Zwei weitere Aspekte möchte ich noch ansprechen. Erstens. Mit dem Pflegequalitätssicherungsgesetz und der Novelle des Heimgesetzes sollte eigentlich mehr Verbraucherschutz erreicht werden. Tatsächlich aber müssen wir aufgrund der Verpflichtungen zum Abschluss von Leistungs-, Qualitätsund Personalrichtwertvereinbarungen einerseits und aufgrund der Vorschriften zur Kostenaufstellung und zu den Beteiligungsverfahren andererseits ein entschiedenes Mehr an Bürokratie feststellen. Das betrifft - das sind alles komplizierte Begriffe; ich weiß - u. a. die Begründung von Entgelterhöhungen nach § 7 Abs. 3 des Heimgesetzes und die Beteiligung bei Verhandlungen zu Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen nach
§ 7 Abs. 4 des Heimgesetzes. Es gibt dann auch noch die Verpflichtung, das Ganze schriftlich zu erläutern und Stellungnahmen abzugeben. Diesen Aufwand wollen wir verhindern, und wir wollen, dass die Gesetze mit möglichst einfachen Verfahrensregeln umgesetzt werden können.
Zu dem Antrag der SPD: Darin wird behauptet, dass durch das Pflegeleistungsergänzungsgesetz die Situation Demenzkranker entscheidend verbessert worden ist. Tatsächlich werden im Jahr 426 Euro zusätzlich gezahlt, wenn jemand an Demenz erkrankt ist. Das bedeutet, dass ein Angehöriger pro Tag 1,26 Euro mehr bekommt, wenn er sich eine Auszeit gönnen und professionelle Pflege für diese Zeit einkaufen will. Sie können sehen, das ist so verschwindend wenig, dass das nun wirklich keine großartige Verbesserung darstellt.
Der zweite Punkt, den ich nennen möchte, ist die Stichprobenprüfung durch den MDK. Derzeit besteht normalerweise eine Vorankündigungszeit von einem Tag oder einigen wenigen Stunden. Die Anbieterverbände erfahren zwar relativ frühzeitig von den Pflegekassen, in welchem Zeitraum eine Überprüfung geplant ist. Tatsächlich wissen sie aber erst am Abend davor, welche Einrichtung tatsächlich geprüft werden soll. Das kann dazu führen, dass noch nicht einmal die Mitteilung transportiert wird und dass vielleicht diejenigen in der Einrichtung, die es betrifft, gar nicht da sind oder aber erst geholt werden müssen und dass das Ganze dann erheblich verzögert wird. Diese Prüfungen beziehen sich nicht auf irgendwelche Missstände, die spontan überprüft werden müssen und beseitigt werden sollen, sondern es handelt sich nur um Prüfungen im Rahmen der routinemäßigen Qualitätskontrolle. Wenn man es drei Tage vorher wüsste, könnte man mit Sicherheit gravierende Missstände, die in einer Einrichtung bestehen, nicht so schnell beseitigen. Insofern wäre es ohne weiteres möglich, den Termin rechtzeitig anzukündigen. In anderen Bundesländern geht das. Dahin sollten wir in Niedersachsen auch kommen.
Das heißt - ich habe jetzt einige Beispiele genannt -, wir haben zu viele Gesetze, wir haben zu viele Verordnungen, wir haben zu viel Bürokratie und zu wenig Zeit für die Menschen. Das wollen wir ändern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktionen der CDU und der FDP fordern in ihrem Antrag Bürokratieabbau in der Pflege. Dagegen ist erst einmal nichts einzuwenden.
- Danke schön. - Wir können Ihrem Antrag in der vorliegenden Form allerdings trotzdem nicht zustimmen. - Jetzt müssen Sie „Nicht richtig!“ sagen, oder?
