Protokoll der Sitzung vom 19.10.2007

Stärken statt schwächen - das ist der Weg, den wir gehen und der uns bereits Erfolge bringt. Alles andere sind Irrwege, die sich in wenigen Jahren böse rächen würden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Frau Korter das Wort.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Pure Rechthaberei!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hermann, ich habe nur eine Frage an Sie: Wissen Sie, dass es Ihr schulpolitischer Sprecher vorgezogen hat, den Barnstorfer Krammarkt zu besuchen, statt an den entscheidenden Ausschussberatungen zum Thema dieses Antrages teilzunehmen?

(Beifall bei den GRÜNEN - Astrid Vo- ckert [CDU]: Oh nein! - Ursula Körtner [CDU] meldet sich zu einer Kurzinter- vention)

Als Nächster hat Herr Voigtländer für die SPDFraktion das Wort.

(Wolfgang Hermann [FDP] meldet sich zu Wort)

- Entschuldigung, nein. Herr Hermann möchte auf die Kurzintervention antworten. Bitte schön, Herr Hermann, Sie haben anderthalb Minuten Redezeit.

(Zurufe: Diese Polemik ist ja unmög- lich! - Unerträglich war das!)

Verehrte Frau Präsidentin! Frau Korter, das ist wirklich Polemik pur. Ich darf Ihnen noch einmal sagen: Bleiben Sie bei Ihren Leisten! Bleiben Sie bei der Schule! Aber bitte nicht, wenn es um Ausbildung geht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Voigtländer das Wort.

(Ursula Körtner [CDU] meldet sich er- neut zu einer Kurzintervention)

- Es gibt noch eine Kurzintervention.

(Zurufe von der SPD: Auf wen?)

Auf wen? Auf Herrn Hermann?

(Ursula Körtner [CDU]: Nein!)

- Herr Voigtländer, jetzt endlich haben Sie das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst ein paar Bemerkungen zu einigen Aussagen.

Herr von Danwitz, ich bin über das enttäuscht, was Sie heute vorgetragen haben. Das ist weder Ihre Gedankenwelt noch Ihr Sprachduktus. Ich weiß

nicht, wer aus dem Kultusministerium Ihnen das aufgeschrieben hat. Wenn Sie bei der Debatte am Mittwoch dabei gewesen wären, hätten Sie sich nicht getraut, das hier abzuliefern. Im Übrigen widerspricht es dem, was Sie sonst von sich geben.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der SPD: Richtig!)

Frau Körtner, Sie sind für jede Überraschung gut. Aber Zahlen sind nicht in beliebiger Weise interpretierbar. Ich werde noch darauf eingehen. Im Übrigen finde ich es beschämend, mit welchem Jux und mit welcher Tollerei mit diesem Thema umgegangen wird.

(Wolfgang Hermann [FDP]: Wer macht das?)

Hinter diesen ganz unterschiedlichen Zahlen stehen Schicksale, Schicksale und nochmals Schicksale. Für die rechte Seite des Hauses gibt es diese Schicksale gar nicht. Die linke Seite des Hauses weist aber unaufhörlich darauf hin.

(Beifall bei der SPD - Heinz Rolfes [CDU]: Das ist schlicht eine Unver- schämtheit! Außer Beschimpfen krie- gen Sie nichts zustande!)

Herr Hermann, so sehr ich Sie als Kollegen schätze und ernst nehme, meine ich doch, dass Sie sich unsere Anträge noch einmal durchlesen müssen, weil ich den Eindruck habe, dass das, was wir hinüberbringen wollten, und dass der Grund dafür, warum wir es hinüberbringen wollten, bei Ihnen nicht angekommen ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich werde es noch einmal versuchen. Geschafft haben wir es leider bislang nicht. Das muss ich eingestehen.

Zum Thema. Es gibt durchaus Leute, die - kritisch und ohne meiner Meinung zu sein - über dieses Thema streiten. Das habe ich gestern Abend mit Herrn Koch von der Vereinigung der Handwerkskammern Niedersachsen erlebt. Aber er wusste, worüber er geredet hat. Er wusste auch, was er mir zum Konzept der Landtagsfraktion sagen konnte. Er konnte vermeintliche Schwachstellen benennen, und er wusste ebenfalls, wo es möglicherweise Kompromisslinien gibt. Alles das habe ich bei der rechten Seite des Hauses bislang grundsätzlich vermisst.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir debattieren heute über vier Anträge zu - im Grunde genommen - dem gleichen Thema. Das Thema wurde durch die FDP-Fraktion bereits am Mittwoch hochgezogen. Es ist ein drängendes Thema. Die Zahlen sind - das tut mir leid für Sie - eindeutig. Wer heute davon spricht - dabei beziehe ich die bundespolitische Ebene mit ein -, dass der Ausbildungspakt klappt, der nimmt nicht zur Kenntnis, dass die Gewerkschaften an diesem Ausbildungspakt nicht teilnehmen und dass er grundsätzlich gescheitert ist, weil man bislang lediglich für dieses Jahr davon ausgehen kann, dass es deutliche Besserungstendenzen auf dem Ausbildungsmarkt gibt - bislang aber nur in diesem Jahr.

