Protokoll der Sitzung vom 15.12.2004

Insofern scheint mir das etwas schwierig zu sein. Auf der einen Seite sagen Sie, es findet zu wenig statt. Dann mache ich Umweltpolitik mit den Menschen, aber dann kritisieren Sie das auch wieder und wollen es abschaffen. Irgendwo ist da keine Logik mehr!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Heinrich Aller [SPD])

- Herr Kollege Aller, dass Sie sich jetzt auch noch zum umweltpolitischen Sprecher der SPD machen, ist wirklich schon ganz schlimm. Sie sind maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass wir die Maßnahmen, die wir in der Zukunft gerne weiterführen möchten, nicht mehr weiterführen können.

Lassen Sie mich noch einige Worte zur Verbändeförderung sagen. Herr Kollege Haase, es gibt 13 anerkannte Naturschutzverbände. Und was haben Sie gemacht? - Sie haben drei oder vier herausgepickt. Weil sie Ihnen genehm waren, haben Sie sie gefördert.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Hans-Dieter Haase [SPD] - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

- Herr Kollege Haase, Sie hätten mich heute eigentlich für den Verband, in den Sie eingetreten sind, wieder loben müssen. Zumindest hätten Sie fordern müssen, dementsprechend die Zuschüsse dort noch zu erhöhen.

Meine Damen und Herren, wir werden diese Umweltpolitik weiter mit den Menschen konsequent weiterführen, weil wir auch in diesem Bereich wieder an die Spitze in der Bundesrepublik kommen wollen und werden. Daher lade ich Sie gerne ein, den Weg mit uns zu gehen. - Herzlichen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU - Hans-Dieter Haase [SPD]: Abstiegsgefährdet! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Damit haben wir den Bereich Umwelt abgeschlossen und kommen jetzt zu dem Thema

Ländlicher Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Landesregierung eine Restredezeit von 2:12 Minuten hat.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Stief-Kreihe von der SPD-Fraktion. Ich erteile ihr das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Haushaltsberatungen waren schwerpunktmäßig nicht nur davon geprägt, ein von den Regierungsfraktionen gesetztes Einsparvolumen umzusetzen. Die Haushaltsberatungen waren in besonders starkem Maße auch von der Umsetzung der in großen Teilen unausgegorenen Verwaltungsreform geprägt.

Das trifft in besonderem Maße die Agrar- und Forstverwaltung, den ländlichen Raum und den Verbraucherschutz. Von den gut 6 000 Stellen Personalabbau werden allein im Agrar- und Forstbereich 1 000 Stellen gestrichen, ohne dass es zu einer umfangreichen Aufgabenkritik und einem entsprechenden Aufgabenabbau gekommen ist.

Sie haben gestern eine Anstalt öffentlichen Rechts für die niedersächsischen Forsten beschlossen. Sie haben im Fachausschuss ausführlich über den Namen der neuen Anstalt in der Form diskutiert, ob wir nun Gänsefüßchen oben und unten nehmen. Die rechtlichen Einwände des Gesetzgebungsund Beratungsdienstes haben Sie ignoriert.

Die Mittelreduzierung in den ehemaligen Einzelplänen 09 und 10 - jetzt nur noch 09 - ergibt sich größtenteils aus der Herauslösung der Landesforsten aus dem Landeshaushalt. Das musste selbst Herr Minister Ehlen bei der Einbringung des Haushalts eingestehen.

Sie haben die Agrarförderung, die Bewilligung und Kontrolle der Tier- und Flächenprämien von den Ämtern für Agrarstruktur

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

auf die Landwirtschaftskammern übertragen und für diesen Bereich eine 100-prozentige Kostenerstattung vereinbart. Wo sind bei einer 100-prozentigen Kostenerstattung die Synergieeffekte und die daraus resultierenden Einsparungen?

Mit den Kammern wurden Verwaltungsvereinbarungen geschlossen. Aber der Minister hält es noch nicht einmal für nötig, den Fachausschuss zeitnah über die Inhalte dieser Vereinbarung, die haushaltsrelevant sind, zu unterrichten. Am Ende dieser Verhandlungen haben wir jetzt eine gespaltene Kostenerstattung: ein Teil des Budgets zu 90 %, ein Teil zu 100 %. Mittlerweile wurde das Budget noch einmal um 426 000 Euro erhöht, so

dass wir jetzt über die stolze Summe von 67 573 000 Euro reden.

