Eines darf man nicht aus dem Auge verlieren: Wir haben keinen Sparhaushalt vorgelegt. Sparen kann man nämlich nur, wenn man Geld hat und es nicht ausgibt.
Wenn man Geld ausgibt, das man nicht hat, dann macht man Schulden. Wir nennen das vornehm „Nettokreditaufnahme“. Aber das ist ein anderer Name für den gleichen Vorgang. Wenn man Geld, das man nicht hat, nicht ausgibt, dann handelt man schlichtweg vernünftig, und das tun wir.
Unter den gegebenen Bedingungen überhaupt noch politische Schwerpunkte zu setzen, stößt auf sehr enge Grenzen. Aber selbstverständlich ist es Aufgabe einer Landesregierung, auch in solchen Zeiten zu gestalten. Für alles, was zusätzlich finanziert werden soll, müssen in jedem Fall Einsparungen in Kauf genommen und auch angeboten werden. Auch dies ist ohne Alternative; denn zusätzliche Kreditmittel stehen als Finanzierungsinstrument definitiv nicht mehr zur Verfügung. Wir haben uns deshalb auch ganz bewusst auf wenige Politikbereiche konzentriert. Weil Leistungsausweitungen teuer erkauft werden müssen, müssen sie wohl auch auf lange Sicht die Ausnahme bleiben.
Ich meine, vor diesem Hintergrund verbietet sich jede Häme, wenn die Landesregierung ankündigt, den Bestand an Lehrerstellen im Einklang mit den Schülerzahlen mittelfristig wieder zurückzuführen. Entscheidend ist eine ausreichende Qualität und Quantität der Unterrichtsversorgung; und die werden wir sicherstellen, weil wir hierzu keine Alternative sehen.
Herr Oppermann, der jetzt nicht da ist, hat heute Morgen auf den Zeitungsartikel zu dem OECDBericht hingewiesen, wonach mangelnde Bildung ein wachstumshemmender Faktor ist. Wir haben in diesem Jahr 2 500 Lehrerstellen geschaffen und für 2004 auch finanziert. Diese Stellen sind inzwischen auch alle vergeben, sodass die Lehrer inzwischen an unseren Schulen arbeiten.
Damit werden im Haushalt 2004 genauso wie im Haushalt 2003 69 046 Lehrerstellen finanziell abgesichert. Das ist die höchste Zahl, die es in Niedersachsen je gegeben hat.
Auch die personellen Möglichkeiten der Polizei werden endlich nachhaltig verbessert. Wir haben die Einstellung von weiteren 250 zusätzlichen Polizeianwärtern berücksichtigt, sodass im Jahre 2004 500 zusätzliche Polizeianwärter vorhanden sind. Das wollen wir in den Jahren 2005 und 2006 fortsetzen.
Die Hochbauinvestitionen werden auf dem hohen Niveau von 180 Millionen Euro fortgeführt, wenngleich für den Beginn zusätzlicher Maßnahmen jeder Spielraum verloren gegangen ist, nachdem noch unter der alten Landesregierung mehr Projekte begonnen wurden, als nach den Planungen finanziert werden konnten.
Die Realisierung des Tiefwasserhafens Wilhelmshaven wurde im Haushalt nun hinreichend abgesichert: 13,1 Millionen Euro allein im Jahre 2004 plus 333 Millionen Euro bis 2007, also im Planungszeitraum der neuen Mipla. Schließlich werden wir die für regionale Wirtschaftsförderung vorgesehenen Landesmittel in Höhe von 40 Millionen Euro auch im Jahre 2004 bereitstellen, obwohl der Bundesfinanzminister die GA „Regionale Wirtschaftsförderung“ ab 1. Januar 2004 auf die neuen Länder beschränken will.
Darüber hinaus erhalten die Kommunen über den kommunalen Finanzausgleich 75 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr. Auch das ist eine Tat für die Kommunen; darüber haben wir heute Morgen schon diskutiert.
- Natürlich ist das eine rechnerische Folge. Nur, Sie haben immer dann, wenn es hoch gegangen ist, gleich über das Haushaltsbegleitgesetz eingegriffen und den Kommunen den Mehrwert weggenommen. Wir sagen den Kommunen, dass sie das bekommen, was ihnen zusteht. Das sind 75 Millionen mehr als in diesem Jahr und deutlich mehr als im letzten Jahr.
