Protokoll der Sitzung vom 23.06.2005

Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

(Heiterkeit)

- Ja, es waren beide da.

In gut einer Woche wird sich die Landesregierung wieder in Klausur begeben, um den Haushalt für das kommende Jahr irgendwie auszugleichen.

(David McAllister [CDU]: Und die bei- den Fraktionsvorsitzenden!)

Ich prophezeie schon heute: Die Schulden werden wieder steigen. Es wird wieder gemogelt und die Hannoversche Beteiligungsgesellschaft, die Landestreuhandstelle und/oder diesmal auch die Hafengesellschaft werden als Schattenhaushalt mit herangezogen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Das ist falsch!)

Das ist jedenfalls zu befürchten. Sie können gerne antreten und uns das Gegenteil beweisen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das habe ich doch gerade getan!)

Wir befürchten erneut, dass Bevölkerungsgruppen belastet werden, die ohnehin schon benachteiligt sind, und dass auch im Bildungsbereich wieder Einschnitte zu verzeichnen sein werden, wodurch die Zukunft des Landes aufs Spiel gesetzt wird. Vor der Sommerpause wird der grobe Rahmen beschlossen, und erst im September wird das Parlament beteiligt.

Die Regierungsfraktionen erwarten, dass die Opposition eigene Vorschläge unterbreitet. Dies erwarten sie zu Recht. Wir haben bisher zu jedem Haushalt Alternativen vorgelegt, und das werden wir selbstverständlich auch beim Haushalt 2006 wieder so handhaben.

Wenn die Regierungsfraktionen aber einen wirklichen Wettbewerb um realisierbare Einsparpotenziale auf Landesebene wollen, dann müssen sie die Landesregierung zwingen, von ihrem hohen Ross herunterzukommen und die ressortspezifischen Konsolidierungspotenziale offen zu legen. Nur so könnte es eine wirkliche Debatte über die klügsten Einsparungen im Landeshaushalt geben.

Das ist aber offensichtlich nicht gewollt, obwohl Artikel 24 Abs. 3 unserer Verfassung ganz enge Grenzen für eine Informationsverweigerung setzt. Dort sind fünf Gründe genannt, die eine solche Verweigerung legitimieren würden.

Der erste Grund ist, dass das Wohl des Landes gefährdet wird. Ist das Wohl des Landes denn wirklich gefährdet, wenn wir diese Informationen im Haushaltsausschuss und als Landtag insgesamt bekommen? - Nein, es würde dem Wohl des Landes dienen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Als zweiter Grund wird genannt, dass das Wohl des Bundes in Gefahr ist. Ist das Wohl des Bundes in Gefahr, wenn Minister Möllring seine Kürzungspotenziale offen legt? - Nein, das Wohl des Bundes ist sicherlich auch nicht gefährdet. Darin werden Sie mir sicher zustimmen.

Als dritter Grund wird genannt, dass schutzwürdige Interessen Dritter gefährdet werden. - Auch hier müssten Sie, wie ich glaube, lange nachdenken, um mir in diesem Sinne eine Antwort bzw. einen Grund liefern zu können.

Viertens ist zu fragen, ob vielleicht die Funktionsfähigkeit der Landesregierung bedroht wäre. Wenn Sie das befürchten, bitte ich Sie, einmal im Einzelnen darzustellen, inwiefern die Funktionsfähigkeit der Landesregierung gefährdet würde, wenn Sie hier endlich die Karten auf den Tisch legen würden.

Als fünfter Grund wird schließlich aufgeführt, dass die Eigenverantwortung der Landesregierung beeinträchtigt wird. - Die Eigenverantwortung können wir Ihnen sowieso nicht nehmen. Entscheiden müssen am Ende Sie. Sie haben ja auch immer erklärt, dass Sie mit Ihrer Mehrheit hier entscheiden wollen.

Ich kann nur festhalten: Die Landesregierung versteckt sich, genau so wie sie sich hinter Schattenhaushalten versteckt, hinter Schatteneinsparpotenzialen. Minister Möllring ist und bleibt ein Schattenmann. Sie können das ändern. Wir warten darauf.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Möllring das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns schon mehrfach darüber unterhalten, was dieser Antrag soll. Sie haben eben wieder mit einer Verunglimpfung begonnen. Sie haben, sozusagen im Nebel stochernd, gesagt, bestimmt komme dies und jenes. Sie würden besser noch eine Woche abwarten. Dann können Sie doch an dem, was wir Ihnen vorlegen, Kritik üben und auch Verbesserungsvorschläge machen, bitte dann aber jeweils bezogen auf den konkreten Fall. Sie sollten also nicht einfach sagen, wir wollten sicherlich dies oder das tun, und das dann jetzt schon verteufeln, obwohl wir möglicherweise Entsprechendes gar nicht vorhaben. Insofern sollten Sie etwas vorsichtiger sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben Ihnen auf die Dringliche Anfrage hin genau dargestellt, wie hoch die Konsolidierungspotenziale waren und wie viel Prozent davon wir tatsächlich schon umgesetzt haben. Wir liegen jetzt um 1,5 Milliarden Euro unter dem Haushalt von 2003. Das ist eine deutliche Zahl. Wir haben das geschafft, weil wir die Einnahmen nicht erhöht haben, sondern Ausgaben gestrichen haben. Das ist eine Riesenleistung gewesen. Sie haben sich hingestellt und stellen sich heute noch hin und sagen den betroffenen Gruppen nicht etwa: Euch ist zu wenig weggenommen worden; die Landesregierung hat nicht in genügendem Umfang Streichungen vorgenommen. Sie haben sich ja auch eben hier hingestellt und gesagt, Sie müssten die faire Chance haben, das auch tun zu können. Es ist vielmehr so, dass Sie jeder betroffenen Gruppe hinterherlaufen und sagen: Das hätten wir aber nicht getan; das darf nicht sein; da und dort streicht die Landesregierung zu viel. - Ihre Einsprüche sind auch entsprechend.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wir haben Deckungsvorschläge gemacht! Die sind nachzurechnen!)

