Protokoll der Sitzung vom 14.09.2005

Entweder haben Sie sich deshalb vom Begriff des „Konsolidierungspotenzials“ in die Irre leiten lassen, oder Sie haben schlicht in einen veralteten Haushaltsplan Ihrer Regierungszeit geschaut.

Zu den von uns beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen gehört auch, für Polizeivollzugsbeamte mit Wirkung vom 1. Januar 2009 die Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand in zwei Schritten auf das vollendete 62. Lebensjahr anzuheben. Um die Wirkungen einer verlängerten Lebensarbeitszeit auf die Beförderungsmöglichkeiten im gehobenen Polizeivollzugsdienst abzufedern, haben wir gleichzeitig Stellenhebungen vorgeschlagen, sodass nach meiner festen Überzeugung diese Beschlüsse nicht nur zumutbar sind, sondern mit Blick auf das Gesamtpaket auch nicht den Protest verdienen, der vereinzelt angedeutet wurde. Einspareffekte werden schon ab 2006 durch die nicht erforderliche Einstellung von Anwärterinnen und Anwärtern für den Polizeivollzugsdienst erzielt. Im vorliegenden Entwurf bringt uns dies eine Haushaltsentlastung im Jahre 2006 von rund 2,5 Millionen Euro, die aber schon bis zum Jahre 2009 auf 17,3 Millionen Euro pro Jahr aufwächst. Dieser Betrag wird sich ähnlich wie bei der Verwaltungsmodernisierung in den Folgejahren noch erhöhen, sodass allein für den Zeitraum bis 2018 ein Volumen von rund 215 Millionen Euro erwirtschaftet wird - natürlich saldiert.

Meine Damen und Herren, die Verschlankung von Verwaltung, die Deregulierung und Entbürokratisierung bleiben zentrales Anliegen dieser Landesregierung. Mit den Bezirksregierungen wurde eine ganze Verwaltungsstufe abgeschafft. Aber die Verwaltungsmodernisierung geht natürlich weiter. In einem nächsten Schritt wird die Vielzahl der Laboreinrichtungen des Landes reduziert und eine auch ressortübergreifende Zusammenarbeit angestrebt. Das Landesbergamt fusioniert mit dem Landesamt für Bodenforschung, die Aus- und Fortbildung für Landesbedienstete wird reorgani

siert. Kurz und gut: Verwaltungsreform bleibt eine Daueraufgabe.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Da auch die Trägerschaft von Krankenhäusern im Grundsatz nicht zu den staatlichen Kernaufgaben gehört, hat das Kabinett beschlossen, die zehn niedersächsischen Landeskrankenhäuser zu veräußern. Es ist völlig selbstverständlich, dass wir hierbei mit größter Sorgfalt vorgehen, gerade was die medizinische Betreuung und vor allem den Maßregelvollzug betrifft. Wir werden bei einem Verkauf strenge Kriterien an den Erhalt der Qualitäts- und Sicherheitsstandards anlegen. Wir trauen aber eben auch privaten Betreibern zu, das, was bisher staatlich war, genauso gut oder besser wahrnehmen zu können. Ich finde es bemerkenswert, dass auch die ehemalige rot-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein diesen Weg bis zum Vertragsabschluss gegangen ist, während die Opposition hier im Landtag so tut, als würde bei einem Wechsel des Trägers die Krankenhauswelt in sich zusammenfallen.

Meine Damen und Herren, natürlich geht gerade beim Verkauf der Landeskrankenhäuser Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Wir wollen und können aber auf die Einnahmen aus solchen Veräußerungen nicht verzichten. Dies gilt auch für den Verkauf der Rückflüsse aus dem Vermögen der Landestreuhandstelle. Allein durch die Ankündigung, dass wir die Landeskrankenhäuser privatisieren wollen, haben wir Nachfragen ohne Ende. Daran sehen Sie, dass das im Moment ein Verkäufermarkt ist, sodass wir die Bedingungen so gestalten können, dass dabei weder Bedienstete noch Patienten irgendeinen Schaden haben. Das ist bei dieser Landesregierung völlig normal. Das haben wir bei allem getan, was wir bisher veräußert haben. Das werden wir auch in Zukunft tun.

(Zuruf von Axel Plaue [SPD])

- Vielen Dank für diesen Hinweis, Herr Plaue.

(Axel Plaue [SPD]: Das ist völliger Quatsch!)

