Protokoll der Sitzung vom 12.12.2007

Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Finanzminister Möllring.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2008 ist die finanzpolitische Zwischenbilanz unserer ersten Legislaturperiode. Wir können stolz auf das sein, was wir in den vergangenen viereinhalb Jahren geschafft haben.

Uns liegen durch die Novembersteuerschätzung aktuelle Erkenntnisse darüber vor, mit welchen Steuereinnahmen wir im nächsten Jahr rechnen können.

Selbstverständlich hat es auch im Rahmen der Beratung den einen oder anderen Nachsteuerungsbedarf gegeben. Die Fraktionen von FDP und CDU haben wichtige und richtige Akzente in den Bereichen Wirtschaft, Verkehr, Bildung, Forschung, innere Sicherheit und Umwelt gesetzt. Aber weder die Landesregierung noch die sie tragenden Fraktionen sind der Versuchung erlegen, das Geld angesichts steigender Steuermehreinnahmen mit vollen Händen auszugeben. Wir haben das zusätzlich zur Verfügung stehende Geld gerade nicht für Wahlgeschenke ausgegeben, auch wenn SPD und Grüne manchmal versuchen, uns das zu unterstellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für 2007 und 2008 erwarten wir aufgrund der November-Steuerschätzung leichte Mehreinnahmen. Diese liegen mit 135 Millionen Euro und 103 Millionen Euro um weniger als 1 % über dem Ansatz der Steuereinnahmen von jeweils rund 18 Milliarden Euro.

Aber auch unabhängig von den Entlastungen durch die prognostizierten Steuermehreinnahmen ist festzustellen, dass Niedersachsen in den vergangenen knapp fünf Jahren seine Hausaufgaben vorbildlich erledigt hat. Ein Blick auf die anderen Bundesländer ist da sehr aufschlussreich. Exemplarisch zeigt sich dies an den seit 2003 von uns beschlossenen Ausgabenreduzierungen. Auch das ist nämlich Politik, die den niedersächsischen Landeshaushalt jährlich nachhaltig um 1,5 Milliarden Euro entlastet.

Im Jahr 2002 lag die Ausgabenhöhe in Niedersachsen mit 2 784 Euro pro Kopf um rund 100 Euro über dem Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer. Nun sind 100 Euro nicht die Welt. Wenn man aber 8 Millionen Einwohner hat, dann sind 8 Millionen mal 100 Euro 800 Millionen Euro, die wir mehr ausgegeben haben als der Schnitt der Flächenländer - und das, obwohl wir zu den ärmeren Ländern zählen.

Mittlerweile hat sich Niedersachsen mit 2 724 Euro pro Kopf im Jahr 2006 - die Zahl für dieses Jahr haben wir noch nicht - deutlich unter den Durchschnitt der Ausgabenhöhe heruntergearbeitet. Das war auch dringend notwendig. Die seit einiger Zeit

wieder steigenden Steuereinnahmen helfen uns natürlich. Sie hätten aber bei Weitem nicht gereicht, um unsere strukturellen Probleme zu lösen. Das haben wir bei der Regierungsübernahme erkannt, und wir haben entsprechend reagiert. Wir haben im Jahre 2002 erleben müssen, dass Niedersachsen den historischen Negativrekord beim Finanzierungssaldo, also beim Defizit, in Höhe von 3,9 Milliarden oder 17 % der Ausgaben hatte, d. h. 17 % der Ausgaben waren nicht durch Einnahmen gedeckt. Das heißt, jeder sechste Euro, den Sie im Jahre 2002 ausgegeben haben, hat Schulden produziert.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Sie wollten noch mehr ausgeben!)

