Das hat in der Regel etwas damit zu tun, dass an den Siegerschulen, an den preisgekrönten Schulen besonders fleißig gearbeitet wird, dass guter Unterricht gemacht wird, dass es eine gute Schulleitung gibt, dass das Klima stimmt, dass man eigenverantwortlich arbeitet, dass man kreativ arbeitet, dass man sich schlicht und ergreifend reingehängt hat. Solche Erfolge zu relativieren, indem man Schulstrukturdebatten hinten dranhängt, ist letztlich nichts anderes, als die Arbeit derjenigen, die den Preis bekommen haben, zu diskreditieren. Das finde ich nicht in Ordnung!
Ich halte schon die Hand über unsere Schulen und möchte nicht, dass manche Dinge durch Schulstrukturdebatten kaputt gemacht werden.
Meine Damen und Herren, eigentlich könnte man sich diese Debatten doch ersparen. Dies ist der letzte Plenarsitzungsabschnitt mit Schulpolitik vor der Wahl. Ich darf es einmal so sagen: Gott sei Dank können die Bürger im Januar entscheiden, was sie wirklich wollen.
Forsa hat eine deutliche Sprache gesprochen. Ich weiß sehr wohl, dass Ihnen dies nicht gefällt. Ich selbst war von den Zahlen beeindruckt. In dieser Deutlichkeit hätte ich das nicht erwartet. Eine klare Mehrheit der Menschen in Deutschland will die Vielfalt des gegliederten Schulwesens, d. h. keine
Einheitsschule oder wie immer Sie sie bezeichnen wollen. 60 % wollen Reformen innerhalb des bestehenden Systems. 63 % sind gegen die Ausweitung des gemeinsamen Lernens in der Grundschule. 71 % fordern eine stärkere Unterstützung der Hauptschule und lehnen die Abschaffung dieser Schulform ab. Die große Mehrheit von 89 % aller Bundesbürger, über alle Parteizugehörigkeiten hinweg, ist für den Erhalt des Gymnasiums in Deutschland. Daran sehen Sie, dass die Leute eigentlich viel vernünftiger als manche Bildungspolitiker sind. Das sind relativ klare Verhältnisse in Deutschland.
An dieser Stelle sollte sich Politik zurücknehmen und zur Kenntnis nehmen, dass die Leute interne Verbesserungen im System, aber nicht diese leidigen Schulstrukturdebatten wollen.
Wie bei den letzten Malen sage ich Ihnen auch heute: Schauen Sie in § 5 unseres Schulgesetzes, in dem das gegliederte Schulsystem in seiner ganzen Vielfalt aufgefächert ist: Förderschulangebote, Grundschulangebot, Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Gesamtschule, berufliche Bildung, Abendgymnasium usw. Wenn Sie so wollen, ist auch die Gesamtschule - dies mag Ihnen begrifflich nicht behagen - Teil eines gut aufgestellten gegliederten Schulwesens in Niedersachsen.
Über solche Diskussionen wird immer die sehr erfreuliche Botschaft der letzten 14 Tage vergessen: Wir bekommen nach Jahren der Anstrengungen jetzt über IGLU und PISA schrittweise attestiert, dass sich im deutschen Schulwesen etwas zum Besseren hin verändert. Die IGLU-Grundschulergebnisse haben gezeigt, dass sich die Lesekompetenz deutlich verbessert hat.
- Nichts da. Ich nenne gleich noch einen bedeutsamen Unterschied. - Diesmal war im Landestest in Deutsch mit der dritten Klasse der Jahrgang dabei, der nach meinem Amtsantritt erstmals Sprachförderung an der Kita erfahren hat. Siehe da: verbesserte Verhältnisse! Die Kultusminister in anderen Bundesländern können ähnliche Ergebnisse vermelden. Man merkt daran, dass sich wirksame Maßnahmen auch in Ergebnissen niederschlagen. IGLU hat bei naturwissenschaftlicher Kompetenz, aber auch Lese- und Mathematikkom
Gleichwohl kommt die große Baustelle des deutschen Schulwesens noch auf die Tagesordnung. Das Riesenthema sind Kinder mit Migrationshintergrund und aus bildungsfernen Schichten sowie sozial schwachen Schichten. Hochinteressant ist, dass aufgrund der Anstrengungen aller die Schere etwas zusammengegangen ist, wenn auch noch lange nicht so, wie es möglich wäre und wie es sein müsste.