Wie Sie wissen, hat das Land Niedersachsen im Jahre 1991 die drei Förderfonds der LTS als haftendes Eigenkapital auf die NORD/LB übertragen. Die Bank nutzt dieses Vermögen in Höhe eines Barwertes von 767 Millionen Euro als Kernkapital. Aufgrund der vom Wirtschaftsjahr 2007 an geltenden Anforderungen an die Rechnungslegung der

NORD/LB nach internationalen Standards wird dieser Betrag künftig aber nicht mehr als Kernkapital anerkannt werden. Die Träger der Bank haben sich daher im März darauf verständigt, dass die Landesregierung das LTS-Vermögen durch eine geeignete Kapitalmaßnahme ersetzt. Um für diese Kapitalmaßnahme liquide Mittel zu erhalten, ist vorgesehen, die garantierten Mittelrückflüsse aus den von der LTS vergebenen Darlehen zu veräußern. Das Interesse am Finanzmarkt dafür ist riesengroß, sodass wir mit Hilfe eines Bieterverfahrens den für uns vorteilhaftesten Investor ermitteln werden.

Um es deutlich zu sagen: Dieses Geld soll in erster Linie eingesetzt werden, um das LTS-Vermögen als Kernkapital der NORD/LB zu ersetzen und die Bank am Markt gut aufzustellen. Eine entsprechende VE haben wir Ihnen in dem Entwurf vorgeschlagen. Wer immer das von uns praktizierte Verfahren kritisiert, muss deshalb auch sagen, welche Alternativen für die zukünftige Eigenkapitalbildung der Landesbank er bzw. sie vorschlägt. Ich bin sicher, nicht nur die Beschäftigten der NORD/LB wären sehr gespannt zu erfahren, was SPD oder Grüne in Niedersachsen an dieser Stelle anders machen würden. Dass wir bei dieser Transaktion versuchen, auch noch einen gewissen Vorteil für den Landeshaushalt zu erwirtschaften, kann uns doch ernsthaft niemand vorhalten. Wenn uns das gelingt, müssen wir nicht an anderer Stelle zusätzliche Einschnitte vornehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, mithilfe der Vermögensaktivierungen schlagen wir eine Brücke zwischen rasch reduzierten Einnahmeniveaus des Landes und weniger flexiblen Ausgabeniveaus. Wir brauchen die Erlöse aus dem Verkauf von Landesbeteiligungen, bis die von uns eingeleiteten Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung, der Privatisierung, der Personalausgabenreduzierung und der Veränderung von Leistungsgesetzen aufwachsen und den Haushalt noch mehr als heute bereits entlasten, und wir brauchen endlich wieder ein spürbares wirtschaftliches Wachstum. Nur das Geld, das wir einnehmen, können wir auch ausgeben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wie Sie wissen, hatten wir in diesem Jahrhundert noch kein bzw. nur ein unmaßgebliches Wirtschaftswachstum. Aber jeder Einzelne kann ja da

zu beitragen, dass das ab Sonntag besser wird. Sie brauchen nur die entsprechende Wahlentscheidung zu treffen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Einnahmeseite des Staates hängt wesentlich von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Unter der abgängigen Regierung hat Deutschland seine Dynamik auf diesem Feld verloren. Das durchschnittliche Wachstum hat sich gegenüber den Jahren von 1990 bis 1998 fast halbiert. Es ist eine bittere Tatsache, dass sich Deutschland mittlerweile mit Moldawien ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen um die rote Laterne beim langfristigen Wirtschaftswachstum in Europa liefert.

(Zuruf von der SPD: Auf welcher Ba- sis?)

- Auf welcher Basis? - Das kann ich Ihnen sagen. Bei dem von der Bertelsmann-Stiftung vorgelegten Standort-Ranking der Industrienationen belegte Deutschland im vergangenen Jahr den letzten Platz, und in der internationalen Rangliste der Weltbank zu den Standortfaktoren in 155 Ländern landete die Bundesrepublik im letzten Jahr hinter Botswana.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe gar nichts gegen Botswana. Daran, ob das der geeignete Sparringspartner für Deutschland ist, habe ich trotzdem Zweifel.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun möchte ich aber zugeben, dass es Deutschland in der aktuellen Studie der Weltbank für das Jahr 2006 immerhin geschafft hat, Botswana zu überholen. Aber bei allem Respekt vor Botswana: Soll das Schröders Aufschwung sein? - Nach Einschätzung von Michael Klein, Vizepräsident der Weltbank, sollte sich damit - ich zitiere - „die größte Volkswirtschaft Europas nicht zufrieden geben. Der Abstand zur Spitzengruppe ist trotz der Fortschritte nach wie vor gewaltig.“

Selbst 2004, dem Jahr des größten weltwirtschaftlichen Booms seit einem Vierteljahrhundert, wurden in Deutschland per Saldo keine neuen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze geschaffen. Stattdessen wurden die Staatsschulden ausgeweitet und die Reserven der Sozialversicherungen weiter aufgezehrt.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten - Monika Wörmer-Zimmermann [SPD]: Sagen Sie mal etwas zu Ihrem Haus- halt!)

