Protokoll der Sitzung vom 23.01.2004

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Pörtner, das hat etwas damit zu tun, dass Sie in unverantwortlicher Art und Weise die Zeit für die Beratung im Fachausschuss niedergeknüppelt haben. Das ist das Entscheidende und der politische Skandal.

Herr Kollege Pörtner, wenn Sie dann noch behaupten, Sie wollten erreichen, dass die Küblböcks dieser Welt aus den Medien verbannt werden, dann müssen Sie der erstaunten Öffentlichkeit erklären, warum Sie der Meinung sind, dass der Landesverband der Volkshochschulen dafür sorgt, dass solche Leute hineinkommen. Diesen Eindruck habe ich bei diesen Leuten nicht. Im Gegenteil: Ich halte sie für seriöse, der Medienpolitik zugeneigte Organisationen. Deshalb gehören sie hinein.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Plaue lassen wir im Dschungel!)

Herr Dr. Lennartz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich spreche zur Petition Nummer 541 des Komitees für Grundrechte und Demokratie. Der Innenausschuss hat sich kurz damit befasst und schlägt vor, den Einsender über die Sach- und Rechtslage zu unterrichten. Wir schlagen Ihnen vor, diese Petition der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen.

Bei diesem Komitee, das seit 1981 tätig ist, geht es in erster Linie um Demonstrationsbeobachtung. Es geht um die CASTOR-Transporte 2001 und 2002, die Anlass für diese Petition waren. Das Komitee bittet, mithilfe der Petition zu erreichen, dass bestimmte Vorkommnisse, die in dieser Petition durch zahlreiche Beispiele belegt worden sind, für die Zukunft abgestellt werden, weil sie für rechtswidrig gehalten werden. In Zukunft soll nämlich eine vorsorgliche Ingewahrsamnahme ganzer Gruppen nicht mehr möglich sein, weil dabei der Beweis einer konkreten Einzelfallgefahr nicht geführt werden kann. Es sollen keine Demonstrationsverbote per Allgemeinverfügung auf der pauschalen unpräzisen Grundlage, wie es bislang der Fall war, getroffen werden können. Polizeibeamte im Einsatz sollen Namensschilder tragen, damit sie identifizierbar sind und bei eventuellen Konflikten oder auch Übergriffen tatsächlich identifizierbar bleiben.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Wir können sie ja auch mit Trikots wie bei den Fußballvereinen ausstatten!)

Eine spätere Pressemitteilung sagt ausdrücklich, dass es beim jüngsten CASTOR-Transport zu einer Verbesserung der Praxis gekommen sei, auch wenn dort in verschiedenen Bereichen noch Rechtsverstöße festgestellt wurden.

Wir wollen, dass die Landesregierung, speziell das Innenministerium, die Souveränität besitzt, im Interesse einer Deeskalationsstrategie für die vielen noch folgenden CASTOR-Transporte vorzusorgen. Deswegen bitten wir Sie, diese Petition der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Hans-Christian Biallas [CDU]: Ich schlage vor, dass die Petition so lange zurückgestellt wird, bis Sie al- leine regieren!)

Herr Meihsies, Sie haben noch eine Redezeit von acht Sekunden. Ich weiß nicht, ob sich das lohnt.

(Zuruf von Andreas Meihsies [GRÜ- NE])

Weitere Wortmeldungen liegen mir dann nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen jetzt über die Eingaben ab. Ich rufe sie einzeln bzw. bei gleichem Sachverhalt im Block auf und lasse zunächst über den Änderungsantrag und, falls dieser abgelehnt wird, dann über die Ausschussempfehlung abstimmen.

Wir stimmen zuerst über die Eingabe 541, betreffend Demonstrationsrecht, ab. Der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sieht vor, die Eingabe der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ab, den Einsender über die Sach- und Rechtslage zu unterrichten. Wer so beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? Dann ist das jetzt so beschlossen.

Wir stimmen jetzt über die Eingaben 752, 758 und 767, betreffend Änderung des Niedersächsischen Mediengesetzes, ab. Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, die Eingaben der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, ab. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! Stimmenthaltungen? Der Antrag der SPDFraktion ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, die Einsender über die Sach- und Rechtslage zu unterrichten. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! Stimmenthaltungen? Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Wir kommen jetzt zu der Eingabe 3412 aus der 14. Wahlperiode, betreffend Ausschöpfung der Stellenobergrenzen im gehobenen Dienst im Justizvollzug des Landes Niedersachsen. Hierzu liegen unterschiedliche Änderungsanträge der Fraktion der SPD in der Drucksache 742 und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 745 vor. Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der SPD-Fraktion ab, der vorsieht, die Eingabe der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab, die Eingabe der Landesregierung als Material zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, den Einsender über die Sach- und Rechtslage zu unterrichten. Wer so beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Wir kommen jetzt zur Eingabe 703, betreffend Ausschöpfung der Stellenobergrenzen im gehobenen Justizvollzug und Verwaltungsdienst sowie im gehobenen Sozialdienst. Auch hierzu liegen unterschiedliche Änderungsanträge der Fraktion der SPD in der Drucksache 742 und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 745 vor. Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag der SPD-Fraktion ab, die Eingabe der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? Der Änderungsantrag ist abgelehnt.

