„Damit möglichst viele Kinder gute Startchancen für die Schule haben, wollen wir sobald als möglich alle drei Kindergartenjahre beitragsfrei stellen, nachdem wir am 1. August 2007 mit dem beitragsfreien Schulkindergartenjahr begonnen haben.“
Ich würde dem Herrn Oppositionsführer gerne ein Exemplar dieses Regierungsprogramms zur Verfügung stellen, meinetwegen auch mit Widmung, damit er jederzeit z. B. mit dem amtierenden Ministerpräsidenten auf Augenhöhe diskutieren kann.
(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Bernhard Busemann [CDU] übergibt ein Exemplar des Pro- gramms an Dieter Möhrmann [SPD])
Bevor ich Tagesordnungspunkt 25 aufrufe, möchten wir wissen, wer sich für den heutigen Tag entschuldigt hat. Frau Vogelsang!
Entschuldigt haben sich von der Fraktion der CDU Frau Schwarz, Herr Dr. Brockstedt und Herr Krumfuß, von der Fraktion der SPD Frau EmmerichKopatsch und Herr Schack. - Danke.
Herzlichen Dank. - Ich möchte auch noch daran erinnern, dass die Reden rechtzeitig an den Stenografischen Dienst zurückgegeben werden.
Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor, nämlich Tagesordnungspunkt 25 a: Floppt das Landesprogramm „Familien mit Zukunft“?, eine Anfrage der Fraktion der SPD in der Drucksache 4317, und
Tagesordnungspunkt 25 b: Überwachung von Recyclingunternehmen - Versagen der Gewerbeaufsicht bei Einbecker Firma, eine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 4318.
a) Floppt das Landesprogramm „ Familien mit Zukunft“ ? - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 15/4317
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Programm „Familien mit Zukunft" verfolgt die Landesregierung angeblich
das Ziel, die Kommunen bei ihrem Auftrag, die Tagesbetreuungsangebote für Kinder qualitätsorientiert und bedarfsgerecht auszubauen, zu unterstützen. Mittlerweile mehren sich jedoch die Hinweise, dass dieses seit Jahresbeginn laufende Programm im Wesentlichen zu Mitnahmeeffekten führt, am Bedarf vorbei geplant ist und als willkommene Möglichkeit genutzt wird, um bereits bestehende Strukturen nun durch Landesmittel finanzieren zu lassen. Darüber hinaus soll das Sozialministerium inzwischen das Programm „wie Sauerbier“ anbieten, weil der Mittelabfluss sehr spärlich ist. Es verstärkt sich der Eindruck, dass dieses Programm größtenteils Steuergelder verschwendet, ohne die Betreuungssituation für Kinder tatsächlich zu verbessern.
2. Wie viele dieser Maßnahmen sind befristet und werden nach Ende der Finanzierung durch das Land eingestellt?
3. Wo und wie viele zusätzliche Tagesbetreuungsplätze und -kräfte wurden bislang durch das Programm geschaffen?
Herzlichen Dank, Frau Kollegin Hemme. - Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin RossLuttmann.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Landesregierung hat die Verbesserung der Lebenssituation der Familien mit ihren Kindern hohe Priorität. Wir haben das Ziel, Eltern die echte Wahlfreiheit zwischen Familie einerseits und Familie und Beruf andererseits zu ermöglichen. Damit sich aber Familien eigenverantwortlich für das eine oder das andere Modell entscheiden können, bedarf es guter Betreuungsangebote in Niedersachsen.
Wir wollen deshalb bis 2013 die Bund-LänderVereinbarung umsetzen und die Zahl der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahre schrittweise deutlich erhöhen. Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir entsprechend der Bund-LänderVereinbarung ab dem nächsten Jahr die Investitionen zum Ausbau von Krippen und Tagespflege fördern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin stolz darauf, dass wir schon vor der Diskussion auf Bundesebene hier in Niedersachsen aktiv geworden sind. Bereits in diesem Jahr haben wir mit dem Landesprogramm „Familien mit Zukunft“ einen wesentlichen Grundstein gelegt. Ein besonderer Schwerpunkt dieses Programms ist die Kindertagespflege. Diese wird gleichberechtigt und als ergänzende Betreuungsform zu Krippen in guter Qualität etabliert. Mit dem Landesprogramm „Familien mit Zukunft“ verfolgen wir diese Ziele: mehr Tagespflegepersonen, mehr Qualifizierungen und Fortbildung, Schaffung passgenauer und flexibler Organisations- und Betreuungsform, Bündelung der Zusammenarbeit aller Akteure, Entstehung von Ansprechstellen, Koordinierung von Einrichtungen.
