Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

(Brunhilde Rühl [CDU]: Kann er nicht, er ist nämlich nicht da!)

Ich habe an sich eine gute Lösung, Herr Will! Bei uns laufen die Dankesschreiben, die positiven Stellungnahmen der ÖPNV-Aufgabenträger ein. Sie aber nörgeln hier herum und mahnen Positionen an, die bei realistischer Betrachtung nicht umsetzbar sind. Das ist die Ausgangssituation!

(Vizepräsidentin Astrid Vockert übernimmt den Vorsitz)

Ich meine, dass ein Verhältnis von 50 : 50 eine faire Verteilung der eventuell frei werdenden Mittel darstellt. Bismarck hat ja einmal gesagt: Politik ist die Kunst des Machbaren. - Oppositionelle Korin

thenbewegungen hat er damit sicherlich nicht gemeint. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Kollege Hagenah das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Grundsätzlich - das haben wir auch im Ausschuss gesagt - begrüßen wir den Ansatz, der mit diesem Entwurf zur Änderung des Nahverkehrsgesetzes verfolgt wird, nämlich mehr Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr auf die regionale Ebene herunterzugeben. Leider hat der absichtsvolle Schlendrian bei der Zweckbindung der Mittelverwendung im Gesetzestext eine Zustimmung für uns unmöglich gemacht, Herr Dinkla. Trotz unserer Hinweise in der Ausschussberatung ist hinsichtlich des Regionalisierungsgesetzes, also des rechtlichen Rahmens der Mittel, die da weitergegeben werden, von den Mehrheitsfraktionen keine adäquate Konkretion aufgenommen worden. Ich weise daher an dieser Stelle noch einmal auf die eklatanten Widersprüche im Gesetzestext hin. Schauen Sie sich doch § 7 Abs. 1 an. Da heißt es noch ganz richtig:

„Das Land verteilt die Finanzmittel... des Regionalisierungsgesetzes. Die Finanzmittel sind im Wesentlichen dazu bestimmt, im Schienenpersonennahverkehr bedarfsgerechte Verkehrsangebote sicherzustellen und den Schienenpersonennahverkehr weiter zu entwickeln.“

An dieser Stelle beschreiben Sie bundesrechtliche Bindungen der Mittel noch ganz korrekt. Aber in Absatz 8 des gleichen Paragrafen heißt es u. a.:

„Die... Mittel sind zu verwenden... zur Abdeckung von Betriebskostendefiziten im öffentlichen Personennahverkehr,“

- also im Nahverkehr allgemein, Herr Dinkla

„soweit der Aufgabenträger ergänzende Betriebsleistungen vertraglich vereinbart oder auferlegt hat,“

Hiermit wird ein Scheunentor für die Kämmerer in Niedersachsen geöffnet, die bisher kommunal getragenen Bestellkosten zukünftig aus den umgelegten Regionalisierungsmitteln des Bundes zu begleichen.

(Zuruf von der CDU: Vertrauen Sie doch!)

Herr Dinkla, Pauschalzuweisungen dieser Art sind ein Persilschein zum Mittelmissbrauch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Landesnahverkehrsgesellschaft wird nicht wirklich um die 21 Millionen Euro bei den Aufgaben entlastet, sondern sie hat nach wie vor alle Aufgaben zu erfüllen. Alle Anträge können nach wie vor gestellt werden. Damit ist tatsächlich die Mittelvergabe für die Kreise freigegeben.

Mit diesen Regelungen wird das Nahverkehrsgesetz zur 21-Millionen-Euro-Beruhigungspille für vom Land im Finanzausgleich geschröpfte Kommunen, die sich hier schadlos halten können. Gewünschter Nebeneffekt ist, dass damit das Schweigen der Kommunen zum 90-Millionen-EuroBeutezug des Landes aus der Regionalisierungskasse von Bund und Bahn für die Finanzierung der Landesaufgabe Schülerbeförderung erkauft wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist übrigens keine theoretische Gefahr, Herr Dinkla. Die Chance auf Missbrauch vor Ort ist genau so verstanden worden, wie ich es gerade beschrieben habe. Ihr Vertrauen ist schon unterlaufen worden. Beleg für diese plumpe Umfinanzierungschance durch die laxe Gesetzesformulierung ist ein Zitat Ihres Kollegen Hogrefe aus der Verdener Aller-Zeitung vom 9. Dezember 2004 - ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin -:

„Der Landkreis Verden wird danach bereits im kommenden Jahr mit einem Zuschuss von 445 000 Euro von der Landesebene rechnen können, so Landtagsabgeordneter Hogrefe.“

Und weiter:

„Dieser Betrag würde zur Verbesserung des enorm defizitären Kreishaushalts für 2005 in den Folgejahren beitragen.“

Aha! Weiter heißt es hier:

„Derzeit weist der Haushaltsentwurf noch eine Ausgabe an den Zweckverband VBN, der in der Region Bremen und Umland den öffentlichen Personenverkehr betreibt, eine Zuweisung von 470 000 Euro auf.“

