Protokoll der Sitzung vom 14.09.2007

Nächster Redner ist Dr. Biester von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion versucht seit Kenntnis der Überlegungen, ein Justizzentrum im Bredero-Hochhaus

einzurichten, erfolglos, diesen Vorgang zu skandalisieren.

(Axel Plaue [SPD]: Das macht die Regierung schon selber!)

Werfen wir einmal einen Blick zurück. Der erste Vorwurf, das Land Niedersachsen sei einem unseriösen Vertragspartner aufgesessen, hat sich als falsch erwiesen. Richtig war: Der erste Gesprächspartner des Landes Niedersachsen hatte die Immobilie gekauft; sein Erwerbsanspruch war durch eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch abgesichert. Er hat dann allerdings den Kaufpreis nicht bezahlt mit der Folge, dass der Verkäufer zurückgetreten ist. Ein anderer Investor hat gekauft. Die Verhandlungen sind mit dem anderen Investor nahtlos fortgesetzt worden. Dieser Investor ist mit Projekten dieser Größenordnung und Nutzungsart erfahren und als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Es ist also der richtige Verhandlungspartner des Landes Niedersachsen.

(Zuruf von der SPD: Im zweiten An- lauf!)

Zweiter Vorwurf: Heute verdrängen Sie total - das habe ich im Rechtsausschuss schon gesagt -, dass Sie am Anfang gar nicht für ein Justizzentrum waren. Vielmehr haben Sie darauf hingewiesen, dass die fünf Fachgerichte in Mietimmobililen untergebracht seien, die Mietverträge noch recht lange liefen und sich das Ganze gar nicht rechnen könne. Wenn Sie fünf Fachgerichte in einem Gebäude zentralisieren wollen, dann müssen Sie natürlich Rücksicht darauf nehmen, dass die bisherigen Mietverträge unterschiedliche Laufzeiten haben. Aber dies war von Anfang an lösbar und ist in den Verhandlungen jetzt gelöst worden. Ich stelle also fest - insofern hat Ihr Antrag ein Gutes -, dass Sie mit uns immerhin darin übereinstimmen, dass die Zusammenfassung der Fachgerichtsbarkeit in Hannover in einem Justizzentrum ein überaus sinnvoller und guter Vorgang ist, den man nur unterstützen kann.

Damit Sie weiter skandalisieren können, kommt jetzt von Ihnen der dritte Vorwurf, es sei das falsche Objekt. Meine Damen und Herren, es hat mehrere Unterrichtungen im Ausschuss gegeben. Die Abwägungen, die zwischen verschiedenen Projekten vorgenommen worden sind - BrederoHochhaus, Neubau, PH Hannover und andere Objekte -, sind im Ausschuss nachvollziehbar offengelegt worden. Dies hat das Justizministerium

auch nicht allein gemacht, sondern es hat sich des Landesliegenschaftsfonds und des Staatlichen Baumanagements bedient. Alle Beteiligten - auch diejenigen, die die Finanzen im besonderen Fokus haben - kamen zu dem Ergebnis, das BrederoHochhaus sei das geeignete Objekt.

Wenn Sie uns nun andere Zahlen für ein anderes Projekt von einem Architekten, den Sie eingeschaltet haben, präsentieren, oder wenn ich in der Zeitung lese, ein Investor habe ein Objekt immerhin schon zwei- oder dreimal besichtigt und könne auf Grundlage dieser zwei oder drei Besichtigungen bessere Konditionen anbieten, dann sage ich Ihnen ganz offen: Ich vertraue mehr den Prognosen der Einrichtungen aus dem Finanzministerium, nämlich Landesliegenschaftsfonds und Staatliches Baumanagement. Es ist auch richtig, wenn uns das Staatliche Baumanagement sagt, bei den Anforderungen des Denkmalschutzes sei auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Investors Rücksicht zu nehmen. Wenn diese Herren bestätigen, dass dieses Kriterium strenger genommen wird, wenn die öffentliche Hand investiert, als wenn ein Privater investiert, dann halte ich auch dies für nachvollziehbar und glaube mehr den Fachleuten aus den Ministerien.

Für uns steht eindeutig Folgendes im Vordergrund: erstens die zentrale Lage des Bredero-Hochhauses. Es ist eben die Stadtmitte und nicht ein Quartier, das etwas mehr in der Südstadt liegt. Es ist direkt am Hauptbahnhof gelegen und befindet sich in unmittelbarer, fußläufiger Nähe des Amtsgerichts und des Landgerichts Hannover. Die dortige nicht ausgelastete Kantine kann mitgenutzt werden. Dann werden wir also nicht nur ein Justizzentrum der fünf Fachgerichtsbarkeiten in einem Gebäude haben, sondern wir werden sämtliche Einrichtungen der Justiz in Hannover um den Volgersweg zentralisieren. Zweitens ist das Projekt preiswerter als die derzeitigen Unterbringungen. Es ist bürgerfreundlicher als die derzeitigen Unterbringungen, die bekanntlich teilweise an eher versteckten Standorten in Hannover gelegen sind.

