Ich frage Sie: Ist eine Politik, die Verbändeförderung streicht, eine Förderung dieser Arbeit? – Nein! Sie bereiten darüber hinaus sogar noch einen weiteren Schlag gegen die erfolgreiche Arbeit der Verbände vor. Sie wollen die Bingo-Mittel nicht nur deckeln, sondern nun sogar gänzlich auf Ihre Umweltstiftung übertragen. Das sind immerhin 4 Millionen Euro, die sachdienlich eingeführt werden müssen. Ich weiß wohl, dass heute Morgen Gespräche stattgefunden haben. Ich kenne das Ergebnis noch nicht. Möglicherweise ist die Entscheidung erst einmal um ein Jahr verzögert worden. Aber die Absicht ist erkennbar, hier erneut gut angelegtes Geld aus Bingo sozusagen von den Naturverbänden wegzunehmen und damit auch die Arbeit ganz vieler Ehrenamtlicher zu erschweren.
Tausende Ehrenamtliche im Umweltbereich und eine anerkannte leistungsfähige Umweltverwaltung bekommen von Ihnen die rote Karte. Das verstehen Sie also unter einer starken Umweltpolitik in Niedersachsen. Auf diese Art von Stärke - das sage ich hier sehr deutlich -, die in Wirklichkeit eine Zerschlagung ist, können und wollen wir verzichten. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion! Verehrter Herr Haase, Ihr Antrag behandelt die Umwelt- und Naturschutzarbeit in Niedersachsen, die Qualität der Gesetzgebung in Niedersachsen, die Arbeit der Naturschutz- und Umweltverwaltung und die Rolle des ehrenamtlichen Natur- und Umweltschutzes. Dabei zeichnen Sie nicht nur ein sehr unvollkommenes Bild. So sind z. B. die Eigentümer und Nutzer des Grund und Bodens mit keiner Silbe erwähnt. Ihr Antrag lässt auch ein sehr einseitiges Umwelt- und Naturschutzverständnis durchblicken.
Für Sie bedeutet Umweltpolitik vor allem staatlicher Umwelt- und Naturschutz verflochten mit bestimmten Verbänden, Bevormundung der Bürger und vor allem der Grundeigentümer und -nutzer. Ihr Motto heißt „Weiter so!“. Dem Umwelt- und
Meine Damen und Herren, wir pflegen ja im Umweltbereich eine gute Zusammenarbeit. Ihr Antrag enthält Aussagen und Forderungen, die auch ich uneingeschränkt unterschreiben kann. Erstens. Umwelt- und Naturschutzverbände leisten hervorragende und unverzichtbare Arbeit im Umwelt- und Naturschutz.
Ich gehe aber davon aus, dass Sie damit alle Umweltverbände meinen. Zweitens. Die Arbeit und vor allem die Projekte von Umwelt- und Naturschutzverbänden sollen auch künftig finanziell unterstützt werden. Drittens. Die Landesregierung soll künftig eine qualitativ hochwertige Aufgabenwahrnehmung im Umwelt- und Naturschutz sicherstellen. Wir brauchen vereinfachte Planungs- und Genehmigungsverfahren und eine schlagkräftige Verwaltung. In diesen Punkten sind wir uns völlig einig. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten.
Ich möchte aber einige Punkte herausarbeiten, bei denen wir meiner Meinung nach ein gänzlich anderes Verständnis von der künftigen Umwelt- und Naturschutzarbeit in Niedersachsen haben. Mir gefällt an Ihrem Antrag nicht, dass Sie mit keiner Silbe die Rolle der Grundeigentümer und -nutzer erwähnen.
Das mag vielleicht an unserem politischen Grundverständnis liegen, was das Eigentum an Grund und Boden und das Recht zu seiner Nutzung angeht. Lassen Sie mich am Beispiel des gesetzlichen Biotop- und Baumschutzes verdeutlichen, was ich meine. In meiner Heimatstadt Braunschweig hatten wir eine rot-grüne Mehrheit und ein städtisches Umweltamt. Wir haben eine sehr strenge und - wie ich meine - praxisferne und alles andere als bürgerfreundliche Baumschutzsatzung über zehn Jahre hinweg aufrechterhalten.
Trotz vieler Proteste - die gibt es ja noch in vielen Städten; ich will Ihnen einmal die Geschichte erzählen - von Grundeigentümern und Gartenbesit
zern und politischer Initiativen unsererseits waren Sie natürlich wie immer unbeirrbar und haben an dieser Erfolgsgeschichte festgehalten. Was hat uns diese Regelung gebracht? - Zunächst einmal jede Menge Bürokratie. Die Bürger mussten Anträge stellen, wenn sie in ihrem eigenen Garten die Bäume, die sie selbst oder ihre Vorgänger gepflanzt hatten, fällen oder zurückschneiden wollten.
Sie bekamen eine staatliche Zwangsberatung, kostenpflichtige Bescheide, Auflagen und alles Mögliche verordnet.
- Herr Haase, es geht um das Prinzip, es geht um Umweltpolitik. - Die Mehrzahl der Bürger hatte natürlich einen vernünftigen Grund, wenn sie einen Baum fällen wollte. Wenn die Bürger hartnäckig genug waren und ihren Antrag immer wieder vorlegten, wurde letztlich das Gros der Anträge genehmigt. Das heißt, das ganze Verfahren war von vornherein für die Katz.