Die Proportionen sind nicht ausgewogen. In einigen Punkten ist der Antrag zu dünn und in anderen zu dick - also Dokumentation zu dick, Menschlichkeit zu dünn. Wozu die Landesregierung tatsächlich gebeten wird, ist nicht konkret formuliert. In Ihrem Antrag heißt es: „Die Landesregierung wird gebeten“, „zu überprüfen“, „darauf hinzuwirken“ und „ggf. eine entsprechende Bundesratsinitiative vorzubereiten“. - Soll sie nun oder soll sie nicht?
Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, so geht das nicht. So kommen wir nicht weiter. Was verstehen Sie eigentlich unter Bürokratieabbau?
Frau Meißner hat einiges vorgeschlagen. Die in vielen Einrichtungen mit technischer Unterstützung optimal praktizierten Pflegedokumentationen sind nicht das Problem Nummer eins. Das Kuratorium Deutsche Altenhilfe hält zur Qualitätssicherung in der Pflege ausdrücklich fest, dass bürokratische Standards in der Pflegedokumentation Übergaben des Pflegepersonals erleichtern. Außerdem können durch die Aufzeichnung der Tätigkeiten diese auch von den Angehörigen und Ärzten nachvollzo
Ihr Argument, durch die Abschaffung des Pflegewohngeldes werde Bürokratie abgebaut, ist dagegen völlig unsinnig. Der Vertreter des Ministeriums musste zugestehen, dass für ca. 60 % der Menschen, die in Niedersachsen in einer vollstationären Einrichtung untergebracht sind, festgestellt werden müsse, ob der Sozialhilfeträger zur Leistung verpflichtet sei oder ob Angehörige zur Leistung herangezogen werden könnten. Bei dieser durchzuführenden Prüfung handelt es sich in der Tat um einen zusätzlichen Aufwand.
Auch in der Anhörung selbst mussten die Ihnen mehr als wohlgesonnenen Vertreter der Spitzenverbände feststellen: Es ist nicht angebracht, von erheblichen Verwaltungsvereinfachungen zu sprechen. Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege wurde noch deutlicher, indem sie sagte: Von einer Verwaltungsvereinfachung für die Einrichtungen kann auf keinen Fall gesprochen werden.
Die immer wieder vorgetragenen Ankündigungen der Sozialministerin - eben auch noch einmal von Frau Meißner unterstützt und unterstrichen -, die Zeit für die Pflege und menschliche Zuwendung müsse wieder wichtiger werden als das Ausfüllen umfangreicher Formulare, haben bisher weder ein Konzept zum Bürokratieabbau noch gegenüber dem Bundesgesetzgeber oder gegenüber den Pflegekassen eine wie auch immer geartete Initiative hervorgebracht.
Sie sollten also Ihre Zeit nicht mit einem Antrag zum Bürokratieabbau in der Pflege verschwenden, sondern sollten endlich ein vernünftiges Konzept vorstellen - in Anlehnung an den SPD-Antrag. Der umfassende SPD-Antrag enthält die dringend notwendigen Forderungen.
(Heidemarie Mundlos [CDU]: Da müs- sen Sie wohl selber schmunzeln! - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Da lächeln auch Sie!)
Ich habe einfach nur zurückgelächelt, Frau Mundlos. - Niedrigschwellige Angebote aufbauen, Bürokratie abbauen, Qualität sichern - ein solches Konzept werden wir dann gerne mittragen.
Zu Beginn dieser Legislaturperiode blitzte bei der SPD-Fraktion kurz der Gedanke auf, dass die momentane Landesregierung den guten Willen haben
könnte, die gute Sozialpolitik der vorherigen Landesregierung fortzusetzen. Das war allerdings nur ein Blitzlicht und hatte keine Chance, die schwarze Dunkelkammer nachhaltig zu durchdringen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, bitte versuchen Sie, sich daran zu erinnern, was Sie in der Opposition gefordert haben.
Wenn die Erinnerung dann zurückkehrt, müssten Sie eigentlich unserem Antrag zustimmen. Er enthält alles, was Sie immer schon gefordert haben.
