und Sonderzuwendung zunächst zu kürzen und dann völlig zu streichen. Nicht nur dieser Vertrauensbruch des Ministerpräsidenten, sondern auch aktuelle Äußerungen zu diesem Thema machen verständlich, warum Frust und Verbitterung wachsen.
Ein Blick auf den Koalitionspartner, ohne den das nicht möglich wäre, ist hier vielleicht auch nötig. Da stellen sich die Parteifreunde von Herrn Rösler in Berlin doch glatt vor die Presse - jetzt aktuell geschehen - und erzählen, wie schlimm die im Bund lose andiskutierte Halbierung des Weihnachtsgeldes wäre. Ich zitiere, was der FDP-Innenpolitiker Stadler gegenüber der Berliner Zeitung gesagt hat:
„‚Die geplante Kürzung des Weihnachtsgeldes geht zu weit‘, sagte der FDP-Innenpolitiker Max Stadler der Berliner Zeitung. Es werde nicht berücksichtigt, ‚welche Vorleistungen die Beamten schon erbracht haben‘, monierte er. Bereits in den vergangenen Jahren hätten die Bundesbeamten Einbußen hinnehmen mussten, etwa weil Tarifabschlüsse gar nicht oder nur verzögert übertragen worden seien.“
Was machen Sie eigentlich, wenn Sie so etwas lesen, Herr Rösler? Rufen Sie wenigstens mal in Berlin an und raten Ihren gelben Parteifreunden zu Vorsicht bei solchen Aussagen, weil die Regierung Wulff mit Ihrer Mithilfe das Weihnachtsgeld und auch gleich das Urlaubsgeld bereits im vergangenen Jahr komplett gestrichen hat?
Nach wie vor sind die Aussagen dieser Haushaltspolitiker der FDP zur Diskussion über die Streichung des Weihnachtsgeldes für Wehr- und Zivildienstleistende bemerkenswert. Ich zitiere: Damit degradiert die große Koalition den Dienst von Wehr- und Zivildienstleistenden immer mehr zum mittelalterlichen Hand- und Spanndienst für den Staat. - Ich stelle fest: Nach dem Selbstverständnis der FDP hat die Regierung Wulff längst alle Beamtinnen und Beamten in Niedersachsen zu einem solchen mittelalterlichen Hand- und Spanndienst degradiert.
Meine Damen und Herren, um keinen falschen Eindruck aufkommen zu lassen: Auch die öffentlich Bediensteten wissen, dass sie in derart schwierigen Haushaltssituationen ihres Arbeitgebers einen Konsolidierungsbeitrag leisten müssen. Was hier gemacht wird, lässt allerdings einerseits soziale Ausgewogenheit auf der Strecke und lässt bei der Umsetzung solcher Entscheidungen jegliche Sensibilität vermissen. Hier wird bei der öffentlichen Verkündung ein Maß an Schnöseligkeit an den Tag gelegt,
Vielleicht wird diese Schnöseligkeit am sichtbarsten im Bereich der Polizei. Die Landesregierung hat den Beamtinnen und Beamten nicht nur durch die Streichung von Weihnachts- und Urlaubsgeld in die Tasche gegriffen. Letztes Jahr wurde auch der Eigenanteil an der Heilfürsorge erhöht, um dadurch 1,5 Millionen Euro einzusparen. Zu Oppositionszeiten - lassen Sie sich das noch einmal sagen - waren derartige Maßnahmen für die CDU noch das Schäbigste, was es gibt, wie wir uns hier anhören mussten.
Ich stelle eines fest: Heute bezahlen alle Beamtinnen und Beamten die Wahlgeschenke der CDU. Wir haben Ihnen vor der Wahl 2003 gesagt: 1 000 zusätzliche Polizeibeamtinnen und -beamte können Sie nicht bezahlen. Die im Dienst befindlichen Kolleginnen und Kollegen finanzieren durch Gehaltseinbußen die neuen Kolleginnen und Kollegen. Die Polizisten werden mittlerweile sogar fünffach zur Kasse gebeten: Sie haben ihnen erstens das Urlaubsgeld gestrichen. Zweitens haben Sie das Weihnachtsgeld gestrichen. Drittens haben Sie den Eigenanteil an der Heilfürsorge erhöht. Viertens haben Sie die Anrechnung von Bereitschaftszeiten bei Castortransporten reduziert. Fünftens haben Sie jetzt auch noch die Lebensarbeitszeit verlängert.
Meine Damen und Herren, geradezu unerträglich ist die Begründung der Landesregierung für die Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Der Ministerpräsident erklärt freimütig, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit sei beschlossen worden, um die Einführung des Digitalfunks zu finanzieren. Als Nächstes kommt der Innenminister und behauptet, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit sei nur gerecht; denn schließlich seien die technische Ausstattung der Polizei ja so viel verbessert und der Dienst erleichtert worden.
Meine Damen und Herren, wer so etwas behauptet, der hat keinen Schimmer vom Arbeitsalltag der Polizei.
Ich frage Sie: Was nützen technische Geräte beim Überbringen von Todesnachrichten? Wozu braucht man blaue Uniformen zur Bekämpfung von innerfamiliärer Gewalt? Welche Technik mindert die familiären Belastungen durch unregelmäßigen Wechselschichtdienst ab? - Es ist traurig, dass weder der Ministerpräsident noch der zuständige Innenminister eine Vorstellung von den tatsächlichen Belastungen im Polizeialltag haben.
