Protokoll der Sitzung vom 23.06.2005

Wir begrüßen, dass die Niedersächsische Landesregierung in den harten Verhandlungen - schließlich geht es um Geld, und wir haben in allen Haushalten, im Landeshaushalt, in den kommunalen Haushalten, eine enorme Finanzenge - erfolgreich war und wir jetzt das zweite große Infrastrukturprojekt voranbringen können. Der Ausbau des Forschungsflughafens Braunschweig mit dem

Schwerpunkt der Verlängerung der Start- und Landebahn ist damit gesichert.

Meine Damen und Herren, entscheidend ist, dass die Landesregierung auf die richtigen Worte die guten Taten folgen lässt. Entscheidend ist, dass nicht nur am Sonntag die richtigen Reden gehalten werden, sondern dass auch im politischen Tagesgeschäft die richtigen Konsequenzen für unsere Standorte gezogen werden. Das nutzt der Region Braunschweig und dem ganzen Land Niedersachsen, das nutzt den Menschen, die dort Arbeit suchen und dort hoffentlich auch bald weitere Arbeitsplätze vorfinden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lassen Sie mich noch einmal auf Ihren konzeptionellen Ansatz, der leider nicht ganz gelungen ist, abheben. Für mich war die Auswertung der Anhörung sehr interessant und außerordentlich spannend. Ich meine, dass man die Bereiche Luftfahrt und Verkehrspolitik nicht losgelöst voneinander betrachten kann. Hier brauchen wir einen ganzheitlichen Ansatz.

Aber auch hier gibt es eine Tradition, die schon vor dem Regierungswechsel gepflegt worden ist; hier sind auch gute Vorarbeiten geleistet worden. Ich nenne nur die Logistikinitiative Niedersachsen, die vom Wirtschaftsministerium weiterentwickelt wird. Es ist wichtig, dass wir die Luftfahrt intensiv mit einbeziehen; denn schließlich gehören alle Verkehrsträger - die Schiene, die Wasserstraße, die Straße und letztlich auch der Luftverkehr - zusammen. Hier gibt es einen enormen Wachstumsmarkt, den wir uns aufgrund unserer geografischen Situation erschließen sollten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben von Anfang an deutlich gemacht - das will ich an dieser Stelle auch noch sagen -, dass die Landesregierung zu ihrer Verantwortung als Gesellschafterin des Forschungsflughafens Braunschweig steht. Wir haben auch deutlich gemacht, dass für den Ausbau ein erklecklicher Betrag aus Landesmitteln unter Hinzuziehung von EU- und GA-Mitteln bereitgestellt werden soll. Ich verweise auf die Regierungserklärung von Ministerpräsident Christian Wulff, der nach seiner Wahl erklärt hat, dass der Ausbau des Forschungsflughafens Braunschweig das zweitgrößte Projekt nach dem JadeWeserPort Wilhelmshaven sei, und das aus gutem Grund! Die Verhandlungen haben ergeben, dass sich das Land über seine Wirtschaftsförde

rungsinstrumente mit 14,6 Millionen Euro an den Gesamtausbaukosten von rund 35 Millionen Euro beteiligen wird.

Das heißt, meine sehr verehrten Damen und Herren: Trotz angespannter Finanzlage lässt die Landesregierung den richtigen Worten gute Taten folgen. Gesagt, getan! So kennen wir die Landesregierung, so kennen wir den Ministerpräsidenten und seinen Stellvertreter, unseren Wirtschaftsminister Walter Hirche.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich meine, mit der Verabschiedung dieses Antrags dokumentiert der Landtag mit großer Mehrheit, dass er beide Projekte will, dass er zu beiden Flughafenstandorten steht und dass er sie nach Maßgabe seiner Möglichkeiten weiterentwickeln wird.

Lassen Sie mich abschließend in Richtung Grüne sagen, die heute nicht zustimmen können: Ich gebe Sigmar Gabriel zwar ungern Recht - meistens hat er ja auch nicht Recht; das wurde in dieser Woche schon einmal erwähnt -, aber er hat in den letzten Wochen sinngemäß gesagt, dass letztlich die Grünen in der rot-grünen Koalition im Bund Schuld daran sind, dass überall dort, wo es um Innovationen, neue Technologien und um wirtschaftlichen Fortschritt geht - -

(Zurufe von den GRÜNEN)

- Dass Sie versuchen, diesen Eindruck mit phonetischer Gewalt zu verändern, ist klar.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Der wirtschaftliche Sachverstand ist bei uns und nicht bei Ihnen.)

- Sie beweisen auch durch Ihre Zwischenrufe, dass Sie nur zaudern, blockieren und bremsen können, wenn es um Arbeitsplätze und wirtschaftlichen Fortschritt geht. Das dokumentieren Sie immer wieder.

