Festhalten des Landes am Zentrale-Orte-Konzept zwingend erforderlich ist. Dazu hat ja eben auch Herr Biestmann gestanden. Wenn Sie es nur umsetzen würden! Das ist nämlich nicht der Fall.
es wird aber an allen Ecken und Kanten, lieber Herr Oetjen, aufgeweicht, und zwar weit über das Maß einer durchaus flexibleren Anwendung hinaus. Man hat fast allen Begehrlichkeiten der Kommunen zugestimmt. Man kann das natürlich auch als besonders kommunalfreundlich darstellen. Die Frage ist nur, ob das Land seiner Verantwortung für die gesamte Steuerung der Landesraumordnung damit gerecht wird.
In dem Zusammenhang nenne ich, auch wenn darüber manchmal bei den Kommunen durchaus konträr diskutiert wird, die Einführung eines mittelzentralen Verbundes. Man überlässt die Vergabe der mittelzentralen Teilfunktionen den Landkreisen. Man vergibt oberzentrale Teilfunktionen, ohne festzulegen, wo denn die Unterschiede zwischen einem Grundzentrum mit mittelzentralen Teilfunktionen und einem Mittelzentrum liegen. Das Gleiche gilt für den Unterschied zwischen einem Mittelzentrum mit oberzentralen Teilfunktionen und einem Oberzentrum.
Wenn ich diese Unterschiede aufgrund einer höheren Flexibilität will - wenn Sie sich unseren Antrag genau ansehen, werden Sie feststellen, dass wir dazu durchaus bereit sind -, obwohl sie rein raumordnerisch unsinnig sind, dann muss ich auch Vorgaben machen und Kriterien festlegen.
Es fehlen Festlegungen, für welche Bereiche die Kommunen Teilfunktionen übernehmen sollen. An dieser Stelle muss ich auch einmal löblich diesen mittelzentralen Verbund hervorheben; denn er hat konkrete Schwerpunkte gesetzt, aber aus den Kommunen heraus. Es fehlen also Festlegungen, für welche Bereiche die Kommunen Teilfunktionen übernehmen sollen. Dazu hieß es in der Anhörung u. a. von den kommunalen Spitzenverbänden:
„Wir befürchten eine Relativierung der Bedeutung der Zentren durch Einführung neuer Zwischenkategorien. Hier sollten jedenfalls in einem klaren Anforderungsprofil die Voraussetzungen für die Zuweisung verbindlich festgelegt werden.“
Der Einstieg in Verbünde ohne Berücksichtigung der Gesamtentwicklung der betroffenen Regionen schafft verständlicherweise auch Begehrlichkeiten. Schon jetzt liegen weitere Nachfragen vor. Ich nenne beispielsweise die Kommunen Leer und Aurich oder die Region Walsrode/Bad Fallingbostel/Bomlitz. Das Witzige ist, dass Staatssekretär Ripke schon heute, Ende 2007, Änderungen der Verordnung für 2008 angekündigt hat.
Von daher stellt sich die Frage: Wie verlässlich ist also so eine Verordnung? Wie sollen die Kommunen bei der Umsetzung dieser Verordnung in ihre Regionalen Raumordnungsprogramme vorgehen?
Meine Damen und Herren, man scheut fachliche Auseinandersetzungen und will es allen recht machen, mit der Folge, dass die regionalen Unterschiede in diesem Land immer größer werden. Die zugegebenermaßen wenigen, aber wichtigen Steuerungsinstrumente des Landes werden einer Gefälligkeitsplanung geopfert.
Zum Thema FOC ist schon eine Menge gesagt worden. Auch die Entwurfsänderungen entsprechen nicht den Voten der Anzuhörenden; Aus
Wir wollen keinen Einstieg in die Planung von FOCs auf der grünen Wiese. Darum bleiben wir bei unserer Forderung: FOCs gehören in die Oberzentren, an städtebaulich integrierte Standorte.
Auch oder gerade politisch wird es nicht durchzuhalten sein, mit dem Argument der Fremdenverkehrsentwicklung nur in einer Tourismusregion ein FOC zuzulassen. Wie will es die Landesregierung gegenüber den jeweiligen regionalen Interessenvertretern begründen, dass z. B. der Harz, die Küste oder das Weserbergland anders behandelt werden? - Ich bin davon überzeugt: Die Anträge werden folgen. Darum werden wir dem Antrag der Grünen in der Drucksache 4194 zustimmen.
Meine Damen und Herren, die Ergänzungen bzw. Änderungen, die auf der Grundlage des Erdkabelgesetzentwurfs der Fraktionen von CDU und FDP neu hineingenommen worden sind, beschreiben genau die strittigen Punkte. Das ist auch am Dienstag in der Anhörung deutlich gesagt worden. Das sind die Mindestabstände, das ist die völlig unsinnige Ausnahmeregelung für den Außenbereich, das ist die mangelnde oder fehlende Beteiligung der kommunalen Gebietskörperschaften, für die Sie sich sonst doch immer so stark machen, und das ist vor allen Dingen die Frage der Kostenermittlung. Gerade die kommunalen Spitzenverbände haben darauf aufmerksam gemacht, dass es eine volkswirtschaftliche Betrachtungsweise
geben muss. Darum sollte man sich auch in der Beratung zum Erdkabelgesetz darüber verständigen, welche Kostenfaktoren herangezogen werden sollen, damit man endlich zu einem sauberen Kostenvergleich kommt und nicht immer nur Äpfel mit Birnen vergleicht.
