Protokoll der Sitzung vom 14.09.2007

Eine erste Zwischenbilanz der Landesregierung wurde in der Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen (Drs. 15/2852) im Mai 2006 vorgelegt.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie hoch sind nach gegenwärtigem Stand die erzielten Einsparungen, auch im Vergleich zu den zunächst erwarteten?

2. Wie viele Personen konnten bisher von der Job-Börse vermittelt werden?

3. Wie bewertete sie die in Angriff genommene Verwaltungsmodernisierung unter Darstellung des gegenwärtigen Stands der Umsetzung?

Im Rahmen der zweiten Phase der Verwaltungsmodernisierung ist im Jahr 2005 die Durchführung von Projekten von der Landesregierung beschlossen worden, deren Schwerpunkt es ist, die Aktivitäten des Staates weiter auf seine Kernaufgaben zurückzuführen. Querschnittsaufgaben binden erhebliche Ressourcen in den öffentlichen Haushalten und bestimmen durch ihren infrastrukturellen Charakter die Erledigung der Fachaufgaben. Daher werden Querschnittsaufgaben standardisiert, konzentriert und - soweit wirtschaftlich - möglichst ausgelagert.

Die Phase 2 ist weitgehend abgeschlossen. Im Folgenden werden die laut der Projektberichte zu erwartenden Einsparungen dargestellt.

Ziel des Vorhabens „Neuausrichtung der Liegenschafts-, Bau- und Gebäudeverwaltung in Niedersachsen“ ist die Optimierung der Querschnittsbereiche zur Bewirtschaftung von Gebäuden und Liegenschaften. Das Projekt stützt sich auf ein regionales Bewirtschaftungskonzept, das die Dienstleistungen unter wirtschaftlichen Bedingungen organisiert und dabei die Synergieeffekte der Zentralisierung unter Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Anforderungen nutzt.

Die liegenschaftsbezogenen Dienstleistungen „Hausmeisterdienste“, „Gebäudereinigung“, „Wartung und Inspektion technischer Anlagen“ und „Pförtner- und Gebäudesicherheitsdienste“ in den Dienststellen der Landesverwaltung werden dem Staatlichen Baumanagement Niedersachsen (SBN) im Geschäftsbereich des MF übertragen. Nach Abschluss eines Pilotvorhabens im Bereich des SBN Braunschweig erfolgt die landesweite Ausdehnung ab 2008.

Die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen für die niedersächsische Landesverwaltung wird bei einer als Landesbetrieb gemäß § 26 LHO im Geschäftsbereich des MI einzurichtenden zentralen Beschaffungsstelle gebündelt. Das Vorhaben befindet sich in der Umsetzungsphase und wird bis 31. Dezember 2008 abgeschlossen sein. Das MI ist darüber hinaus beauftragt, einen zentralen Fahrdienst - zunächst am Standort Hannover sukzessive aufzubauen. Nach Abschluss des Pilotvorhabens in Hannover erfolgt die Ausdehnung auf weitere Behördenstandorte ab 2009. Mit diesem Projekt werden 590 VZE und bis zu 19,6 Millionen Euro bis 2015 eingespart werden.

Die großen Laboreinrichtungen in den Geschäftsbereichen des Umweltministeriums, der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), des Landwirtschaftsministeriums, das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), und des Sozialministeriums, das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA), wurden einer Aufgabenkritik unterzogen. Durch Zusammenlegung verschiedener Institute bzw. Betriebsstellen können Personalstellen abgebaut und Kosten gespart werden. Voraussetzung für den Stellenabbau im LAVES sind Baumaßnahmen an den Standorten Oldenburg und Braunschweig.

Über die Realisierung des Vorhabens wird nach Vorlage eines wirtschaftlichen Umsetzungskonzepts im Jahr 2008 entschieden. Weitere Haushaltsentlastungen können durch Privatisierung von Untersuchungsaufgaben realisiert werden. In den Laborbereichen können insgesamt ca. 100 VZE entbehrlich gemacht werden.