Ich komme auf die Ausbildungsplatzsituation zurück. Die Nachfrage und das Angebot an Ausbildungsplätzen klaffen eindeutig auseinander, Frau Körtner. Die Agentur für Arbeit - nicht unbedingt eine Einrichtung der niedersächsischen Landtagsfraktion der SPD - hat für April 2007 - Herr Hermann, also noch nicht ganz so lange her - deutschlandweit eine Lücke zwischen Angebot und Nachfrage von 210 000 Ausbildungsplätzen festgestellt. 210 000! Für Niedersachsen heißt das, 71 000 gemeldeten Bewerbern stehen nur 48 000 gemeldete Ausbildungsplätze gegenüber.

(Zuruf von der CDU: Das war im April! - Heinz Rolfes [CDU]: Keine Ahnung! Das ist schlimm!)

Wir haben also eine Lücke von 23 000 Ausbildungsplätzen.

(Wolfgang Hermann [FDP]: Nein, das ist falsch! Das war im April!)

- Ich merke, dass Ihnen die Zahlen wehtun. Anders ist Ihr aufgeregtes und überflüssiges Gebaren überhaupt nicht zu verstehen.

(Beifall bei der SPD)

Laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung wurden im letzten Jahr 384 000 Jugendliche in sogenannten Warteschleifen geparkt. In Niedersachsen waren das ca. 35 000 Jugendliche. Meine Damen und Herren, diese kommen in der Statistik überhaupt nicht vor. Sie kommen nicht vor, weil sie als Bewerber für Ausbildungsplätze überhaupt nicht mehr in Erscheinung treten. Ab Februar haben sie sich

erfolgreich bei den berufsbildenden Schulen eingeschrieben und sind dadurch keine Nachfrager nach Ausbildungsplätzen mehr. Hier ist der Hinweis von Herrn Koch vermutlich richtig: Was macht die Agentur für Arbeit an dieser Stelle, wenn sie weiterhin auf der Suche nach Vermittlungen ist? Geht sie in die berufsbildenden Schulen hinein, um sich zu erkundigen, wer in den Fachschulen, in den Grundbildungsjahren und Vorbereitungsjahren noch Nachfrager ist, oder tut sie es nicht? - Ich bin gespannt, ob wir darauf vernünftige Antworten bekommen werden.

Dies bedeutet, meine Damen und Herren, dass fast jeder zweite Bewerber in einer solchen sogenannten Warteschleife landet. Bundesweit streitet man sich über die Zahlen. Ich bin sicher, dass es sich bundesweit um eine Zahl zwischen 500 000 und 1 Million jungen Leuten unter 25 Jahren handelt, die weder einen Ausbildungsplatz noch einen Berufsabschluss haben.

Zur Darstellung unseres Konzepts benötige ich mein Redemanuskript nicht mehr, Herr Hermann; das erzähle ich Ihnen einmal so. Unser Konzept sieht folgendermaßen aus: Die Lehrerinnen und Lehrer in den berufsbildenden Schulen unterrichten jetzt in den Berufsfachschulen, in den Berufsvorbereitungsjahren und in den Berufsgrundbildungsjahren, allerdings auch in den Fachoberschulen und Wirtschaftsgymnasien. Ein Teil dieser Lehrkräfte könnte auch in dem Bereich unterrichten, in dem wir vollzeitschulische Maßnahmen einrichten wollen. Wir haben also die Lehrer und die Räume. Wir als SPD wollen lediglich für einen begrenzten Zeitraum von fünf Jahren dazu beitragen, dass diese Lehrer nicht nur in den Bereichen unterrichten, die ich eben genannt habe, sondern dass sie die Bewerber, die erfolgreich vollzeitschulische Maßnahmen durchlaufen, dazu befähigen, sich zu einer Kammerprüfung melden zu können. Dies ist seit Jahren - ich meine, seit etwa fünf Jahren - aufgrund der Änderung des § 43 des Berufsbildungsgesetzes möglich.

Bislang hat das Kultusministerium diese Situation ganz ähnlich gesehen. Ich betone nochmals: ganz ähnlich. Nur jetzt, nachdem Sie sich erkundigt haben, was die Verbände davon halten und wie die aktuelle Situation auf dem Ausbildungsmarkt ist, haben Sie sich von dem abgewandt, worüber wir uns zu verständigen versucht haben.

Der Unterschied zwischen Ihnen und uns war an dieser Stelle lediglich in zwei Punkten begründet.

Der erste Punkt: Wir wollen, dass die jungen Leute, die in vollzeitschulischen Maßnahmen mit einem hohen Praxisanteil qualifiziert werden, ein Entgelt bekommen. Über die Höhe dieses Entgelts kann man sich streiten. Die Agentur für Arbeit hat ausreichende Mittel zur Verfügung, und es ist auch der Einsatz europäischer Mittel denkbar.

Der zweite Punkt: Bis jetzt sind Sie immer davon ausgegangen, dass man in diesem Bereich lediglich regional anbietet. Unsere Vorstellung lautet demgegenüber, dass es nicht ausreicht, nur regional anzubieten, weil wir in einem hohen Maß zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen wollen. Wir denken in der Tat an 10 000 Plätze. Machte man dies nur regional, müsste man davon ausgehen, dass es an dem von mir geschilderten Berg von 35 000 fehlenden Plätzen in Niedersachsen nichts änderte.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich hinzufügen: Wir fordern ein Recht auf Ausbildung.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Art und Weise, wie Sie dieses Menschenrecht abgelehnt haben, ist peinlich. Nichts kann peinlicher sein als die Weise, in der Sie sich hier geriert haben. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)