Meine Damen und Herren, eine letzte Anmerkung zur regionalen Planungsverantwortung. Es fehlen in der Verordnung Vorgaben in Form von Mindestinhalten für die regionalen Planungsträger. Auch hier scheut man wiederum die fachliche Auseinandersetzung. Das führt dazu, dass wir gerade in der Qualität, in der zeitlichen Umsetzung - das kennen wir ja schon - sehr unterschiedliche Regionale Raumordnungsprogramme bekommen werden.
Daran kann und darf das Land schon aus Gründen der obersten Maxime der Landesraumordnung aber kein Interesse haben, nämlich gleichwertige
Lebensverhältnisse in allen Regionen des Landes sicherzustellen. Diesem obersten Gebot wird die vorliegende Verordnung nicht gerecht.
„Als Vertreter eines Trägers der Regionalplanung, der seine Aufgabe ernst nimmt, lege ich großen Wert darauf, dass so etwas wie eine ‚Dumping Regionalplanung’ ausgeschlossen wird. Deswegen sehe ich beim neuen Landes-Raumordnungsprogramm kritisch, dass die Vorgaben für die Inhalte der Regionalen Raumordnungsprogram
Meine Damen und Herren, es ist schon bemerkenswert, dass sich selbst Träger der Regionalplanung so äußern. - Vielen Dank.
„Wohin geht die räumliche Entwicklung unseres Landes - und können wir sie zukunftsfähig gestalten? Was wird aus unseren Städten und den Dörfern im ländlichen Raum? … In allen Bereichen des menschlichen Zusam
menlebens und bei der Gestaltung und Entwicklung unseres Lebensumfeldes gibt es unterschiedliche Interessen und eine Vielzahl zu berücksichtigender Belange des Allgemeinwohls. Die Folge: Widerstreitende Interessen und Nutzungsansprüche erfordern eine koordinierende und abwägende Moderation zur Vermeidung oder Verminderung von Konflikten bei der räumlichen Entwicklung. Ressourcenschutz, Freiraumsicherung und eine maßvolle Siedlungsentwicklung
gewinnen immer mehr an Bedeutung, wenn die Entwicklung in Niedersachsen auf Dauer tragfähig und nicht zu Lasten späterer Generationen - also nachhaltig verlaufen soll. Hierfür ist
Meine Damen und Herren, wie wahr und wie richtig! Diese eindrückliche und überzeugende Begründung für Raumordnung könnte von mir sein. Ist sie aber nicht. Sie finden Sie im Internet als Eröffnungsseite des ML zum Thema Raumordnung und Landesentwicklung. Da drängt sich doch die Frage auf: Kennt diese Landesregierung ihre eigenen grundlegenden Aussagen eigentlich gar nicht? - Denn wenn sie diese Aussagen kennen und zu ihnen stehen würde, sie also ernst nehmen würde, dann hätte sie uns doch nie eine solche Zumutung von Landes-Raumordnungsprogramm vorlegen
Meine Damen und Herren, dieser Entwurf eines Landes-Raumordnungsplans ist doch eine einzige Verzichtserklärung. Sie verzichten auf Siedlungsund Freiraumplanung und ermuntern zum Wildwuchs. Sie verzichten auf die Gestaltung des demografischen Wandels. Sie verzichten auch darauf, erforderliche Anpassungen von Siedlungsund Infrastruktur so zu koordinieren, dass in Niedersachsen gleichwertige Lebensbedingungen für alle sichergestellt werden. Sie verzichten auf eine existenzielle Zukunftssicherung durch den Verzicht auf steuernde und lenkende Rahmenbedingungen für ein klimafreundliches Niedersachsen.
Meine Damen und Herren auf der rechten Seite des Hauses: Warum verzichten Sie eigentlich nicht gleich aufs Regieren? Das wäre in diesem Fall genau das Richtige.
(Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Warum verzichten Sie nicht auf Ihren Redebeitrag?)
Bei der sicherlich notwendigen Überarbeitung der raumordnungsrechtlichen Bestimmungen hat diese Landesregierung in ihrer ideologischen Überzeichnung eindeutig das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Wir stellen dem 24 Forderungen für eine vorausschauende und ordnende Planung dagegen, auf die ich jetzt aber nicht alle eingehen kann. Einige möchte ich aber im Detail ansprechen.
Das Zentrale-Orte-System ist nicht nur ein Raumordnungsfachbegriff, sondern ganz konkret das Gerüst für gleichwertige Lebensbedingungen in allen Regionen Niedersachsens. Ein stringentes
- ich betone: ein stringentes - Netz Zentraler Orte steuert und konzentriert die Siedlungsstruktur sowohl in Wachstums- als auch in Schrumpfungssituationen.
Es sichert die gleichmäßige Versorgung der Menschen mit öffentlicher und privater Infrastruktur, es vermeidet Verkehr, verhindert die überflüssige
Inanspruchnahme von Ressourcen, und es spart Geld und Zeit sowohl für die öffentliche Hand als auch für die privaten Haushalte. Deshalb behauptet die Landesregierung ja auch nach wie vor, dass sie dieses System aufrechterhalten hätte.
Nur, meine Damen und Herren, diese Behauptung ist so, Herr McAllister, als wenn eine drittklassige Absteige eine Duftschale mit Rosenblättern aufstellt und anschließend behauptet, sie wäre jetzt ein Wellnesshotel.
Sie haben nämlich diese Struktur völlig aufgeweicht: durch bisher nicht vorhandene Zwischenstufen und Verbundmöglichkeiten und durch eine weitgehende Beliebigkeit bei der Gestaltung und der damit verbundenen Verbindlichkeit der Konzepte.