Protokoll der Sitzung vom 17.09.2003

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Drittens: Wirtschaft. Wir investieren weiter in die Infrastruktur des Landes. Wir haben eine Investitionsquote von 8,5 % der Gesamtausgaben, die wir in der Tat in den nächsten Jahren schrittweise erhöhen wollen. Wir geben 13,1 Millionen Euro für den Tiefwasserhafen. Wir führen das Hochbaumaßnahmenprogramm auf gleichem Niveau von 180 Millionen Euro fort. Wir sorgen für die volle Dotierung des Landesanteils für die GA Wirtschaftsförderung, sofern sich in Berlin noch etwas ändert.

Meine Damen und Herren, mit uns werden wieder Radwege gebaut. Wir haben dafür 5,2 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Viertens: Innere Sicherheit. Sie ist unter Uwe Schünemann für uns ein Herzensanliegen. Die zusätzlichen Polizeibeamten sind bereits erwähnt worden. Ich erinnere an die 900 zusätzlichen Haftplätze im Justizbereich. Wir machen auch Ernst mit der Unterbringung in geschlossenen Heimen: Ebenfalls dafür werden Haushaltsgelder bereitgestellt.

Fünftens: Sozialpolitik. In diesem Bereich wollen wir einen besonderen inhaltlichen Schwerpunkt bei der Förderung von Mehr-Generationen-Häusern setzen. Pro Landkreis und kreisfreier Stadt soll es in Niedersachsen schließlich ein Mehr-Genera

tionen-Haus geben. Dabei werden bestehende Einrichtungen zusammengefasst, um Kosten zu sparen und um den Dialog zwischen den Generationen zu fördern.

Meine Damen und Herren, Herr Möhrmann, Sie haben das Thema Krankenhäuser angesprochen. Uns liegt die Gesundheit der Bürger sehr am Herzen. Deshalb investieren wir im Krankenhausbereich zusätzlich 20 Millionen Euro jährlich. Dringend erforderlich ist dafür aber auch die Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft. Durch die Verlagerung der Krankenhausmittel auf die Landestreuhandstelle geben wir unseren Krankenhäusern Planungssicherheit und stellen für die nächsten vier Jahre ein Investitionsvolumen von insgesamt 520 Millionen Euro zur Verfügung. Wir sprechen hier offen, ehrlich und offensiv über die Gründe dieser Verlagerung auf die Landestreuhandstelle, damit sie öffentlich und klar nachvollziehbar abläuft. Sie bedeutet eine deutliche Bündelung und Verwaltungsvereinfachung, und sie hat finanzwirtschaftliche Gründe.

(Heinrich Aller [SPD]: Ist das nun ein Schattenhaushalt oder nicht?)

- Herr Aller, Sie fragen, ob das ein Schattenhaushalt ist. Ich sage Ihnen eines: Unser Haushalt ist in Teilen ein Schattenhaushalt, er stellt nämlich Sie in den Schatten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sechstens: Ländlicher Raum. Heiner Ehlen ist da. Durch die übernommene desolate Haushaltslage müssen wir auch hier notgedrungen kürzer treten. In den weiteren Haushaltsberatungen werden wir alle Optimierungsmöglichkeiten entschlossen nutzen. Für uns ist aber wichtig: Verfügbare Gelder werden insbesondere zur Stärkung des ländlichen Raums eingesetzt, indem wir die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur soweit wie möglich kofinanzieren werden. Wir wollen es gerade nicht zulassen, dass wie zu den SPD-Zeiten regelmäßig GA-Mittel in zweistelliger Millionenhöhe verfallen, weil das Land seine finanzpolitischen Hausaufgaben nicht gemacht hat. Durch die von uns begonnene Sanierung der Finanzen werden wir auch in diesem Bereich zukünftig wieder die notwendigen Handlungsspielräume gewinnen. Mit verfügbaren GA-Mitteln können im Agrarbereich im Haushaltsjahr 2004 alle Rechtsverpflich

tungen aus den Vorjahren erfüllt und EU-Mittel im geplanten Umfang gebunden werden.