Jetzt stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab, der die Überweisung an die Landesregierung als Material vorsieht. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, den Einsender über die Sach- und Rechtslage zu unterrichten. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ge

genstimmen! - Stimmenthaltungen? - Das ist jetzt so beschlossen.

Damit sind wir am Ende dieses Tagesordnungspunktes. Wir kommen jetzt zu

Zusätzlicher Tagesordnungspunkt: Erste Beratung: Avontec am Standort Niedersachsen halten! Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/747

(Unruhe)

- Ich unterbreche jetzt, bis diejenigen, die den Saal verlassen möchten, dies auch getan haben.

Können Sie aufseiten der CDU-Fraktion Ihre Beratungen bitte draußen fortsetzen? - Danke.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Oppermann von der SPD-Fraktion. Ich erteile ihm das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte mich bei Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU- und von der FDPFraktion, dafür bedanken, dass Sie diese Diskussion durch Ihre Zustimmung ermöglicht haben.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Wir waren auch dafür!)

- Ich unterstelle, dass die Einsicht in die Relevanz des Themas ohnehin gegeben ist, Herr Kollege Hagenah.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht um eine ganz schwerwiegende wirtschaftspolitische Nachricht großer Bedeutung für dieses Land. Avontec, eines der interessantesten BiotechUnternehmen nicht nur in Niedersachsen, sondern in ganz Deutschland, will seinen Sitz nach München verlegen. Dazu schreibt am Donnerstag, dem 22. Januar, die Neue Presse in Hannover:

„Wenn ein junges Unternehmen ein Erfolg verheißendes Produkt entwickelt und nun seinen Hauptsitz an einen lukrativen Vertriebsstandort außerhalb Niedersachsens verlegt, ist das fürs Image dieses Landes bitter.“

(Beifall bei der SPD)

Es ist nicht nur für das Image bitter, sondern damit gehen auch Arbeitsplätze und materieller Reichtum verloren.

Es ist sinnvoll, dieses Unternehmen einmal kurz darzustellen. Avontec ist vor erst zwei Jahren gegründet worden. In Göttingen hat sich eine quicklebendige Biotech-Szene entwickelt. Grundlage ist erstklassige Forschung in den Biowissenschaften und in der Medizin. Aber eine wichtige Voraussetzung war die Gründung eines universitätseigenen Wagniskapitalunternehmens - übrigens des ersten und, soweit ich weiß, auch bisher einzigen in Deutschland. Zusammen mit regionalen Unternehmen wie der KWS SAAT AG, der Gothaer Versicherungen und der Sparkasse Göttingen hat die Universität im Jahre 2001 ein Unternehmen auf die Beine gestellt, das insgesamt 7,5 Millionen Euro für Gründungen bereitstellt - Geld, das unbürokratisch und schnell zur Verfügung steht, wenn Wissenschaftler brillante Ideen haben, aus denen man Produkte fertigen kann.

InnovationsCapital Göttingen hat einen Gründungswettbewerb veranstaltet, um interessante Gründer kennen zu lernen, die man finanzieren kann. Avontec war ein Sieger dieses Gründungswettbewerbs. Es gab ein Innovationsklima. Andere Unternehmer wie Selecor GmbH, iOnGen AG sind neben Avontec entstanden - übrigens völlig gegen den Trend. Zu diesem Zeitpunkt sind in München Biotech-Unternehmen eingegangen. Wir haben in Göttingen eine hoch interessante Bewegung.

Die beiden Gründer sind erstklassige Wissenschaftler: Professor Hasenfuß ist Kardiologe, Professor Hecker ist Pathophysiologe an der Medizinischen Fakultät. Nun kommt hinzu, dass Professor Hecker nicht nur ein erstklassiger Wissenschaftler und ein hervorragender klinischer Mediziner wie auch Professor Hasenfuß ist, sondern er ist jemand mit Gespür für unternehmerische Tätigkeit, d. h. mit Gespür für die Frage: Wann kann aus wissenschaftlicher Erkenntnis ökonomischer Erfolg werden? Aber dieser Professor Hecker hat einen Ruf an der Universität Heidelberg. Er steht dort an erster Stelle. Meine Damen und Herren, darüber sind wir uns meiner Meinung nach einig: Es wäre ein komplettes Fiasko, wenn Professor Hecker nach Heidelberg ginge und das Unternehmen Avontec seinen Sitz nach München verlegte.