Da die Landesregierung von Anfang an nur darauf aus war, so viele Aufgaben wie möglich den Kammern zu übertragen, geriet man unter Druck und hatte man keinen Verhandlungsspielraum. Denn eine Variante - Rückübertragung der hoheitlichen Aufgaben von den Kammern zu den ÄfA - war überhaupt nicht untersucht worden. Das Ergebnis der Verhandlungen lässt nicht erkennen, dass diese Lösung für das Land kostengünstiger ist. Auch hier fehlt ein nachvollziehbarer Vergleich, den wir bereits vor Einsetzung der Arbeitsgruppen zur Verwaltungsreform gefordert hatten.

Wenn es angeblich Synergieeffekte geben soll - das war ja schließlich ein Ziel bei der Auflösung der Ämter für Agrarstruktur -, dann kann eine Kostenerstattung nur unterhalb von 100 % liegen. Darum haben wir in unserem Änderungsantrag eine Kostenerstattung von 95 % zugrunde gelegt mit dem Ziel, über alle hoheitlichen Aufgaben zu einer einheitlichen Kostenerstattung zu kommen.

Ungereimtheiten gibt es auch bei der von uns angeforderten Liste zu den Zahlungen aus dem Landeshaushalt an die Landwirtschaftskammern. In dieser Liste steht ein Budget von 54 Millionen Euro für beide Kammern im Jahre 2004. Im Haushalt steht die Summe von 54 793 000 Euro, also 793 000 Euro mehr. Wofür eigentlich?

Für viele verschiedene Maßnahmen bzw. Projekte gibt es noch einmal zusätzliche Mittel in einem Gesamtumfang von gut 5 Millionen Euro. Ca. 25 % des Haushaltsansatzes für den ländlichen Raum gehen an die Kammern, der drittgrößte Aufgabenblock. Wir werden uns mit diesen Ausgaben in den nächsten Wochen noch ausführlich beschäftigen.

Kostenersparnis gibt es allein durch die Kammerfusion und durch die bereits im AFC-Gutachten aus dem Jahre 2002 festgehaltenen Personalreduzierungen bei den ÄfA. Diese Einsparungen wären auch ohne die Zerschlagung der von allen Seiten - auch vom Minister, auch von der CDUund von der FDP-Fraktion - immer wieder sehr gelobten Ämter für Agrarstruktur möglich gewesen.

Im Übrigen entspricht das auch der Beurteilung des Landesrechnungshofes aus den vergangenen Jahren. Bei den Summen, um die es sich hier handelt, müssen wir sagen: Herr Minister Ehlen, Sie sollten demnächst sehr vorsichtig sein, wenn Sie anderen Klientelpolitik vorwerfen.

Ich wage zu bezweifeln, dass die Kammer als Selbstverwaltungsorgan mit nunmehr über 50 % hoheitlichen Aufgaben auf Dauer glücklich sein wird. Auftragsstellung, Beratung, Förderung und Kontrolle aus einer Hand führt zu Interessenkollisionen, weckt Erwartungen bei den Landwirten nach dem Motto „die Kammer wird‘s schon richten und wird nicht so penibel sein“, erzeugt Ärger mit den eigenen Mitgliedern und erhöhen das Anlastungsrisiko für das Land. Wir werden auch hier die weitere Entwicklung sehr genau beobachten.

Meine Damen und Herren, es war immer Zielsetzung des Hauses, auch wenn es schwerfällt, die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe für Agrarstruktur und Küstenschutz zu 100 % zu binden, weil damit das Acht- bis Zwölffache an Investitionen im ländlichen Raum ausgelöst wird. Im letzten Jahr konnten nicht alle Mittel gebunden werden, und auch in diesem Jahr zeichnete sich ab, dass 5 Millionen Euro nicht gegenfinanziert werden können. Durch die Kürzung der GA auf Bundesebene ist die Landesregierung noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen.

(Clemens Große Macke [CDU]: Sie hat kein blaues Auge!)

Die Rechnung geht nun auf. Ich erwähne es aber trotzdem, da die FDP auf Bundesebene eine viel weiter gehende Kürzung der GA, nämlich eine Kürzung um zusätzlich 231 Millionen Euro gefordert hatte,

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Das war eine Systemfrage!)

eine Forderung, die, wäre sie gekommen, dem ländlichen Raum in Niedersachsen in erheblichem Maß geschadet hätte. Soweit zu Ihren Beteuerungen, Sie wollen den ländlichen Raum stärken. Auf der anderen Seite entziehen Sie dem ländlichen Raum mit solchen Anträgen die finanzielle Grundlage.

