Protokoll der Sitzung vom 19.11.2004

Zu 2: Auf die Vielfältigkeit der Ursachen für die Insolvenzzahlen habe ich schon hingewiesen. Es mag eine Beziehung der Quote der Privatinsolvenzen zur Quote der Sozialhilfeempfänger bestehen. Diese liegt auch in den fünf genannten Landkreisen teilweise erheblich über der durchschnittlichen niedersächsischen Quote von 3,9 %. Gleichwohl greifen derartige Erklärungsversuche zu kurz, weil es auch in Landkreisen und kreisfreien Städten mit vergleichbaren oder höheren Quoten weit geringere Privatinsolvenzquoten gab. Das neu geschaffene Privatinsolvenzverfahren entwickelt sich noch. Auch dürften die Leistungsfähigkeit der Schuldnerberatungsstellen und die Akzeptanz des Verfahrens in der Bevölkerung regional unterschiedlich sein. Hierauf weisen die von Kreis zu Kreis stark unterschiedlich ansteigenden Verfahrenszahlen hin. Dass die unterschiedlichen Verfahrenszahlen nicht nur auf strukturelle regionale Unterschiede zurückzuführen sind, sondern vielfältige Ursachen haben, zeigt auch der offenbar fehlende Zusammenhang mit der Arbeitslosenquote.

Zu 3: Die Landesregierung setzt bereits alles daran, um die wirtschaftliche Lage in Niedersachsen zu verbessern und auf diese Weise auch die Zahl der Sozialhilfeempfänger und der Privatinsolvenzen zu verringern. Auf Bundes- und Länderebene bemüht sie sich um eine Reform des Verbrau

cherinsolvenzverfahrens. Dieses soll einfacher und effektiver werden und die Betroffenen, die Gläubiger und die Landeskasse, weniger belasten. Gleichwohl beabsichtigen derzeit weder der Bund noch die Länder, das Verbraucherinsolvenzverfahren abzuschaffen. Dieses bietet über eine anschließende Restschuldbefreiung den überschuldeten Privathaushalten die auch volkswirtschaftlich und sozialpolitisch sinnvolle Chance, der Überschuldung zu entkommen. Zu diesem Zweck fördert das Land Niedersachsen seit 1991 ein flächendeckendes Netz an allgemeinen sozialen Schuldnerberatungsstellen nach Maßgabe der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen an Träger von Schuldnerberatungsstellen (gegen- wärtig Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales - MFAS - vom 19. November 2001, Nds. MBl. S. 968). Die allgemeine soziale Schuldnerberatung erstreckt sich auf die umfassende Beratung einschließlich Verhandlungsvorbereitung und Verhandlungsführung mit Gläubigern mit dem Ziel der Schuldenregulierung und Herbeiführung einer ausgeglichenen Wirtschaftsführung im Haushalt der Schuldnerin bzw. des Schuldners. Sie umfasst die wirtschaftliche, rechtliche, soziale und psychosoziale Ebene, wobei Prävention, Intervention und Krisenbegleitung die wesentlichen Elemente darstellen. In diesem Jahr sind landesweit 76 Schuldnerberatungsstellen gefördert worden. Sie sollen durch eine umfassende Beratung und Aufklärung von Schuldnerinnen und Schuldnern verhindern, dass Überschuldung zur Zahlungsunfähigkeit und Privatinsolvenz führt. Vor diesem Hintergrund sind die Förderung ausgeweitet und der Haushaltsansatz in diesem Jahr von bisher jährlich 358 000 Euro auf 576 000 Euro aufgestockt worden.

Mit In-Kraft-Treten der Insolvenzordnung zum 1. Januar 1999 ist die Förderung von der Bereitschaft der Schuldnerberatungsstellen zur Teilnahme an der außergerichtlichen Schuldenbereinigung im Sinne des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO abhängig gemacht worden. Die Insolvenzberatung soll die Schuldner über das (Verbraucher-)Insolvenzrecht und seine Möglichkeiten aufklären, zu einer Entschuldung zu gelangen. Sie erstreckt sich auf die Unterstützung bei dem Versuch einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern aufgrund eines Schuldenbereinigungsplans, das Testat über den erfolglosen Einigungsversuch und gegebenenfalls die Hilfestellung bei der Stellung des Antrages nach § 305 InsO. In Niedersachsen sind zurzeit 135 zur außergerichtlichen Insolvenzbera

