Protokoll der Sitzung vom 22.06.2005

Herr Kollege Eppers, ich habe Ihnen jetzt kurzfristig das Mikrofon abgestellt, weil ich den Eindruck habe, dass Sie gleich wieder die Aussprache

eröffnen wollen. Sie können persönliche Angriffe zurückweisen bzw. richtig stellen.

Das ist richtig, Frau Präsidentin. Ich hatte diese Ausführungen genutzt, um diesen Angriff zurückzuweisen.

Herr Kollege Bachmann, ich bleibe dabei - wir können das gerne noch einmal unter vier Augen besprechen -: Das war nicht in Ordnung von Ihnen. Ich habe mich so nicht geäußert. Ein bisschen weniger Schaum vor dem Mund Ihrerseits wäre angemessen; denn die Debatte ist sehr sachlich. Das hat der Innenminister gerade gesagt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Bachmann meldet sich, wenn ich das richtig interpretiere, ebenfalls nach § 76 unserer Geschäftsordnung zu einer persönlichen Bemerkung zu Wort. Herr Kollege Bachmann, ich habe eben schon gesagt, was das bedeutet.

Ich möchte zwei Dinge tun: Erstens möchte ich zurückweisen, dass ich Schaum vor dem Mund habe. Das hatte ich noch nie in meinem Leben.

(Oh! bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens. Herr Kollege Eppers, mir geht es nicht darum, Sie anzugreifen. Ich habe nur deutlich gemacht, dass das, was Sie in Salzgitter geäußert haben - Sie haben das ja bestätigt -, so nicht der Realität entspricht. Wenn es kein wortwörtliches Zitat war, dann sage ich ausdrücklich: Ich nehme Ihre Version hin. Für andere Behauptungen, die ich getroffen habe, entschuldige ich mich. Aber Ihre Version reicht schon, Sie hier zu zitieren.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Damit rufe ich auf

Tagesordnungspunkt 19: Zweite Beratung: Keine Hilfspolizisten in Niedersachsen die öffentliche Sicherheit der Polizei überlassen, Zivilcourage stärken - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1806 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport Drs. 15/1987

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

(Unruhe)

Ich möchte jetzt gerne, nachdem ein bisschen Ruhe eingekehrt ist, Herrn Kollegen Professor Lennartz das Wort erteilen. Herr Kollege Lennartz, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Polizeiliche Hilfsdienste in Niedersachsen - Landesregierung und FDP sind mit einem Modell der polizeilichen Hilfsdienste wie in Hessen angetreten.

(Vizepräsident Ulrich Biel über- nimmt den Vorsitz)

Das heißt konkret: Ausweiskontrollen, Bußgelder und Erteilung von Platzverweisen, - -

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Lennartz, Augenblick bitte! - Herr Staatssekretär! - Nun ist es gut, die Versammlung ist aufgelöst. - Sie können fortfahren.

- - - Ausbildung durch das Land und Aufwandsentschädigung durch die Kommunen - das waren die Komponenten des hessischen Modells. Dann hat die FDP einen Parteitagsbeschluss produziert: keine polizeilichen Hilfsdienste.

Im April-Plenum gab es hier im Landtag eine Debatte, und es gab ein großes Nebelkerzenwerfen. Herr Bode von der FDP-Fraktion hat gesagt - ich zitiere aus dem Stenografischen Bericht -:

„Die FDP... möchte... unter anderem keine polizeilichen Hilfsdienste. Wir möchten keine Bürgerwehren, wir möchten“

- man höre und staune

„keine privaten Sicherheitsdienste,“

- das ist, nebenbei bemerkt, für die FDP-Fraktion sogar eine revolutionäre Aussage

„und wir möchten auch nicht, dass kommunale Ordnungsdienste mit dem Ziel des Bußgeldeintreibens... auf die Straße geschickt werden.“

Er sagte dann: Das, was wir wollen, haben wir uns in Ahnatal in Hessen vorführen lassen. Es geht um ein Maßnahmepaket, nicht allein um den freiwilligen Polizeidienst, sondern auch um die Einbeziehung kommunaler Präventionsräte und anderer Ehrenamtlicher. - Daraus ziehe ich den Schluss, Herr Bode: Sie wollen einen polizeilichen Hilfsdienst, aber nicht allein. Der soll sozusagen nur eine Komponente der Angelegenheit sein. Wenn ich das falsch interpretiert oder gelesen habe, stellen Sie das sicherlich richtig.