Nun kommt ein interessanter Unterschied: Das Problem, das ich gerade beschrieben habe, findet sich an den Grundschulen bei IGLU - den eher als gemeinsame Schule organisierten Grundschulen, wie sie definieren, Frau Kollegin - genauso wie im gegliederten Schulwesen wieder. Also ist dieses Problem kein Strukturproblem, sondern offenbar Befund noch fehlender oder nicht ausreichender Maßnahmen. Sie können keine Strukturdebatte daran hängen; es sind einfach andere Gründe. Hier muss entsprechend gearbeitet werden. Aber wir sollten schon einmal festhalten, dass Deutschland auf dem Wege der Besserung ist. Das ist der allgemeine Befund aller.
Das macht der politischen Linken im Lande natürlich das Argumentieren etwas schwer. Manche können sich auch gar nicht so richtig freuen. Wenn sie merken, dass im vorhandenen System Reformen greifen und Optimierungen stattfinden, dann können sie der Öffentlichkeit auch keine Systemveränderungen mehr verkaufen, weil diese dann fragt: Was soll das Ganze denn, mit Risiko, mit Kosten? - Es wird doch eigentlich besser, man ist auf dem richtigen Weg.
Eines will ich Ihnen ganz deutlich sagen - Sie haben es ja schon prophezeit, Frau Kollegin -: Es geht nicht um Strukturdebatten, sondern schlichtweg um Qualität an den Schulen.
An dieser Stelle breche ich eine Lanze für unsere Lehrerinnen und Lehrer. Egal, ob mit neuen oder alten Erlassen, Sie hängen sich im täglichen
Es gab Verbesserungen von 2000 auf 2003 und von 2003 auf 2006. Das Kerngeschäft von Schule ist bei allem Beiwerk immer noch Unterrichtsqualität. Für alle Lehrerinnen und Lehrer im Lande - über 80 000 sind aktiv im Dienst, hinzukommen 5 000 Referendare - sage ich: Sie tun das Menschenmögliche, und die Ergebnisse sind auch entsprechend.
Nun haben wir hier den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD mit dem Ziel der Aufhebung des Errichtungsverbots von Gesamtschulen. Wenn Sie dies in toto so wollen, zielt es in die falsche Richtung. Ich habe eben schon deutlich gemacht, was die Leute wirklich wollen.
- Ich erkläre gleich noch, was wir wollen. - Nun sagen Sie, das Ganze zur alleinigen Schulform zu erheben, sei nun doch nicht beabsichtigt.
- Hat nicht vor ein paar Tagen Ihr Bundesvorstand getagt? - Da haben wir doch etwas davon vernommen, dass ganz Deutschland bitte sehr eine gemeinsame Schule von 1 bis 10 haben soll. Oder hat da Ihr Pressesprecher etwas Falsches herausgegeben?
- Ich habe nicht richtig zugehört? - Das ist ja immer das Problem: Wenn Sie auf Ihren Parteitagen zwischen den Wahlen unterwegs sind, dann kommt die versammelte Mannschaft der Folkloristen, und Sie machen gemeinsame Schule in Reinkultur. Geht es dann aber auf Wahlen zu, bekommen Sie das Muffensausen, dann wird das Thema wieder kleingeschrieben, dann ist die Rede von Alternativen und von Wahlrecht vor Ort.
Herr Jüttner, erzählen Sie uns doch nicht, die Menschen könnten sich das eine wie das andere aussuchen. Zwei Systeme - davon waren Sie doch selber nach einem bestimmten Parteitag wieder herunter - können Sie in einem großen Flächenland nicht vorhalten. Das kann niemand bezahlen, und das geht logistisch schon gar nicht.
