Protokoll der Sitzung vom 30.10.2003

Es geht nicht darum, das Vermögen der SPD anders zu verteilen,

(Bernd Althusmann [CDU]: Vermö- gensteuer!)

sondern es geht einfach darum, dass wir in unserer Koalitionsvereinbarung festgelegt haben, das Mediengesetz zu erneuern und eine Novelle auf den Tisch dieses Hauses zu bringen. Darauf konnten auch Sie sich - so wie das andere getan haben - lange genug einstimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für uns stehen dabei zwei Aspekte im Vordergrund: einerseits die Zusammensetzung der Versammlung der Landesmedienanstalt und andererseits die Beschränkung des Einflusses politischer Parteien auf private Rundfunkveranstalter. Die Zusammensetzung der Versammlung der Landesmedienanstalt ist nicht mehr zeitgemäß - das haben wir bereits gehört. Der Landesrechnungshof hat wiederholt gefordert, die Versammlung unter Effizienz- und Kostengesichtspunkten deutlich zu verkleinern. Mit bisher 42 Mitgliedern hat Nieder

sachsen gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und hinter Bayern die zweitgrößte Versammlung. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir werden zwar nicht den radikalen Schritt zu einem Gremium mit weniger als zehn Mitgliedern wie in Hamburg, Berlin-Brandenburg oder SchleswigHolstein vollziehen, weil wir durchaus die Vertretung unterschiedlicher gesellschaftlich relevanter Gruppen erhalten und uns nicht auf ein reines Expertengremium beschränken wollen, was theoretisch durchaus möglich wäre. Mit zukünftig 25 Mitgliedern werden wir aber von der Größe her vergleichbar mit Nordrhein-Westfalen und Thüringen im Mittelfeld liegen und schon ein deutliches Signal für den Abbau von Verwaltungsstrukturen geben. Natürlich werden diese Vorschläge nicht allen gefallen, besonders nicht denen, die an Einfluss verlieren. Aber es geht hier nicht um Besitzstandswahrung, sondern um Modernisierung und Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Bei der Umgestaltung der Zusammensetzung haben wir uns von den Kriterien der gesellschaftlichen Bedeutung einzelner Gruppen und ihrer Relevanz hinsichtlich der Medienentwicklung leiten lassen. Es ist tatsächlich fragwürdig, welche Bedeutung z. B. der Verband Entwicklungspolitik, die Humanistische Union, ein Arbeitskreis Neue Erziehung, der Verband der Kunsthochschulen oder die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren für die Medienentwicklung haben. All diese Gruppen finden sich jedenfalls in keinem anderen Bundesland in der Versammlung der Medienanstalt wieder.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Zudem ist es fragwürdig, warum ver.di bisher mit drei Vertretern beteiligt sein musste.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Sollen sie jetzt keinen mehr haben?)

- Zwei, Frau Harms. Sie werden es gelesen haben: Es sind nach wie vor zwei vorgesehen. - Auf der anderen Seite wollen wir einen Akzent hinsichtlich der Bedeutung der Medien in schulischer und familiärer Erziehung setzen und deshalb den Lehrerverband und die Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände neu beteiligen. Ebenso wollen

wir die Rolle der freien Berufe und deren Verband anerkennen, wie dies in sieben anderen Bundesländern der Fall ist. Die Anzahl der Vertreter der politischen Parteien wollen wir auf fünf beschränken. Nach der bisherigen Regelung würde es bei der derzeitigen Zusammensetzung des Landtages hingegen sieben Vertreter geben.

Mit der Verkleinerung der Versammlung der Landesmedienanstalt setzen wir ein Zeichen für Bürokratieabbau und mehr Effizienz. Die Landesmedienanstalt wird zukünftig weniger Finanzmittel für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Damit nehmen wir in einem ersten Schritt auch die Anregung mehrerer Rechnungshöfe auf, dass die Medienanstalten in Deutschland überfinanziert sind. Das ist übrigens ein Aspekt, der auch angesichts der aktuellen Debatte um eine Rundfunkgebührenerhöhung eine ganz besondere Note bekommt.

Ein weiterer Schwerpunkt der Gesetzesnovelle liegt auf der Begrenzung von Beteiligungen politischer Parteien an privaten Rundfunkveranstaltern. Die Medien spielen als vierte Gewalt eine entscheidende Rolle in unserem politischen System. Wir wollen auch hier am Prinzip der Gewaltenteilung festhalten. Frau Harms, Verhältnisse wie in Italien hinsichtlich der Verknüpfung von Politik und Medien wollen wir in unserem Lande nicht haben.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Das Neutralitätsgebot schließt daher politische Parteien grundsätzlich vom Betrieb von Rundfunkangeboten aus. Im Fokus stehen aber heute keine direkten Miteigentümerschaften, sondern mittelbare Beteiligungen. Die Bewertung dieser Beteiligungen und deren möglicher Einfluss auf den Rundfunkveranstalter und das Programm sind objektiv sehr schwer zu beurteilen. Herr Gabriel, da gebe ich Ihnen Recht. Wir müssen aber davon ausgehen, dass bei einem zahlenmäßig nicht unbedeutenden Teil der Beteiligungen ein Einfluss nicht völlig ausgeschlossen werden kann. Das Neutralitätsgebot sollte daher unter präventiven Aspekten derartige Beteiligungen untersagen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Sigmar Gabriel [SPD]: Das ist doch unglaublich!)