- Ich habe Sie leider nicht verstehen können, Frau Kollegin. Ich rede zu unserem Haushalt - das ist auch Ihr Haushalt; das ist der Haushalt dieses Landes Niedersachsen -, der sehr davon abhängig ist, ob wir in der Bundesrepublik Wirtschaftswachstum haben oder nicht. In den letzten Jahren hatten wir leider kein Wirtschaftswachstum.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wirtschaftspolitik ist nun mal Bundespolitik. Ich darf Ihnen eines sagen: 1 % Wirtschaftswachstum in Deutschland bringt für Niedersachsen 200 bis 250 Millionen Euro Mehreinnahmen. Daran sehen Sie, wie sehr wir vom Wirtschaftswachstum abhängen. In der Mipla Ihrer letzten Regierungszeit haben Sie für dieses Jahr 7 % Wirtschaftswachstum vorhergesagt.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

- 7 %! -, damit die Ausgaben durch die Einnahmen gedeckt wurden. Deshalb rede ich hier genau dazu, wozu Sie etwas hören wollen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf)

- Ja, nachdem vorher ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 3,5 % prognostiziert worden war. Die 21 mussten schon mal herunter. Insgesamt hätte in den letzten vier Jahren das Wirtschaftswachstum 28 % betragen müssen. In diesem Jahr wird das Wachstum aller Voraussicht nach erneut unter 1 % bleiben. Die Folgen der aktuellen Ölpreisentwicklung sind bei dieser Prognose noch nicht berücksichtigt.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns darüber klar sein, dass auch in Zukunft das Wirtschaftswachstum für die Haushaltsplanung eine nur schwer bestimmbare Größe sein wird. Umso wichtiger ist es, dass wir wenigstens im nationalen Rahmen alles dafür tun, einer Politik für mehr Wachstum und Beschäftigung endlich Vorrang einzuräumen. Zu diesem Zweck brauchen wir eine Reform der umlagefinanzierten Sozialsysteme, eine radikale Vereinfachung unseres Steuerrechts

(Zustimmung von Dr. Harald Noack [CDU])

und einen weitgehend deregulierten Arbeitsmarkt. Das sind die drei zentralen Themen der nächsten Monate und Jahre und auch der nächsten drei Tage.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das deutsche Steuerrecht steht wie nirgends sonst auf der Welt für Komplexität und Unübersichtlichkeit, für überhöhte Sätze und verfestigte Besitzstände. Man muss nicht in allen Punkten mit Paul Kirchhof einer Meinung sein, aber man kann doch feststellen: So, wie es bisher ist, kann es nicht bleiben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir brauchen deshalb eine grundlegende Reform, die in allererster Linie ein bisher viel zu kompliziertes Steuerrecht verständlich macht. Als Landesfinanzminister bin ich an einer solchen Reform gleich doppelt interessiert. Zum einen wird die Vereinfachung als Investitionsanreiz dienen und damit mehr Geld in die Kassen spülen. Zum anderen wünsche ich mir als verantwortlicher Dienstherr für mehr als 12 000 Beschäftigte in der Steuerverwaltung natürlich, dass die Fallbearbeitung künftig sehr viel leichter von der Hand geht und vielleicht auch von weniger Händen erledigt werden kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, um Wirtschaftswachstum zu stimulieren, ist es nicht nur erforderlich, die inländische Investitionsnachfrage anzuregen. Mindestens ebenso wichtig ist es, dass die hierzulande vorherrschende Konsumzurückhaltung aufgegeben wird. Ich bin davon überzeugt, dass die Kaufentscheidung der Bundesbürger nicht von ein oder zwei Punkten Mehrwertsteuer abhängt, sondern davon, ob es in unserem Land nach Jahren der Stagnation gesamtwirtschaftlich endlich wieder aufwärts geht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Was die Menschen dafür brauchen, sind Verlässlichkeit und Seriosität ihrer Regierung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Stefan Wenzel [GRÜNE])

- Ach wissen Sie, Herr Wenzel, wenn jemand in einer Podiumsdiskussion auf Steuerfragen antwortet „wir waren wenigstens gegen den IrakKrieg“, dann ist das auch nicht besonders intelligent.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das zeigt doch schon, dass Sie am Ende sind und selbst Ihr Spitzenkandidat sich nicht mehr dafür interessiert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heidrun Merk [SPD]: Jetzt hören Sie doch endlich auf! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN - Glocke des Präsidenten)