- Frau Kollegin, Sie müssen sich schon für das eine oder für das andere als Regelsystem entscheiden. Genau da ist die Weichenstellung, die Sie klarmachen müssen.
- Dann sagen Sie es aber auch so klar, und zwar durchgängig über ein paar Jahre und nicht nur dann, wenn gerade einmal Wahl ist. Denken Sie doch an Ihre Leute in Hamburg. Naumann sagt, gemeinsame Schule ist schön, aber ans Gymnasium gehen wir nicht heran. Da kriegt er schon das Flattern, weil ihn sonst in Blankenese niemand mehr wählt.
Die Förderschule ist ein sehr ernstes Thema, bei dem ich, wie Sie wissen, sehr empfindsam bin. Was bei den integrativen Modellen möglich ist, machen wir. Aber wir können keine gemeinsame Schule, Einheitsschule oder wie auch immer anbieten, wobei wir das ganze Förderschulwesen integrieren. Das geht nicht, und das können wir nicht zulassen.
Damit ist das Grundkonzept einer gemeinsamen Schule, wenn man da und da die Dinge entsprechend festzurrt, eigentlich auch schon erledigt.
Ich hätte hier nicht diesen Zweizeiler zum Gesamtschulerrichtungsverbot erwartet. Herr Jüttner, das wäre doch die Chance schlechthin gewesen, und dann hätten wir auch die Diskussion nicht führen müssen, dass Sie immer wieder Irrtümer der geneigten oder ungeneigten Öffentlichkeit ausräumen müssen. Warum haben Sie keinen Gesetzentwurf vorgelegt? - Dann hätten Sie von den Sozialdemokraten oder von den Grünen sagen können: Das ist unsere Vorstellung vom Schulwesen in Niedersachsen. Sie hätten sich zu Klassengrößen, zu Standortfragen, zur Lehrerbesoldung, zu
den Schulträgerverpflichtungen und zu den Kosten äußern und so manches an Unklarheiten im Lande beseitigen können. Dann hätten alle Eltern am 27. Januar entscheiden können, ob sie das eine oder das andere wollen.
Weil jeder wusste, dass dieses Gesetz in dieser Legislaturperiode aus technischen Gründen gar nicht mehr beschlossen werden kann, habe ich es bei einem kleinen vorsichtigen Hinweis belassen. Aber wenn Sie schon an den Gesamtschulparagrafen herangehen, dann dürfen Sie nicht den § 59 a vergessen. Sie hätten natürlich auch das Thema Aufnahmebeschränkungen ansprechen und regeln müssen. Wir waren jedoch gnädig und haben das nicht thematisiert, weil jedermann die Intentionen bekannt waren.
Meine Damen und Herren, im Gegensatz zur Opposition wird die Landesregierung in der kommenden Legislaturperiode einen entsprechenden Schulgesetzentwurf vorlegen und ihn in ein ordentliches Verfahren geben. Dabei ist und bleibt das differenzierte und gegliederte Schulwesen das Regelangebot. Die Gesamtschule ist ein ergänzender Teil dieses Schulwesens. Wenn in der nächsten Legislaturperiode Neugründungen von Gesamtschulen an dem einen oder anderen Standort zugelassen werden, dann wird dies vorbehaltlich der Entscheidung des Gesetzgebers, also dieses Hauses, nur unter bestimmten fixierten Regelungen und Auflagen möglich sein. Nun hatte ich beinahe schon Bedenken, qua Manuskript von dem einen oder anderen Standort zu sprechen, weil Sie dann wieder sagen könnten, ich wolle nur ganz wenige. Frau Korter, wie ist es denn nun mit Ihrem Flächenbrand angesichts von 30 Initiativen bei über 3 000 Standorten? Ist das wirklich wahr? Ich bekomme ja die Wunschzettel und Briefchen von Ihrer Partei, von der Fraktion, vom Kreistag. Das alles ist ja wunderbar. Alle schreiben mir artig einen Brief, damit sie vor Ort Meldung machen können, Frau Korter.