Die „Neuorganisation der Aus- und Fortbildung im öffentlichen Dienst des Landes“ mit dem Ziel einer weiteren Qualitätsverbesserung und Erhöhung der Wirtschaftlichkeit ist konzeptionell abgeschlossen. Im Dezember 2005 hat die Landesregierung beschlossen, sich aus der eigenständigen Trägerschaft für die Ausbildung im Bereich des allgemeinen gehobenen Verwaltungsdienstes zurückzuziehen. Die Ausbildung für den allgemeinen gehobenen Verwaltungsdienst des Landes Niedersachsen wurde auf die FH Osnabrück verlagert; diese bietet mit Beginn des Wintersemesters 2007/2008 einen sechssemestrigen Bachelorstudiengang „Öffentliche Verwaltung“ an. Der Landeshaushalt wird ab dem Jahr 2013 dauerhaft jährlich um ca. 7,3 Millionen Euro entlastet. Für den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst in den Kommunen wird zum 1. Oktober 2007 eine von diesen getragene Fachhochschule errichtet. Die Ausbildung des mittleren und gehobenen Steuerverwaltungsdienstes wurde bereits zum 1. August 2006 mit der Fortbildung in der Steuerakademie integriert. Mit Einrichtung der Polizeiakademie und der Verselbstständigung der Norddeutschen Fachhochschule für Rechtspflege zum 1. Oktober 2007 wird die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (FHVR) aufgelöst. Das Studieninstitut des Landes Niedersachsen (SiN) in Bad Münder bleibt mit dem Ziel einer vollständigen Kostendeckung bestehen. Unter dem Primat der Wirtschaftlichkeit werden die gebotenen Aus- und Fortbildungsbedürfnisse des Landes und seiner Bediensteten gewährleistet.

Das Vorhaben „Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit“ wird neue Wege der nachbarschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Kommunen aufzeigen. Das Projekt wird die Verbesserung der Zusammenarbeit der Kommunen auf der Basis praktizierter Verwaltungskooperation fördern. Das Gutachten des Internationalen Instituts für Staatsund Europawissenschaften wurde durch das MI ausgewertet. Die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit wurde am 20. Juni 2007 veröffentlicht. Für die Förderung interkommunaler

Projekte stehen in den Jahren 2007 bis 2009 jeweils 300 000 Euro zur Verfügung.

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport leistet mit den Regierungsvertretungen Organisationsunterstützung und Managementhilfen für die Kooperationen in der Planungsphase. Das MI - Regierungsvertretungen - hat im März 2007 vier regionale Veranstaltungen zur interkommunalen Zusammenarbeit mit jeweils ca. 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den Regionen durchgeführt, die dem Austausch und der Informationsweitergabe dienten. Schließlich hat das MI - Regierungsvertretung Lüneburg - darüber hinaus im Juli 2007 eine vertiefende Informationsveranstaltung zum Thema „Interkommunale Zusammenarbeit und Vergaberecht“ ausgerichtet. Nach drei Jahren will die Landesregierung gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden eine Bilanz der Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit ziehen.

Für den Geschäftsbereich des Justizministeriums werden die Planung, der Bau, die Finanzierung und der Betrieb des nicht hoheitlichen Bereichs einer Justizvollzugsanstalt (JVA) in Bremervörde nach einer europaweiten Ausschreibung an einen privaten Investor/Betreiber übertragen. Mit der Beschaffungsvariante PPP werden für das Land wirtschaftliche Vorteile prognostisiert. Nach der Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers über die Aufnahme des Vorhabens in den Haushaltsplan des Landes Mitte Dezember 2007 wird im Frühjahr 2008 die Ausschreibung zur Feststellung eines geeigneten Betreibers beginnen. Zur Erstellung der Verdingungsunterlagen hierfür wird sich die Projektgruppe externer Beratung bedienen. Zurzeit werden fünf geeignete Bewerber zur Verhandlung ausgesucht. Es wird derzeit eine Beratungsunterlage für die Landtagsbefassung erarbeitet. Hierzu haben bereits Erörterungen mit dem Niedersächsischen Landesrechnungshof stattgefunden. In der Beratungsunterlage wird neben Fragen zum Bedarf, zum Grundstück und zum Grundkonzept der Aufgabenübertragung die Wirtschaftlichkeit der Realisierung in PPP erörtert. Zu dieser Frage liegt bereits ein externes Gutachten vor, das zu signifikanten Vorteilen gegenüber herkömmlicher Realisierung gelangt. Zuschlag und Baubeginn für die neue Anstalt sind für den Herbst 2009 zu erwarten. Am 1. Juli 2012 wird die JVA Bremervörde in Betrieb genommen.