Von zunehmender Bedeutung ist auch der Bereich der nachwachsenden Rohstoffe vor allen Dingen zur Schaffung alternativer Einkommensquellen für die Landwirte und zur Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum. Hier müssen wir in Anbetracht der Tatsache, dass diese Haushaltsposition entgegen ersten Vorstellungen in diesem Jahr auf den Stand von 2004 festgeschrieben wurde, schon fast dankbar sein. Denn im letzten Jahr hatten Sie bereits kräftig gekürzt. Auch hier haben Sie auf der

anderen Ebene - auf der Bundesebene - erhebliche Kürzungen gefordert.

Wir sind davon überzeugt, dass gerade in diesem Bereich ein großes Forschungs-, Entwicklungsund Investitionspotential liegt und dass wir aufpassen müssen, dass Niedersachsen nicht abgehängt wird. Um das zu verhindern, müssen zukünftig sicherlich zusätzliche Mittel eingesetzt werden. Das sieht die Mipla allerdings nicht vor.

Meine Damen und Herren, Sie entnehmen unserem Änderungsantrag

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Dass Sie viel kürzen wollen!)

eine Vielzahl von Einsparungen, die insgesamt ein Volumen von 2,6 Millionen Euro ausmachen. Wir halten es aufgrund unserer finanziellen Situation nicht mehr für möglich, zukünftig die Landesgartenschauen, wie jetzt im Haushaltsentwurf mit 2,5 Millionen Euro vorgesehen, zu bezuschussen. Auch die Förderung der Grünen Woche sollte auf neue Finanzierungsfüße gestellt werden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die Bundesratsempfehlung vom Oktober 2004, die Kosten der CMA zu übertragen.

Herr Minister Ehlen hat bei seiner Einbringungsrede gesagt, dass die Verteilung der Kürzung auf viele Schultern eine verträgliche Reduzierung ist.

(Clemens Große Macke [CDU]: Da hat er wohl Recht gehabt!)

Ich gebe zu: Auch wir haben mit unserem Änderungsantrag diese Verteilung auf viele Schultern betrieben, allerdings mit der klaren Ansage, dass die Grenze des Möglichen erreicht worden ist und dass man manche Fördertöpfe grundsätzlich in Frage stellen muss. Dazu gehört - ich weiß, dass das auch Inhalt des Antrages der Grünen ist - auch die Gestütverwaltung. Hier ist unsere Forderung eine schwarze Null, die dort unserer Meinung nach viel eher erreichbar ist als bei der Holzwirtschaft.

Nach der Aufbauphase des Landesamtes für Verbraucherschutz und mit der Übertragung neuer Aufgaben durch die Auflösung der Bezirksregierungen ist es sicherlich auch notwendig, Kosten und Ausgaben sowie die Gebührenstruktur des LAVES zu evaluieren. Im Mittelpunkt stehen nicht allein Einsparmöglichkeiten, sondern die Sicherung einer schlagkräftigen Verbraucherschutzbehörde.

Der Name „Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz“ suggeriert, dass das Ministerium für den gesamten Bereich des Verbraucherschutzes zuständig ist. In Wirklichkeit liegt aber ein Teil dieses Aufgabenbereichs noch im Wirtschaftsministerium. Der gesamte technische Verbraucherschutz ist ein Stiefkind dieser Landesregierung. Von einer Bündelung der Aufgaben kann also nicht die Rede sein.

(Beifall bei der SPD)

Dabei gilt es, die notwendigen Strukturen gerade in den ländlichen Regionen zu erhalten. Ihre Kürzungen haben bereits zu zahlreichen Schließungen von Verbraucherzentralen in der Fläche geführt. Dem muss Einhalt geboten werden.

(Beifall bei der SPD)

Im Ranking der Bundesländer nehmen die Förderung bzw. der politische Stellenwert des Verbraucherschutzes in Niedersachsen nur einen bescheidenen Platz ein.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Eine sehr zu bezweifelnde Aussage!)

Unser Anliegen ist es, den Verbraucherschutz in die Zuständigkeit eines Ministeriums zu legen, damit der Verbraucherschutz insgesamt in seiner Vielfalt der Themenbereiche auch in Niedersachen den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürgern nach Verbraucherinformationen gerecht wird.

Meine Damen und Herren, das sind nur einige Beispiele, die zeigen, dass es durchaus noch Gestaltungsmöglichkeiten gibt, die zu Einsparungen auch ohne Qualitätsverlust führen können. Gefragt sind allerdings langfristige Konzepte, Prioritätensetzung und kreative Ideen für den Gesamthaushalt und für den Einzelplan 09, an denen es aber dieser Landesregierung mangelt, die sich fast ein Jahr lang ausschließlich mit dem Umbau von Verwaltungsstrukturen beschäftigt hat und nicht mit Inhalten.