Kommen wir zu den Einwendungen der Gerichtsleitungen und der Personalvertretungen. Ich sage ganz ausdrücklich: Sie sind legitim. Das Justizministerium beschäftigt sich mit diesen Einwendungen, und ihnen wird, soweit es technisch möglich ist, Rechnung getragen. Ich nenne die Situation der Fenster, die beklagt worden ist, die Schadstoffproblematik, die gutachterlich untersucht worden ist und beseitigt werden wird, und den Wunsch

nach einzeln regulierbaren Raumtemperaturen, dem ebenfalls nachgekommen werden soll. Für das, was nicht regelbar ist, meine Damen und Herren, sieht unser Gesetz eine entsprechende Einigungsmöglichkeit vor: Kommt es nicht zu einer Einigung von Ministerium und Personalvertretung, dann wird das Problem vor der Einigungsstelle erörtert.

Ich fasse zusammen: Wir als Fraktion bzw. als Parlament sehen keinerlei Veranlassung, in dieses Projekt einzugreifen - ein Projekt das im Übrigen eindeutig der Zuständigkeit der Exekutive unterliegt. Wir können nicht erkennen, dass hier irgendwelche Fehler begangen worden sind.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Dr. Biester. - Der nächste Redner ist Herr Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Je länger ich in diesem Landtag Rechtspolitik mache, das muss ich klar und deutlich sagen, umso weniger verstehe ich das Selbstverständnis der Justizministerin in Bezug auf die dritte Gewalt. Frau Ministerin, Sie haben sich ja eigentlich von Anfang an ziemlich stark an der Rechtsprechung abgearbeitet: Schon kurz nach Amtsantritt haben wir zu hören bekommen, dass die Justiz eine große Reform braucht, eine ganz große rechtspolitische Megareform. Das haben Sie verkündet, ohne mit den Betroffenen den Diskurs oder Dialog zu suchen. Sie haben das sehr schnell nach Amtsantritt verkündet und die Reform vom Zaun gebrochen. Die angeblich so opulente und schwergewichtige Justiz - -

(Jens Nacke [CDU]: Zur Sache!)

- Das hat etwas mit der Sache zu tun, mein lieber Kollege. Blöken Sie nicht immer dazwischen, sondern hören Sie mir vernünftig bis zum Ende zu.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Hey! bei der CDU und bei der FDP - Reinhold Coenen [CDU]: Unverschämtheit!)

Die Justizreform hat sehr wohl etwas mit dieser Debatte zu tun. Sie wollen ja die Fachgerichtsbarkeit in einem Gebäude unterbringen, weil Sie diese

Gerichtszweige fusionieren wollen. Vielleicht haben Sie es noch nicht ganz verstanden, aber das ist der Hintergrund der gesamten Reform.

Herr Briese, Sie müssen sich an eine parlamentarische Ausdruckweise gewöhnen.

(Reinhold Coenen [CDU]: Ordnungs- ruf!)

Das mache ich sehr gerne, wenn mir die Fraktionen die Möglichkeit geben, mich vernünftig zu artikulieren und nicht immer dazwischenreden.

(Jens Nacke [CDU]: Nicht nervös werden, sondern zur Sache spre- chen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist keine Schande, wenn man Reformen anstößt. Es ist auch keine Schande, zu versuchen, die dabei entstehenden Widerstände zu überwinden, wenn man erkannt hat, dass das notwendig ist. Es gibt Kanzler, die sind daran gescheitert. Aber es ist entscheidend, die Betroffenen auf dem Weg der Reform mitzunehmen. Dies nicht zu tun, war ein ganz großer Fehler des letzten Bundeskanzlers. Er hat Reformen angestoßen, ohne die Betroffenen von der Reform zu überzeugen. Dann erzeugt man natürlich sehr viele Widerstände und sehr viel Widerwillen und bekommt keine Akzeptanz für die Reformen. Solche Reformen, die quasi von oben durchgedrückt werden, sind meistens nicht besonders erfolgreich, weil die Betroffenen dann keine Motivation mehr haben und die Reformen nicht akzeptieren. Dieses gilt sowohl für die Justizreform als auch für den Umzug in das Bredero-Hochhaus.

Ich frage Sie: Warum in Gottes Namen ist denn der Widerstand der Richterschaft und auch der Justizbediensteten gegen diese Reform so unendlich groß?

(David McAllister [CDU]: Was hat denn der liebe Gott damit zu tun?)

Gerade die Justizbediensteten und die Richterschaft sind normalerweise ein sehr gemäßigtes, rationales und sachliches Völkchen. Wenn also die Argumente so rational und vernünftig sind, warum wehren sie sich dann so wahnsinnig stark gegen diesen Umzug? Warum ist auch die öffentliche

Meinung so stark gegen Sie? Herr Kollege Biester, normalerweise ist sowohl die dritte als auch die vierte Gewalt vernünftigen und aufgeklärten Argumenten gegenüber nicht so skeptisch, dass sie sich nicht überzeugen lassen würden. Sie haben in diesem Fall aber beide Fraktionen, sowohl die Rechtsprechung als auch die öffentliche Meinung, sehr stark gegen sich.