Das Projekt zur Optimierung der Servicedienste in der Polizei ist abgeschlossen. Die Aufgaben zur

Sicherung der Funktionalität und zur Entlastung des polizeilichen Vollzugsdienstes erbringt die Polizei nicht mehr wie bisher in erheblichem Umfang selbst. Vielmehr konnten mit dem erfolgreichen Projektabschluss Formen der Leistungserbringung herbeigeführt werden, die den aktuellen gesellschaftlichen Forderungen nach Qualitätsanstieg in der Arbeit unter zeitgleicher Steigerung der Wirtschaftlichkeit entsprechen. Der sich daraus ergebende organisatorische Wandel führt zu einem sozialverträglichen, in Teilen bereits umgesetzten Personalabbau. Die haushaltsmäßige Entlastung umfasst insgesamt 215 Stellen. Durch Umsetzung entsprechender Konzepte konnten davon bereits 107 Stellen in Abgang gestellt werden. Die verbleibenden 108 Stellen werden in den Jahren 2008 und 2009 eingespart.

Besondere Bedeutung kommt in der zweiten Phase der Verwaltungsmodernisierung - sowohl unter strukturellen als auch finanziellen Gesichtspunkten - dem Vorhaben „Strategische Neuausrichtung des Einsatzes der IT in der Niedersächsischen Landesverwaltung“ zu.

Die Rahmenbedingungen für einen effizienten ITBetrieb haben sich in den letzten Jahren entscheidend verändert. Durch leistungsfähigere Datennetze, die deutlich höhere Übertragungsgeschwindigkeiten zu gleichbleibenden Kosten ermöglichen, und die Weiterentwicklung der IT-Technik hat der Organisationsgrundsatz der örtlichen Nähe zwischenzeitlich seine Bedeutung verloren. Durch neue innovative Organisationsmöglichkeiten, durch Standardisierungen und die Möglichkeit der Zentralisierung von Ressourcen sind Potenziale gewachsen, mit denen der IT-Einsatz mit weitaus niedrigeren Kostenansätzen betrieben werden kann. Mit der Einrichtung einer für den gesamten IT-Bereich verantwortlichen Stelle - Chief Information Officer (CIO) - zum 1. Januar 2006, einer durchgängigen Standardisierung von Hard- und Software, der Zentralisierung von Ressourcen und Beschaffungen und durch den Einsatz leistungsfähiger Organisationsmodelle kann der IT-Einsatz in der Landesverwaltung wirtschaftlicher gestaltet werden. Ein zentrales Element der Verwaltungsmodernisierung ist das Programm „Modernisierung des Einsatzes der IT in Niedersachsen“ (mit.Nie- dersachsen).

Das Gesamtvorhaben umfasst sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen:

- Das von der Landesregierung im Mai 2006 beschlossene IT-Landeskonzept gibt den Rahmen vor, innerhalb dessen IT-Aufgaben künftig landesweit nach einheitlichen Standards bearbeitet wird. Hierdurch wird ein gesamtheitliches Vorgehen im Bereich der IT erreicht.

- Auf der Grundlage eines landesweit verbindlichen Betriebsmodells werden künftig querschnittliche IT-Infrastrukturdienste und fachbezogene Applikationsdienste differenziert. In der Verantwortung der Ressorts verbleiben weiterhin die Entwicklung und Pflege der fachlichen Anwendungen.

- Auf Basis eines von der Landesregierung im Juli 2007 beschlossenen Migrationsmasterplans werden die querschnittlichen IT-Infrastrukturdienste schrittweise bis zum Jahr 2010 zentralisiert und als Dienstleistungen vom zentralen IT-Dienstleister Landesbetrieb Informatikzentrum Niedersachsen (IZN) zu wirtschaftlichen Konditionen erbracht. Im technischen Bereich werden neben einer durchgängigen Standardisierung von Hardund Software auch die Systemlandschaft umfassend konsolidiert sowie Kommunikations- und Datennetze zusammengeführt.

- Im Juli 2007 hat die Landesregierung die Einführung der elektronischen Aktenführung beschlossen. Zukünftig wird ein landeseinheitliches Dokumentenmanagementsystem auf allen dafür geeigneten Arbeitsplätzen eingesetzt.

Die Landesregierung hat im Juli 2007 die landesweite Einführung des Vorhabens „Elektronisches Reisemanagement Niedersachsen - eRNie“ beschlossen. Gegenstand ist die Einführung eines zentralen elektronischen Reisemanagementsystems für die Landesverwaltung. Bisher werden Dienstreisen dezentral von den Dienststellen genehmigt und abgerechnet; die Bearbeitung erfolgt weitgehend ohne Softwareunterstützung. Ab 2009 werden jährliche Einsparungen von rund 1,5 Millionen Euro erzielt werden.