Ich habe die Radwege bereits angesprochen. Das Radwegeprogramm, das Sie gestrichen haben - auch das ist ein wichtiges Signal für den ländlichen Raum -, werden wir umsetzen, wenn auch zunächst nur in bescheidenem Umfang.

Ein weiteres Thema habe ich in den letzten Monaten mit Interesse verfolgt. Dabei geht es um die Debatte um das zukünftige elektronische zentrale Mahngericht. Ich lese hier und dort von SPDLandtagsabgeordneten in den Wahlkreisen, dass sie sich für bestimmte Standorte stark machen. Ich will festhalten: Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, dann wäre das zentrale Mahngericht schon längst in der Landeshauptstadt realisiert worden. Sie haben kein Recht, in dieser Debatte bestimmte Themen bezüglich des ländlichen Raumes anzusprechen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In einem Punkt bin ich mir mit Frau HeisterNeumann einig: Wir haben vorzügliche Bewerbungen aus dem ländlichen Raum bekommen. Wir haben vorzügliche Bewerbungen von Amtsgerichten mit acht Richterplanstellen bekommen.

(Zurufe von der SPD)

Eines dieser Amtsgerichte wird das zentrale Mahngericht in Niedersachsen werden. Mir zeigt diese Diskussion um das zentrale Mahngericht, welches enorme Potenzial sich bei uns auch in der Fläche des Landes befindet. Deshalb werden wir bei der Verwaltungsreform darauf Acht geben, dass Behördenstandorte auch im ländlichen Raum bestehen bleiben. Darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Möhrmann, dann haben Sie uns vorgeworfen, wir hätten die Mittel für den Küsten- und Hochwasserschutz gekürzt. Das ist nachweislich falsch. Wir haben den Ansatz für Küsten- und Hochwasserschutz mit fast 71 Millionen Euro sogar um 886 000 Euro aufgestockt. Insgesamt fließen bis 2006 aus Bundes-, Landes- und EU-Mitteln etwa 200 Millionen Euro in Niedersachsen in den Hochwasser- und Küstenschutz. Wir geben den Menschen gerade in den überschwemmungsge

fährdeten Gebieten damit Sicherheit und Perspektive; auch das ist dringend notwendig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Schließlich: Der zentrale Baustein der Landespolitik, auch der neuen Koalition von Union und FDP, ist die Verwaltungsreform. Wir haben konkrete Zielvorgaben für Stelleneinsparungen formuliert. In der Tat: Wir wollen 6 743 Stellen - ausgenommen sind die Bereiche Unterrichtsversorgung und innere Sicherheit - bis 2007/2008 nicht nur streichen, sondern entbehrlich machen. Herr Gabriel, entbehrlich machen ist mehr als streichen, weil Ersteres zunächst die intellektuelle Herausforderung voraussetzt, sich zu überlegen, was der Staat eigentlich alles machen soll. Wir sind uns ganz sicher, dass die Beseitigung von Hornissennestern zukünftig nicht mehr Aufgabe der Bezirksregierung sein muss und kann. Das können die Kommunen mit großer Sicherheit alleine machen, um nur ein Beispiel zu nennen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb machen Staatssekretär Meyerding und Innenminister Schünemann eine nachhaltige Aufgabenkritik. Wir wollen eine Rückkehr des Landes zum Kernbereich der staatlichen Aufgaben und damit die Minimierung der Fixkostenfalle der dauerhaften Personalkosten. Wir schauen zunächst, welche Aufgaben das Land wahrnimmt und welche davon gestrichen werden können. In einem zweiten Schritt überlegen wir, was andere - Stichwort „kommunale Ebene oder Privatisierung“ - wirtschaftlicher und kostengünstiger selbst wahrnehmen können. Dann machen wir uns Gedanken über eine schlanke und knackige Landesverwaltungsstruktur.