Ich will Ihnen sagen, was der Grund dafür ist. Der Grund dafür ist, dass der Umzug in das BrederoHochhaus keine vernünftige und kluge Entscheidung ist: Dieses Haus ist hässlich und ungeeignet der Umzug dorthin wird von niemandem gewünscht. Auch die Vertragskautelen, die Sie gewählt haben, sind alles andere als klug. Alleine eine Mietbindung von über 20 Jahren - und das bei den aktuellen Energiepreisen - würde mich schon zum Nachdenken bringen.

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat man den Eindruck, dass diese Reform - egal, welche Meinung die Betroffenen haben unbedingt durchgedrückt werden muss nach dem Motto: Allzu viele rechtspolitische Erfolge hat es in dieser Legislaturperiode nicht gegeben. Jetzt muss endlich einmal ein großer Erfolg her. - Aber, meine Damen und Herren, ich prophezeie Ihnen: Das wird kein Erfolg, sondern das wird ein Menetekel. Ich hoffe, die Bedeutung ist Ihnen allen bekannt: „Du wurdest auf einer Waage gewogen und für zu leicht befunden.“ - Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Herr Briese. - Jetzt erteile ich Prof. Dr. Dr. Zielke das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Bemerkenswerteste an diesem Antrag der SPDFraktion ist, dass die Opposition nun schon zum vierten Mal binnen von 14 Monaten versucht, dasselbe tote Pferd zu reiten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Axel Plaue [SPD]: Haben Sie eine Ahnung, von wem oder von was Sie da sprechen?)

- Ein bisschen schon. - Völlig unverständlich ist das schon deshalb, weil die SPD-Fraktion diesen Antrag eingebracht hat genau einen Tag, nachdem

das Justizministerium in Person von Staatssekretär Dr. Oehlerking in einer sechsseitigen Darstellung mit anschließender Diskussion den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen umfassend über alle Aspekte des geplanten Justizzentrums im Bredero-Hochhaus unterrichtet hat. Das war eine wirklich umfassende und detaillierte Unterrichtung. Da ist keine Frage offen geblieben.

Trotz dieser und diverser früherer Unterrichtungen seitens der Landesregierung im Ausschuss scheint die Opposition das Thema in geradezu masochistischer Weise zu lieben. Denn Lorbeeren hat sie dafür noch nie geerntet, trotz zum Teil bombastischer Wortwahl. Da war von einem „Justizkrimi“ die Rede. Und der von mir im Übrigen sehr geschätzte Kollege Ralf Briese erblickte im BrederoHochhaus „alte justizielle Herrschaftsarchitektur“.

Der Antrag kritisiert die „einseitige Fixierung auf eine ebenso kostspielige wie langfristige Anmietung“. Erstens. Sie können Gerichte nicht einfach alle fünf Jahre umziehen lassen. Deshalb ist eine langfristige Anmietung in jedem Fall sinnvoll. Zweitens. Durch die Unterbringen im BrederoHochhaus würde das Land gegenüber dem heutigen Zustand allein an Mietkosten mehrere Hunderttausend Euro pro Jahr sparen.

(Aha! bei der FDP und bei der CDU)

Auch was angebliche Alternativen wie das Gebäude der ehemaligen Pädagogischen Hochschule betrifft, so sind diese längst geprüft und aus guten Gründen verworfen worden. Das alles ist im Ausschuss ausführlich diskutiert und geklärt worden.

Der eigentliche Zweck des Antrags erschließt sich aus den letzten Zeilen der Begründung. Da wird versucht, ein Gerücht am Kochen zu halten, das Sie früher einmal in die Welt gesetzt haben. Dort wird dem Justizministerium unterstellt, hier stehe „nicht allein das öffentliche Interesse im Mittelpunkt“. Auf gut Deutsch: Es sei bei der Auswahl eines Gebäudes für das Justizzentrum in Hannover gemauschelt worden.

(Zustimmung von Heike Bockmann [SPD])

Dafür gibt es eben nicht den geringsten Anhaltspunkt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke. - Jetzt hat sich auch Frau Ministerin zu Wort gemeldet. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Briese, bleiben Sie mal auf dem Teppich!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In Bezug auf Ihre Ausführungen zur Justizreform bzw. zur mangelnden Akzeptanz möchte ich darauf hinweisen, dass die gesamte Justizministerkonferenz der Länder genau dieser Konzeption zugestimmt hat. Manchmal braucht so etwas länger, weil die Menschen natürlich mit eingebunden werden müssen. Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir auf diesem Weg auch weiterkommen. Da können Sie ganz sicher sein, lieber Herr Briese. Wir haben auch noch Zeit, eine ganze weitere Legislaturperiode, da bin ich mir auch sicher.