Was für ein Zufall: 470 000 Euro betrug der bisherige Zuschussbedarf. Jetzt kommen 445 000 Euro vom Land. Nun raten Sie einmal, wofür das Geld verwendet wird, Herr Dinkla. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Hermann das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Verehrte Damen! Meine Herren! Die Notwendigkeit einer Novellierung des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes ergibt sich aus der Revision des Gesetzes zur Regionalisierung des öffentlichen Nahverkehrs. Hierdurch werden neue Maßstäbe bei der Verteilung der Bundesmittel zur Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Nahverkehr eingeführt. Während das ursprüngliche Regionalisierungsgesetz ausschließlich das Quantitätskriterium der Verkehrsleistungen zugrunde legte, wurde durch die Revision auch das Qualitätskriterium des bedarfsgerechten Grundangebots im Schienenpersonennahverkehr als Berechnungsgrundlage für die Aufteilung der Mittel auf die Länder eingeführt.

Durch die Novellierung des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes wird das Gesetz um neue Elemente ergänzt, die den Kommunen mehr Freiraum geben, ihren Personennahverkehr selbst zu gestalten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

So haben sie mit der Pauschalförderung z. B. die Möglichkeit, dort zu investieren, wo tatsächlich Bedarf besteht. Dies ist auch schon mit dem Programm „Niedersachsen ist am Zug“ geschehen. Ein attraktiver Schienenpersonennahverkehr ist bereits auf den Weg gebracht.

(Beifall bei der CDU)

Die damit verbundenen Investitionen in Bahnhöfe und Fahrzeuge haben nachweisbar zu einer Steigerung der Attraktivität und Nutzung geführt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Des Weiteren wird die Eigenverantwortlichkeit der Landkreise durch diese Aufgabe gestärkt, und es wird eine zusätzliche Möglichkeit geschaffen, die Verkehrsangebote des straßengebundenen ÖPNV zu verbessern und für Benutzer attraktiver zu gestalten.

Herr Hagenah, noch ein Satz zu Ihren Äußerungen. Ich merke immer wieder, dass Vertrauen in die Arbeit der Menschen vor Ort in den Kommunen und Landkreisen fehlt. Vielleicht machen Sie sich einmal klar, dass die Menschen dort sehr wohl wissen, was sie entscheiden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wie Ihnen allen sicherlich bekannt ist, haben andere Bundesländer der neuen Mittelverteilung bereits zugestimmt. Deshalb mein Appell: Niedersachsen darf nicht Schlusslicht sein, wenn es darum geht, das Nahverkehrsgesetz zu novellieren. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Hirche das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf dient zwei Zielen: Zum einen wollen wir das Gesetz an das geänderte Regionalisierungsgesetz des Bundes anpassen. Dort wurden neue Maßstäbe für die Verteilung der Bundesmittel eingeführt, die für Betriebskostenzuschüsse vorgesehen sind. Diese Verteilungsmaßstäbe sollen mit der Novelle auch auf Niedersachsen übertragen werden.

Zweitens sollen mit dem Gesetz die Förderinstrumente im Bereich des ÖPNV weiterentwickelt werden. Insbesondere werden wir den Landkreisen erstmals Pauschalmittel zur Förderung des ÖPNV zur Verfügung stellen, über deren Verwendung sie im Rahmen der Zweckbestimmung frei entscheiden können.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf hat im Zuge der Ausschussberatungen einige wenige Änderungen erfahren und kommt damit den Wünschen der kommunalen Ebene noch stärker entgegen. Zum einen - das ist hier schon angesprochen worden - wird der Anteil der Pauschalmittel, die den Landkreisen unmittelbar zufließen werden, von 7,5 % auf 10 % der so genannten X-Mittel erhöht. Meine Damen und Herren, angesichts der etwas verwunderlichen Kritik der Grünen verweise ich auf einen gleich lautenden Antrag der Grünen aus der letzten Legislaturperiode vom 5. Februar 2002, in dem im Übrigen auch in allgemeiner Form steht, dass man den Landkreisen Mittel zur Verfügung stellen sollte; und auf einmal taucht hier Misstrauen auf, weil die Regierung das macht.

(Zuruf von Enno Hagenah [GRÜNE])

Herr Hagenah, lesen Sie bitte in § 7 Abs. 8 Nr. 4 dieses Gesetzentwurfes nach. Dort steht nämlich, dass Betriebskostendefizite im Personennahverkehr nur dann abgedeckt werden können, sofern der Aufgabenträger ergänzende Betriebsleistungen vertraglich vereinbart oder auferlegt hat. Es kommt nicht auf die Interpretation an, die irgendwo mit einem Zitat, das nicht bestätigt worden ist, in der Presse steht, sondern auf das, was im Gesetzentwurf selbst steht, meine Damen und Herren.

(Vizepräsidentin Silva Seeler über- nimmt den Vorsitz)

Aber diese 10 % der so genannten X-Mittel bedeuten: Die Landkreise werden erstmals im kommenden Jahr Mittel in Höhe von insgesamt 21,5 Millionen Euro zur Förderung des ÖPNV erhalten, über die sie im Rahmen dieser gesetzlichen Bestimmung frei entscheiden können. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber bei Ihnen steht immer Zentralismus im Vordergrund.