Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

(David McAllister [CDU]: Was ist denn jetzt los?)

Meine Damen und Herren, natürlich sagen Sie, dass absolute Zahlen nicht aussagekräftig sind, weil man sie in ein Verhältnis zum Verteilungsschlüssel setzen muss.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Jetzt kommt die Prozentrechnung!)

Meine Damen und Herren, wenn Sie das machen, liegen wir im Vergleich mit anderen Bundesländern an Numero eins. Wir haben im Rahmen der Bleiberechtsregelungen die meisten Fälle anerkannt.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Die Debatte ist entschieden!)

An Numero zwei liegt Nordrhein-Westfalen

CDU/FDP-Regierung. An Numero drei liegt BadenWürttemberg - CDU/FDP-Regierung. An Numero vier liegt Hessen - CDU-Alleinregierung. Meine Damen und Herren, uns und gerade mir vorzuwerfen, diese Bleiberechtsregelung zu sabotieren, ist so etwas von lächerlich. Sie sollten sich wirklich dafür entschuldigen und sagen, dass das nicht der Fall ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich war wirklich froh darüber, dass das, was wir prognostiziert haben, nach der Einrichtung der Härtefallkommission eingetreten ist, nämlich dass die politische Diskussion über Einzelschicksale der Vergangenheit angehört hat. Ich hoffe, dass das

auch in Zukunft der Fall ist. Insofern möchte ich zumindest eines richtigstellen. Ich habe der Presse entnommen, dass sich die Wohlfahrtsverbände nicht mehr an der Härtefallkommission beteiligen wollen. Ich darf aus den Briefen zitieren, die mir von Herrn Famulla und von Herrn Flitta - sie sind nahezu wortgleich - zugegangen sind. Dort steht: Ich bitte um Ihr Verständnis, wenn ich hiermit zum 31.12.2007 meine Mitarbeit in der Härtefallkommission einstelle und Sie bitte, mich abzuberufen. Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege ist von meinem Wunsch zur Abberufung aus der Kommission zum Jahresende 2007 unterrichtet. Sie geht davon aus, dass Sie die Landesarbeitsgemeinschaft bitten werden, einen Vorschlag zur Neuberufung zu unterbreiten.

(Aha! von der CDU)

Dieser Brief ist am 1. November abgeschickt worden, aber er lag mir schon am 2. November vor. Ich habe umgehend, am gleichen Tag, einen Brief an die Wohlfahrtspflege geschickt und darum gebeten, mir bis zum 1. Dezember einen Vorschlag zu machen, sodass der Kommission auch wieder Vertreter der Wohlfahrtspflege angehören können.

Meine Damen und Herren, ich habe wirklich hohen Respekt vor ehrenamtlichem Engagement. Deshalb muss ich einfach zur Kenntnis nehmen, dass jemand aus irgendwelchen Gründen - sie sind mir nicht genannt worden - zum 31. Dezember ausscheiden möchte. Aber wenn ich dann die Wohlfahrtspflege bitte und einen neuen Vorschlag entgegennehme, dann ist das kein Ausstieg der Wohlfahrtspflege, sondern ein Rückzug der von mir persönlich berufenen Mitglieder. So etwas hat man einfach zur Kenntnis zu nehmen und mit Respekt zur Kenntnis zu nehmen, meine Damen und Herren. Das gebietet auch der Anstand gerade dann, wenn es um ehrenamtliches Engagement geht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lassen Sie mich etwas zu den Zahlen und dem Vorwurf sagen, dass etwas nicht vernünftig abgearbeitet werde und dass es überhaupt keinen Zusammenhang mit der Bleiberechtsregelung geben könne. Insgesamt zur Beratung angenommen

worden sind 85 Fälle. Davon sind 44 Fälle aufgrund der Bleiberechtsregelung entweder erledigt oder zur Prüfung zurückgestellt; denn es gibt ja nicht nur die Bleiberechtsregelung der Innenminister, sondern jetzt auch eine gesetzliche Bleiberechtsregelung, die sogar noch für die nächsten

drei Jahre gilt. Deshalb müssen wir diese Bereiche überprüfen. Meine Damen und Herren, wenn aufgrund einer Bleiberechtsregelung eine Aufent

haltserlaubnis erteilt wird, braucht man das Härtefallersuchen nicht mehr. Von 85 Fällen sind also aufgrund der Bleiberechtsregelung 44 Fälle erledigt. Die Stellungnahme des Ministeriums liegt in 22 Fällen noch nicht vor. Ich könnte Ihnen im Detail darlegen, warum das so ist. Das könnte ich Ihnen im Ausschuss darlegen; denn das würde hier zu weit führen. Sieben Fälle liegen der Kommission zur Beratung vor. In neun Fällen ist die Beratung in der Kommission abgeschlossen. Sonstige Erledigungen: insgesamt 13. - Das ist das, was in der Härtefallkommission umgesetzt wird. Also ist mehr als die Hälfte der Fälle schon aufgrund der Bleiberechtsregelung erledigt. Von daher ist auch das nicht der Punkt, über den wir uns hier streiten sollten.

Mir wird vorgeworfen, wir hätten eine im Vergleich mit anderen Bundesländern einmalig strenge Verordnung erlassen. Meine Damen und Herren, dazu kann ich Ihnen nur sagen: Auch das ist einfach nicht wahr.