Bei der Ausgestaltung der Neuregelung für das Niedersächsische Mediengesetz war uns bewusst, dass ein Verbot jeglicher auch noch so geringer Beteiligungen wie in den Gesetzen von Hessen

und Baden-Württemberg tatsächlich problematisch ist und dem Gedanken einer maßgeblichen Einflussmöglichkeit nicht gerecht wird.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Die FDP, das ist so eine Truppe!)

Wir sind auch nicht der Rechtskonstruktion im Änderungsentwurf zum Bayerischen Mediengesetz gefolgt, die von dem Begriff einer nicht geringfügigen Beteiligung ausgeht. Daher schlagen wir eine feste Bagatellgrenze von 10 % vor. Wir halten ebenso eine Übergangsregelung für erforderlich, die das Beteiligungsverbot auf Neuzulassungen oder die Verlängerung bestehender Zulassungen beschränkt. Herr Gabriel, angesichts dieser Überlegungen ist es völlig unverständlich, wenn die SPD-Fraktion von Enteignung spricht. Aktuell geht es um die DDVG und deren Beteiligung an der Verlagsgruppe Madsack - wir haben das bereits gehört. Madsack ist aber schon dabei, gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen vorzunehmen, sodass bei einer geplanten Bagatellgrenze von 10 % kein Einfluss der DDVG auf Radiobeteiligungen bei ffn und Hit-Radio Antenne mehr bestehen dürfte. Alle weiteren Beteiligungen der DDVG an kleineren Verlagen fallen ohnehin unter die Bagatellgrenze.

Wir stehen mit der Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens vor einer neuen Schlüsselstelle in der Medienentwicklung. In Zukunft werden wir einen Wettbewerb digitalisierter Angebote über Antenne, Kabel und Satellit erleben. Die Beschränkung auf eine begrenzte Zahl empfangbarer Programme wird endgültig der Vergangenheit angehören. Nur dieser Wettbewerb unterschiedlicher Übertragungstechniken kann auch in Zukunft verhindern, dass Kabelbetreiber hinsichtlich Programmangebot und Preisgestaltung eine Monopolstellung ausnutzen können. Wir werden die Entwicklung der digitalisierten Medienwelt unterstützen. Dazu zählt auch die Anstrengung des Landes bei der Einführung von DVB-T und die damit verbundene Veränderung des Mediengesetzes hinsichtlich der Übertragungsregelung als kleiner aber wichtiger Baustein.

(Glocke des Präsidenten)

Wir sehen die Zukunft von DVB-T - ich bin gleich zu Ende - nicht nur als notwendiger Mitbewerber gegenüber Kabel und Satellit, sondern vor allem auch im Bereich des mobilen Fernsehempfangs, sozusagen als Fernsehen der Handygeneration.

Lassen Sie uns mit der vorliegenden Änderung des Mediengesetzes einerseits den Weg zur digitalen Zukunft bereiten, andererseits aber auch die Strukturveränderungen vornehmen, die heute auf ihre Umsetzung warten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die beiden großen Fraktionen haben mir signalisiert, dass sie noch Diskussionsbedarf haben. Beide Fraktionen haben keine Redezeit mehr.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Wir brauchen auch keine mehr! - Thomas Opper- mann [SPD]: Wir haben alles gesagt!)

Ich gehe davon aus, dass das hohe Haus - -

(Bernd Althusmann [CDU]: Wir brau- chen zusätzliche Redezeit!)

Meine Damen und Herren, ich habe es gut gemeint. Unsere Geschäftsordnung ist in dieser Frage, wenn die Redezeit ausgeschöpft ist, eindeutig. - Von beiden Seiten war mir signalisiert worden, dass noch Redebedarf besteht.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Beratung.

(David McAllister [CDU]: Hartmut, sprich du!)

- Herr McAllister, einen Augenblick.

(Minister Hartmut Möllring begibt sich zum Präsidium - Sigmar Gabriel [SPD]: Sind wir denn im Kasperlethe- ater? - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Wo- vor habt ihr denn Angst?)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Beratung. Herr Möllring, es tut mir Leid.

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Ausschussüberweisung.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Meine Damen und Herren, ich habe die Beratung beendet. Danach hat sich Herr Möllring, ein Mitglied der Regierung, zu Wort gemeldet. Da ich jedoch die Beratung beendet hatte, kann ich ihm nicht mehr das Wort erteilen. Hätte vorher ein Mitglied der Landesregierung gesprochen, dann hätte

es zusätzliche Redezeit gegeben. So sagt es unsere Geschäftsordnung eindeutig aus.

Wir kommen nun zur Ausschussüberweisung. Federführend soll der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien, mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sein. Wer dem so zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön.

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 17: Zweite Beratung: Staatsmodernisierung in Niedersachsen: Auflösung der Bezirksregierungen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/171 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/453 Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/472

Die Beschlussempfehlung lautet auf Annahme in gänderter Fassung.

Zu Wort gemeldet hat sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Dr. Lennartz. Sie haben das Wort!

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ausgangspunkt der Landesregierung war - -

Herr Lennartz, entschuldigen Sie. Der Berichterstatter will noch seinen Bericht abgeben. Er hat Vorrang. - Herr Schrader, Sie haben das Wort!