der Weser-Kurier damals titelte, „mit großem Brimborium“ - gestartet.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Her- vorragend!)

Am 26. September, bereits drei Monate nach dem Start, hat Herr Wulff in einer ersten Pressemitteilung große Erfolge verkündet.

(Zustimmung von Hans-Christian Bi- allas [CDU])

Im Januar wurde medienwirksam - ich glaube, es war im Landkreis Peine - der tausendste Kombilöhner begrüßt, und in der vorletzten Woche durf

ten wir einer gemeinsamen Pressemitteilung der Herren Wulff und Oettinger entnehmen, wie erfolgreich dieses Kombilohnmodell in Niedersachsen sei.

(David McAllister [CDU]: Richtig, Lenz! Lenz, du bist auf dem richtigen Weg!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den Arbeitsmarktexperten - ich glaube, das kann man jetzt feststellen - ist längst Ernüchterung eingekehrt; denn die Bilanz sieht bei näherer Betrachtung gar nicht so positiv aus. 1 208 Kombilöhner bis Ende Januar sind in einer Situation, in der die gute Konjunktur den Arbeitsmarkt voll erfasst hat, wahrlich keine positive Bilanz. Schaut man sich einmal die Zielgruppen an, so stellt man fest, dass von diesen 1 208 Kombilöhnern nur rund 20 % unter 25 Jahre alt sind; bei den über 50-Jährigen sind es ganze 9 %. Dies waren die von Ihnen selbst genannten Zielgruppen. Wir stellen fest, dass Sie hier offensichtlich deutlich unter Ihrer eigenen Messlatte geblieben sind.

(Beifall bei der SPD)