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, dass wir wissen, wohin wir wollen und was zu tun ist. Genau daran fehlt es bei dem von der SPD eingebrachten Entschließungsantrag „Wiederherstellung der staatlichen Handlungsfähigkeit...“. Da haben sich offenbar diejenigen in der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet, die wissen, was sie uns hinterlassen haben. Meine Zeit reicht leider nicht aus, und ich will mich auch nicht mit den ziemlich unausgegorenen Vorstellungen Ihres Antrags auseinander setzen. Ich will nur auf einen Punkt hinweisen: Die dem Antrag beigefügte Liste enthält Vorschläge zum Abbau von Steuervergünstigungen von etwas weniger als 1,8 Milliarden
Euro, während Sie im Beschlussteil Ihres Antrags sagen, dass man anhand dieser Liste 1,9 Milliarden Euro sparen kann. Wie man mit einer Liste, auf der nicht 1,9 Milliarden draufstehen, 1,9 Milliarden einsparen will, bleibt sicherlich Ihr Geheimnis. Aber vielleicht muss - wie nach der Pressekonferenz von Herrn Gabriel - nachmittags der Pressesprecher noch einmal herumlaufen und das richtige Exemplar verteilen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dieter Möhrmann [SPD]: Schauen Sie die Drucksache noch einmal an!)
Ich komme zum Schluss. Wir treffen ehrliche Aussagen zu dem, was das Land sich noch leisten kann. Wir haben mutige Entscheidungen nicht gescheut, wir haben Mut zu radikalen Einschnitten bewiesen, und wir haben die Dynamik der Ausgabesteigerung deutlich begrenzt. Genauso wollen wir in den nächsten Jahren weitermachen. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, bevor ich weitere Redner aufrufe, begrüßen Sie mit mir gemeinsam eine Delegation aus der russischen Region Slawsk in der Nähe von Königsberg unter der Leitung des Landrates Alexander Dudnik. Ich freue mich ganz besonders, dass Sie heute hier an dieser Debatte teilnehmen.
Wir fahren fort. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Möhrmann von der SPD-Fraktion. Herr Möhrmann, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich will zunächst einmal gerne einräumen, dass Sie sich hier sehr sachlich auseinander gesetzt haben.
- Wenn Sie das behaupten, dann kennen Sie ihn noch nicht lange genug, Herr Kollege. Ich jedenfalls habe hier eine andere Erfahrung gemacht.
Aber jetzt zur Sache. Herr Möllring, ich möchte einige Vorbemerkungen machen, weil ich Ihrer Rede aufmerksam zugehört habe.
Es geht nicht, dass Sie auf der einen Seite beklagen, dass im Jahre 2003 die Nettokreditaufnahme hochgefahren worden ist, Sie sie in Ihrem Nachtrag noch einmal erhöhen und dann die, die wir beschlossen haben, weiterlaufen lassen. Wenn Sie das Beklagen ernst meinten, hätten Sie die Nettokreditaufnahme reduzieren müssen. Das haben Sie nicht getan.
Eine zweite Vorbemerkung. Sie haben hier zu Recht die öffentlichen Defizite und die zurückgehenden Steuereingänge beklagt. Wenn das zutreffend ist, dann müssen Sie das natürlich auch Finanzminister Aller zugute halten und können das nicht nur für sich selbst in Anspruch nehmen.
Meine Damen und Herren, ob das, was Herr Möllring hier vollmundig zu den Leistungen der neuen Landesregierung geäußert hat, zutreffend ist, wollen wir einmal im Einzelnen untersuchen.
Sie haben sich für Ihren Haushalt zwei Grundannahmen ausgesucht. Die erste Grundannahme ist: Der Wirtschaft geht es gut und in 2004 wieder besser; denn die Steuereinnahmen steigen um 498 Millionen Euro. Ohne diese Grundannahme hätten Sie diese Planungsdaten nicht übernehmen können.
