Protokoll der Sitzung vom 20.04.2005

Was Sie sagen, ist für mich reine Ideologie. Um sie zu widerlegen, muss ich noch nicht einmal eigene Argumente finden. Ich brauche nur zu zitieren, was die Weltorganisation FAO schreibt: Wir brauchen Biotechnologie und Gentechnik, um in den kommenden Jahren 2 Milliarden Menschen mehr ernähren zu können. Über die Gentechnik lässt sich bei 3,7 Milliarden Menschen auf dieser Welt die Bioverfügbarkeit von Eisen verbessern. Ich lese hier deutliche, auch ethische Ansätze, grüne Gentechnik einzusetzen.

(Zuruf von Hans-Jürgen Klein [GRÜ- NE])

- Ich bin immer noch bei der Einleitung, Herr Klein. Es kommt noch schlimmer. Die FAO sagt: Mithilfe der grünen Gentechnik sind wir in der Lage, Arsen aus den Böden zu filtern. Das ist weltweit, vereinzelt auch in Deutschland, ein Problem.

(Zuruf von Hans-Jürgen Klein [GRÜ- NE])

- Herr Klein, die grüne Gentechnik kann Ihnen sogar helfen, wenn Sie sich aufregen. Dazu ein aktuelles Beispiel: Wir sind heute schon in der Lage, die für die menschliche Ernährung besonders wertvollen Omega-3-Fettsäuren in Raps hineinzuzüchten, und zwar kurzfristig. Die wirken bekannt

lich gegen Bluthochdruck, gegen Herzkreislauferkrankungen und dergleichen mehr. Vielleicht können Sie eines Tages davon profitieren.

(Zuruf von Hans-Jürgen Klein [GRÜ- NE])

Aber zurück zur Sache. Herr Klein, die Grünen sind stolz auf das erste Gentechnikgesetz. Der Rest der Welt ist es nicht. Sogar die EUKommission hat Ihnen in einem Schreiben vom Juli 2004 bescheinigt, dass sie erhebliche Bedenken gegen dieses Gesetz hat, weil damit Normen durch die Hintertür eingeführt werden.

Mit Ihrem Antrag aber setzten Sie sogar noch einen drauf. Sie wollen auch noch über das Gentechnikgesetz hinausgehende Hürden errichten. Der Agrarausschuss des Bundesrates hat diesen Gesetzentwurf übrigens in das Vermittlungsverfahren verwiesen, mit 14 Stimmen, also auch mit den Stimmen der SPD; das, Frau Stief-Kreihe, heiße ich hier ausdrücklich gut. In Ihrem Antrag, Herr Klein, formulieren Sie eine weitere Verhinderungsstrategie, nicht einmal verklausuliert, sondern so offensichtlich, dass Sie sich selbst entlarven. Dafür werden Sie hier keine Mehrheit finden.

Die EU-Kommission erinnert die Bundesregierung daran, dass die Haftungsregelungen nicht dazu führen dürfen, dass die Nationalstaaten eigene Schwellenwerte festlegen, die unterhalb der EUweit gültigen Grenze von 0,9 % liegen. Dies muss auch für Ökoprodukte gelten.

Ich möchte auf das zurückkommen, was den Antrag eigentlich ausmacht. Die Forschung zu Saatflächen ist ausgereift und hat entsprechende Ergebnisse gezeitigt. Im Jahr 2004 sind in sieben Bundesländern auf 28 Standorten Versuche gefahren worden. Dabei sind insgesamt über 300 ha sehr intensiv untersucht worden.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Mit Mais und Raps!)

Das Ergebnis lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Ein Trenn- und Sicherheitsstreifen von 20 m reicht aus. Wir brauchen keine geschlossenen Anbauflächen, wir brauchen nicht das, was Sie in Ihrem Antrag erwähnen.

Herr Klein, ich unterstelle Ihnen Vorsatz, weil diese Information allgemein zugänglich ist. Das ist mehrfach veröffentlicht worden. Sie können das

nachlesen, dann wären Sie genau so schlau wie wir. Warum Sie das nicht tun, weiß ich nicht.