- Herr Möhrmann, Sie sind wirklich ein - - - Wir haben doch eine Pressekonferenz gemacht. Sie wissen das doch. Wir haben doch dargestellt, wie die Einnahmen in den Jahren 2001 und 2002 gefallen sind, nämlich um 4 % und um 8 %. Herr Rolfes, Herr Althusmann und ich haben damals in der Pressekonferenz gesagt: Die Regierung muss gegensteuern, sie muss Ausgaben beschränken. Das ist doch selbstverständlich, wie auch im Privatleben, Herr Möhrmann. Wenn Sie feststellen, dass Sie weniger Geld verdienen als im letzten Jahr, dann müssen Sie Ihre Ausgaben anpassen. Das haben Sie nicht getan.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben das Gegenteil getan: Sie haben weiterhin mit - -

(Zuruf von Wolfgang Jüttner [SPD])

- Entschuldigen Sie bitte einmal! Sie haben Herrn Berger beauftragt, Ihnen eine Mipla zu schreiben. Sie haben diese Mipla im Kabinett beschlossen. Sie haben Sie unterschrieben. Herr Gabriel und Herr Aller haben ihr Bild hineindrucken lassen, und hinterher haben sie gesagt: Das war Herr Berger, das waren nicht wir! - Wenn man Politik machen will, dann muss man auch die Verantwortung dafür übernehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Bürgerinnen und Bürger, Herr Jüttner - das sage ich Ihnen einmal -, müssen erwarten können, dass diejenigen, die eine Planung unterschreiben, auch zu dieser Planung stehen und nicht hinterher sagen „Das war irgendein Gutachter, den wir bezahlt haben, der aber keine Verantwortung hatte“.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Damit war Niedersachsen im Jahre 2002 Schlusslicht unter den westdeutschen Flächenländern. Mittlerweile konnte das Haushaltsdefizit auf rund 1 % des Ausgabevolumens vermindert werden, sodass im Jahre 2006 unter den westdeutschen Flächenländern nur noch Bayern ein besseres Ergebnis erreicht hat. Sich in vier Jahren vom letzten Platz auf den zweiten Platz vorzukämpfen, das ist eine Leistung!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das haben wir geschafft, obwohl wir 2 500 zusätzliche Lehrer eingestellt haben, obwohl wir 1 000 zusätzliche Stellen für Polizisten geschaffen und diese auch finanziert haben. Aber wir haben diese nicht mit neuen Schulden finanziert, wie Sie es jetzt machen wollen, sondern durch Umschichtungen, indem wir an anderer Stelle nachhaltig Jahr für Jahr Ausgaben gestrichen haben und dies durch die Mipla durchgezogen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich will Ihnen sagen, Herr Jüttner: Sie haben ja dieses Papier in Ihrer Rede verwendet - oder Ihr Redenschreiber hat es verwendet, aber begriffen hat er es nicht.

Wir haben gegenüber den Mipla-Ansätzen nicht nur 2 500 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen, sondern sogar 3 397. Warum? - Weil wir für dieses und für das nächste Haushaltsjahr in die Mipla geschrieben haben, es müssen jedes Jahr wieder 400 Lehrerstellen gestrichen werden, weil die Schülerzahlen zurückgehen. Diese Reduzierung ist zurückgenommen worden. Aber Sie können doch nicht sagen: Wenn man von 2 500 auf 2 100 gehen will, aber dann wieder auf 2 500 hochgeht, dass man dann 2 900 neue Stelle geschaffen hat. Wenn man den 400er-Schritt nach unten nochmals vermeidet, dann hat man nicht 3 300 neue Stellen geschaffen worden. Das ist so ähnlich wie in der Mengenlehre: Wenn zwei im Raum sind und vier hinausgehen, dann müssen zwei wieder hereingehen, damit niemand drin ist. So haben Sie früher unterrichtet!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich will Ihnen Folgendes sagen: Was ist denn dagegen einzuwenden, wenn wir 238 zusätzliche Stellen bei den Landeskrankenhäusern eingerich

