Deshalb kann die SPD-Fraktion bei dieser Haushaltsplanung nur ein Veto einlegen. Dieses Thema verträgt keine Schnellschüsse. Schließlich ist die Sicherstellung einer ordentlich funktionierenden Justiz und eines ordentlich funktionierenden Strafvollzugs Kernaufgabe des Landes Niedersachsen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben gestern den ganzen Nachmittag über die Haushaltssituation des Landes Niedersachsen debattiert. Ich weiß nicht, ob Frau Abgeordnete Bockmann dabei war. Als ich mir eben ihren Redebeitrag angehört habe, hatte ich das Gefühl, sie war nicht dabei. Sonst hätte sie nicht so sprechen können, wie sie gesprochen hat.
Wir sollten uns doch über eines einig sein: Da die Haushaltslage des Landes Niedersachsen so ist, wie sie nun einmal ist, muss sich auch der Justizbereich an den notwendigen Einsparungen beteiligen, ob er will oder nicht. Daran geht kein Weg vorbei.
Ich hätte mir gewünscht, Frau Bockmann, dass Sie hier gesagt hätten, ob Sie diese Auffassung teilen.
Wenn Sie diese Auffassung teilen, dann können Sie das nicht so kritisieren, wie Sie es getan haben. Wenn Sie diese Auffassung nicht teilen, dann müssen Sie mir bitte sagen, wie es denn dann gehen soll. Wenn Ihre Antwort wie immer „Neuverschuldung“ lautet, dann haben wir keine gemeinsame Gesprächsbasis mehr; denn eine Neuverschuldung kommt für uns nicht infrage.
Jetzt haben Sie gesagt - das klang ja auch schon einmal in früheren Debattenbeiträgen an -, Sie hätten es anders gemacht, Sie hätten bei der Polizei gespart. - Dann sagen Sie das aber auch bei den dortigen Veranstaltungen!
Vielleicht hätten Sie auch noch sagen können, Sie hätten bei den Lehrern eingespart und sie nicht neu eingestellt. Dazu will ich Ihnen ganz deutlich unsere CDU-Position sagen: Wir haben im Bereich Schule extremste Problemfelder vorgefunden, die von der alten Landesregierung verursacht worden sind. Deshalb mussten wir zuallererst in diesen Bereich investieren. Das war nun einmal so, weil Sie in diesem Bereich die größten Mängel hinterlassen haben.
Das Gleiche gilt für den Bereich Inneres. Deshalb mussten wir dort schwerpunktmäßig investieren. Wir können nicht überall investieren, aber die größten und schlimmsten Verfehlungen Ihrer Politik mussten wir korrigieren und haben wir korrigiert.
Jetzt kommt noch eines hinzu: Sie schildern die Einsparungen, die hier vorgenommen werden, auch noch mit falschen Zahlen. Das ging schon gestern bei Herrn Gabriel los. Er sagte, 60 Richter oder Staatsanwälte würden nicht mehr beschäftigt.
- Nein, er hat von Richtern gesprochen. Sie, Frau Bockmann, haben es genau erkannt, Herr Gabriel aber nicht.
Sie haben gesagt: 8 Millionen Euro Einsparungen beim Personal plus globale Minderausgabe. - Das stimmt nicht. 3 Millionen Euro Einsparungen plus globale Minderausgabe, wobei sich die globale Minderausgabe nicht unbedingt nur auf das Per
3 Millionen Euro entsprechen 61,45 Vollzeitstellen. Das werden 23 Stellen des höheren Dienstes sein, also Richter und Staatsanwälte. Das ist schmerzlich. Das tun wir nicht gerne. Aber davon geht unsere Justiz in Niedersachsen nicht kaputt, wie Sie es an die Wand zu malen versuchen.
Die Frage, Frau Bockmann, kann heute nicht mehr sein, wie ich im Wettstreit der einzelnen Ressorts mehr Gelder für die Justiz bekomme, sondern sie kann nur sein: Wie kann ich die Justiz sinnvoll so organisieren, dass ich sie trotz reduzierter Ausgaben gleichwohl optimal am Laufen halten kann? Dazu ist von Ihnen aber kein Beitrag gekommen.
Selbst wenn ich all Ihre Thesen übernehme, Frau Bockmann: Wo ist denn Ihre Änderungsantrag? Sie haben keinen Änderungsantrag vorgelegt. Sie kritisieren, kritisieren und kritisieren, stellen aber keinen Antrag, im Einzelplan 11 auch nur irgendetwas zu ändern. Sie hätten logischerweise sagen müssen: Mehr Geld für Personal. - Ich stelle aber fest: Das ist nicht der Fall.
Sie haben ein klassisches Beispiel dafür angeführt, wie man die Justiz sinnvoll organisieren kann. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass im Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit in vermehrten Umfang Eingänge zu verzeichnen sind. Demgegenüber ist bei den Zivilgerichten die Zahl der Berufungen rückläufig. Einen internen Ausgleich können wir zurzeit aber leider nicht vornehmen, weil wir z. B. keinen Arbeitsrichter an ein Zivilgericht versetzen können. Aber wenn man auf den Gedanken käme, Arbeitsgerichte und Zivilgerichte zusammenzulegen, dann wäre es Aufgabe des gemeinsamen Präsidiums, die Richter umzuorganisieren. Dann kann man solche Schwankungen, die in den verschiedenen Gerichtszweigen immer wieder auftreten können, intern ausgleichen und so die Justiz vernünftig organisieren. Dazu brauchen wir aber die Mithilfe der SPD auf Bundesebene, weil es nur dort geht. Ich würde mir wünschen, dass Sie sich entsprechend mit einsetzen, damit sich dort etwas bewegt.