Die schwarzen Schafe, die Sie eigentlich treffen wollten, haben sehr schnell Mittel und Wege gefunden, wie sie ihre Bäume an der Verwaltung vorbei loswerden konnten. Was passierte schließlich? - Aus Angst vor staatlicher Bevormundung haben es viele Gartenbesitzer erst gar nicht dazu kommen lassen, dass die Bäume den kritischen Durchmesser erreichten, sondern sie haben schon vorher die Bäume weggesägt.
Das heißt, die Regelung hat letztlich nicht die Erhaltung und den Schutz wertvoller alter Bäume bewirkt, sondern der Schutz wurde im Gegenteil sogar verhindert. Genauso wird es beim gesetzlichen Biotopschutz kommen.
Ich erzähle Ihnen auch noch, wie die Geschichte in Braunschweig ausgegangen ist. Als wir vor zwei Jahren eine Mehrheit in Braunschweig bekommen haben, haben wir die Satzung aufgehoben. Keine Frage, es hat natürlich auch Proteste gegeben. Voraussetzung dafür ist, dass man den Bürgern Eigenverantwortung und ein gewisses Vertrauen
Nach unserer Philosophie tun das die meisten Bürger. Ihre Philosophie ist offensichtlich eine andere. Ich lade Sie aber gerne einmal nach Braunschweig ein.
Sie können das Ergebnis sehen. Siehe da, das Vertrauen ist gerechtfertigt. Es gab keinen Kahlschlag in Braunschweig. Die Bürger hegen und pflegen ihre Baume auch ohne staatliche Bevormundung und auch ohne staatliche Satzung und Behördengänge. Allerdings - das muss ich zugeben - wird auch hier und da einmal ein Baum gefällt, wenn Leitungen oder Gebäude beschädigt werden oder der Eigentümer einfach sagt: In meinem kleinen Garten ist der Baum, den ich vor vielen Jahren gepflanzt habe, einfach zu groß geworden. Wenn man diesen Weg der Entbürokratisierung geht, gibt es sicherlich auch Einzelfälle - da gebe ich Ihnen Recht -, bei denen man vielleicht sagt: Na ja, schade, dass dieser Baum weggekommen ist.
Ich bin der Meinung, dass ein Staat nicht alles und jeden kontrollieren kann. Der städtische Baumbestand insgesamt hat jedenfalls darunter nicht gelitten. Die Gartenbesitzer pflanzen auch ohne staatliche Auflage Bäume und schneiden sie natürlich hier und da auch weg. Braunschweig bleibt eine grüne Stadt; allerdings nicht - bis auf Weiteres -, was die politischen Mehrheiten angeht.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass wir nicht nur über Bürokratieabbau reden, wie Sie das über Jahre hinweg getan haben, sondern wir praktizieren ihn auch.
Zum Schluss noch einige Worte zur Rolle der Nutzer einer freien Landschaft, die Sie meiner Meinung nach offensichtlich vergessen haben, nämlich die Rolle der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, der Angler und der Jäger. Eines wollen wir doch einmal festhalten: Schauen Sie sich unsere Landschaft einmal an. Ohne die Arbeit dieser Nutzer hätten wir nicht ansatzweise diese abwechslungsreiche und artenreiche Kulturlandschaft in Niedersachsen.
Herr Haase, bei aller Wertschätzung der Arbeit der Behörden, die in einem angemessenen Rahmen natürlich auch nötig ist - darüber sind wir uns völlig einig -, und bei aller Anerkennung der Arbeit der - ich nenne sie - Naturschutzidealisten, die wir auch künftig wertschätzen und fördern werden, muss man feststellen, dass ohne die Arbeit der Naturnutzer oder sogar gegen die Naturnutzer der Umwelt- und Naturschutz in unserem Land scheitern wird. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam mit unserer Umweltverwaltung - -
- Sie wollen doch nicht in Abrede stellen, dass wir eine Umweltverwaltung in geeigneter Form schlagkräftig, wie Sie das fordern, erhalten werden. Aber darüber werden wir uns im Einzelnen noch unterhalten.
Erstens. Lassen Sie uns gemeinsam mit unserer Umweltverwaltung, dem ehrenamtlichen Naturschutz und vor allem mit den Naturnutzern die Gesetzgebung, soweit dies landesrechtlich möglich
und umweltpolitisch vernünftig ist, überarbeiten und vereinfachen im Sinne eines praxisbezogenen Umwelt- und Naturschutzes.
Drittens; das ist das Entscheidende und das Fazit meiner Rede. Lassen Sie uns den Umwelt- und Naturschutzbelang von einem Überbelang zu einem integrativen Bestandteil aller Vorhaben und Verfahren machen. Dadurch wird Niedersachsen schon bald im Umwelt- und Naturschutz gemeinsam mit den Menschen im Land, die hier leben, an der Spitze der Bundesländer stehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kernpunkt der heutigen Debatte ist nicht die Baumschutzsatzung in Braunschweig oder auch in Osnabrück,