Ihre zweite Grundannahme, Herr Möllring, ist: Uns geht es schlecht. Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ist gestört, und zwar nicht nur in diesem Jahr, sondern bis zum Jahre 2006. Nur so ist zu erklären, dass Sie angekündigt haben, dass Sie bis 2007 sogar die Nettokreditaufnahme über die selbstfinanzierten Investitionen ausdehnen müssen.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, sage ich hier nichts anderes als das, was der Kollege Merz im Bundestag gesagt hat. Herr Möllring, Sie müssen sich entscheiden, ob Sie der Strategie Merz folgen wollen. Dann dürfen Sie die knapp 500 Millionen Euro nicht als zusätzliche Einnahme einplanen, sondern müssen Sie sie irgendwo zusätzlich einsparen. Oder Sie müssen die Nettokre
Herr Kollege Möllring, auch für das Jahr 2003 sind Sie noch davon ausgegangen, dass ein nominales Wirtschaftswachstum von 3 % erreichbar ist. Wir alle wissen, dass dieses Ziel nur noch unter größten Schwierigkeiten erreicht werden kann. Deswegen, Herr Möllring, müssen Sie, wenn Sie die Mipla für das Jahr 2005 endlich vorlegen, Vorsorge dafür treffen, dass das Haushaltsjahr 2003 erneut nicht ausgeglichen war.
Meine Damen und Herren, trotzdem bleibt es dabei, dass Sie in Ihrem Haushaltsplanentwurf von Mehreinnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro ausgehen. Was machen Sie eigentlich mit dem Geld, Herr Möllring?
Wir können nicht feststellen, an welcher Stelle Sie über das, was die alte Landesregierung sich noch vorgenommen hat, hinausgehen. Und, meine Damen und Herren: Im Interesse des Landes kann man natürlich nur hoffen, dass die Einnahmen tatsächlich eingehen werden.
Aber es geht nicht nur um das, was Herr Möllring hier als Strategie verkündet hat. Es geht auch darum, einmal zu untersuchen, ob die Aussage des Ministerpräsidenten, der in großen Schuhen daherkommt, zutreffend ist, dass die Nettokreditaufnahme im Haushalt 2004 hinter der von 2003 zurückbleibt.
Sie haben vorher erklärt, Sie würden die Nettokreditaufnahme um 345 Millionen Euro reduzieren und mit 2,5 Milliarden Euro auskommen. Wenn man sich Ihr Haushaltsaufstellungsverfahren anschaut, dann stellt man fest, dass Sie sehr schnell gemerkt haben, dass diese Zahl, wenn überhaupt, dann wohl nur sehr schwer zu erreichen ist. Sie waren aber nicht Manns genug, das in der Öffentlichkeit zuzugeben, und haben deshalb etwas getan, was man Ihnen vorhalten muss, Herr Möllring. Sie haben sich, wie jeder seriöse Haushaltspolitiker feststellen wird, mit Haushaltsbuchungen, die man nur als Luftbuchungen bezeichnen kann, und mit Schattenhaushalten gerettet. Ich will Ihnen das beweisen: Wenn Sie dem Landtag als Einsparung im Bereich Wohnungsbau verkaufen, dass Sie die Städtebauförderung und die Krankenhausförderung zur LTS Wohnungsbau geben und die sich dann mit 115,3 Millionen Euro verschulden muss, dann
Herr Möllring, Sie haben die Klosterkammer schon angesprochen. Wenn Sie auch da der Auffassung sind, die könnten die 152 Millionen Euro für die Domänen, die Sie an sie verkaufen wollen, mal so eben aus der Portokasse bezahlen, dann muss ich auch insoweit feststellen, dass die Klosterkammer dieses Vermögen nicht hat und nicht so liquide ist. Auch hierfür ist eine zusätzliche Verschuldung notwendig.
Also muss man schon einmal die beiden Posten 115 und 152 Millionen zur Nettokreditaufnahme dazuzählen.
Und es kommt noch besser, meine Damen und Herren. Sie haben uns immer vorgeworfen, wir würden die globale Minderausgabe nicht erreichen. Das hat sich für das Jahr 2002 auch tatsächlich herausgestellt. Nun haben Sie, was ich nicht kritisiere, erheblich eingegriffen, insbesondere in die Beschäftigungsvolumina der einzelnen Häuser. Sie haben erheblich eingegriffen in die Sachausgaben. Sie haben erheblich eingegriffen in Investitionen, noch über das hinaus, was die Vorgängerregierung schon immer gemacht hatte.