(Zuruf von der SPD)

- Herr Bartling läuft doch jetzt jeden Morgen am Innenministerium vorbei und zieht in Ehrfurcht seinen Hut davor, dass beim Thema Verwaltungsreform endlich einmal das gemacht wird, was in Niedersachsen vorher nie gemacht werden konnte. Dazu brauchen wir uns von Ihnen überhaupt nichts sagen zu lassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir können uns bei den Konsolidierungsbemühungen noch so anstrengen. Wir werden die Haushaltslage des Landes dauerhaft nur in den Griff bekommen, wenn wir endlich wieder eine neue Bundespolitik bekommen. Alle unseren guten Vorsätze und Planungen werden wenig bringen, solange in der Bundesrepublik die Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Belebung nicht nachhaltig besser werden. Im Gegensatz zu unserem Haushaltsentwurf basiert der Haushaltsentwurf von Hans Eichel nun wirklich auf völlig illusorischen Annahmen.

(Thomas Oppermann [SPD]: 2 %!)

Selbst die Mitglieder der Bundesregierung haben gequält geschaut, als Eichel das vorgetragen hat. Man konnte das bei PHOENIX sehen. Das war vermutlich der letzte Haushalt von Hans. Es tut mir sehr Leid, aber da muss wahrscheinlich ein anderer die letzten drei Jahre in Berlin aushalten.

Meine Damen und Herren, zum dritten Mal hintereinander steuert der Bundeshaushalt auf eine Verletzung der Maastricht-Stabilitätskriterien zu. Ausgerechnet wir Deutschen, die wir immer so großen Wert auf die Stabilitätskriterien gelegt haben, brechen jetzt diese Kriterien. Erst haben wir mit den Fingern auf die kleinen südeuropäischen Staaten gezeigt. Jetzt zeigen in der Tat nicht nur drei, sondern vier Finger auf uns. Heute Morgen war diskutiert worden, dass drei Finger auf einen zeigen. Da müsste man schon einen Finger verloren haben.

(Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Wahrheit über die Lage unserer Volkswirtschaft ist, dass es eine katastrophale Fehleinschätzung hinsichtlich der Fakten zur Konjunktur, zu den Wachstumserwartungen und zur Arbeitsmarktentwicklung gibt. Wir könnten jetzt lange ausführen, ob es nicht einmal einen Bundeskanzler aus Hannover gab, der die Arbeitslosenzahlen halbieren wollte. Ich kann mich aber noch viel besser an die Debatten der letzten Wahlperiode zum Thema Hartz-Konzept erinnern. Wie haben Sie das alles abgefeiert! Ich frage mich, wo eigentlich die Erfolgsstory der Ich-AG geblieben ist. Ich habe sie noch nicht verfolgt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wo sind eigentlich die Erfolge der Personalserviceagenturen geblieben, die von Ihnen so großmäulig verkündet wurden? In Hannover sind nur drei

