Protokoll der Sitzung vom 08.03.2007

(Bernd Althusmann [CDU] meldet sich zu Wort)

- Danach hat Herr Althusmann das Wort. - Herr Albrecht, Sie haben das Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Ich spreche auch zu dieser Petition zum Thema der Berücksichtigung der häuslichen Arbeitszimmer bei der Einkommensteuer. Einiges ist schon gesagt worden. Ich will trotzdem noch einmal verdeutlichen, worum es geht. Die Veränderung bei der Abzugsfähigkeit der häuslichen Arbeitszimmer zum 1. Januar 2007 hat die Petentin, eine Grundschullehrerin - das haben wir eben schon gehört -, dazu veranlasst, eine Petition einzureichen und dort - aus Sicht der Petentin nachvollziehbar - ihren Einwand vorzutragen. Der Wegfall der Abzugsmöglichkeit von 1 250 Euro im Jahr für die Kosten eines abgeschlossenen, separaten Arbeitszimmers ist für den betroffenen Steuerbürger sicherlich schmerzlich, bedeutet er doch eine steuerliche Mehrbelastung von ca. 250 bis 300 Euro im Jahr. Bei Spitzenverdienern - ab 100 000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen - sind es ca. 500 Euro im Jahr.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Welcher Lehrer hat denn 100 000 Euro Ein- kommen?)

Aber von dieser jetzt abgeschafften Abzugsmöglichkeit haben aus verschiedenen Gründen nur noch relativ wenige Steuerbürger profitiert. Auch in der Gruppe der Lehrkräfte gab es bisher große Unterschiede; denn längst nicht alle häuslichen Arbeitszimmer sind von den Finanzämtern und Finanzgerichten als abzugsfähig anerkannt worden.

(Zustimmung bei der CDU)

Nicht nur die Abgeschlossenheit des Arbeitsraumes und die tatsächliche Nutzung des Zimmers spielten hierbei eine Rolle, sondern mehr die Tätigkeit der jeweiligen Lehrkraft. Kollegen, die z. B. als Koordinatoren in den Schulen tätig sind, oder Lehrkräften in naturwissenschaftlichen Fächern wurde schon in den vergangenen Jahren ihr häus

liches Arbeitszimmer in der Regel nicht mehr als abzugsfähig anerkannt.

(Walter Meinhold [SPD]: Weil sie ei- nes in der Schule haben!)

- Nur keine Aufregung, Herr Meinhold! - Natürlich erledigen diese Kollegen - genau wie die übrigen Kollegen - ihre Arbeit in einem sehr großen Umfang zu Hause.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Das heißt, der häusliche Arbeitsplatz wird von den Kollegen als notwendig wahrgenommen, egal ob sie eine Stunde mehr oder weniger von ihrer Arbeitszeit an einem schulischen Arbeitsplatz verbringen. Das ist völlig unabhängig davon. Für die Kollegen war der häusliche Arbeitsplatz trotz alledem der zentrale Arbeitsplatz, an dem sie die meisten ihrer außerunterrichtlichen Arbeiten getätigt haben.

Diese ungleiche Behandlung und auch manch andere Ungereimtheit unseres jetzigen Einkommensteuerrechts hat bei den Kolleginnen und Kollegen schon in der Vergangenheit großes Unverständnis ausgelöst. Der Bundestag hat aus verschiedenen Gründen das Steueränderungsgesetz 2007 auch mit den Stimmen der SPD beschlossen.

(Walter Meinhold [SPD]: Na und?)

Nun kann man inhaltlich darüber unterschiedlicher Meinung sein. Aber diese neue Regelung des Einkommensteuergesetzes basiert auf den damaligen Vorschlägen - Minister Möllring hat das eben schon erwähnt - der beiden Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück zum Abbau von Steuersubventionen. Herr Steinbrück ist heute Bundesfinanzminister und, wenn ich richtig informiert bin, Mitglied der SPD. Wer dieses Gesetz inhaltlich ändern will, der ist hier im Landtag am falschen Ort.

(Ina Korter [GRÜNE]: Ach nee!)

Denn der Niedersächsische Landtag ist für diese Regelung nicht zuständig und für diese Petition der falsche Adressat.

(Zustimmung bei der CDU)

Bei allem Respekt vor unseren eigenen Kompetenzen: Für die Gestaltung des Einkommensteuergesetzes ist der Deutsche Bundestag in Berlin zuständig. Darauf habe ich im Übrigen schon bei

der Beratung der Petition im Ausschuss hingewiesen. Diese Petition behandelt ausschließlich eine steuerrechtliche Frage, die, wenn sie denn schon im Landtag von Niedersachsen behandelt wird, vorrangig im Ausschuss für Haushalt und Finanzen hätte behandelt werden müssen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir sollten den Steuerfachleuten im Finanzministerium die Möglichkeit zu einer eingehenden Prüfung des strittigen Sachverhaltes und einiger damit verbundener Ungereimtheiten geben.

Daher beantrage ich für meine Fraktion, die Petition der Landesregierung als Material zu überweisen und sie gleichzeitig an das zuständige Parlament, nämlich den Deutschen Bundestag, weiterzuleiten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Jüttner das Wort. Bevor Herr Jüttner spricht, möchte ich Sie aber um Folgendes bitten, meine Damen und Herren: Herr Albrecht kann sich gut lautstark durchsetzen.