Ich plädiere deshalb ganz energisch und ganz deutlich dafür: All das, was verwaltende und registerführende Tätigkeit ist, müssen nicht Richter, muss nicht die Justiz machen. Wenn sich nun eine Industrie- und Handelskammer anbietet - und alle tun das -, uns diese Aufgaben und die damit verbundenen Kosten abzunehmen, dann sollten wir dieses Angebot doch auch annehmen. Ich kann nicht verstehen, dass das auf Bundesebene boykottiert wird.
Es kann doch nicht sein - das kann ich mir jetzt nicht verkneifen, Frau Bockmann -, dass das daran liegt, dass der rechtspolitische Sprecher der SPDFraktion auf Bundesebene mit einer Rechtspflegerin verheiratet ist und das deshalb so nicht haben will.
Ich fand den Redebeitrag von Frau Bockmann geradezu mutig, als sie sich dem Bereich des Strafvollzugs zugewandt hatte. Sie beklagte doch tatsächlich den Zustand unserer Justizvollzugsanstalten. Neun Monate nach der Landtagswahl! Es ist doch ausschließlich auf Versäumnisse der Sozialdemokratischen Partei zurückzuführen, dass wir dort jetzt solche Zustände haben.
Sie beklagen hier schmerzlich, dass sich der Baufortschritt in Rosdorf verzögern wird. Ja, warum denn? - Wir haben doch gesehen, was bei der Hochbauverwaltung passiert ist: Es wurden Grundsteine gelegt und erste Spatenstiche gemacht für Baumaßnahmen, die überhaupt nicht durchfinanziert waren. Wir können heilfroh sein, dass sich die Justizministerin durchgesetzt und erreicht hat, dass Rosdorf - wenn auch zeitlich gestreckt - gebaut wird. Aber Rosdorf wird gebaut, und das ist das Entscheidende.
Meine Damen und Herren, wir sind bereit, sehr weitgehende Maßnahmen zu ergreifen, wenn es um die Frage geht, wie wir die Justiz organisieren. Die Zusammenlegung von Gerichtsbarkeiten habe
ich schon angesprochen. Wir sind auch bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren, wo wir weitere Einsparmöglichkeiten finden können.
Die Entwicklung der Betreuungskosten macht uns gemeinsam Sorgen. Für mich ist die Betreuung keine originäre Aufgabe der Justiz. Die Betreuung wird durch richterlichen Beschluss ausgelöst. Es soll zwar eine rechtliche Betreuung sein, aber wir wissen doch alle ganz genau, wie es in der Praxis aussieht: Das hat mit rechtlicher Betreuung gar nichts mehr zu tun, sondern es findet vielmehr eine soziale Betreuung statt. Die ist sicherlich auch sinnvoll, aber das ist keine Justizaufgabe, und deshalb gehören diese Kosten auch nicht in den Justizbereich. Wir meinen, dass wir dort etwas verändern können.
Wir meinen, dass wir auch etwas an der Einnahmesituation verändern können, dies allerdings nur dann - das will ich hier ganz deutlich sagen -, wenn gewährleistet ist, dass der Anspruch des Bürgers auf Rechtsgewährung nicht beschnitten wird.
Wir können uns aber sehr wohl vorstellen, dass sich im Bereich des Prozesskostenbeihilferechts Veränderungen ergeben. Prozesskostenbeihilfe bedeutet ja nicht nur eine Ausgabe - weil man den beigeordneten Anwalt entlohnt -, sondern gleichzeitig auch den Verzicht auf Gerichtskosten. Ich meine, dass man sehr sorgfältig prüfen muss, wo ein solcher Verzicht auf Gerichtskosten gerechtfertigt ist und wo nicht. Die Forderung, die ich gelegentlich gehört habe, nämlich Prozesskostenhilfe nur noch Sozialhilfeempfängern zu gewähren, kann ich allerdings nicht unterstützen. Da wird es einen vernünftigen Mittelweg geben müssen, den wir gemeinsam beschreiten sollten.
Auch ist für mich in keiner Weise nachvollziehbar, dass Sozialgerichtsverfahren per se gebührenfrei sind. Auch dort, meine ich, könnten wir zu entsprechenden Veränderungen kommen.
Ich fasse für meine Fraktion zusammen: Wir nehmen das, was uns im Bereich der Stelleneinsparungen und der sich daraus ergebenden Probleme gesagt wird, sehr ernst. Die Auflösung einer Kammer in Braunschweig ist die Folge dieser Stelleneinsparung. Wir kennen den Brief des Richterbundes. Wir wollen gemeinsam u. a. mit dem Richterbund überlegen, wie wir die Justiz vernünftig organisieren können, um dies auszugleichen.
Wir sind sicher, dass der Anspruch der Bürgerinnen und Bürger mit diesem Haushalt in vollem Umfang gewahrt bleibt.