Protokoll der Sitzung vom 24.06.2005

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wir auch, mein Lieber!)

Wir sind auch sehr zuversichtlich, dass das klappt; denn wie die Bundesregierung jetzt dasteht, sieht man schon daran, dass Schröder und Müntefering alle SPD-Parteimitglieder angeschrieben haben

und ihnen ein bisschen Mut gemacht haben und zugleich Antje Hermenau sagt, dass die SPD, in Auflösung begriffen, derzeit nicht mehr fähig sei zu regieren. - Sie ist Mitglied im Parteirat der Grünen. „Schröder treibt seine Partei in den Ruin“: HeinzWerner Schuster, AfA-Landesvorstand NRW. Das ist bekanntlich die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen. So sehr kann es mit dem Vertrauen der Arbeitnehmer und Gewerkschaften einerseits und SPD andererseits nicht sein. Ich meine schon, dass viele eine Perspektive sehen, wenn die Bundesregierung wechselt und Angela Merkel regiert.

Sie haben alle diese Punkte wiederholt, nachdem Herr Oppermann sie schon angesprochen hat, und auf Zeitungsartikel verwiesen. - Das ist nun mal so in einer Partei, die das Programm ernst nimmt. Da wird diskutiert. Da wird auch kontrovers diskutiert. Da wird dann entschieden. Und am Ende steht ein Programm. Selbstverständlich wird dann auch konsequent vor der Wahl gesagt, was man nach der Wahl tun will. Das kann man so tun, wie wir es in Niedersachsen gemacht haben. Die Auswirkungen wird man auch auf die Länder herunterrechnen können. Ich bin ganz sicher, dass eine dynamische Wirtschaftspolitik und eine solide Finanzpolitik auch Erfolge für Niedersachsen bringen werden. Es wird dann nicht nur ein Erfolg der Landespolitik sein, sondern im Verbund mit der Bundespolitik wird es dann positive Perspektiven geben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Diese Perspektiven sind auf Bundesebene nun wirklich nicht zu erkennen, wenn wir feststellen, dass wir in jeder Sekunde 1 714 Euro neue Schulden anhäufen und dass der Bund mit 51 Milliarden Euro Schulden in 2005 der größte Defizitverursacher ist. Wenn es mit der Arbeitslosigkeit so weitergeht, dann war das die größte Täuschung dieses Bundeskanzlers, der gesagt hat, dass er daran gemessen werden wolle, dass die Arbeitslosigkeit deutlich sinke. Daran wollte er schon vor der letzten Wahl gemessen werden. Mit der Täuschung vor der letzten Wahl hat er dann noch einmal knapp gewonnen - das ist richtig -, aber die Diskussion darüber, ob er das eingehalten hat, was er vor der Wahl versprochen hat, mussten wir gar nicht führen, sondern die haben die parteiintern geführt. Es war Ottmar Schreiner, es war Andrea Nahles, und es war natürlich auch der ehemalige Bundesvorsitzende der SPD, Lafontaine. Das waren diejenigen, die ernsthaft und immer wieder deutlich gemacht haben, dass man mit den Ver

sprechungen vor der Wahl nach der Wahl nicht mehr mitgehalten hat.

(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Jetzt reden wir einmal zum Antrag!)

- Antrag? - Der Antrag ist so überflüssig wie nur was.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das hat soeben auch Bernd Althusmann dreimal gesagt. Es ist völlig klar: Die Frage, ob es ein Mehrwertsteuerkonzept gibt, das in der Schublade liegt, das versteckt wird und dessen Auswirkungen den Bürgern vorenthalten werden sollen, ist so absurd wie nur was. Diese Entscheidung wird natürlich im Programm deutlich gemacht werden, weil man den Leuten vorher sagen muss, was nach der Wahl insgesamt passieren soll. Die Auswirkungen, beispielsweise auch was die Krankenversicherung betrifft, alle die Punkte, die im Wahlprogramm stehen werden, werden vor der Wahl transparent sein. Dafür brauchen wir doch keinen Antrag. Das ist Charakter, das ist Wesensmerkmal der CDU. Das war immer so.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wer das genau wissen will, kann das ja anhand der Landespolitik vergleichen. Wir haben vor der Wahl gesagt: Wir senken die Nettoneuverschuldung.

(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Schade, dass es nicht geklappt hat!)

