Protokoll der Sitzung vom 23.06.2005

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat Wirtschaftsminister Hirche das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man staunt immer wieder, wie die Grünen die Weisheit mit Löffeln gefressen haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es ist so: Da können 70, 80 oder 90 % der Bevölkerung oder der Experten einer Meinung sein: Die Grünen meinen, als deutsche Oberlehrer der Nation auftreten zu müssen, so wie das vor 100 Jahren schon einmal auf der rechten Seite der Fall war.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es geht im Zusammenhang mit dem Luftverkehrskonzept gerade darum, die Dinge in Niedersachsen zu ordnen, wie das von den anderen Rednern eben auch ausgeführt worden ist. Wir haben einen internationalen Flughafen in Hannover, und wir haben einen Forschungsflughafen in Braunschweig, der mit anderen Regionalflughäfen überhaupt nicht konkurrieren will, wie Sie behauptet haben, Herr Hagenah. Sie haben sogar unterstellt, die Landebahn in Braunschweig sei noch zu kurz, um gegen die Konkurrenz bestehen zu können. Wir wollen diese Konkurrenz nicht. Wir wollen in Braunschweig aber etwas fortführen, worauf auch der Kollege Lenz hingewiesen hat. Ich bin besonders stolz darauf, dass das Institut für Avionik 1988 in meiner ersten Amtszeit gegründet worden ist, dass der Ausbau des DLR mit dem Institut für Strukturmechanik damals durchgeführt worden ist und dass die SPD dies in vollem Umfang fortgeführt hat. Jeder von uns ist schließlich darauf angewiesen, ob Vorgänger etwas vernünftig angefangen haben oder nicht. In dieser Situation sind wir auch in diesem Falle.

Wir wollen die erwähnte Struktur gemeinsam entwickeln. Ich denke, auch im Zusammenhang mit dem, was wir an regionaler Wirtschaftsentwicklung betreiben, spielt Braunschweig als europäisches Forschungszentrum im Luftfahrtbereich eine gewaltige Rolle. Es ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass wir im Grunde zu wenig damit werben, dass in Europa nach Toulouse in Braunschweig die zweitgrößte Zahl von Forschern insbesondere im Bereich der Luftsicherheit tätig ist.

Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass das Luftfahrtkonzept im Wirtschaftsausschuss breite Zustimmung gefunden hat, dass damit diese Leitlinien unterstützt worden sind und dass es uns

in schwierigen Verhandlungen mit Braunschweig, Wolfsburg und der Volkswagen AG gelungen ist, ein Finanzierungskonzept zustande zu bekommen. Das wird uns, um einen Blick in die Zukunft zu richten, sicherlich dabei helfen, das Projekt GALILEO - Satellitenortung für durchaus irdische Dinge -, das die Europäischen Union als eigenständige Technologie neben GPS etablieren will, zu unterstützen.

Natürlich gibt es in Braunschweig den einen oder anderen, der meint, man könnte da auch Charterverkehr machen. Das wird aber nicht funktionieren.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Legen Sie in die Förderung doch eine Bedingung hinein!)

Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen sagen, dass das Land neben den Mitteln, die es im Rahmen der GA zur Verfügung stellt, auch seinen Gesellschafterverpflichtungen gerecht werden wird. Das alles steht nicht im Widerspruch zu der Förderung des Flughafens Hannover. Von daher freue ich mich sehr über die breite Übereinstimmung in diesem Lande. Das dient nicht nur der Stabilisierung der Region Braunschweig, sondern ist auch eine Chance für die Entwicklung neuer Arbeitsplätze.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 43: Zweite Beratung: Handwerk und Mittelstand weiter stärken Investitionshemmnisse abbauen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drs. 15/1897 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 15/2045

Die Beschlussempfehlung lautet auf Annahme. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich erteile dem Abgeordneten Hermann Dinkla das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der heute zur Verabschiedung vorliegende Antrag zur Stärkung von Handwerk und Mittelstand ist wichtiger denn je und nach wie vor auch hoch aktuell. CDU und FDP machen mit diesem Antrag die Notwendigkeit deutlich, dass Handwerk und Mittelstand nach sieben Jahren rot-grüner Bundespolitik dringend Unterstützung brauchen und sich auch nach einer anderen Mittelstandspolitik auf Bundesebene sehnen.

Lassen Sie mich weniger auf die Einzelpunkte des Antrags eingehen, sondern vielmehr noch einmal die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs hervorheben. Die Lage vieler mittelständischer Unternehmen und Betriebe ist Besorgnis erregend. Das kann man einer aktuellen Publikation aus dem Wirtschaftsbereich entnehmen. Ich nenne nur sechs Überschriften: „Mittelstand im Stimmungstief“, „Rückgang am Bau hält an“, „Einzelhändler klagen und hoffen“, „Deutsche scheuen Sprung in die Selbständigkeit“,

(Thomas Oppermann [SPD]: Das al- les in Niedersachsen?)