tung „Geeignete Stellen“ i. S. d. § 305 Abs. 1 Nr. 1 Inso anerkannt. Durch die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Ausstattung der Schuldnerberatungsstellen, die sich an der Höhe der Vergütung der Anwaltschaft für die Aufgabenwahrnehmung im Verbraucherinsolvenzverfahren orientiert und durch das Niedersächsische Ausführungsgesetz zur Insolvenzordnung als Rechtsanspruch ausgestaltet ist, gewährleistet das Land überschuldeten Schuldnerinnen und Schuldner den Zugang zum Verbraucherinsolvenzverfahren mit der Möglichkeit der Restschuldbefreiung und eines wirtschaftlichen Neuanfangs. Der Mittelabfluss für die Vergütungsansprüche der „Geeigneten Stellen“ und die Beratungshilfeansprüche der Anwaltschaft für die genannten Tätigkeiten im außergerichtlichen Verbraucherinsolvenzverfahren betrug 2003 1 837 113,54 Euro. In diesem Haushaltsjahr sind bisher 3,25 Millionen Euro bereitgestellt worden. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Landesregierung nicht, den bereits überschuldeten Haushalten den Weg in das Privatinsolvenzverfahren zu verbauen, um auf diese Weise die Verfahrenszahlen zu verringern. Ziel ist vielmehr, das Verbraucherinsolvenzverfahren effektiver zu gestalten. Ziel ist darüber hinaus aber vor allem, langfristig die Zahl der überschuldeten Haushalte - gegenwärtig bundesweit ca. 3 Millionen - zu senken, um so auch die Zahl der Privatinsolvenzen und die Quote der Sozialhilfeempfänger zu verringern. Dabei handelt es sich um eine gesamtstaatliche Aufgabe, an deren Bewältigung die Landesregierung nach Kräften mitwirkt.

Anlage 8

Antwort

der Staatskanzlei auf die Frage 10 des Abg. Stefan Wenzel (GRÜNE)

Einladung zum CDU-Vernetzungstreffen

Laut Presseberichten vom 3. November hat der CDU-Bundesvorstand u. a. die Regierungssprecher der CDU-geführten Landesregierungen eingeladen, um „eine stärkere Vernetzung“ von Parteiarbeit und Pressearbeit der Landesregierungen zu erzielen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wird der niedersächsische Regierungssprecher oder ein Stellvertreter an dem Vernetzungstreffen des CDU-Bundesvorstands am 11. und 12. November teilnehmen?

2. Ist dieses Vernetzungstreffen beispielhaft für andere Vernetzungstreffen, etwa bei der Er

stellung des CDU-Kopfprämienmodells in der Krankenversicherung durch Beamte der Landessozialministerien?

3. Wird bei diesen Vernetzungstreffen nach dem Vorbild der CSU-Kultusministerin Hohlmeier gehandelt, die sich regelmäßig in CSUParteisitzungen durch ihren Kabinettsreferenten vertreten ließ?

Nicht näher bezeichnete „Presseberichte“ sind nur schwer auf den tatsächlichen Wahrheitsgehalt zu überprüfen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Nein.

Zu 2: Nein, siehe auch Landtagsdrucksache 15/1395.

Zu 3: Nein.

Anlage 9

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 11 der Abg. Ina Korter (GRÜNE)

Braucht die Gesamtschule keine eigene Aufsicht?

Nach Informationen des Gesamtschulverbandes Niedersachsen sieht die Landesregierung im Zuge der Umstrukturierung der Schulbehörden keine eigenständigen Dezernate für die Aufsicht der Gesamtschulen mehr vor. Stattdessen soll die Zuständigkeit für Integrierte Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe den Gymnasialdezernaten zugeordnet werden, während die Zuständigkeit für Integrierte Gesamtschulen ohne gymnasiale Oberstufe den Dezernaten für Grund-, Haupt-, Real- und Förderschulen obliegen soll. Für Kooperative Gesamtschulen bestehen damit zwei Zuständigkeiten für eine Schule.