(Beifall bei der SPD)

Das muss abgewendet werden. Ich hoffe, es kann abgewendet werden. Die Universität Göttingen und das Universitätsklinikum sind hoch motiviert, Professor Hecker in Göttingen zu halten. Aber in diesem Jahr sind beim Universitätsklinikum 5 Millionen und bei der Universität 7 Millionen Euro eingespart worden. Ich hoffe, dass es dennoch mithilfe der Landesregierung gelingt, diesen Ruf nach Heidelberg abzuwenden und diesen erstklassigen Wissenschaftler in Niedersachsen zu halten.

Das Produkt, das dieses Unternehmen entwickelt, ist hochinteressant. Avontec ist ein Unternehmen, anders als die meisten Biotech-Unternehmen, die schon nach zwei Jahren Produkte am Start haben, die in der klinischen Wirksamkeitsprüfung sind. Sie sind in der so genannten klinischen Phase 2, und sie haben alle Aussicht darauf, aus dieser Phase 2 positiv hervorzugehen. Daraufhin kommen sie in die volle klinische Erprobung, wozu dann allerdings sehr viel Kapital nötig ist, weil diese Medikamente geprüft werden, ob sie weltweit auf den Markt kommen können.

Es geht zum einen um ein biomedizinisches Präparat, das bei Komplikationen im kardiovaskulären Bereich eingesetzt wird, und zum anderen um zwei Präparate, die bei chronischen Entzündungen, die Schuppenflechte oder Asthma zur Folge haben, wirksame Hilfe versprechen. Diese drei Produkte sind in der Erprobung.

Meine Damen und Herren, das Unternehmen hat nicht nur regionale Geldgeber wie InnovationsCapital Göttingen, die UBG - das ist eine Wagnigsbeteiligungsgesellschaft der Sparkassen Göttingen und Hildesheim - und die TBG - das ist die Technologie-Beteiligungs-Gesellschaft mbH der Deutschen Ausgleichsbank -, sondern die DVC - das ist die Deutsche Venture Capital mit Sitz in München ist der Hauptinvestor. Von ihr und von dem Management gehen die Bewegungen aus, den Sitz in München zu nehmen. Die Forschung soll noch in Göttingen bleiben. Professor Hecker hat durch die Zeitung erklärt, die Entwicklung sei offen, es ist denkbar, dass auch die Forschung von München nach Göttingen verlegt wird, theoretisch sei auch denkbar, dass das Management wieder von München nach Göttingen zurückverlegt wird. Aber wer die Realitäten kennt, weiß, dass das, wenn die Verlegung des Managements nicht gestoppt wird, dann ein Abgang auf Raten ist. Es ist selten so, dass die Belegschaft zum Management kommt. Die umgekehrte Bewegung ist viel wahrscheinli

cher. Deshalb muss die Landesregierung etwas tun.

Die Biotechnologie im Lande hat einen Aufschwung genommen. Sie wird nicht die Massenarbeitslosigkeitsprobleme lösen, aber die BiotechSzene birgt die Chance für ungeheuer große Wertschöpfung. Avontec ist ein Unternehmen mit einem riesigen Wertschöpfungspotenzial. Wenn diese Medikamente auf den Markt kommen, dann können damit hunderte von Millionen Euro verdient werden. Es ist eine Frage für den Standort Niedersachsen, ob die hier bei uns oder am Standort München versteuert werden.

Herr Ministerpräsident, Sie hatten Zeit für einen Fototermin mit den Gründern, als sie den Bundespreis beim McKinsey-StartUp-Wettbewerb bekommen haben. Ich finde gut, dass Sie sich darum persönlich gekümmert haben und dass Sie dafür Zeit hatten. Aber jetzt bitte ich Sie: Nehmen Sie sich auch die Zeit, mit den Gründern und mit dem Management zu reden - das muss der Ministerpräsident machen; ich glaube, Herr Hirche hat keine persönlichen Kontakte in die Biotech-Szene -, und unternehmen Sie alles, damit für dieses Unternehmen Kapital zur Verfügung gestellt wird, sodass ein Umzug nach München überflüssig bleibt!

Wir hatten gestern Abend eine Diskussion aus Anlass eines Antrages der CDU-Fraktion über das Pferdeland Niedersachsen. Diese Diskussion ist in einem Klamauk geendet.

(Friedrich Kethorn [CDU]: Ihr habt da- zu beigetragen!)