tet haben, die pflegesatzfinanziert sind? Wenn man uns diese gegenrechnet, dann müssen Sie uns auch die 6 000 Stellen gegenrechnen, die jetzt durch die Privatisierung aus dem Landeshaushalt herausgegangen sind. Wenn man die Zahlen nimmt, muss man beide Zahlen nehmen, und zwar die richtigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nach allem, was wir hier in Niedersachsen geleistet haben, kommt uns bei der Beratung der MBO II, also bei der Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, eine besondere Rolle zu; denn nunmehr geht es in dieser Föderalismuskommission II um Geld, um die Finanzbeziehungen. Zentrales Thema dieser Kommission ist die Frage eines Neuverschuldungsverbots. Einige Länder gehen sehr zaghaft an dieses Thema heran, auch der Bundesfinanzminister. Herr Steinbrück hat mir gesagt: Verschuldungsverbot, Herr Kollege Möllring, ist das Ende der Politik. - Ich habe gesagt: Nein, in den letzten fünf Jahren haben wir gezeigt, dass auch Ausgabenkürzungen und -reduzierungen Politikgestaltung ist, nämlich die Anpassung der Ausgaben an die Einnahmen, und nicht Anpassung der Einnahmen an die Ausgaben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn einige Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern meinen, sie könnten diese Anforderung nicht erfüllen, so kann ich für Niedersachsen sagen: Wir wollen das Gegenteil schaffen. Wir wollen ohne neue Schulden auskommen. - Deshalb setzen wir uns bundesweit für ein Verschuldungsverbot ein. Wenn wir das bundesweit nicht durchkriegen, dann werden wir es in der nächsten Legislaturperiode für Niedersachsen durchsetzen, dass keine neuen Schulden gemacht werden dürfen. Da darf es auch keine Ausnahmetatbestände geben. Es kann doch nicht sein, dass Niedersachsen, das am 1. November 61 Jahre alt geworden ist, noch nicht ein Jahr Schulden getilgt hat, noch nicht einmal einen Landeshaushaltsplan hatte, der ohne neue Kreditaufnahme auskommen wollte. Sie können mir doch nicht sagen, dass alle 61 Jahre eine nackte Katastrophe waren. Den Investitionsbegriff, dass wir noch heute Zinsen für Autos zahlen, die schon lange verschrottet sind, kann es auch nicht geben. Deshalb muss es ein Verschuldungsverbot geben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich bin als Finanzminister den Fraktionen der FDP und der CDU ausgesprochen dankbar, dass sie trotz der in wenigen Tagen stattfindenden Landtagswahl keine Wahlgeschenke beschlossen haben.

(Lachen bei der SPD - David McAl- lister [CDU], an die SPD gewandt: Siehst du, so sind wir!)

Wie bereits ausgeführt, hat uns die NovemberSteuerschätzung Mehreinnahmen in Höhe von 103 Millionen Euro prognostiziert. Nach Abzug des kommunalen Anteils von 25 Millionen Euro verbleiben netto 78 Millionen Euro. Hiervon wird der größte Teil, nämlich 50 Millionen Euro, in die zusätzliche Absenkung der Nettokreditaufnahme investiert. Ich finde, es ist für die Mehrheitsfraktionen eine tolle Leistung zu sagen: Wir haben 78 Millionen Euro mehr, 50 Millionen Euro gehen davon in die nachhaltige Schuldenreduzierung, und nur die anderen 28 Millionen setzen wir noch für Politik ein. Das ist Politik, wie wir sie brauchen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Schuldenreduzierung ist übrigens auch ein Geschenk an die nachfolgenden Generationen. So, wie wir jeden Tag 7 Millionen Euro Zinsen für die Schulden zahlen müssen, die uns unsere Vorgänger hinterlassen haben, so werden unsere Nachfolger Zinsen für die Schulden unserer Vorgänger und für die Schulden, die wir gemacht haben, zahlen müssen. Das kann nicht richtig sein. Jeder Euro, den wir heute nicht als Kredit aufnehmen, verursacht morgen keine Zinsen - das ist nachhaltige Politik. Dorthin müssen wir kommen, und dorthin werden wir auch kommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie müssen sich einmal vorstellen: Hätten wir den Jackpot geknackt, dann hätten wir fünf Tage lang Ruhe gehabt, und die restlichen 360 Tage hätten wir wieder jeden Tag 7 Millionen Euro aufbringen müssen - nur, damit Sie einmal die Größenordnung sehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf: Habt ihr gespielt?)

