Natürlich, meine Damen und Herren, ist es richtig, dass es inhaltliche Unterschiede gegeben hat. So manche Hoffnung der Opposition, hier einen Keil hineinschieben zu können, hat sich dann am Ende aber doch nicht erfüllt. Wir werden hier eine gemeinsame Linie gehen. Wir schultern das Thema auch gemeinsam. Das ist Regierungsfähigkeit, die Sie, Herr Bartling, und alle anderen in der SPDFraktion noch nicht erreicht haben.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass wir bis zum Dezemberplenum 13 Gesetzgebungsvorhaben durchbekommen haben, wie wir es angekündigt haben. Wir werden heute Abend, wenn wir die Plenarsitzung schließen, feststellen können, dass es den Koalitionsfraktionen gelungen ist, das gesamte Arbeitspensum abzuarbeiten. Heute Abend wird alles beschlossen sein. Von daher darf ich nicht nur der Landtagsverwaltung, sondern insbesondere dem Gesetzgebungsund Beratungsdienst des Niedersächsischen Landtages danken, der es trotz allen Zeitdrucks am Ende doch geschafft hat, eine beratungsfähige Vorlage für diese sehr komplizierte Materie vorzulegen. Insofern ist das staatlich überwachte
Als Nächster hat der Kollege Professor Dr. Lennartz für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Erstens haben Sie hier süffisant angemerkt, dass die Koalition gut funktioniere. Das scheint mir - von außen gesehen - zwar zuzutreffen. Die FDP musste aber wieder einmal einknicken. Das haben wir im Bereich der Innenpolitik und auch auf anderen Feldern schon häufig erlebt. Von daher würde ich hier an Ihrer Stelle keinen Beifall klatschen, sondern ich würde anschließend noch einmal das Gespräch mit ihr suchen.
Zweitens haben Sie behauptet, dass der heutige Tag ein guter Tag für Deutschland sei, weil dem Glücksspielstaatsvertrag heute zugestimmt werde und weil der Ministerpräsident die Koordination zwischen den Bundesländern übernommen habe. Ich glaube - an dieser Stelle nehme ich eine grundsätzlich andere Bewertung vor als Sie -, dieser Staatsvertrag ist kein sonderlicher Zugewinn.
Dieser Staatsvertrag ist sozusagen eine Notlösung. Wenn der Ministerpräsident als Koordinator der Länder in dieser Frage mit anderen Länderchefs frühzeitig genug den anderen Weg eingeschlagen hätte, dann wären wir nicht unter einen solchen Zeitdruck geraten und müssten heute nicht in letzter Sekunde den Staatsvertrag und das Ausführungsgesetz beschließen, um eine enorme Rechtsunsicherheit, die ab dem 1. Januar 2008 bestehen würde, abzuwenden.
Jetzt möchte ich noch einige inhaltliche Fakten nennen: Das Bundesverfassungsgericht, das Sie erwähnt haben, hat sich mit Sportwetten befasst. Es ging um einen Sportwettenanbieter, der geklagt hatte. Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt: Das Glücksspielmonopol ist nur zulässig, wenn es dem Schutz überragender Gemeinschaftsgüter,
der Verhinderung und der Bekämpfung von Spielsucht, dient. Das haben Sie dargestellt. Das heißt im Klartext: Es bestand überhaupt keine Notwendigkeit, das Lotteriespiel neu zu regeln, weil es einen geltenden Lotterie-Staatsvertrag der Länder gibt.
Folglich hätte es im neuen Staatsvertrag keine Regelung zur Reduzierung der Werbung auch für die Lotto-Toto-Gesellschaften der Länder geben
müssen. In der Anhörung hat man uns - die Suchtexperten der Uni Bremen haben dort vorgetragen -präsentiert, wie groß das Gefährdungspotenzial bei den unterschiedlichen Spielformen ist. Bei Lotterien wie Lotto ist die Gefährdungsquote minimal, fast nicht wahrnehmbar, haben uns die Wissenschaftler gesagt.
Die Einbeziehung der Lottogesellschaften in den Staatsvertrag führt aufgrund der Regelungen über die reduzierten Werbemöglichkeiten zu einem
prognostizierten Umsatzverlust in Höhe von 20 % allein für das nächste Jahr. Da aus den Konzessionsabgaben hohe Summen an den Sport, an die Wohlfahrtsverbände und auch an kulturelle Einrichtungen gezahlt werden, können wir nicht ausschließen, dass die Zuwendungen an die Konzessionäre in absehbarer Zeit nicht mehr in vollem Umfang finanziert werden können. Dann muss der Steuerzahler, der allgemeine Haushalt ran. Wenn man vor diesem Hintergrund davon spricht, dass der Staatsvertrag eine klasse Sache sei, dann ist das einfach ein Witz.