Wir haben vor der Wahl gesagt: Wir schaffen in dieser Wahlperiode einen verfassungsgemäßen Haushalt. - Wir haben es zwei oder drei Jahre hintereinander gemacht, und wir machen so weiter.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

- Nun sollten sich nicht alle diejenigen aufregen, die mit dem Rechnen Schwierigkeiten haben. Das ist nicht nötig.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben vor der Wahl gesagt: Wir machen eine Schulreform. - Wir haben vor der Wahl gesagt: Wir

stellen 2 500 Lehrer zusätzlich ein. - Wir haben vor der Wahl gesagt: Wir stellen während der Wahlperiode 1 000 Polizisten ein. - Wir haben im Grunde genommen alles - auch was die Bezirksregierungen und die Verwaltungsreform angeht - klipp und klar und präzise vor der Wahl gesagt. Es ist nach der Wahl schrittweise und ganz konkret umgesetzt worden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn man das schon so solide vormacht, warum gibt es dann um Himmels willen noch jemanden, der Zweifel daran hat, dass wir das an anderer Stelle auch tun? Das ist geradezu absurd, das ist geradezu paradox. Karin Stief-Kreihe, vielleicht kannst du solch einen Antrag im Kreistag in Meppen stellen. Hier im Landtag sollte man es lassen.

(Heiterkeit und starker, lang anhalten- der Beifall bei der CDU und bei der FDP - Bernd Althusmann [CDU]: Bes- sere Steilvorlagen können Sie uns gar nicht geben! - Weiterer Zuruf von der CDU: Davon erholt ihr euch nicht so schnell!)

Wenn Sie alle sich ein wenig beruhigt haben, möchte ich den nächsten Redner aufrufen. - Herr Finanzminister Möllring, bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es besonders großherzig vom Kollegen Rolfes, dass er den Landkreis Emsland sozusagen als Abfalldeponie für überflüssige Anträge nehmen will. Ob das mit Herrn Bröring abgesprochen ist, sei einmal dahingestellt.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Was die machen, ist immer abgesprochen!)

Ich stelle fest, dass die Überschrift Ihres Antrages Ihnen schon einige Interpunktionsschwierigkeiten gebracht hat, lieber Herr Möhrmann. Oder haben Sie es wirklich so gemeint, wie es hier steht? Hier steht: „Programmierte Wählertäuschung“. Nach dem Doppelpunkt folgt die Erläuterung: „Christian Wulff muss mit Ehrlichkeit und Offenheit vor die niedersächsischen Wählerinnen und Wähler treten“. Ist das nun Wählertäuschung, oder tritt er mit Ehrlichkeit und Offenheit, wie wir das seit zweiein

halb Jahren von ihm gewohnt sind, vor die Wählerinnen und Wähler?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vermutlich meinen Sie es umgekehrt, dass es inzwischen viele Bürger von Ihnen gewohnt sind - Herr Gabriel macht es uns ja jeden Tag vor, dass nachmittags etwas anders ist als vormittags; bei Herrn Schröder ist es genauso -, dass von dem, was gesagt wird, genau das Gegenteil zu glauben ist. Sie meinen also vermutlich, er würde die Wähler täuschen, weil diese glauben, wir machten genau das Gegenteil von dem, was wir sagen.

Wir haben klar gesagt, dass wir als Landesregierung natürlich keinerlei Planungen für eine Mehrwertsteuererhöhung haben. Wir werden im Rahmen einer Steuerreform selbstverständlich über alle Subventionen nachdenken müssen. Darüber haben wir beim letzten Tagesordnungspunkt diskutiert. Sie wollten das, worum es bei diesem Punkt ging, zementieren. Hier hingegen stellen Sie wieder etwas zur Disposition. Was den dritten Punkt angeht, so darf es doch wohl gar keinen Streit geben. Dass die Lohnnebenkosten und damit auch die Kosten für die Arbeitslosenversicherung gesenkt werden müssen, ist doch wohl selbstverständlich, damit wir im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig sind.

(Dieter Möhrmann [SPD]: 50 Milliar- den!)

- Lieber Herr Möhrmann, es geht natürlich auch darum, eine Wirtschaftspolitik zu betreiben, die es den Unternehmen ermöglicht, hier Arbeitsplätze zu schaffen. Bei dem zuletzt behandelten Tagesordnungspunkt haben wir ja gerade darüber diskutiert, dass Sie dies nicht wollen. Sie wollen mit einer starren Tarifpolitik und mit einem starren Arbeitsrecht die Schaffung von Arbeitsplätzen verhindern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wer das tut, zementiert natürlich die Arbeitslosigkeit und die hohen Kosten der Arbeitslosenversicherung. Das ist aber mit uns nicht zu machen.