Der außerhalb der Gesamtschulen geltende Grundsatz, wonach eine klare lineare Zuordnung zwischen Schulform und Schulaufsicht besteht, gilt damit für Gesamtschulen offenbar nicht.

Ich frage die Landesregierung:

1. Aus welchem Grund plant sie, die Schulaufsicht für Gesamtschulen auf verschiedene Dezernate aufzuteilen?

2. Wie wird für Integrierte Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe durch diese Form der Schulaufsicht die fachliche Beratung und Unterstützung für die Sekundarstufe I, deren Ar

beit sich bekanntlich von der Arbeit der Sekundarstufe I der Gymnasien konzeptionell erheblich unterscheidet, gewährleistet?

3. Ist für Gymnasien ebenfalls eine Trennung der Schulaufsicht geplant, je nachdem, ob sie eine Oberstufe führen oder nicht?

Die Landesregierung hat mit der Entscheidung, die Bezirksregierungen zum 1. Januar 2005 aufzulösen, eine umfassende Schulverwaltungsreform eingeleitet. Wesentliche Teile dieser Reform sind die Neustrukturierung der Schulbehörde, die Stärkung der Eigenverantwortung der Schule sowie die Qualitätsentwicklung und -sicherung mittels einer Schulinspektion. Mit der Neustrukturierung der Schulbehörde sowie der Stärkung der Eigenverantwortung der Schule können bisherige Aufgabenbereiche in der Schulbehörde zusammengefasst und in Teilen auf die Schulen verlagert werden. Die Zusammenfassung von Aufgabenbereichen dient der Effizienzsteigerung schulbehördlichen Handelns und vermeidet doppelte Zuständigkeiten und Bearbeitungsvorgänge bei vergleichbaren schulischen Angelegenheiten. Die Verlagerung von Teilaufgaben auf die Schule ermöglicht schnellere Entscheidungen und mehr Verantwortungsübernahme vor Ort.

Vor dem Hintergrund der dargelegten Zielsetzungen der Schulverwaltungsreform soll es auch zu einer neuen Zuständigkeit bei der Schulaufsicht für die Gesamtschulen des Landes kommen. Zuständig für die Gesamtschulen sollen die schulfachlichen Dezernate sein, auf deren umfassende Mitwirkung und Zuarbeit das Gesamtschuldezernat bereits zurzeit angewiesen ist.

Mit Bezug auf die Schulbehörde stellt sich die Situation der Gesamtschulen im Land wie folgt dar:

Von insgesamt 32 Kooperativen Gesamtschulen führen 18, von insgesamt 28 Integrierten Gesamtschulen 16 eine gymnasiale Oberstufe. Der weitaus größte Teil aller Schuljahrgänge an den Gesamtschulen erstreckt sich somit auf die Schuljahrgänge 5 bis 10. Hinsichtlich der Zusammensetzung der Schülerschaft sowie der Lehrerschaft lässt sich - bei einer durchschnittlichen Betrachtungsweise - feststellen, dass an den Gesamtschulen überwiegend Haupt- und Realschülerinnen und -schüler beschult werden und der Unterricht überwiegend von Lehrkräften erteilt wird, die die Lehrbefähigung zur Unterrichtung an einer Hauptschule oder Realschule erworben haben. In der gymnasialen Oberstufe einer Gesamtschule wird der Unterricht von Schülerinnen und Schülern

besucht, die auch die gymnasiale Oberstufe eines Gymnasiums besuchen könnten, und ausschließlich von Lehrkräften erteilt, die die Lehrbefähigung zur Unterrichtung an einem Gymnasium erworben haben.

Die dargelegte Situation für die Gesamtschulen macht deutlich, dass die schulfachlichen Dezernate, die für die Hauptschule und Realschule auf der einen sowie für das Gymnasium auf der anderen Seite zuständig sind, bei der schulfachlichen Arbeit des Gesamtschuldezernats schon jetzt von der Sache her maßgeblich mitwirken. So gelten beispielsweise für die gymnasiale Oberstufe und die Abiturprüfung in der Gesamtschule dieselben Verordnungs- und Erlassvorgaben wie für die gymnasiale Oberstufe des Gymnasiums, sind die Fachberaterinnen und Fachberater des Gymnasialdezernats gutachterlich tätig für das Gesamtschuldezernat bei der Genehmigung von Aufgabenvorschlägen für die schriftliche Abiturprüfung oder die Bewertung von Prüfungsleistungen beim „Dezernentenabitur“ an einer Gesamtschule. Des Weiteren unterscheiden sich die Vorgaben für die Unterrichtsstunden, Rahmenrichtlinien und Abschlussprüfungen für die Hauptschule und die Realschule grundsätzlich nicht von denen für die entsprechenden Schulzweige an einer Kooperativen Gesamtschule.