Jetzt noch ein weiterer Punkt, obwohl ich ein bisschen in Zeitnot gerate. Das größte Gefährdungspotenzial haben Automatenspieler in den sogenannten gewerblich betriebenen Automatenspielhallen. Diese Automatenspielhallen werden bundesrechtlich geregelt und sind nicht Gegenstand des vorliegenden Staatsvertrages oder des Ausführungsgesetzes. Ich habe noch nicht wahrgenommen, dass der Bundesgesetzgeber relevante Bewegungen macht, um das Risiko in diesem Bereich einzudämmen.
Man hätte die ganze Frage von vornherein auf den Sportwettenmarkt reduzieren müssen. In diesem Punkt sind meine Fraktion und ich der Auffassung, dass man bezüglich der Frage, ob man Private zulassen oder ein staatliches Monopol schaffen sollte, eher für ein staatliches Monopol plädieren sollte; denn angesichts des verstärkten Wettbewerbs privater Anbieter steigt das Risiko von Suchtgefährdung.
Die Quintessenz aus unserer Sicht ist: Wir stimmen dem Staatsvertrag und dem Ausführungsgesetz zu, um die Rechtsunsicherheiten, die ansonsten ab dem 1. Januar 2008 bestehen würden, zu vermeiden. Wir stimmen aber nicht Ihrem Ent
schließungsantrag zu, weil er in unseren Augen einen massiven Widerspruch zu dem darstellt, was Sie jetzt mit dem Staatsvertrag beschließen. Das ist ein fauler Kompromiss, den Sie angesichts der gravierend differierenden Positionen zwischen den Koalitionsfraktionen von CDU und FDP gefunden haben. - Schönen Dank.
Meine Damen und Herren! Ich erteile jetzt zu einer Erklärung außerhalb der Tagesordnung gemäß § 77 unserer Geschäftsordnung Frau Ministerin Heister-Neumann das Wort.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Sie nur über etwas gerade in der jetzigen Zeit wirklich Erfreuliches informieren: Marco ist aus der Haft entlassen worden. Er kommt nach Deutschland zurück und kann Weihnachten zu Hause verbringen.
Das Verfahren ist damit nicht erledigt. Der nächste Verhandlungstermin findet im April statt. Es hat wirklich sehr viel auch dezente Arbeit und Mühe gekostet, um dieses Ziel zu erreichen. Ich glaube, darüber können wir gemeinsam froh sein.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat hat es durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Sportwettenmonopol in Bayern Handlungsbedarf gegeben, und zwar, genau wie der Kollege Lennartz gesagt hat, ausschließlich im Bereich der Sportwetten. Wir haben vom Verfassungsgericht für die Neuregelung eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember des Jahres 2007 bekommen. Schon bald stellte sich heraus, dass
dieser Zeitraum für die erforderlichen sehr komplizierten Gespräche, Beratungen und Festlegungen sehr knapp bemessen und nicht ausreichend war.
Wir müssen auch feststellen, dass es mit dem jetzt vorliegenden Staatsvertrag und der vorliegenden Regelung noch immer keine ausreichende Rechtssicherheit geben wird. Es wird im nächsten Jahr gerichtliche Prüfungen aufgrund von verfassungsgerichtlichen Beschwerden ebenso geben wie
Entscheidungen des EuGH über europarechtliche Beschwerden. Deutsche Gerichte haben den Europäischen Gerichtshof bereits angerufen. Ebenfalls können wir davon ausgehen, dass die Europäische Union im Januar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Länder einleiten wird. Das hat die Kommission bereits angekündigt.
Von daher hatte Kollege Althusmann mit seinen Ausführungen in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung recht, als er erklärte, der Staatsvertrag habe durchaus Schwächen. Er hatte ebenso recht, als er sich während des Verfahrens für ein Konzessionsmodell im Bereich der Sportwetten aussprach. Hierfür gibt es allerdings unter den Bundesländern noch keine Mehrheit.
Genauso richtig gehandelt hat die Landesregierung. Da sie erkannte, dass dieser Staatsvertrag nur der erste Schritt für eine Neuordnung des Glücksspielwesens sein kann, hat sie bereits jetzt mit den anderen Bundesländern eine Länderarbeitsgruppe eingesetzt, die eine komplette Neuordnung des Glücksspielrechts erarbeiten soll.