Im Februar 2007 wurde der Projektauftrag zur Zusammenführung des Landesbetriebes Informatikzentrum Niedersachsen mit dem Niedersächsischen Landesamt für Statistik zu einem Landesbetrieb erteilt. Ziel des Projekts ist es, eine neue, den Anforderungen der Zukunft gewachsene Einheit zu schaffen. Neben der Verbesserung der Leistungsfähigkeit werden im Verlauf des Vorhabens weitere Synergieeffekte erschlossen werden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Durch den Vollzug der ZV II ergibt sich zum Stand des Haushaltsplanentwurfs 2008 eine Haushaltsentlastung von rund 215 Millionen Euro. In der früheren Gesetzesfolgenabschätzung (GFA vom Juni 2004) war für diesen Zeitraum eine Einsparung von Personalkosten in Höhe von rund 153 Millionen Euro erwartet worden.

Zu 2: Die Job-Börse, die mit Wirkung vom 1. Januar 2005 neu aufgestellt wurde, ist ein Instrument zur Umsetzung des beschlossenen Stellenabbaus. Dabei gilt folgender Grundsatz: Dienststellen, die Stellen abbauen müssen, melden der Job-Börse Personen zur Vermittlung. Die Zahl der zu meldenden Personen entspricht dabei der Zahl der kw-Vermerke, die nicht im Zuge der natürlichen Fluktuation bis zum 31. Dezember 2009 vollzogen werden können. Darüber hinaus gibt es eine steigende Zahl von freiwilligen Meldungen zur JobBörse von Landesbediensteten, die sich aus persönlichen Gründen verändern möchten. Bis zum 1. September 2007 meldeten sich 945 Personen freiwillig an. Die Job-Börse vermittelt die gemeldeten Personen in neue, bedarfsgerechte Verwendungen in Dienststellen, die freie Stellen besetzen müssen. Die Job-Börse organisiert - ressortübergreifend - den Vermittlungsprozess, sie berät gemeldete Personen und die beteiligten Dienststellen und sorgt gegebenenfalls für bedarfsgerechte Qualifizierungsmaßnahmen. Auf diese Weise leistet die Job-Börse schnell und sozialverträglich einen unverzichtbaren Beitrag zur Erreichung des Stellenabbaus. Gleichzeitig werden Neueinstellungen vermieden, weil zunächst geprüft wird, ob bereits im Landesdienst beschäftigte Personen vermittelt werden können. Bis zum 1. September 2007 hat die Job-Börse 1 142 Personen auf freie Stellen vermittelt.

Zu 3: Die Landesregierung bewertet die in Angriff genommene Verwaltungsmodernisierung als vollen Erfolg.

Anlage 17

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 19 des Abg. Bernd Althusmann (CDU)

Verschärfung des Waffengesetzes

Auf Initiative der Freien und Hansestadt Hamburg hat der Bundesrat ein Gesetz für eine Öff

nungsklausel im Waffengesetz auf den Weg gebracht, die es den Ländern ermöglicht, das Mitführen von Stichwaffen an gefährlichen Orten zu untersagen. Der Bundestag hat dem zugestimmt, die abschließende Beratung im Bundesrat steht an.

Der Tagesspiegel berichtet am 28. Juli 2007, dass das Land Berlin seit Monaten im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses eine Verschärfung des Waffengesetzes diskutiert. Hintergrund sei, dass sich Messerattacken unter Jugendlichen in letzter Zeit gehäuft hätten. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) strebt dem Artikel zufolge sogar an, das Waffengesetz noch zu erweitern. In dem Artikel heißt es, er wolle in Berlin Hieb- und Stichwaffen grundsätzlich überall verbieten und nicht nur an bestimmten kriminalitätsbelasteten Orten. Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßt den neuen Gesetzesentwurf, da die Zahlen der Waffen insgesamt, die Jugendliche 2006 bei Kontrollen dabei hatten oder bei Straftaten einsetzten, um 31 % auf rund 1 300 Fälle gestiegen seien. In 766 Fällen hätten die Jugendlichen Messer besessen - ein Anstieg um 25 % gegenüber dem Vorjahr.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Gibt es vergleichbare Zahlen für den Einsatz von Messern bei Straftaten von Jugendlichen in Niedersachen?