Diese offensichtlichen Zuständigkeitsüberschneidungen sollen in Zukunft vermieden werden. Sie sind angesichts notwendiger Verwaltungsvereinfachung und -straffung in den Schulbehörden nicht mehr zu rechtfertigen. Hinzu kommt, dass eine vergleichbare schulfachliche Zuständigkeit für die Gesamtschulen auch bereits vor dem Jahre 1990 bestand.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: Siehe Vorbemerkung.

Zu 2: Um in einer Integrierten Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe die fachliche Beratung und Unterstützung für den Sekundarbereich I angemessen zu gewährleisten, ist eine Zuordnung einer Integrierten Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe allein zum schulfachlichen Gymnasialdezernat nicht vorgesehen. Da sich in der Tat die Arbeit im Sekundarbereich I der Integrierten Gesamtschule von der im Sekundarbereich I des Gymnasiums konzeptionell unterscheidet, müssen die

schulfachliche Beratung und Unterstützung durch dasjenige schulfachliche Dezernat vorgenommen werden, das hierfür die curricularen und pädagogischen Kompetenzen besitzt. Vergleichbares gilt im Umkehrschluss für die gymnasiale Oberstufe an einer Gesamtschule.

Zu 3: Nein, da sich die curricularen und pädagogischen Vorgaben für die Arbeit im Sekundarbereich I des Gymnasiums an einem Gymnasium mit oder ohne gymnasiale Oberstufe nicht unterscheiden.

Anlage 10

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 12 des Abg. Hans-Joachim Janßen (GRÜNE)

Das Notliegekonzept für die niedersächsische Küste - unkoordinierte Geheimniskrämerei?

In ihrer Antwort vom 16. Februar 2004 auf meine Mündliche Anfrage „Bereitstellung von Notliegeplätzen an der niedersächsischen Küste“ teilte die Landesregierung u. a. mit, das Land Niedersachsen habe dem Havariekommando die relevanten Daten über die Eignung von Häfen als Notliegeplätze zur Verfügung gestellt. In Niedersachsen betreffe dieses potenzielle Liegeplätze in Wilhelmshaven, Emden, Brake, Nordenham und Cuxhaven. Ferner führt die Landesregierung in ihrer Antwort aus, an den genannten Orten stünden Gerätschaften für den wasserseitigen Brandschutz und für Hilfeleistungen zur Verfügung. Außerdem bestünden zwischen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, dem Land Niedersachsen und den genannten Städten mit hauptberuflichen Feuerwehren Verträge über die Bereitstellung und die technische und personelle Ausrüstung von Schiffen zur Brandbekämpfung und Hilfeleistung.

Am 8. März 2004 antwortete die Landesregierung auf meine Mündliche Anfrage „Einrichtung von Dalbenliegeplätzen als Notliegeplätze“, es seien neben den o. g. Häfen u. a. zwei Dalbenliegeplätze in der Jade- und in der Elbmündung im Gespräch. Wann diese Dalbenliegeplätze realisiert sein werden, war bei Beantwortung der Anfrage offenkundig noch nicht absehbar.

Die Nordwest-Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 5. November 2004, das Havariekommando plane die Einrichtung von 40 Notliegeplätzen an der deutschen Nord- und Ostsee, die genauen Orte halte das Havariekommando aber aus Angst vor Protesten lokaler Politiker und der örtlichen Bevölkerung geheim. Im Gegensatz dazu empfiehlt das Trilaterale Wattenmeerforum in seinem WSF-Bericht von Oktober

2004 (vorläufige Version), durch Information der lokalen Bevölkerung solle eine angemessene Transparenz des Notliegeplatzkonzeptes erreicht werden. Außerdem wird empfohlen, das nationale Notliegeplatzkonzept trilateral zu koordinieren.