(Vizepräsidentin Ulrike Kuhlo über- nimmt den Vorsitz)

Herr Klein, Ihre Haltung ist in der Tat scheinheilig. Sie handeln so, seitdem es sie gibt. Vor Ort, wo Bürgerinitiativen sich zu Recht oder zu Unrecht über Belastungen beklagen, spielen Sie immer den Anwalt, ohne Rücksicht auf Verluste. Dort aber, wo entschieden wird, versuchen Sie sich aus der Verantwortung zu stehlen. Wir haben den Mut, vor Ort

auch unpopuläre Entscheidungen im Interesse unseres Landes durchzusetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Dafür haben wir hier den Mehrheitsauftrag. Die CDU- und die FDP-Fraktion werden den richtigen Kurs der Landesregierung in diesem Punkt weiterhin aktiv unterstützen und begleiten. Wir sorgen für wirtschaftliches Wachstum. Wir sorgen für Arbeit, Wohlstand und Beschäftigung. Dieses Feld ist bei unserer Regierung gut aufgehoben. Wenn die SPD hilft, kann das nur nutzen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als Nächster hat Carsten Lehmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Luftfahrtkonzept für Niedersachsen steht und ist erfolgreich. Dass sich der Landtag heute fraktionsübergreifend zu der Luftfahrt in Niedersachsen bekennen wird, ist ein wichtiges Zeichen für die Tausende von Arbeitsplätzen, die dieser Bereich direkt und indirekt für Niedersachsen bringt bzw. die hier in Niedersachsen schon existieren.

Die Kernpunkte des Konzeptes sind einfach: internationaler Flugbetrieb auf der einen Seite und Forschungsflughafen auf der anderen Seite. Mit dem Passagierflughafen Hannover Langenhagen haben wir einen am Markt etablierten internationalen Airport, der sich in keiner Hinsicht hinter Flughäfen ähnlicher Größe verstecken muss. Im Gegenteil! Während andere Flughäfen nur über Subventionen am Leben erhalten werden, wird der Flughafen in Hannover im dritten Jahr in Folge ein stabiles Wachstum in allen Geschäftsbereichen vorweisen und Gewinne einfahren. Damit kommt er seinem Ziel der Kapitalmarktfähigkeit ein gutes Stück näher.

Dieser Erfolg darf aber nicht durch hoch subventionierte Flughäfen gefährdet werden. Die Landesregierung muss sich weiter gegen solche volkswirtschaftlichen Fehlentwicklungen in anderen Ländern wenden. Diese Position teilen übrigens auch die meisten Fluggesellschaften, die kein Interesse an einer stärkeren Zerstückelung der Flughafenlandschaft haben.

Unser zweites Standbein, der Forschungsflughafen Braunschweig, erfüllt mich als Braunschweiger natürlich mit besonderem Stolz. Wir haben hier einen Standort, der europaweit seinesgleichen sucht. Nur im Bereich Toulouse haben wir mehr Beschäftigte, aber eine nicht so intensive Forschung. Durch die Verlängerung der Startbahn - Herr Kollege Eppers hat es eben schon gesagt -, für die sich das Land, die Städte Wolfsburg und Braunschweig sowie Volkswagen gemeinsam stark gemacht haben und der aufgrund der finanziellen Absicherung jetzt auch nichts mehr im Wege steht, wird dieser Standort weiter gestärkt. Natürlich bleibt Braunschweig auch zukünftig bei seinem Forschungsschwerpunkt. Eine Konkurrenzsituation zu Hannover - der Kollege Lenz hat darauf richtigerweise hingewiesen -, wie sie von einigen gelegentlich befürchtet wurde, gibt es nicht. Deswegen gibt es auch ein vernünftiges Miteinander und kein Gegeneinander dieser beiden Großstädte in Niedersachsen. Das wird auch schon durch die Zweckbindung der EU-Fördermittel sichergestellt.

