Protokoll der Sitzung vom 28.04.2004

(Beifall bei der CDU)

Da wird diese Landesregierung die Akzente setzen, die Sie, meine Damen und Herren von der SPD, in den letzten Jahren leider Gottes vernachlässigt haben.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Mein Kollege Bernd Busemann hat in den letzten Tagen - es ist heute in den Zeitungen zu lesen Konzepte auf den Tisch gelegt, in denen es um Frühförderung und um begabtengerechte Förderung geht. Meine Damen und Herren, wenn wir da nicht ansetzen, dann vergeben wir tatsächlich unsere Zukunftschancen. Dieses Thema nehmen wir ernst.

(Beifall bei der CDU)

Meine Kollegin Frau Dr. von der Leyen hat das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie nun wirklich besetzt. Auch hier werden wir neue Akzente setzen müssen.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Herr Möllring und ich sind in Gesprächen darüber, wie wir diese richtigen und notwendigen neuen Akzente finanziell absichern. Natürlich müssen wir sehen, dass wir für diesen Bereich mehr Geld zur Verfügung stellen können. Aber Sie haben uns einen Haushalt hinterlassen, der es uns nicht erlaubt, frisches Geld nehmen zu können, sondern wir müssen neue Prioritäten setzen. Und diese neue Landesregierung setzt die Prioritäten bei Kindern, meine Damen und Herren. Das ist nämlich die Zukunft.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In einem Punkt bin ich mir allerdings ganz sicher: Es ist falsch, wenn wir noch mehr Geld in das Verwalten von Kindergartenzuschüssen investieren. Es darf kein Geld in die Bürokratie fließen, sondern das Geld, das wir zur Verfügung haben, muss den Kindern zur Verfügung gestellt werden. Deshalb brauchen wir ein einfaches System.

(Beifall bei der CDU - Axel Plaue [SPD]: Unglaublich! Kommen Sie mal zur Sache!)

- Herr Plaue, ich verstehe nicht, weshalb Sie sich hier so aufregen.

(Axel Plaue [SPD]: Ich rege mich über Sie auf!)

Worüber reden wir denn eigentlich? - Es geht nicht um eine Änderung von Personalstandards. Die sind im Kindertagesstättengesetz verankert, und die wollen wir in keiner Weise antasten. Es geht auch nicht um den Anspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem Alter von drei Jahren. Das ist über das KJHG abgesichert. Nein, es geht darum, dass wir die Mittel gerecht verteilen. Und für mich, meine Damen und Herren, ist es gerecht, wenn wir jedem Kind in diesem Lande den gleichen Zuschuss geben. Mir ist jedes Kind in diesem Land gleich viel wert, egal, wo es geboren ist, ob in Lingen, in Oldenburg oder in Dölme.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Wir haben einen hohen Bedarf bei der Betreuung von Kindern im Alter von null bis drei Jahren. Das ist völlig unstreitig, und das bestreitet auch mein Kollege Busemann nicht.

(Zuruf von Heidrun Merk [SPD])

Frau Merk, Sie haben Geburtstag, deshalb möchte ich Sie auch noch einmal ganz besonders - -

(Heidrun Merk [SPD]: Erlauben Sie mir, dass ich gerade an meinem Ge- burtstag mal etwas lauter werde!)

- Gern. Deshalb sage ich Ihnen einmal etwas zu der Betreuung von Kindern im Alter von null bis drei Jahren. Und zwar sage ich Ihnen das als Vater eines jetzt fünfjährigen Sohnes, der sich aber noch gut an die Zeit erinnern kann, als sein Sohn noch jünger war. Ich halte es für durchaus überlegenswert, Kinder im Alter von null bis drei Jahren nicht nur in Krippen unterzubringen - das ist eine Möglichkeit -, sondern auch, sie qualifizierten Tagesmüttern anzuvertrauen. Dies ist genauso eine Möglichkeit.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb, Frau Merk, ist es viel zu kurz gesprungen, die Kindergartenmittel nur nach Gruppengröße, nach Qualifikation und nach Anzahl der Praktikantinnen und Praktikanten zu verteilen. Diese Sichtweise, meine Damen und Herren, ist überholt. Wir müssen weiterdenken, und da ist es eben sinnvoll, jedem Kind genau dieselben Chancen einzuräumen. Nach diesem Modell wollen wir vorgehen, und dazu werden wir Ihnen einen vernünftigen Vorschlag auf den Tisch legen.

Es geht darum, die Kinderbetreuung in unserem Land zu verbessern. Von Ihnen habe ich dazu noch keinen vernünftigen Vorschlag gehört. Kultusminister Busemann hingegen hat einen Vorschlag auf den Tisch gelegt. Die Finanzierungsfragen werden wir im Kabinett bis zum Sommer klären, damit die Kinder in diesem Lande dann auch tatsächlich eine bessere Betreuung bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, Ihrerseits mit der Mär aufzuhören, ich hätte gesagt, es gehe um Kleiderhaken. Hätten Sie meine Rede vor dem Landkreistag gehört - davon gibt es eine Abschrift -, dann hätten Sie mitbekommen, dass ich ausdrücklich gesagt habe, dass das über die GUV geregelt wird und dass die kommunalen Spitzenverbände das mitregeln könnten.