In der Agra-Europe vom 18. April 2005, also ganz aktuell, heißt es - das wurde schon heute Morgen angesprochen -: Ministerin Künast plant eigenes Gentechnikforschungsprogramm. - Das setzt dem Ganzen die Krone auf. Frau Künast erkennt diese Länder übergreifenden Ergebnisse nicht an, sondern möchte nun auf 10 ha eigenen Anbau betreiben, und zwar ausschließlich von Mais. Das, was an anderer Stelle schon wissenschaftlich eindeutig belegt worden ist, will sie jetzt wiederholen. Ich sage: Sie will es durch die eigene Brille sehen und die Ergebnisse beeinflussen. Dafür will sie Steuergelder ausgeben. Sie spielt auf Zeit und will die Wettbewerbsnachteile in unserem Land weiter verschärfen. Das können und werden wir nicht mittragen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich komme zum Schluss. Wir lehnen diese Verhinderungspolitik ab. Wir lehnen den Antrag der Grünen ab. Wir wollen eine sachliche Politik, die nach vorne gerichtet ist. Wir wollen GVOs im Rahmen von Versuchen anbauen können. Die dafür geeigneten Flächen haben wir. Wir werden auch mit Sicherheitsabständen dafür sorgen können, dass niemand in der Nachbarschaft beeinträchtigt wird.

Letzter Satz: Niedersachsen braucht weniger Künast- und mehr Ehlen-Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Stief-Kreihe, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute die abschließende Beratung zu einem Antrag, über den im Ausschuss überhaupt nicht beraten worden ist, sondern zu dem von Herrn Dr. Garbe aus dem Ministerium lediglich ein Sachstandsbericht gegeben worden ist.

Bei der Einbringung des Entschließungsantrags hier im Plenum haben alle Fraktionen betont, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Schutz der niedersächsischen Saatzuchtflächen

ein Thema aufgreift, das für die Landwirtschaft ganz wichtig und von hoher Bedeutung sei.

(Zuruf von Jan-Christoph Oetjen [FDP])

So ist es im Protokoll nachzulesen; das waren, glaube ich, Ihre Worte, Herr Oetjen.

Mehr als diese Feststellung kam danach allerdings nicht mehr, außer den üblichen Tiraden von CDU und FDP, wie wirtschafts- und technologiefeindlich der Antrag ansonsten sei. Dieses Prozedere hat Herr Ripke gerade fortgesetzt.

Meine Damen und Herren von den Fraktionen der CDU und der FDP, wie wir heute Morgen der Aktuellen Stunde entnehmen konnten, ist für Sie die grüne Gentechnik das neue Wirtschaftswunder Nummer eins in Niedersachsen.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: So hat das niemand gesagt!)

Fragen zu diesem Themenkomplex sind nicht erwünscht, und die Forderung nach Konzepten ist verwerflich. Sie reden von Koexistenz, aber gesetzliche Grundlagen zur Sicherstellung der Koexistenz lehnen Sie ab.

Wenn man die Beratungen über das Zweite Gentechnikgesetz verfolgt, wird deutlich, dass Sie der Wirtschaft alle Hürden aus dem Weg räumen wollen, zulasten der Landwirte und zulasten der Verbraucher und Verbraucherinnen, da Sie nämlich nur einseitig die Interessen der Wirtschaft vertreten.

In Ihren Augen gibt es in der EU eine ganze Menge von Unverbesserlichen und Technologiefeinden. Im letzten Kammerblatt fand sich ein Bericht mit dem Titel „Das Netz der gentechnikskeptischen EU-Regionen wird zunehmend engmaschiger“. Der Zusammenschluss von zehn Regionen, der im November 2003 unter der Federführung Oberösterreichs und der Toskana gegründet worden war, zählt inzwischen 26 Mitglieder. Mit dabei sind Regionen aus Österreich, Spanien - das viel gepriesene Gentechnikland -, Frankreich, Italien und Polen. Die Unterzeichner verpflichten sich, konventionelle und ökologische Kulturen vor gentechnisch veränderten Organismen nach Kräften zu schützen. - Das können ja wohl nicht alles ideologische Spinner sein!