Dann sagt Herr Schünemann in der gleichen Debatte: Ich bin dafür. Ich will den Kommunen die Freiheit geben, selbst zu entscheiden, ob sie in diesem Bereich ehrenamtliche Einsätze wollen. Herr Schünemann, das brauchen Sie nicht. Die Kommunen haben bereits die Freiheit, in ihrem Zuständigkeitsbereich der Gefahrenabwehr Ehrenamtliche einzusetzen. Ich habe auch Beispiele genannt. Sie kennen die Beispiele aus Städten und Gemeinden in Niedersachsen. Insofern ist das, was Sie dort tatsächlich tun wollen, verdienstvoll, aber überflüssig.

Der entscheidende Punkt, was Sie wollen, Herr Schünemann, ist meines Erachtens: Sie wollen das ursprüngliche Projekt, das schon an Ihrem Koalitionspartner gescheitert ist, nicht aufgeben. Deshalb soll irgendetwas anderes in dieser Gestalt kommen, das Sie als Erfolg verkaufen können. Denn CDU-Innenminister geben nie auf. Das ist sozusagen in der Natur des Innenministers angelegt.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN)

Sie glauben ja an den Erfolg des Projektes. Im Herbst nach der Bundestagswahl soll es eingetütet

werden. Vorher muss die FDP noch geschont werden. Ich zitiere aus der Financial Times Deutschland vom 21. Juni, Interview mit Herrn Schünemann:

„‚Wir haben zusammen mit der FDP die präventive Telefonüberwachung eingeführt und breite Möglichkeiten für verdachtsunabhängige Kontrollen geschaffen, die über die Möglichkeiten in Bayern hinausgehen... Was die FDP in Niedersachsen angeht, kann man sagen, das funktioniert in der Innenpolitik.‘ Allerdings habe sich die FDP im Bund auch erst vor drei Monaten erinnert, dass sie sich mit dem Thema Bürgerrechte von den Grünen absetzen könne. ‚Das ist eine rein strategische Frage bei denen.‘“

Meine Damen und Herren, Sie werden doch wahrscheinlich, wenn Sie es nicht schon gelesen haben, spätestens jetzt hellhörig werden, was Herr Schünemann mit Ihnen nach der eventuell vorgezogenen Bundestagswahl im Herbst im Busch führt.

Es gibt zwei offene Konflikte - damit komme ich zum Ende - in der Koalition. Der eine ist das Thema Bürgerwehr oder polizeiliche Hilfsdienste. CDU sagt Ja, FDP sagt Nein. Der andere ist das Gemeindewirtschaftsrecht. Die FDP sagt: Wir wollen, dass in Zukunft kommunale Betriebe nur noch unter erschwerten Bedingungen handeln oder als Betriebe fungieren können. Die CDU sagt Nein. Jetzt werden für meine Begriffe noch Wetten angenommen, wie diese beiden Konflikte im Paket gelöst werden. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Hans- Werner Schwarz [FDP]: Wir schaffen das!)

Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Biallas das Wort. Ich erteile es ihm.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, wenn es wieder etwas ruhiger wird, wird der Abgeordnete Biallas das Wort ergreifen. Wir warten noch einen Augenblick.

Hoch verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine sehr geehrten Herren! Dieses Thema begleitet den Landtag nun schon in vielfältiger Weise. Wir haben es schon ausgiebig debattiert, sowohl im Innenausschuss als auch hier im Parlament. Es ist wohl müßig, mit Vermutungen zu arbeiten. Es ist viel vernünftiger, sich einmal anzusehen, was denn eigentlich Gegenstand der Diskussion war.

Einen Teil davon hat in der Tat Herr Professor Lennartz eben richtig wiedergegeben. Es gab jedenfalls zu Beginn der Debatte etwas unterschiedliche Formulierungen unter den Koalitionsfraktionen im Niedersächsischen Landtag. Herr Professor Lennartz, ich bin immer etwas verwundert, dass Sie das so konstruktiv erregt. Falls Sie die Szene in Berlin beobachten, sind Sie eigentlich ganz anderes gewöhnt, wenn da in der Koalition unterschiedliche Auffassungen sind.