Kommen wir zu den Schwächen. Der Versuch, die durchzuführenden Eingriffe bei allen Glücksspielarten konsequent an der Suchtprävention auszurichten, ist nicht gelungen. Der Versuch ist offensichtlich deshalb nicht gelungen, weil das in der Tat nicht der Zweck des Staatsvertrages ist. Tatsächlich geht es bei diesem Staatsvertrag nur um die Verlängerung der fiskalischen Bedingungen beim Glücksspielmonopol bis zu einer echten Neuordnung und einer zukunftsorientierten Aufstellung. Dies hat jetzt erstmals auch Ministerpräsident Milbradt öffentlich erklärt.
Man kann das an drei einfachen Beispielen - es gibt natürlich noch viel mehr - erkennen. Zunächst einmal hat der Suchtexperte Professor Meyer aus Bremen, der den Staatsvertrag auf der Grundlage der Suchtprävention mit entsprechendem Material
angefüttert hat, in unserer öffentlichen Anhörung erklärt, dass die wohl am wenigsten von Suchtgefahr betroffenen Bereiche, nämlich die Klassenlotterien, mit den stärksten Beschränkungen versehen werden. Das ist natürlich aus Sicht der Suchtprävention genau der falsche Weg. Er hat ebenfalls erklärt, für die Suchtprävention sei das Verbot des Internets als Vertriebsweg kontraproduktiv; ein geordneter Internetzugang sei zur Suchtprävention besser geeignet.
Drittens können wir feststellen, dass beispielsweise durch die heutigen Änderungen im Bereich der Oddset-Topwette und auch bei den Rubbellosen die Abgaben reduziert werden, um einen wirtschaftlichen Betrieb auch zukünftig zu ermöglichen. Damit wird das Spiel dort, wo die Suchtprävention das maximale Ergebnis erreicht hat, weil nämlich niemand mehr spielt, durch niedrigere Gebühren wieder angeheizt.
Auch verfassungsrechtlich gibt es Bedenken gegen die Regelung. Einerseits ist es fraglich, ob die Eingriffe in die Berufsfreiheit verhältnismäßig sind. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg beispielsweise ausgeführt, dass die Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfolgen muss, bevor der
Landtag eine Regelung trifft. Bis zum heutigen Tag haben wir keine quantifizierte Auswertung der Zahl der Spielsüchtigen nach den einzelnen Spielarten. In einigen Bereichen hat man bis heute nicht einmal Spielsüchtige gefunden. Ich glaube sogar, dass es in der Tat weder eine Lotto-Sucht noch eine Aktion-Mensch-Sucht oder eine RubbellosSucht in Niedersachsen und in den anderen Bundesländern gibt.
Andererseits ist auch fraglich, ob Artikel 3 des Grundgesetzes, das Gebot der Gleichbehandlung, durch die Regelungen des Staatsvertrages verletzt wird; denn im hochgefährlichen Automatenspiel - das hat der Kollege Lennartz auch ausgeführt gibt es weiterhin private Anbieter, und das wird bundesgesetzlich geregelt. Nur im Bereich des Lotteriewesens wird auf ein Staatsmonopol gesetzt. Der rechtliche Vater dieses Staatsvertrages, Professor Dietlein, der auch bei uns in der Anhörung war, hat dazu erklärt, dass nach seiner Rechtsauffassung beide Bereiche, sowohl die Lotterien als auch das Glücksspiel, in die Regelungskompetenz des Landes fallen. Er hat ausdrücklich beide Bereiche genannt, auch das Automatenspiel.
Er hat ebenfalls erklärt, diese Ungleichbehandlung sei aber verfassungsrechtlich kein Problem, weil man es ja in zwei getrennten Gesetzen regelt. Das ist meines Erachtens eine sehr bedenkliche Einschätzung. Wenn wir das in anderen Bereichen der Gleichstellung und der Gleichberechtigung auch so machen und gleiche Dinge - hier geht es um Glücksspiel und Suchtprävention - einfach in zwei getrennten Gesetzen unterschiedlich regeln würden, dann kämen wir, glaube ich, in eine sehr gefährliche Rechtslage.
Die Europäische Union hat erklärt, dass es sich hier um unzulässige Kartelle, unzulässige Internetverbote und unzulässige Beschränkungen des
Zahlungsverkehrs handelt und sie hier entsprechend tätig werde. Der Europäische Gerichtshof wird hierzu in Kürze entscheiden. Egal, wie das Urteil ausfällt - das muss man auch einmal sagen -: Wir werden uns in jedem Fall auch bei einem negativen Urteil für eine weitere Stärkung der Sportförderung einsetzen.