2. Beabsichtigt die Niedersächsische Landesregierung, von der neuen Öffnungsklausel im Waffengesetz Gebrauch zu machen?

3. Wie steht die Niedersächsische Landesregierung zu einem generellen Verbot von Hieb- und Stichwaffen?

Nachdem es in Hamburg im Jahr 2005 wiederholt zu Messerstechereien insbesondere im Bereich der Reeperbahn gekommen war, initiierte die Freie und Hansestadt Hamburg eine Änderung des Waffengesetzes, das bereits jetzt ein generelles Verbot des Führens von Waffen bei öffentlichen Veranstaltungen sowie eine Erlaubnispflicht für das Führen von Schusswaffen (z. B. durch gefähr- dete Personen) vorsieht. Durch Änderung des Waffengesetzes soll den Landesregierungen nun die Möglichkeit eingeräumt werden, das Führen von allen Waffen, die dem Waffengesetz unterliegen, in genau bezeichneten öffentlichen Straßen oder Plätzen zu verbieten, wenn an diesen Orten wiederholt Straftaten unter Einsatz von Waffen oder andere, im Einzelnen benannte Straftaten wie z. B. Raubdelikte, Körperverletzungsdelikte etc. begangen worden sind und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass auch künftig mit der Begehung solcher Straftaten zu rechnen ist. Eine ent

sprechende Verordnung nach dem Waffengesetz wäre dann gegebenenfalls durch eine Verordnung nach dem Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu ergänzen, damit auch das Mitführen derjenigen gefährlichen Gegenstände verboten werden kann, die zwar deliktsrelevant sind, aber nicht dem Waffengesetz unterliegen wie z. B. Baseballschläger.

Das Land Berlin erwägt nun, ein generelles Verbot für das Mitführen gefährlicher Gegenstände bzw. von Hieb- und Stoßwaffen in das Waffengesetz einzufügen. Ein konkreter Vorschlag liegt bisher nicht vor. Berlin räumt hierzu selbst ein, dass die Abgrenzung, welche Messer und andere Gegenstände unter das Waffenführensverbot fallen sollen, äußerst schwierig sei.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Nein. Berlin hat aus dem Jahr 2006 insgesamt 8 006 Einzelvorgänge ausgewertet. Kriterien waren, das mindestens zwei Täter, die zwischen 8 und 21 Jahre alt waren, gemeinschaftlich eine Tat wie Raub, räuberische Erpressung, Körperverletzungen, Bedrohungen, Sachbeschädigungen sowie Begleitdelikte wie unbefugter Waffenbesitz begangen haben. In 1 298, also rund16 % dieser als „Jugendgruppengewalt“ definierten Fälle wurden Waffen mitgeführt. Gegenüber dem Vorjahr ist dies zwar eine Steigerung um 307 Fälle, also rund 31 %. Dieser Anstieg wird zum Teil auch auf Erfassungsmängel im Vorjahr zurückgeführt.

Da es sich um eine spezifische Auswertung Berlins handelt, liegen vergleichbare Zahlen in Niedersachsen und anderen Bundesländern nicht vor und könnten nur durch personalintensive Auswertung einzelner noch zu selektierender Fälle ermittelt werden.

Für Niedersachsen kann festgestellt werden, dass die Anzahl der in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfassten jugendlichen Tatverdächtigen (in der Altersgruppe zwischen 14 und 18 Jahren) im Jahr 2006 gegenüber dem Vorjahr von 31 082 auf 30 932 geringfügig gesunken ist. Deliktsschwerpunkte der Jugendkriminalität waren neben Eigentumsdelikten u. a. auch Delikte wie z. B. Körperverletzung und Raub. Es lässt sich über eine Auswertung der PKS nicht ermitteln, in welcher Anzahl von Fällen die Tatverdächtigen Waffen - hier speziell Stich- oder Hiebwaffen - mitgeführt bzw. eingesetzt haben.

Im Jahr 2006 sind insgesamt 3 178 Straftaten wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz (Vorjahr 3 037 Fälle) mit 470 jugendlichen Tatverdächtigen (Vorjahr 507) registriert worden. Auch hierzu lassen sich keine Aussagen zur Art der Waffen (Schusswaffen oder andere dem Waffengesetz unterliegenden Gegenstände) treffen. Eine vorgenommene Selektion im Vorgangsbearbeitungssystem NIVADIS mittels der Katalogbegriffe „Hiebund Stichwaffen“ hat ergeben, dass im Jahr 2006 in 335 Fällen Hieb- und Stichwaffen von Jugendlichen mitgeführt und/oder bei Jugendlichen sichergestellt worden sind. Allerdings sind keine Aussagen dahin gehend möglich, ob es sich hierbei um verbotene Gegenstände im Sinne des Waffengesetzes handelt.