Ich nenne einige Ihrer Forderungen - aber nur ausschnittsweise; sonst müssten wir doch noch am Freitag ins Plenum kommen -: 21. August 2002, CDU-Antrag: Bessere Hilfe für Demenzkranke in Niedersachsen. Der Antrag hatte zehn Punkte. Die Landesregierung wurde aufgefordert. - Ja, das waren noch Zeiten.
Die SPD-geführte Landesregierung hat bessere Hilfen geschaffen. Ich sage Ihnen auch, welche, damit Sie sich erinnern.
- Das können Sie gar nicht alles behalten haben, was wir Gutes getan haben. Das war einfach zu viel für Sie.
Sie hat am 28. August 2002 eine Verordnung über die Anerkennung von niedrigschwelligem Betreuungsangebot nach § 45 b SGB XI.
Kleine Anfrage vom 1. Oktober 2002 der CDUAbgeordneten des Sozialausschusses: Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen für demenzkranke Pflegebedürftige. Frage der CDU: Wie hoch ist der Anteil der auf Niedersachsen entfallenden Mittel nach § 45 c SGB XI zur Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen für demenzkranke Pfle
Frage der CDU: Will die Landesregierung sicherstellen, dass die auf das Land entfallenden Mittel in derselben Höhe kofinanziert werden? - Antwort: Ja.
Da ab 4. März 2003 die augenblickliche Landesregierung untätig ist, warten demenzkranke Menschen und ihre Angehörigen in Niedersachsen immer noch auf niedrigschwellige Versorgungsangebote, die die häusliche Pflege unterstützen und Angehörige entlasten. Die Träger von Pflegeeinrichtungen warten noch immer auf die von der Landesregierung versprochene Entbürokratisierung.
Die Bundesregierung hat mit dem Pflegequalitätssicherungsgesetz und dem Pflegeleistungsergänzungsgesetz auf die Anforderungen reagiert,
indem sie die Schaffung einer Struktur niedrigschwelliger Angebote finanziell fördert. In Niedersachsen allerdings wurden von der derzeitigen Regierung die Mittel nicht abgefordert:
1 Million Euro für 2003, 1 Million für 2004, insgesamt - eins und eins klappt hier, glaube ich, noch 2 Millionen Euro. Die Sozialministerin hat im Dezember-Plenum erklärt, die Anerkennung der niedrigschwelligen Angebote für Demenzkranke sei längst erfolgt, die Förderrichtlinien ständen jetzt vor der Anhörung, Haushaltsmittel seien in Höhe von 1 Million Euro eingestellt. Dass die Haushaltsmittel auf dem Papier stehen, hilft niemandem. Sie müssen auch eingesetzt werden, damit die Förderanteile von jeweils 1 Million Euro pro Jahr nicht verloren gehen. Im Landeshaushalt 2003 und 2004 stehen jeweils 1 Million Euro für niedrigschwellige Angebote, die leider nie dafür ausgegeben wurden, sondern einfach eingespart wurden. Sie haben offensichtlich 2 Millionen Euro liegen lassen, auf die Demenzkranke und deren Angehörigen warten.
Frau Ministerin, wir alle wissen, dass Sie die schwere Aufgabe haben, 41 Millionen Euro einsparen zu müssen.
Geben Sie deshalb vorsichtshalber die 2 Millionen Euro nicht aus, die bereits im Haushalt stehen? Müssen wir uns darauf gefasst machen, dass Sie noch an anderen Stellen bereits eingestellte Mittel einsparen? Oder verbietet Ihnen der Finanzminister bestimmte Ausgaben und haben Sie nicht den Mut, diese inzwischen 2 Millionen Euro durchzusetzen, die so sehr helfen würden, dass Demenzkranke menschenwürdig leben können? - Sie sparen damit die soziale Infrastruktur kaputt. Sie führen Niedersachsen zielstrebig in den Pflegenotstand.