Die Erfahrungen vor Ort zeigen: Die Tagespflege bekommt einen deutlichen Ausbauschub, die Qualität steigt, die Arbeit der Familien- und Kinderservicebüros wird von den Eltern hervorragend angenommen. 61 von 62 Jugendhilfeträgern haben sich 2007 am Programm beteiligt, und das, obwohl sie erhebliche Eigenmittel haben einsetzen müssen und das auch getan haben.
Die Jugendhilfeträger haben allein in diesem Jahr bis jetzt in 134 Kursen 1 789 zusätzliche Tagespflegepersonen qualifiziert.
Sie belegen eindrucksvoll: Unser Ansatz ist richtig, und er ist gelungen. Es wurden bereits 194 Familien- und Kinderservicebüros an den Start gebracht. Weitere 85 werden folgen.
Die Familien in Niedersachsen werden 2008 dann 279 Anlaufstellen haben. Unsere Erwartungen sind damit weit übertroffen, und das, obwohl es sich erst um das Anfangsjahr des Programms handelt. In diesem Jahr haben die Kommunen mit dem Programm „Familien mit Zukunft“ die Grundlagen gelegt, die jetzt weiter ausgebaut werden müssen.
Zu Frage 1: 61 Jugendhilfeträger haben insgesamt 109 Anträge bzw. Folgeanträge mit 468 Teilprojekten und einem Umfang von rund 11 Millionen Euro beantragt. Alle Jugendhilfeträger haben die Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn erhalten. Sieben Anträge sind erst im Oktober und 14 Anträge im November gestellt worden. Von den Anträgen sind bereits 90 bewilligt. 19 Anträge sind derzeit z. B. aufgrund noch fehlender Unterlagen nicht bewilligungsfähig.
Die Jugendhilfeträger nehmen im Förderjahr, wie bereits gesagt, rund 11 Millionen Euro in Anspruch. Einen deutlichen Anstieg des Antragsvolumens erwartet die Landesregierung für das Förderjahr 2008. Die Landesregierung geht davon aus, dass die Jugendhilfeträger ab 2008 nach der Schaffung der Plätze verstärkt auch von der Möglichkeit der Förderung der Kindertagespflege zu 20 % mit Mitteln des Landesprogramms „Familien mit Zukunft“ Gebrauch machen werden.
Zu Frage 2: Die Mittel für das Landesprogramm „Familien mit Zukunft“ werden nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von familienfreundlichen Infrastrukturen und zur Verbesserung des Kinderbetreuungsangebotes insbesondere für unter Dreijährige in Verbindung mit §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gewährt. Die Mittel werden für ein Jahr gewährt. Ich weise allerdings darauf hin, dass die Maßnahmen bis zum Haushaltsjahr 2010 verlängert werden können.
Welche Maßnahmen von den Jugendhilfeträgern fortgeführt werden, liegt nicht in der Entscheidung des Landes. Das Land wird sich allerdings entsprechend der Bund-Länder-Verabredung an den laufenden Kosten der Tagespflege beteiligen.
Hiervon erwarte ich einen weiteren deutlichen Schub beim Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren.
Zu Frage 3: Trotz der kurzen Programmlaufzeit ist ein sprunghafter Anstieg der Zahl der Kindertagespflegepersonen und der Plätze in der Kindertagespflege zu verzeichnen. In nahezu allen Kommunen sind die Zahlen gestiegen. Die Zahl der Kindertagespflegepersonen hat sich nach unseren Umfragen zum gegenwärtigen Kenntnisstand seit dem 31. Dezember 2006 von 4 313 um 1 574 auf 5 887 erhöht. Dies entspricht einer Steigerung um 36,49 %. Die Zahl der Kindertagespflegeplätze hat sich seit dem 31. Dezember 2006 von 10 202 um 3 938 auf 14 140 erhöht.
Wenn wir auf einen Ausbaustand von 35 % kommen wollen, brauchen wir in der Tagespflege 18 706 Plätze. Nach dem derzeitigen Ausbaustand - 14 140 Plätze - werden wir dieses Ziel auf alle Fälle erreichen.