Ich freue mich über die breite Zustimmung, weil sie für Niedersachsen gut ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Eppers, für Herrn Gabriel war das Foulspiel gegen Grün ja der Auftakt für seinen Bundestagswahlkampf. Ich weiß nicht, ob wir so etwas jetzt auch bei Ihnen als Ambition unterstellen sollen. Ihr Aufplustern gegenüber uns, um das zu begründen, was hier heute an Fehlsubventionen beschlossen werden soll, macht aus diesem Projekt immer noch kein sinnvolles Projekt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Lenz, Herr Oppermann und verehrte Kollegen von der SPD, was ist denn nun letztendlich aus Ihrem ambitionierten, aber wolkigen Antrag zu einem Luftfahrtkonzept Niedersachsen geworden? Nichts weiter als ein schlichter Ausbaubeschluss zur Startbahnverlängerung in Braunschweig, den Sie nun gemeinsam mit CDU und FDP fassen. Ich muss schon sagen, da war viel heiße Luft im Spiel. Das ist armselig. Genau diese Art von Tunnelblick

auf regionale Egoismen ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen und verkehrlichen Umfeldbedingungen sollte ein landesweites Luftfahrtkonzept gerade verhindern, das heute hier beschlossen wird. Bei der Einbringung waren wir uns noch darüber einig, dass eigentlich sogar ein bundesweites Luftfahrtkonzept beschlossen werden müsste.

Genauso widersprüchlich, wie sich hier Anspruch und Wirklichkeit des Beschlusses darstellen, und letztlich auch kontraproduktiv für den Wirtschaftsstandort ist Ihre Haltung zum Luftverkehr insgesamt. Wenn es um Kassel-Calden geht, würde der gesamte Landtag am liebsten in jeder Sitzung gegen die subventionierten Ausbaupläne der Hessen direkt an der niedersächsischen Landesgrenze zu Felde ziehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Lenz hat diese Ausbaupläne gerade wieder kritisiert und gegeißelt, und zwar völlig zu Recht.

Was ist bei der von Ihnen geplanten Startbahnverlängerung in Braunschweig aber eigentlich anders? Bei genauerer Betrachtung ergibt sich, dass rein gar nichts anders ist. Das ist scheinheilig und schäbig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihr Argument, dass mit dieser Startbahnverlängerung der Fortbestand und der Ausbau des Forschungsflughafens gesichert werden könnte, ist nachweislich falsch. Auch die zukünftige Forschungsflugzeuggeneration käme bei der geringen Beladung mit Messgeräten nach Auskunft von Fachleuten mit dem vorhandenen Rollfeld völlig problemlos aus. Die Überflugversuche in niedriger Höhe sollten ohnehin besser in einer weniger bewohnten Gegend über freiem Feld anstatt nun ausgerechnet über dem eigenen Rollfeld gemacht werden, in dessen Umfeld die Leute wohnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Würde man, was wir durchaus für vertretbar halten, mit geringem Kostenaufwand und ohne großflächige Straßenverlegung und Waldrodung eine weitere kleine Verlängerung des Rollfeldes vornehmen, dann wären zusätzlich sogar die meisten Bedürfnisse von VW für den Werksverkehr zu befriedigen. Herr Lenz, wir sind ja gar nicht so. Auch in dieser Hinsicht gäbe es gewissermaßen noch Luft.

Die Ziele Ihres heute vorliegenden Ausbaukonzeptes gehen aber weit über diese vorgeschobenen Argumente hinaus, Herr Eppers. Das wissen wir alle. Das eigentliche Ziel der Braunschweiger Politik ist, in den Charterflugverkehr einzusteigen, damit sich die Investitionen in eine moderne Flugsicherung rentieren,

(Carsten Lehmann [FDP]: Das glaubt Ihnen doch kein Mensch!)

denn bei dem bisherigen Betrieb ist sie hoch defizitär. Die 15-jährige Bindung der EU-Mittel an den Forschungsbetrieb ist da kein Hinderungsgrund. Die Forschung wird sicher parallel weiter betrieben werden. Es kann keiner etwas dagegen haben, wenn Abfertigung und Vorfeld in Braunschweig ausgebaut werden. Forschung wird immer betrieben. Es wäre letztlich alles nicht so schlimm, wenn es denn eine wirtschaftliche Zukunft für derartig aufgeblasene Regionalflughäfen in Deutschland gäbe. Was für Kassel-Calden gilt, gilt aber erst recht für Braunschweig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Oppermann, 50 km neben dem nur zu 50 % ausgelasteten Großflughafen Hannover entsteht eine unsinnige subventionierte Doppelstruktur. Experten warnen in Deutschland längst vor Flughafenruinen, weil es schon 77 Standorte mit Startund Landebahnen von 2 400 m Länge bei uns gibt. Diese Start- und Landebahnen sind deutlich länger, als die Start- und Landebahn in Braunschweig selbst nach dem Ausbau sein wird. Wie wollen wir denn gegen diese Konkurrenz bestehen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Hagenah, Ihre Zeit ist abgelaufen.

Ich weiß. Einen Satz noch! - Beide Flughäfen haben eine Beteiligung des Landes. Diese Doppelförderung ist ein Schuss ins eigene Knie. Ich hoffe, Sie haben noch die Gelegenheit, diese Fehlinvestition zu verhindern, selbst wenn sie heute beschlossen wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)