Mir geht es darum, dass Sie endlich darauf vertrauen, dass die Kommunen eine Aufgabe auch vernünftig erledigen. Die beste Kontrolle findet doch schließlich vor Ort statt, nämlich in Form der Elternbeiräte in den Kindergärten. Die Kommunen wissen schon längst, dass Kinder die Zukunft sind und dass es sogar ein besonderer Wirtschaftsfaktor ist, wenn man sich um die Kinder kümmert. Deshalb ist es schlichtweg eine Unverschämtheit, dass Sie den Kommunen unterstellen, sie würden sich nicht um die Kinderbetreuung kümmern. Das Gegenteil ist der Fall!

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ich un- terstelle das nicht!)

Sie wissen genau, dass es der richtige Weg ist, hier etwas zu tun. Wenn Sie etwas anderes behaupten, dann ist das schlichtweg die Unwahrheit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden Ihnen zum einen einen Vorschlag zur Qualität der Betreuung in den Kindergärten bzw.

der Betreuung insgesamt unterbreiten; das ist teilweise sogar schon geschehen. Zum anderen werden wir Ihnen bis zur Sommerpause eine vernünftige Finanzierungsregelung vorstellen. Dabei ist es wichtig, nicht so kompliziert zu denken wie in der Vergangenheit, sondern die Mittel gerecht zu verteilen und sie zugunsten unserer Kinder umzuschichten. Vor allen Dingen aber ist es wichtig, aus dieser Diskussion herauskommen, dass die einzelnen Regionen in unserem Land unterschiedlich gewichtet werden. Für uns, meine Damen und Herren, ist jedes Kind in unserem Land gleich viel wert, und danach sollten wir handeln.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Gabriel zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, wir legen schon Wert darauf, dass Sie hier im Landtag das Gleiche sagen wie beim Landkreistag. Sie und im Übrigen auch Herr Rolfes haben hier behauptet, Sie wollten nicht an die Standards in den Kindergärten heran. Ich lese Ihnen jetzt einmal vor, was Sie beim Landkreistag gesagt haben. Danach ist das, was Sie hier im Landtag behauptet haben, nämlich schlichtweg falsch - oder Sie haben beim Landkreistag die Unwahrheit gesagt. Ich zitiere:

„Man muss sich schon einmal ansehen, wie die Verfügungszeiten für diejenigen sind, die dort tätig sind. Vergleichen wir das mit anderen Bereichen wie den Schulen, müssen wir vielleicht den Mut haben, auch hier einmal etwas weiter heranzugehen.“

Das bedeutet, Sie wollen an die Standards heran.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen hier doch eines zugeben: In der seinerzeitigen Debatte haben sowohl die Kommunalpolitiker der SPD-Fraktion als auch und vor allen Dingen die Kommunalpolitiker der CDU-Fraktion gesagt - eine FDP-Fraktion gab es damals noch nicht -, die Festlegung der Standards müssten wir eigentlich den Kommunen überlassen, die können das besser. Die CDU-Fraktion hat die Abschaffung des Kindertagesstättengesetzes gefordert, aber als

es den Bürgerprotest gab, hat die CDU die weiße Fahne gehisst; wir übrigens auch, Herr Schünemann.

Jetzt müssen Sie erklären, ob Sie von dem Votum des Landtages abrücken wollen oder nicht. Aber bitte tun Sie nicht so, als ob es hier um Geld für die Kinder geht. Sie wollen das Geld, das zurzeit pro Kind in die Kommunen fließt, umschichten, und zwar von den Ballungszentren Hannover und Braunschweig in Richtung Emsland.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Nein!)

- Sagen Sie doch, was Sie wollen! Für mich ist klar: Sie machen Politik nach parteipolitischen Mehrheiten in den Regionen. Das ist das, worum es Ihnen geht. Mit Ihrem Modell bedienen Sie Ihre Kollegen Bröring und andere.

(Beifall bei der SPD)

Ein anderes Modell mit weniger Bürokratie wäre wieder das, was wir damals vorgeschlagen haben. Darüber können Sie ja mit uns diskutieren, z. B. ob es nicht gerechter wäre, die Finanzmittel nach der Finanzkraft der Kommunen zu verteilen, über den kommunalen Finanzausgleich. Eine solche Regelung hat die Volksinitiative damals abgelehnt, weil sie sich nicht sicher war, ob die Kämmerer die Mittel wirklich für Kindergärten ausgeben.

Wenn wir also eine intelligente Lösung fänden, die verhindert, dass die Mittel für Ortsumgehungen verbraucht werden, dann wäre das unbürokratischste und gerechteste System, sie in den Finanzausgleich zu geben. Aber dann wären es nicht Ihre Freunde, die die Mittel bekämen, und deshalb wollen Sie das nicht; denn nur darum geht es, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Schünemann das Wort.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Er hat ho- hen Rechtfertigungsaufwand!)

Herr Gabriel, Sie müssen einmal sehen, auf welcher Argumentationslinie Sie bleiben. Ich erinnere mich an Anfragen, auf die Sie gesagt haben, wenn die Mittel in den kommunalen Finanzausgleich gegeben werden, werden sie schlichtweg versickern.

Mit der Einführung eines Kinderfaktors wollen wir genau das verhindern. Damit ist völlig klar, wie viel Geld das Land für die Kinderbetreuung insgesamt zur Verfügung stellt. Einen klareren Faktor kann es meiner Ansicht nach gar nicht geben. Damit wird deutlich, welche Priorität die Kinderbetreuung für uns hat. Uns geht es nicht darum, die Mittel in den kommunalen Finanzausgleich zu geben; denn dann wäre wirklich nicht mehr klar, wie viel insgesamt für die Kinderbetreuung ausgegeben wird. Deshalb ist das Konzept, das wir angedacht haben, völlig richtig.

(Beifall bei der CDU)