Wir machen das so, wie wir es hier auch angestellt haben. Wir haben uns zunächst einmal informiert. Dass das vernünftig ist, zeigt auch unsere heutige Sitzung im Innenausschuss. Man informiert sich zunächst, Herr Kollege Dr. Lennartz, dann beurteilt man die Dinge und kommt am Ende zu einem Schluss. Der könnte sogar sein, wir fordern den Rücktritt von XY. Ihre Fraktion hat es mit dem Polizeieinsatz in Braunschweig genau umgekehrt gemacht. Sie hat erst den Rücktritt gefordert, sich dann informiert und dann festgestellt, dass man es lieber hätte sein lassen.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Oberfläch- lich!)

Wir haben das in der Koalition anders formuliert. Wir haben uns informiert. Nun muss man unabhängig von allen Anschauungen, die es dazu gibt, eines sagen: Sowohl in Bayern, wo wir es uns das mit der Sicherheitswacht angesehen haben, als auch in Hessen beim freiwilligen Polizeidienst sind alle, die daran beteiligt sind, nach ihren Auskünften mit den Modellen zufrieden. Da gibt es auch gar keine Kritik.

Im Übrigen, Herr Professor Lennartz, es gibt auch so wie von Ihnen hier in Niedersachsen keine Kritik mehr von den Grünen oder von der SPD. In beiden Bundesländern ist das so. In Hessen ist uns berichtet worden, dass viele SPD-regierte Kommunen den Antrag stellen, einen freiwilligen Polizeidienst einführen zu dürfen. Ich bitte zunächst

einmal darum, dass man sich bei dieser Frage von ideologischen Anschauungen jedweder Art verabschiedet, indem man Dinge, die zunächst einmal ganz sachlich zu betrachten sind, erst einmal analysiert und dann überlegt, was wir übernehmen können und was nicht.

Da will ich ein Stichwort nennen. Alle haben uns, egal, wie man das nennt, in Bayern und in Hessen gesagt: Es geht darum, präventive Maßnahmen ehrenamtlich zu begleiten. Die einen nennen es so, die anderen nennen es so. Der Innenminister hat das klug gemacht, damit das jetzt aus dem Bundestagswahlkampf, wohin das gar nicht gehört, herausgehalten wird. Wir als CDU zunächst einmal werden nach der Sommerpause sicherlich einen Vorschlag machen. Dann kann sich die FDP in langen Sitzungen und Debatten überlegen, ob das passt. So fair sind wir ja immer. Mit Koalitionspartnern geht man ordentlich um. Das machen wir mit der FDP immer so.

Prävention ist eigentlich das Wichtigste. Das zweite Stichwort ist - das sagen uns auch in Hessen und Bayern die Experten -: Insbesondere im Bereich der Jugendkriminalität kann man mit ehrenamtlichem Engagement viel Gutes erreichen, also viel an Prävention.

Das Dritte, worüber wir sicherlich nachdenken müssen, ist, wenn man das Modell aus Hessen oder Bayern übernehmen will, dass man einen niedersächsischen Weg findet, der passt, der aber sozusagen kongruent mit den weisen FDPParteitagsbeschlüssen ist, aber eben auch mit den weisen Einsichten des niedersächsischen Innenministers und natürlich der CDU-Fraktion.

Daran werden wir arbeiten. Solange wir daran arbeiten, Herr Kollege Dr. Lennartz, werden wir uns auch nicht unterstellen lassen, dass das Modell, das hoffentlich irgendwann dabei herauskommen wird, jedenfalls aus meiner Sicht, Polizeidienst, der hoch qualifiziert getan werden muss, in irgendeiner Weise ersetzen kann. Nein, mir, uns als CDU-Fraktion schwebt vor, dass das allenfalls ergänzend ist, dass das nicht einfach Polizei ersetzt, man also nicht irgendwelche Leute auf die Straße schickt, die bestimmte Aufgaben wahrzunehmen haben, für die sie nicht qualifiziert ausgebildet sind.