„Schattenwirtschaft blüht weiter“ und „Zahlungsunmoral: Verbraucher und öffentliche Hand säumig“.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ist ja apokalyptisch!)

Solche Bewertungen sind zurzeit im Mittelstand anzutreffen. Sie machen deutlich, welche Situation dort vorherrscht.

Der Anstieg der Anzahl der Insolvenzen in Deutschland auf jetzt mehr als 40 000 ist so stark

wie noch nie nach der Wiedervereinigung. In der Zeit der Regierung Schröder stieg die Verschuldung des Bundes von 742 Milliarden Euro auf wahrscheinlich ca. 900 Milliarden Euro bis zum Ende dieses Jahres. Das ist die rot-grüne Bilanz 2005. Das ist im Ergebnis auch mittelstandsfeindliche Politik; denn rot-grüne Politik in dieser Qualität hat Investitionen auf allen Ebenen abgewürgt. Herr Oppermann, das ist das Ergebnis der Verschuldungspolitik. Sie heben ja immer stark auf die Investitionsquote ab.

Leider müssen wir auch mit Sorge feststellen, dass es die rot-grüne Bundesregierung in ihrer ablaufenden Regierungszeit verschlafen hat, negative Entwicklungen im Mittelstand aufzuhalten, geschweige denn neu zu gestalten; denn wo, bitte schön, ist das überzeugende und geschlossene Mittelstandskonzept des Bundes?

Es ist sicherlich eine Binsenweisheit, dass die Politik keine Arbeitsplätze schaffen kann. Sie hat es aber in der Hand, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Deutschland als Standort wieder attraktiv wird - sowohl für ausländische Firmen, die sich für Investitionen in Deutschland interessieren, als auch für deutsche und ausländische Firmen, die hier bereits einen Standort haben, aber insbesondere natürlich auch für mittelständische Unternehmen.

(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

Meine Damen und Herren, wir haben den vorliegenden Antrag zu einem Zeitpunkt geschrieben, als Bundeskanzler Schröder zwar angezählt, aber von Neuwahlen noch nicht die Rede war. Dass er so schnell den politischen Abschied einreichen würde, konnten wir nicht voraussehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Durch die neue Situation im Bund wird unser Antrag aber nicht falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Wir müssen umgehend zu umfassenden Reformen in den aufgezeigten Bereichen kommen. Ich bin davon überzeugt, dass, wenn die politischen Koordinaten nach dem 18. September wieder auf „Vorfahrt für Arbeit“ stehen, auch der Mittelstand mit seinen Anliegen wieder eine politisch angemessene Beachtung findet.

Wir brauchen für den Mittelstand ein Reformpaket in allen Bereichen: in der Finanz-, Steuer- und Arbeitsmarktpolitik sowie in den sozialen Siche

rungssystemen. Eine Steuerreform ist dringend notwendig, nicht nur im Interesse der Unternehmen, sondern auch im Interesse der Bürger.

Meine Damen und Herren, die von uns in dem Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen im Bereich der Steuerpolitik sind besonders geeignet, Handwerk und Mittelstand und damit auch die hiesige Wirtschaft zu stärken. Deshalb werden wir heute den Antrag mit den Stimmen von CDU und FDP verabschieden. Der Mittelstand in diesem Land kann wieder Hoffnung schöpfen. Im Herbst werden die richtigen Weichenstellungen vorgenommen.

Meine Damen und Herren, ich möchte meine Redezeit bewusst nicht ausschöpfen. Auch damit kann man seinen Beliebtheitsgrad steigern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Grund, meine Damen und Herren, ist aber vorrangig der, dass es ohnehin ein aussichtsloser Versuch bliebe, die SPD und die Grünen zu einem vernünftigen Mittelstandskonzept zu bewegen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Als Nächster hat der Kollege Oppermann von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon bemerkenswert: Nach zweieinhalb Jahren entdecken die Regierungsfraktionen im Niedersächsischen Landtag ihr Herz für den Mittelstand.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU und bei der FDP)

Es wäre besser gewesen, wenn Sie Ihren Verstand aktiviert hätten.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich will exemplarisch für den ganzen Antrag nur Ihre Forderungen unter Nr. 1 und Nr. 8 kommentieren.

Sie wollen die Wirtschaft mit Ihrer Forderung ankurbeln, dass in Privathaushalten alle Handwerkerrechnungen von den Auftraggebern von der Steuer abgesetzt werden können. Als Sie diesen Antrag

eingebracht haben, hatten Sie nicht ausgerechnet, in welcher Höhe Steuerausfälle damit verbunden sind: Niedersachsen hat nach Angaben des Finanzministers im Haushalt 2005 eine Deckungslücke von 1,2 Milliarden Euro.

(Zuruf von der CDU)

- Das haben Sie doch gesagt. Das müssen Sie jetzt noch darstellen.