(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Sigmar Gabriel [SPD]: Wer streicht denn jetzt eigentlich Mittel? Wie viele Millionen streichen Sie jetzt?)
- Ach, Herr Gabriel. - Wie alle anderen im Landtag vertretenen Fraktionen ist selbstverständlich auch die CDU-Fraktion von der wertvollen Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten überzeugt. Viele meiner - und sicherlich auch Ihrer - Kollegen, die kommunalpolitisch tätig sind, kennen und schätzen die gute Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten.
Wir brauchen keine weiteren Gutachten oder Berichte, wie Sie sie einfordern. Ich komme übrigens aus einem Landkreis - weil Sie danach gefragt haben -, in dem es eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte gibt, die in den Bereichen Ausbildung, Hilfe bei Existenzgründung von Unternehmerinnen und Motivierung von Familien beim beruflichen Wiedereinstieg nach der Familienpause immens viel getan hat, und zwar auch und gerade weil ihre Arbeit von der Verwaltung und der örtlichen Politik anerkannt und unterstützt wird.
Auch diesen Aspekt sollte man durchaus einmal in den Vordergrund der Betrachtung stellen. Das Verabschieden von Gesetzen allein führt noch
nicht zu großen Veränderungen. Gesetze müssen gelebt und flankierende Maßnahmen geschaffen werden. Der verfassungsrechtliche Auftrag richtet sich nicht nur an die hierfür bestellten Kräfte, sondern - das ist mir wichtig - an uns alle. Wir alle müssen die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Arbeitswelt, der Politik, der Gesellschaft und - an die Männer dieses Hauses gerichtet - auch in der Familie wollen.
Dies ist und bleibt eine gesamtgesellschaftspolitische Herausforderung. Ich wünsche mir mit Ihnen eine verstärkte inhaltliche Diskussion über das Wie des Abbaus der Benachteiligung von Frauen und nicht immer nur die ideologischen Debatten, die Sie so gerne führen. Das ist mir wichtig.
Wir schaffen die Rahmenbedingungen, um erfolgreich für die Gleichberechtigung von Mann und Frau streiten zu können. Das ist die bessere Politik; davon bin ich überzeugt. Ich wünsche mir eine gute Diskussion in den Fachausschüssen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ross-Luttmann, ich wundere mich, wenn Sie von Vertrauen und Freiwilligkeit sprechen.
Ich will einige wenige Zahlen nennen: 1996 - und das hat sich nicht sehr geändert; die neuesten Zahlen liegen noch nicht vor - betrug in Ihrer Partei der Anteil von Frauen in den kommunalen Parlamenten in den Landkreisen und in den selbstständigen Städten 17,2 %. In den kreisangehörigen Gemeinden lag der Frauenanteil bei 16 % und in den Samtgemeinden bei 11,5 %.
Glauben Sie wirklich, dass diese männerdominierten Räte freiwillig die Einsetzung von Frauenbeauftragten beschließen? - Das werden sie nicht tun.
Das kann ich auch mit aktuellen Zahlen belegen: Allein die Ankündigung dessen, was Sie jetzt im Bereich der kommunalen Frauenbeauftragten vorhaben, hat bereits dazu geführt, dass in neun Gemeinden die Hauptamtlichkeit in Neben- und Ehrenamtlichkeit umgewandelt wird, dass in zwei Gemeinden konkret geplant ist, diese Veränderung nach der Gesetzesänderung durchzuführen, dass vier Gemeinden bereits jetzt ohne Frauenbeauftragte sind, weil sie keine Neueinstellung vornehmen und abwarten, bis die Hauptamtlichkeit abgeschafft wird, und dass viele Stellen gekürzt werden, auch bei den Mitarbeiterinnen. Aber Sie erzählen mir hier etwas von Vertrauen in die kommunalen Gremien. Da kann man doch wirklich nur noch einen Krampf kriegen.
Es nützt doch auch nichts, wenn die Frauenministerin ständig in warmen Worten die Arbeit der kommunalen Frauenbeauftragten preist. Das hilft denen nichts; denn die hauptamtliche Bestellung ist massiv in Frage gestellt. Speerspitze der Bewegung ist der Innenminister Schünemann, der den kommunalen Hauptverwaltungsbeamten die unbequemen Frauen gerne vom Leibe schaffen möchte.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Was ver- stehen Sie unter „unbequemen Frau- en“?)
Die Frauenministerin hat kurz dagegen gehalten, aber sich dann doch getreu ihrem Schlachtruf „mit den Männern“ sehr umstandslos auf deren Seite geschlagen und den Kotau vor diesen Männern gemacht.