(Zuruf: Herr Jüttner kann das auch! - Gegenruf: Lautstark, aber nicht poli- tisch! - Unruhe)

Ich wollte eben hinzufügen: Das Parlament ist aber gerade dabei, noch lautstärker zu sein. Deswegen bitte ich Sie, sich wieder etwas zurücknehmen und dem Redner zuzuhören. - Herr Jüttner, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich versuche, es mit Herrn Albrecht aufzunehmen, was die Lautstärke angeht.

(Zuruf von der CDU: Inhaltlich geht es auch nicht! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die SPD-Fraktion wird weiter dafür streiten, dass in Niedersachsen Ganztagsschulen die Realität bilden. Dann wäre diese Petition in der Tat obsolet, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Solange das nicht so ist, sind solche Petitionen entweder wegen Nichtzuständigkeit zur Nichtbefassung vorzuschlagen oder in der Sache zu behandeln. Deshalb hat es mich gewundert, dass Sie diese Petition bisher in der Sache behandelt haben und sie abgelehnt haben.

Den Weg, den Herr Albrecht jetzt vorgeschlagen hat - Material an die zuständige Stelle -, kann man beschreiten. Das war aber bis vor fünf Minuten nicht der Diskussionsstand. Darauf will ich nur hinweisen.

Ich habe mich aufgrund des Vorwurfs von Herrn Möllring gemeldet, Herr Meinhold habe hier zum Rechtsbruch aufgerufen. Diesen Vorwurf weise ich entschieden zurück, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Meinhold hat nicht zum Rechtsbruch aufgerufen, sondern darauf hingewiesen, dass dieser Landtag nicht zuständig ist; wenn eine solche Petition der Landesregierung zur Berücksichtigung überwiesen würde, sei dies ein Auftrag an die Landesregierung, im bestehenden Rechtssystem das Optimum zu leisten. Er hat auch den Weg beschrieben, nämlich dann eine Bundesratsinitiative zu starten.

Wir können uns aber mit dem anfreunden, was Herr Albrecht eben gefordert hat: „Material“ und dann Überweisung an das zuständige Parlament. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Althusmann das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wirkt schon ein wenig hilflos, wenn die größte Oppositionsfraktion im Hause die Frage der steuerlichen Absetzbarkeit eines Arbeitszimmers offensichtlich zu einem Wahlkampfschlager erhebt, um damit bei den Lehrern Eindruck zu erwecken.

(Widerspruch bei der SPD)

Das erscheint mir schon ein wenig als billige Polemik und vielleicht auch als ein bisschen populistisch.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich will aber deutlich machen, dass ein Blick ins Gesetz an dieser Stelle so manche Unklarheit hätte beseitigen können. Die bisherige Rechtslage geht davon aus, dass 1 250 Euro im Jahr steuermindernd angesetzt werden können, wenn die berufliche Tätigkeit zu mehr als 50 % am häuslichen Arbeitsplatz geleistet wird oder wenn ein anderer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht.

Das Steueränderungsgesetz 2007 vom 19. Juli 2006 bezieht sich nicht alleine auf Lehrer, auch wenn dieser Eindruck hier gerne erweckt wird. Es bezieht sich ganz generell - das hat Herr Kollege Albrecht zu Recht ausgeführt - auf die Gesamtproblematik in Deutschland.

Hintergrund ist - das möchte ich deshalb gerne zur Erläuterung hinzufügen - eine Untersuchung des Bundesrechnungshofes aus dem Jahre 2003 zur Umsetzung des § 4 des Einkommensteuergesetzes. Der Bundesrechnungshof hat nämlich festgestellt, dass die geltende Regelung nicht, wie vom Gesetzgeber beabsichtigt, zu einer Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens geführt hat, sondern dass es immer wieder höchst problematische Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Frage „Privat oder beruflich bedingt?“ gegeben hat. Dies ist mit einem Höchstmaß an Verwaltungsaufwand verbunden. Vor allen Dingen hat es zu einer Vielzahl von Streitigkeiten vor Gerichten geführt - und am Ende auch zu Mindereinnahmen. Darauf beruhte am Ende der Entschluss der Bundesregierung, dieses Steueränderungsgesetz mit den Stimmen von CDU und SPD auf den Weg zu bringen.

Frau Korter, Sie haben sich auf ein GEW-Gutachten berufen. Da kann ich Ihnen nur Folgendes entgegenhalten: Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Frage der Einschränkung von Abzugsfähigkeit eindeutig festgestellt, dass es sachlich ausdrücklich gerechtfertigt ist, dies zu tun, wenn der Bundesgesetzgeber es so festgestellt hat.

Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren. Es geht nur um das Arbeitszimmer. Es geht nicht um die Aufwendungen, die im Rahmen eines Arbeitszimmers anfallen. Diese bleiben den Lehrerinnen und Lehrern auch in Niedersachsen nämlich weiterhin erhalten. Sie werden weiterhin ihren PC entsprechend absetzen können. Sie können weiterhin über den Schreibtisch und das Bücherregal

in bester Manier mit dem Finanzamt streiten. Das ist nicht eingeschränkt worden.

Insofern ist der von der CDU-Fraktion heute Morgen hier richtigerweise vorgeschlagene Weg, die Landesregierung und insbesondere die Bundesregierung in Bezug auf die Umsetzbarkeit dieses Urteils zu bitten, noch einmal darüber nachzudenken, ob man der speziellen Situation von Lehrern eine besondere Beachtung schenken kann, nach meiner Ansicht der einzig richtige Weg. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)