Protokoll der Sitzung vom 14.12.2007

- Das ist nicht zu dünn. Ich werde Ihnen nachher sagen: Das ist sogar ganz gut so. Eine Staatszielbestimmung verpflichtet politisch Handelnde, sich daran zu halten.

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Lesen Sie die Protokolle noch einmal nach!)

- Ich habe die alle gelesen. Ich war auch in sämtlichen Anhörungen. Frau Elsner-Solar, da brauchen Sie mir nichts zu sagen.

Sie wollten eigene, substanzielle Kinderrechte. Das ist nachweislich nicht besser als das, was wir wollen, sondern, im Gegenteil, sogar weniger wert.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Aha!)

Das kann man sogar beweisen.

Für den Kinder- und Jugendschutz haben wir eine ganze Menge getan. In den Haushalt haben wir 2007 über 600 000 Euro mehr eingestellt. Wir haben vieles in Gang gesetzt, was es vorher nicht gegeben hat.

In unseren Antrag haben wir explizit die Erweiterung der Landesverfassung aufgenommen und, nachdem es nicht möglich war, eine Zweidrittelmehrheit zu bekommen - wir hätten es ja mit Ihnen gemeinsam machen müssen; Sie, Herr Schwarz, haben signalisiert: auf keinen Fall -, die Absicht erklärt, dranzubleiben, das dann im nächsten Jahr zu machen und weiter zu versuchen, eine vernünftige Mehrheit zu bekommen. Die braucht man doch dafür.

(Zuruf von Uwe Schwarz [SPD])

Das verbindliche Einladungswesen war lange angekündigt. Das haben wir drin. Wir haben auch gesagt: Es muss einen entsprechenden Gesetzentwurf geben.

Wir wollten die Weiterentwicklung der Kinderuntersuchungsrichtlinie. Das sehen alle völlig gleich. Leider hat der Gemeinsame Bundesausschuss das bisher abgelehnt. Da bleiben wir auf jeden Fall weiter dran.

Neu ist bei uns - das ist besser als bei Ihnen -, dass wir den familiengerichtlichen Kinderschutz verbessern wollen. Schon 2005 ist der § 8 a

SGB VIII neu hinzugekommen, nach dem das Jugendamt eingreifen kann, wenn ein Verdacht auf Vernachlässigung von Kindern besteht. Der § 1666 BGB regelt, wann das Jugendamt das Familiengericht anrufen kann. Wir halten es für richtig, die Schwelle dafür, dass das Familiengericht angerufen werden kann, im Interesse der Kinder zu senken. Das wollen wir auf jeden Fall prüfen. In unserem Antrag steht, dass die Landesregierung das tun soll. Das ist besser für die Kinder - fragen Sie einmal Juristen! -, als wenn Kinder eigene Rechte haben, die aber keine praktische Konsequenz haben.

(Zustimmung von Norbert Böhlke [CDU])

Bei den Kinderschutzmaßnahmen sind wir uns einig. Es ist richtig: Es gibt ohnehin einiges, was in den Anträgen ähnlich formuliert ist.

In dem ersten Antrag der Fraktion der SPD waren übrigens zunächst verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen erwähnt. In der Anhörung haben Sie gemerkt, dass das gar nicht umzusetzen ist, weil das weder die Ärzte noch die Kassen, noch die Eltern wollen und weil das auch verfassungsrechtlich gar nicht möglich ist. Daraufhin haben Sie das herausgenommen.

Dazu muss man sagen: Wir sind für ein verbindliches Einladungswesen. Wir sind auch für Nachhaken. Man muss aber feststellen: In Finnland z. B. gibt es freiwillig zwischen 96 und 97 % Teilnahme an Kinderuntersuchungen. In Belgien, wo sie verpflichtend sind, sind es nur 95 %. Das alleine hilft also auch nicht immer. Es müssen alle mitziehen. Es müssen alle vernetzt sein. Dafür wollen wir sorgen.

(Zustimmung bei der FDP)

Herr Schwarz, im Bundestag ist gestern eine Debatte genau zu diesem Thema geführt worden, wie man den Kinderschutz verbessern kann. Dort hat Dieter Steinecke, einer Ihrer SPD-Kollegen, gesagt, dass das Saarland, Hessen, Schleswig

Holstein und Rheinland-Pfalz auf dem richtigen Weg sind, weil sie ein umfassendes verbindliches Einladungs- und Meldewesen haben. Genau das wollen auch wir. Also können Sie uns locker zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Zu dem Antrag der SPD, mit dem das Gesetz geändert werden sollte, bevor es überhaupt in Kraft getreten ist: Wir wollten das ÖGDG zunächst einmal in Kraft treten lassen

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

und dann sehen, ob man nach einer bestimmten Zeit etwas evaluieren und verbessern könnte.