Der Flüchtlingsrat wirft mir vor, während der Beratung in der Härtefallkommission herrsche kein Abschiebestopp und wir würden sogar die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen weiter durchführen. Meine Damen und Herren, wir sind eines der wenigen Bundesländer, die das sogar in einer Verordnung ausgeschlossen haben. Es ist doch völlig klar, dass ein Abschiebestopp herrscht, wenn ein Fall in der Beratung ist. Wer etwas anderes sagt, sollte zunächst einmal in die Verordnung gucken. Diese Vorwürfe sind schlicht haltlos.

(Beifall bei der CDU)

Weiter wird mir gesagt, es sei einmalig, dass eine Härtefallregelung nicht mehr möglich ist, wenn die Abschiebung schon terminiert ist. Auch für solche Fälle haben andere Bundesländer vergleichbare Verordnungen. Ich darf daran erinnern, dass es solche Regelungen nicht nur in Baden-Württemberg gibt, sondern auch in Brandenburg, in Mecklenburg-Vorpommern, in Nordrhein-Westfalen und in Thüringen. Meine Damen und Herren, Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass in solchen Fällen in anderen Bundesländern genauso entschieden

wird.

Ein weiterer Vorwurf lautet, wenn jemand straffällig geworden ist, käme der Fall überhaupt nicht mehr

in die Härtefallkommission. Auch das ist schlicht falsch. Ich darf die entsprechende Passage der Verordnung vorlesen:

„Eine Eingabe wird nicht zur Beratung angenommen, wenn … die Ausländerin oder der Ausländer in den letzten drei Jahren vor Eingang der Eingabe zu einer oder mehreren Geldstrafen von insgesamt mindestens 90 Tagessätzen“

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Dann muss er aber ganz schön was auf dem Kerbholz haben!)

„oder zu einer oder mehreren Freiheitsstrafen von insgesamt mindestens drei Monaten verurteilt wurde, …“

Meine Damen und Herren, es heißt „in den letzten drei Jahren“. Dazu sage ich Ihnen, und dazu bekenne ich mich ausdrücklich: Wer innerhalb von drei Jahren straffällig geworden ist in der Größenordnung, wie wir es festgelegt haben, der hat nicht unter Beweis stellen können, dass er, wenn er ein Aufenthaltsrecht hat, nicht wieder straffällig wird. Ich bekenne mich zu meiner Meinung, dass er dann nicht in unserem Land bleiben kann.

(Beifall bei der CDU - Hans-Christian Biallas [CDU]: Richtig! So ist es!)

Wenn aber jemand vor vier, fünf, sechs oder sieben Jahren eine Straftat begangen hat und nach Beratungen und durch Gutachten eine Prognose vorhanden ist, dass er nicht wieder straffällig wird, kann er nach dieser Verordnung durchaus anerkannt werden. Das ist in anderen Bundesländern teilweise gar nicht so geregelt. Auch dieser Vorwurf ist also in keiner Weise haltbar.

Ich könnte noch alle anderen Punkte, die Sie angesprochen haben, darlegen. Vielleicht wäre es aber gut, zunächst einmal die Verordnung vernünftig zu lesen und erst dann wieder diese politische Diskussion auszutragen, die ja immer auf dem Rücken derjenigen geführt wird, die vielleicht davon betroffen sind. Mich ärgert, dass Sie das in dieser Form schon wieder machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun kommt das große Quorum. Auch ich habe in der Zeitung gelesen, weltweit werde bei keinem Gremium ein solches Quorum verlangt.

(David McAllister [CDU]: Das ist doch grotesk!)

Auch das möchte ich widerlegen.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Die kennen den Vatikan nicht!)

- Ich möchte mich jetzt erst einmal nur auf die Härtefallkommission im Land beschränken. - Wie sehen die Härtefallregelungen in den anderen Bundesländern aus? - Hamburg: Einstimmigkeit der Kommission. Saarland: Dreiviertelmehrheit der

Mitglieder. Baden-Württemberg, Bremen, Sach

sen-Anhalt, Niedersachsen: Zweidrittelmehrheit

der Mitglieder. Bayern, Baden-Württemberg,

Rheinland-Pfalz, Sachsen, Thüringen: Zweidrittelmehrheit der stimmberechtigten Mitglieder. Berlin: Zweidrittelmehrheit. Mecklenburg-Vorpommern:

Fünfachtelmehrheit der Mitglieder. In NordrheinWestfalen und Schleswig-Holstein - das gebe ich zu - ist es eine einfache Mehrheit. Aber wie man solche Ersuchen in Nordrhein-Westfalen behandelt, können Sie heute in der Süddeutschen Zeitung nachlesen. Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass wir auch hier völlig im Kontext mit anderen Bundesländern sind.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend

kann ich Ihnen nur sagen, dass alle Punkte, die hier aufgeführt worden sind, schlichtweg haltlos sind. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass es hier wirklich um Einzelschicksale geht, dass wir eine Bleiberechtsregelung haben und dass wir eine Härtefallkommission haben, in der, wie mir berichtet wurde, übrigens gerade von den Vertretern der Kirchen,

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Die bleiben ja auch drin!)

in einem hervorragenden Klima

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Die sind auch nicht in der SPD!)

diese Regelung umgesetzt wird.

(Georgia Langhans [GRÜNE]: Das ist aber völlig neu! Ich habe in der Zei- tung aber etwas anderes gelesen!)

- Dass das Klima in der Kommission nicht vernünftig sein soll? - Ich lese fast alle Zeitungen, aber das habe ich nicht gelesen. Das sollten Sie mir einmal zeigen, und Sie sollten auch die Kommissionsmitglieder noch einmal befragen.