- Sie haben sich ständig auf den Jäger 90 des dritten Jahrtausends

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Nein, der Jäger 90 taucht nicht auf!)

und auf die Eigenheimzulage bezogen und gesagt: Aufgrund der Einsparungen in diesen Bereichen können wir alles andere bezahlen. Das war nicht besonders seriös.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Nein, das ist alles sauber durchgerechnet!)

Nun zu der Frage der Offenlegung. Es gibt ein Urteil des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes. Diesen Prozess habe ich verloren, deshalb finde ich dieses Urteil besonders interessant.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Das ist ein gutes Urteil!)

Daraus zitiere ich jetzt. Sie müssen dieses Urteil auch gegen sich gelten lassen. Herr Wenzel, hätte ich damals gewonnen, würde es vielleicht ein bisschen anders aussehen. Darin steht, dass ein nicht austauschbarer Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich garantiert wird. Bestimmend dafür ist die Notwendigkeit der Behörden, intern, wie im gegenständlichen Fall, ressortübergreifende Abläufe der Entscheidung vorzubereiten. - Ein Haushaltsplan ist ressortübergreifend und wird entsprechend vorbereitet. - Willensbildungen und Entscheidungsfindungen jenes Maß von sachlicher und persönlicher Unbefangenheit zu geben, ist zur sachgerechten Willensbildung und Entscheidungsfindung unerlässlich. - Deshalb ist es Kernbereich der staatlichen Verwaltung, dass wir gemeinsam mit den anderen Ressorts - das Finanzministerium und die anderen Ressorts - entsprechende Daten zusammentragen, aus denen dann ein politischer Wille entstehen kann. Dieser politische Wille findet sich in dem Haushaltsplanentwurf wieder und wird Ihnen noch vor der Bundestagswahl vorgelegt werden. Hier sind wir mutiger als Ihre Bundesregierung, die sich weigert, für 2006 einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe gelesen, dass Herr Eichel noch einmal ins Kabinett gehen und ein Haushaltsloch von 17 Milliarden Euro zugeben will. Wir haben demnächst eine Sitzung des Finanzplanungsrats. Wir haben Herrn Eichel aufgefordert, uns vorher den Haushaltsplanentwurf - keine vorbereitende Fakten - vorzulegen, damit wir im Finanzplanungsrat beraten können. Herr Eichel hat sich geweigert, dies zu tun, d. h. die Bundesregierung tut genau das, was Sie bei uns kritisieren. Wir werden Ihnen übernächste Woche Zahlenmaterial geben. Dann werden wir es ausarbeiten. Vor der Bundestagswahl werden die Öffentlichkeit und Sie wissen, was wir in diesem Lande planen. Das halte ich für ausgesprochen ehrlich. Das ist nämlich genau der

Zeitplan, den die Verfassung vorgibt. An diesen Zeitplan werden wir uns halten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: Sehr gut!)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Rickert um das Wort gebeten. Ich erteile es ihm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Haushalt konsolidieren, Einsparmöglichkeiten offen legen“ - so lautet der Antrag der Grünen, den wir am 20. Mai 2005, also zwei Tage vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen, beraten haben.

In seinem Redebeitrag brachte Herr Wenzel eine sehr hübsche Situationsbeschreibung. Ich zitiere: „Spar Wars Teil 3 im Land des Röchelns“. Das war eine Vorahnung auf die Situation im Kanzleramt am 22. Mai. Insofern machen wir uns um den Zustand des Bundes allenfalls noch bis zum 18. September große Sorgen.

Für die Haushaltsberatungen verlangen Sie das Aufzeigen von Sparpotenzialen und eine offene Debatte über Kürzungsmöglichkeiten - sozial vertretbar und auf jeden Fall verfassungskonform, so das Ansinnen in Ihrem Antrag. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir in den letzten zweieinhalb Jahren etwas anderes gemacht haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das wird im Übrigen auch von der Präsidentin des Landesrechnungshofes bestätigt. Wir haben gerade gehört, dass wir unmittelbar vor dem Abschluss der Haushaltsberatungen für das Jahr 2006 stehen. Danach werden wir die entsprechenden Konsolidierungsvorschläge - da bin ich mir ganz sicher - hören.

Eines muss aber klar sein: An dem Ziel, bis zum Ende der Legislaturperiode einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen, werden wir festhalten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dies ist angesichts des von der alten Landesregierung aufgebauten Schuldenberges - Herr Jüttner telefoniert in der Spätschicht, Herr Gabriel ist gar nicht mehr da

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Irgendwann ist das einmal ausgelutscht!)

gar nicht so einfach; denn wir zahlen zurzeit keinen Euro an Tilgung. Was wir im Augenblick machen, ist allenfalls Liquiditätssicherung. Ich sage das vor allen Dingen in Richtung derjenigen, die glauben, wenn wir das Ziel der Verfassungskonformität erreicht haben, sei die Arbeit getan. Wir haben nach wie vor einen Schuldenberg von nahezu 50 Milliarden Euro abzubauen und die daraus resultierende Zinsbelastung zurückzuführen.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Herr Ri- ckert, Sie bauen doch noch auf!)

- Herr Möhrmann, ich könnte Ihnen das alles erklären, aber dazu reicht meine Zeit leider nicht aus.

(Björn Thümler [CDU]: Es wäre auch vergeblich!)