Arbeitslose durch PSA vermittelt worden. In Niedersachsen waren es lediglich 24 Personen. Meine Damen und Herren, dieser Popanz, den Sie da aufgebaut haben, ist peinlich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber auch dazu gibt es in Teilen der Bundespolitik mittlerweile eine Erkenntnis. Bundeswirtschaftsminister Clement hat neulich die frappierende Feststellung gemacht: Kein Land gibt so viel für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit aus, und keines ist damit so erfolglos. Das ist eine wichtige Erkenntnis, die hoffentlich noch einmal zum Nachdenken anregt, ob es wirklich richtig ist, das Problem der Arbeitslosen- und Sozialhilfe dadurch zu lösen, dass man noch einmal 12 000 zusätzliche Beamtenstellen bei der Bundesanstalt für Arbeit schafft. Reglementierung und Bürokratie sind keine Lösungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Bitte begreifen Sie es endlich! Sie haben doch seit 1998 dafür Zeit gehabt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, worauf setzen wir in Niedersachsen? - Die Regierung Wulff hat immer zu Recht gesagt, Niedersachsen wird sich im Bundesrat auf alles von Rot-Grün aus Berlin einlassen, was gut ist. Was den Zielen Wachstum, Eigenverantwortung und Wettbewerb dient, wird Niedersachsen unterstützen. Entscheidend ist, dass wir in Berlin zu Entscheidungen kommen, die uns wirklich ein wirtschaftliches Wachstum bescheren; denn nur mit wirtschaftlichem Wachstum sind wir in der Lage, unsere Einnahmeprobleme in den Landeshaushalten wieder zu lösen. Deshalb brauchen wir grundlegende Reformen im Arbeits- und Tarifrecht, die der Finanzminister zu Recht angemahnt hat, auch wenn Sie, Herr Gabriel, zusammen mit Herrn Meine - die IG Metall ist ja ein besonderer Prototyp des Aufbruchs in Deutschland - beim Arbeits- und Tarifrecht, bei der Arbeitslosen- und Sozialhilfe und bei anderen sozialen Sicherungssystemen anderer Auffassung sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In einem zweiten Schritt brauchen wir eine umfassende Steuerreform mit niedrigen Steuersätzen und mit grundlegend vereinfachten Regeln. Wir brauchen aber vor allem keine Finanzierung, die einfach nur primitiv in die Neuverschuldung geht,

sondern die es schafft, auch auf der Ausgabenseite zu Einsparvorschläge zu kommen.

(Vizepräsidentin Silva Seeler über- nimmt den Vorsitz)

Dann wird die Wirtschaft wieder angekurbelt, und wir haben wieder Impulse für mehr Wachstum und Beschäftigung. Wir haben zurzeit in Deutschland ein Nullwachstum. Deshalb haben wir diese Haushaltsprobleme in Niedersachsen, nicht nur in Niedersachsen, sondern in allen 16 Ländern. Christian Wulff hat Recht, wenn er sagt, unser Land sei ärmer geworden. Wer Rot-Grün wählt, nimmt auch in Kauf, dass das Land ärmer wird. Im Grunde genommen können sich nur reiche Menschen RotGrün in Berlin leisten. Daraus ergibt sich in der Tat die Verpflichtung, dass das 2006 endlich ein Ende findet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir als CDU-Fraktion haben auf unserer Klausurtagung in Braunlage die Eckpunkte zur Haushaltspolitik gesetzt. Wir tragen den Regierungsentwurf von Hartmut Möllring im Wesentlichen so mit. In einzelnen Punkten haben wir uns vorbehalten, bei der Beratung noch neue Schwerpunkte zu setzen. Dazu zählen die 5 Millionen Euro für ein Hauptschulprofilierungsprogramm, weil uns das dreigliederige Schulsystem am Herzen liegt. Zum dreigliedrigen Schulsystem zählen nicht nur Gymnasium und Realschule, sondern vor allem auch die Hauptschule mit all ihren besonderen Herausforderungen. Wir stellen die 1,8 Millionen Euro für die sozialpädagogische Betreuung jugendlicher Straftäter wieder zur Verfügung. Wir werden 750 000 Euro weniger bei den Schulen in freier Trägerschaft kürzen, weil uns auch diese Schulen sehr am Herzen liegen. Wir stellen für den Finanzfonds zur Zusammenarbeit Niedersachsens mit Hamburg 380 000 Euro zur Verfügung. Wir haben großen Wert darauf gelegt, für alle Einsparvorschläge konkrete Deckungsvorschläge zu machen. Das Gleiche haben die Kollegen von der FDP-Fraktion auf ihrer Klausurtagung in Cuxhaven gemacht. Wir werden dann als Koalitionsfraktionen einen gemeinsamen Haushaltsänderungsantrag einbringen, in dem wir unsere politischen Schwerpunkte endgültig dokumentieren.

Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister, die CDU-Fraktion steht geschlossen hinter der Konsolidierungspolitik. Sie haben ein großes Paket ge

schnürt. Jetzt entscheiden wir in den nächsten Monaten in den Haushaltsberatungen und handeln dann in 2004.