- Wir dürfen ja nicht spielen, wir sind Staatsaufsicht. Du weißt, wir machen eine solide Finanzpolitik und versuchen nicht, mit einer Trefferwahrscheinlichkeit von 1 : 130 Millionen den Landeshaushalt zu sanieren.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Das sind die Wahlchancen der SPD! - Heiterkeit bei der FDP und bei der CDU)

- Ja. Trotzdem gehen sie zur Wahl, so wie viele Leute zur Lottoannahmestelle gehen, obwohl sie wissen, dass sie in der Regel verlieren. Deshalb gewinne ich jeden Mittwoch und jeden Samstag, weil ich selbst nicht spiele. Aber am 27. Januar bin ich wieder dabei, und dann werde ich mit gewinnen. Danke schön.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Haushaltsjahr 2007 war eine Verringerung der Nettokreditaufnahme um 850 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr möglich. Im Haushaltsplan 2008 werden wir sie nochmals um 400 Millionen Euro senken - wohl gemerkt, bezogen auf die geringere Ausgangsbasis von 2007. Das heißt, allein in diesen beiden Jahren haben wir 1,05 Milliarden Euro Schulden zusätzlich gegenüber der Planung vermieden. Die Nettokreditaufnahme wird im nächsten Jahr nur noch 550 Millionen Euro betragen. Das ist weniger als ein Fünftel Ihrer Nettokreditaufnahme aus dem Jahre 2002, in dem sie 2,95 Milliarden Euro betragen hat. In Wirklichkeit haben Sie 3,7 Milliarden Euro Schulden gemacht, weil Sie noch Rücklagen und Kassenfehlbeträge hinterlassen haben usw. Sie hatten am 15. Dezember noch nicht einmal einen ehrlichen Haushalt aufgestellt, obwohl Sie dazu verfassungsrechtlich und gesetzlich verpflichtet gewesen wären. Das heißt, wir haben die geringste Nettokreditaufnahme seit 1973. Es ist also über 35 Haushaltsjahre nicht gelungen, die Nettokreditaufnahme unter 600 Millionen Euro zu drücken. Das zeigt die große Leistung, die diese beiden Fraktionen und die Regierung Ihnen hier vorlegen, und das sollten Sie anerkennen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es bleibt also auch unter diesem Blickwinkel festzustellen, dass wir von der haushaltspolitisch geraden Linie der vergangenen Jahre nicht abgekommen sind. Darauf können wir alle stolz sein. Ich freue mich außerordentlich, dass diese Linie - ich sagte es schon - von den Fraktionen der FDP und der CDU uneingeschränkt mitgetragen wird. Denn sicherlich war es nicht immer leicht, unseren Konsolidierungskurs durchzutragen. Aber Haushaltskonsolidierung ist kein Selbstzweck. Diese Einsicht hat sich ganz offensichtlich durchgesetzt.

Eine solide Haushaltspolitik war, ist und bleibt das Markenzeichen dieser Landesregierung und der sie tragenden Mehrheitsfraktionen von CDU und FDP.

(David McAllister [CDU]: So ist es!)

Haushaltskonsolidierung ist die Voraussetzung für die notwendigen fachpolitischen Prioritäten. Nur ein sinnvolles und enges Zusammenspiel zwischen Fach- und Finanzpolitik bringt gute Ergebnisse. Wegen unseres Konsolidierungskurses der vergangenen Jahre sind wir jetzt wieder in der Lage, fachpolitisch prioritäre Akzente in den Bereichen Bildung, Wirtschaft, Umwelt, Gesundheit, Lebensqualität und Sicherheit zu setzen. Wir können also wieder gestalten. Auch damit erreichen wir ein Ziel, das ich hier mehrfach skizziert habe, beispielsweise vor zwei Jahren bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfes 2006. Ich habe gesagt: Wir konsolidieren