Mich hat besonders gefreut, Herr Möhrmann, dass Sie hier gesagt haben, es muss im September alles schon in den Haushalt hineingeschrieben werden, was Frau Merkel nach der Wahl umsetzt. Dieses Vertrauen in Frau Merkel ist gerechtfertigt. Sie sollten aber als Parlamentarischer Geschäfts

führer wenigstens nach außen hin so tun, als wenn Sie noch auf Sieg und nicht auf Platz setzten.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben, was die Wahl angeht, offensichtlich völlig aufgegeben. Deshalb werden wir jetzt das machen, was wir schon immer getan haben. Wir werden einen Haushaltsplan anhand der geltenden Gesetze aufstellen. Damit sind wir sehr gut gefahren. Wenn es dann sehr viel besser wird, was wir unterstellen, wenn die FDP mit der CDU in Berlin endlich die Mehrheit stellt, dann werden wir mit dem Problem fertig. Dann werden wir Ihnen zeigen, dass es mit Deutschland und damit auch mit Niedersachsen weiterhin bergauf gehen wird. Lassen Sie Ihren Worten Taten folgen! Wählen Sie diesmal CDU!

(Heiterkeit und starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Kollege Wenzel das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Möllring, der Spruch „Hochmut kommt vor dem Fall“ trifft am ehesten auf Sie zu. Ich bin gespannt, wie es in den nächsten Monaten weitergeht. Wir sprechen uns noch.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Möllring, wie oft haben Sie hier schon gestanden, als wir über die Eigenheimzulage diskutiert haben! Sie haben hier gestanden und beteuert, nie im Leben, Sie würden die Eigenheimzulage verteidigen, Sie würden hier wie eine Eins stehen und die Eigenheimzulage nicht zu Fall bringen. Herr Möllring, wie oft haben wir hier auch über die Fahrtkostenpauschale diskutiert! Sie haben sich dann immer hier hingestellt und alles hart bekämpft, was auf eine Abschmelzung oder eine Modifizierung hinauslief. Wie oft haben wir hier im Plenum über jedes Gerücht in Bezug auf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer diskutiert! Was für wilde Verdächtigungen wurden hier am Redepult ausgesprochen! Scharf gegeißelt haben Sie jeden, der auch nur ein bisschen in den Verdacht geriet, solche Dinge zu denken.

Herr Möllring, jetzt kommt bei Ihnen plötzlich alles ins Wanken. Alles wird plötzlich denkbar. Außerdem haben Sie Steuersenkungen versprochen: Steuerversprechen bei der Rente - 10 bis 15 Milliarden teuer -, Kopfpauschale - zweistelliger Gegenfinanzierungsbedarf im Milliardenbereich -, Pflegeversicherung - 12 Milliarden -, Spitzensteuersatzsenkung - 10,7 Milliarden. Das sind Unmengen von Versprechungen: alle nicht finanzierbar.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Aber die Bürgerzwangsversicherung!)

Jetzt der Hit: Jetzt kommt sogar die FDP mit der höheren Mehrwertsteuer. Die FDP ist mit dem Projekt 18 und ihrem jetzigen Fraktionsvorsitzenden Westerwelle und Herrn Möllemann schon einmal abgestürzt.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Er ist Par- teivorsitzender, Herr Wenzel!)

Jetzt liest man von Ihrem Kollegen Lindner aus Berlin, Herr Rösler, außerdem dürfe der Mehrwertsteuersatz maximal um zwei Punkte auf 18 % erhöht werden. Das ist interessant. Das ist jetzt zum zweiten Mal das Projekt 18 der FDP.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich bin gespannt, wie diese Debatte ausgeht. Mit dem Projekt 18 haben Sie ja sehr viel Glück gehabt. Ich wünsche Ihnen auch bei dieser Debatte viel Spaß. Sie haben gesagt, Sie wollten ehrlich antreten. Insofern haben Sie jetzt natürlich Gelegenheit, der Bevölkerung und Ihren Wählerinnen und Wählern vorher ganz deutlich zu sagen, was möglich und was nicht möglich ist und wie Sie all die Wahlversprechen, die Sie gemacht haben, gegenfinanzieren wollen. Wir sind gespannt. Wir finden vor allen Dingen in Bezug auf die Subventionskürzungen ganz interessant, was sich hier in den letzten Wochen bewegt hat.