Eine weitere Absicht der Novelle ist es, die Arbeitsbedingungen der wenigen dann noch verbleibenden Hauptamtlichen zu verschlechtern, indem man sie künftig mit einfacher Mehrheit abwählen kann. Es ist doch offensichtlich, dass Sie sich davon einen beträchtlichen Domestizierungseffekt versprechen.
Wenn es neben den sehr offensichtlichen Zeichen - wie der Zusammensetzung von Regierungsfraktionen und Kabinett - noch eines Beweises für die Nichtbedeutung von Frauen und Frauenpolitik unter der neuen Mehrheit bedurft hätte, dann wurde er damit geliefert.
Sie können ja meinethalben glauben, das sei alles notwendig und richtig; das ist Ihr gutes Recht. Aber ich finde es nicht recht, sondern eher billig, dass Sie nicht mit offenen Karten spielen. Was haben Sie hier im Plenum in diesem Zusammenhang bereits mit Nebelkerzen geworfen!
Nebelkerze 1: Man schafft die Frauenbeauftragten überhaupt nicht ab. - Die Wahrheit aber ist, dass die Verpflichtung für 60 % der Kommunen wegfällt.
Nebelkerze 2: Alle Kommunen sind weiterhin zur Bestellung einer Frauenbeauftragten verpflichtet. Die Wahrheit aber ist, dass es den Kommunen in Zukunft freigestellt ist, ob dieses Amt hauptamtlich, nebenamtlich oder sogar, wie es die Männer am liebsten hätten, im Ehrenamt ausgeführt wird.
Nebelkerze 3: Die Maßnahmen erhöhen das Miteinander von Frauen und Männern beim Erreichen gleicher Ziele. - Die Wahrheit ist aber doch, dass sich Männer und Frauen im Erreichen dieser Ziele leider überhaupt nicht einig sind; denn schließlich hatten die Männer jahrzehntelang Zeit, dieses Ziel einzufordern und Frauen entsprechend zu beteiligen.
Wären wir immer Seit‘ an Seit‘ geschritten, hätten wir Gleichstellungsgesetze gar nicht gebraucht. So war es aber nicht.
Bundesdeutsche Realität ist, dass Frauen schlechter bezahlt werden, dass Frauen in den Hierarchien schlechter positioniert sind, dass sie trotz besserer Schulabschlüsse die schlechteren Jobs bekommen und dass sie allein für die Familie verantwortlich sind und diese Verantwortung mit ihrem Beruf vereinbaren müssen. Das ist auch in niedersächsischen Kommunen so. Frauenbeauftragte wollen und sollen das ändern.
Der großartigste Vernebelungsversuch dieser Landesregierung ist aber Nebelkerze 4: Sie behaupten allen Ernstes, die Position und Akzeptanz der Frauenbeauftragten würde gestärkt, indem man ihre Zahl dezimiert und ihre Abwahl erleichtert. Meine Damen und Herren, ich kenne wohl das Prinzip, dass man Stärken stärkt und Schwächen schwächt, aber Stärkung durch Schwächung ist ganz neu. Das ist eine Erfindung dieser Landesregierung. Dieses Prinzip müssen Sie mir, den niedersächsischen Frauen und den Frauenbeauftragten noch einmal ganz genau erklären. Vielleicht können Sie es auch mit Beispielen aus männerdominierten Bereichen untermauern, in denen Sie mit Stärkung durch Schwächung ebensolche Ziele verfolgen. Sonst verstehen wir das nämlich nicht.
Der Antrag der SPD zielt insoweit in die richtige Richtung. Erklären Sie uns doch bitte datengestützt, warum Sie dieses bewährte Instrument abbauen wollen. So lange lassen Sie die kommunalen Frauenbeauftragten gefälligst in Ruhe.
(Sigmar Gabriel [SPD]: Wir machen die Frauenbeauftragten zu Hilfsshe- riffs! - Weitere Zurufe von der SPD - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Überschrift des Entschließungsantrags der SPD lautet „Arbeitsbedingungen der Frauenbeauftrag
ten nicht verschlechtern“. Man spricht also von einer Gefährdung des bestehenden Standards in der Frauenpolitik.
Liebe Kollegen von der SPD, an Ihren Befürchtungen ist nichts dran; die Landesregierung macht genau das Gegenteil.
Es ist nun einmal so, dass sich die Geisteshaltung in der Gesellschaft inzwischen stark verändert hat.
Herr Abgeordneter Bode, einen Augenblick bitte! Von Ihrer Redezeit wird nichts abgezogen. - Fahren Sie bitte fort.
Frau Merk, es ist nun einmal nicht so, dass Frauenförderung heutzutage nur dann stattfindet, wenn eine Frauenbeauftragte quasi als Überraschungsgast an Sitzungen von Verwaltungsleitungen teilnimmt.