Meine Damen und Herren, alle sprechen sich für Koexistenz aus, also müssen wir die Koexistenz

auch sichern. Ein Sicherungspfeiler - und sicherlich auch das Fundament - ist natürlich die Festlegung von Schwellenwerten bei Saatgut. Dabei sind gerade an Saatgut als Produktionsgrundlage hohe Anforderungen zu stellen. Dass es bis heute noch zu keiner Festlegung von Schwellenwerten für Saatgut auf EU-Ebene gekommen ist, macht deutlich, wie unterschiedlich die Auffassungen in den europäischen Ländern sind und wie schwierig der Einigungsprozess ist. - Auch alles Spinner?, muss ich dann fragen.

Eine saubere Saatgutproduktion ist die Grundlage jeglicher landwirtschaftlicher Produktion.

„Nur durch eine saubere Saatgutproduktion ist auch künftig zu gewährleisten, dass das Nebeneinander von konventioneller und biologischer Landbewirtschaftung sowie der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen möglich sind.“

So Herr Minister Ehlen bei der Einbringung dieses Antrages. Aber dann kommt die Schlussfolgerung: Besondere Vorkehrungen müssen nicht getroffen werden - so die Stellungnahme des Ministeriums -, da die Saatzüchter im eigenen Interesse Sorge für die GVO-Freiheit ihres Saatgutes trügen. - Ich frage mich allerdings, ob die Sorge allein vor Auskreuzungen schützt.

Die Ausweisung geschlossener Anbaugebiete wurde als wenig sinnvoll angesehen. Eine Novellierung des Sorten- und Saatgutrechts soll erst nach Festlegung der Schwellenwerte erfolgen. Und dann der Schlusssatz: Mit dem Gentechnikgesetz Nr. 1 sei bereits ein Sicherheitsnetz vorhanden.

Wenn ich aber die Diskussion von heute Morgen und die Anmerkungen von Herrn Ripke von eben höre, dann frage ich: Wie ist das denn mit dem Sicherheitsnetz? Dieses Sicherheitsnetz, das ja angeblich vorhanden ist, bekämpfen Sie gegenwärtig auf allen Ebenen, wo immer es möglich ist.

Noch unverständlicher wird der Umgang mit diesem Antrag, wenn der Ausschussvorsitzende Ripke sagt, dass das Land Niedersachsen an einem Lösungskonzept auf der Grundlage von wissenschaftlichen Untersuchungen arbeitet. Warum, so frage ich, wurde uns dieses Lösungskonzept im Ausschuss dann nicht vorgestellt?

(Zuruf von der CDU: Ist es doch!)

Im Gegenteil, sehr verehrter Ausschussvorsitzender: Sie haben in dieser Sitzung auf sofortige Abstimmung gedrängt, die dann letztlich auch erfolgte. Ich kann nur feststellen, dass der Ausschussvorsitzende, wenn im Ausschuss das Wort „Gentechnik“ fällt, alle Souveränität verliert und voreingenommen agiert.

(Zuruf von der CDU: Was? - David McAllister [CDU]: Sie können doch nicht den Ausschussvorsitzenden an- greifen!)

- Das darf man schon einmal machen.

Herr Dr. Garbe hat seinen Sachstandsbericht mündlich vorgetragen. Die Fraktionen hatten überhaupt keine Chance, über das Vorgetragene in der Fraktion zu beraten. Dabei gab es für eine sofortige Abstimmung überhaupt keinen Grund; denn letztendlich lag dieser Antrag weitere acht Wochen in der Schublade.

Ich schildere das deswegen so ausführlich, weil ich diese Vorgehensweise für ein Armutszeugnis für die Arbeit des Ausschusses insgesamt halte. Ich hoffe, dass so etwas nicht wieder vorkommt.

(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Da klatscht ja gar keiner!)

Für die FDP-Fraktion Herr Kollege Oetjen, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann es relativ kurz machen, da wir schon heute Morgen in der Aktuellen Stunde zum Thema Gentechnik gesprochen haben.

Aber eines möchte ich zu Anfang dann doch feststellen: Ich empfinde die Debatte als ein bisschen dürftig.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Die Debatte hat auf Sie gewartet, Herr Kollege!)