Jetzt zur Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Auch da kann ich gleich mit dem beginnen, was gestern im Bundestag gesagt wurde. Es ist ganz hilfreich, sich das anzusehen. Ekin Deligöz von Bündnis 90/Die Grünen hat gesagt:

„Und zu was führt denn eine zwangsweise Vorführung beim Kinder

arzt …?“

- Das schlagen auch Sie in Ihrem Antrag vor.

„Sie führt dazu, dass das Vertrauen zu den Ärzten verloren geht. Davor warnen die Kinderärzte selber. Wir brauchen ein verbindliches Einla

dungswesen.“

Meine lieben Grünen, folgen Sie doch einfach dem, was Ihre Leute im Bundestag sagen! Dann könnten Sie unserem Antrag sofort zustimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ihren Antrag dagegen müssen wir ablehnen. Den würden auch Ihre Kollegen im Bundestag ablehnen. Sie fordern nämlich hier ein verpflichtendes Einladungswesen und halten es für das Einzige, das hilft. Genau das - da sind die Kollegen in Berlin ein bisschen schlauer als Sie hier - wollen wir nicht.

Sie stellen außerdem Forderungen auf, die gar nicht bezahlbar sind.

(Glocke der Präsidentin)

Sie sagen, man sollte Familienhebammen aus Landesmitteln unterstützen. - Natürlich müssen wir überlegen, ob wir den Kommunen helfen können. Das ist eine kommunale Aufgabe. Wir müssen auch sehen, wie wir die Mittel zielgerichtet einsetzen.

Man kann nur feststellen: Der Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP enthält wirklich alles Notwendige, sogar mit Zustimmung der SPD und der Grünen aus dem Bundestag. Darum sollten wir dem heute zustimmen und das andere ablehnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sehr gut!)

Nächste Rednerin ist jetzt Frau Janssen-Kucz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. - Entschuldigung, Frau Janssen-Kucz, Sie müssen noch warten. Herr Schwarz hatte sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Das habe ich übersehen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will das nur aufklären, Frau Meißner, weil es sonst immer wieder passiert. Die Frage des verbindlichen Einladungswesens als alleinige Maßnahme hat weder der Deutsche Bundestag noch die SPD favorisiert. Wenn Sie richtig lesen - ich habe auch die Stellungnahme der Bundesregierung zu den Beschlüssen des Bundesrates -, dann werden Sie dort immer den Hinweis finden, dass der öffentliche Gesundheitsdienst einzubeziehen ist und dass man das möglichst über den öffentlichen Gesundheitsdienst regelt. Ich lese Ihnen die Stellungnahme der Bundesregierung vor:

„… kann die Einführung eines um Rückmeldemechanismen ergänzten

Einladungswesens Anhaltspunkte für helfende Interventionen der Kinderund Jugendhilfe bzw. des öffentlichen Gesundheitsdienstes liefern.“

Die Bundesregierung hat wiederholt darauf hingewiesen, dass das über das SGB V - wie Sie zu Recht gesagt haben - aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich ist. Deshalb sagen wir: Wir müssen und können es selbst regeln. Das geht nur mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst. Dann trifft

all das nicht zu, was Sie hier eben an die Wand gemalt haben.

(Beifall bei der SPD)

Frau Meißner möchte offensichtlich antworten.

Frau Meißner, Sie haben anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich weiß, dass der öffentliche Gesundheitsdienst

durchaus eine Rolle spielt. Ich habe darauf hingewiesen, dass wir ein neues Gesetz haben, das wir noch erproben. Es gibt außerdem ein Modellprojekt der Landesregierung im Landkreis Hildesheim - PiAF genannt -, mit dem eine bessere Verzahnung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, von Kindergärten, Eltern und Schule erprobt wird. Man weiß schon jetzt, dass das noch zielgerichteter und besser ist, um die Problemfamilien zu erreichen. Es ist im September 2006 gestartet und läuft noch bis 2010. Wir wissen schon, dass die Ergebnisse gut sind. Natürlich diskutieren wir darüber, wie man es weiter ausbauen kann - aber immer eines nach dem anderen.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. - Jetzt hat Frau Janssen-Kucz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.