Meine Damen und Herren, allerdings gibt es etwas, was der Polizei - zumindest in Hannover den Arbeitsalltag erleichtert hat, nämlich das hervorragende Präventionsprojekt Polizei-Sozialarbeit. Die Kolleginnen und Kollegen von PPS haben eine hervorragende Arbeit geleistet und der Polizei eine ganze Menge Arbeit an der Schnittstelle zwischen Polizei und Sozialarbeit abgenommen. Wer schon einmal eine Todesnachricht überbringen musste, der weiß, wovon ich rede. Doch ausgerechnet dieses vorbildliche Programm wird jetzt völlig rasiert. Von einer Verbesserung des Arbeitsalltags kann also gar keine Rede sein.
Trotzdem, meine Damen und Herren, wird die Lebensarbeitszeit verlängert. Tun Sie bitte nicht so, als hätten Sie auf Ihrer Haushaltsklausur eine großartige Abmilderung beschlossen! Die Polizeigewerkschaften waren bereit, eine Verlängerung mitzutragen, wenn die jahrzehntelange Tätigkeit im Wechselschichtdienst angemessen berücksichtigt wird. Wer glaubt, Wechselschichtdienst sei erst nach 25 Jahren eine besonders berücksichtigenswerte Belastung, der befindet sich allerdings auf dem Holzweg.
des Innenministers Anfang 2004, in der auch die wohlmeinendsten Journalisten keine Seriosität mehr erkennen konnten, hatte der Innenminister angekündigt, er wolle mit seiner Verwaltungsreform im Jahr 2006 107 Millionen Euro einsparen. Ich frage mich, was aus diesem Geld geworden ist.
Die Verwaltungsreform ist nicht nur finanziell gescheitert. Es mussten weit mehr goldene Handschläge verabreicht werden, als ursprünglich vorgesehen war, und die anvisierten Personaleinsparungen im Innenressort werden längst durch die im Justizressort notwendig gewordenen Neueinstellungen konterkariert. Die Jobbörse ist ein völliger Flop, und in Lüchow-Dannenberg wird mit einer kreisfreien Samtgemeinde der größte anzunehmende Unsinn verzapft. Die Verwaltung des Landes hat sich noch lange nicht von der Zerschlagung der Bündelungsbehörde Bezirksregierung erholt, doch die sechs Flächen-Polizeidirektionen gerieren sich schon als Mini-Bezirksregierungen unter polizeilicher Führung. Wenn man die vier Regierungsvertretungen noch hinzuzählt, haben wir statt vier Bezirksregierungen mit räumlich klar abgegrenztem Zuständigkeitsbereich nun zehn Minibezirksregierungen mit räumlich teilweise überlappenden Zuständigkeitsbereichen, neben denen auch noch einige Fachverwaltungen ungebremst herumwursteln. Die Kritik der kommunalen Ebene an dieser uneffektiven Landesverwaltung wird nicht ohne Grund immer lauter.
Hinzu kommt, dass die Landesregierung knapp ein Jahr vor den Kommunalwahlen im kommunalen Bereich Chaos ausbrechen lässt.
- Ja, Sie müssen einmal die Kommunalvertreter fragen. Wir haben Chaos bei der kommunalen Ausschussbesetzung. Sie müssen sich einmal vor Augen führen, welche Novellierungen wir hier vornehmen mussten, um zu bereinigen, dass Sie vergessen haben, Übergangsvorschriften einzuführen, mit der Folge, dass die Kommunen auf die Barrikaden gegangen sind. Das wollen Sie aber wahrscheinlich nicht zur Kenntnis nehmen.
- Wenn es darum geht, Ihre Fehler zugunsten der kommunalen Ebene zu korrigieren, stimmen wir gerne zu.
Das nächste Chaos kommt bei der Leitstellendebatte und in Lüchow-Dannenberg. Zur Leitstellendebatte möchte ich Ihnen jetzt noch etwas sagen. Der Innenminister ist mit seinem Modell, zehn bunte Leitstellen einzurichten, grandios gescheitert.
Ich möchte gar nicht wissen, mit welchem finanziellen Aufwand die so genannten Regionalkonferenzen betrieben worden sind, mit denen die kommunale Ebene von diesem Modell überzeugt werden sollte. Doch der Innenminister ist gescheitert, weil sich die kommunale Selbstverwaltung eben nicht an die künstlich geschaffenen Grenzen einer Polizeidirektion hält.
Meine Damen und Herren, den folgenschwersten Angriff allerdings fährt die Landesregierung derzeit auf die kommunale Daseinsvorsorge. Vordergründig wird so getan, als sei es der Druck der Finanzen, der zu Vermögensveräußerungen und Privatisierungen zwingt. Doch das stimmt nicht. Diese Landesregierung verscherbelt masterplanmäßig das Vermögen des Landes zu Dumpingpreisen und privatisiert, koste es, was es wolle, weil sie der Ideologie der neoliberalen Hardliner der FDP zum Opfer gefallen ist.
Letztes Jahr waren die Spielbanken dran, jetzt die Landeskrankenhäuser und die Einleitung des neoliberalen Generalangriffs auf die Kommunen. Ich erinnere an die Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts und an den Angriff, den Herr Sander auf die kommunale Abwasserentsorgung fährt. Herr Hirche hat am 27. Juni 2004 in Hildesheim eine Rede gehalten, die im Ergebnis völlig zu Recht in Vergessenheit geraten ist. Dennoch ist es interessant, noch einmal einen Blick darauf zu werfen.
(Minister Walter Hirche [FDP]: Also doch nicht vergessen! - Bernd Althusmann [CDU]: Sie sind ja ein Fuchs!)
- Nein, für diesen Fall war es gut, sie wieder hervorzuholen, Herr Hirche, um etwas belegen zu können. - Ich zitiere:
„Vielmehr ist mit dem Thema ‚Privatisierung‘ auch das Grundverständnis der... Aufgabenverteilung zwischen dem Staat auf der einen und den privaten Personen und Unternehmen auf der anderen Seite angesprochen.“
„Diese Gedanken lassen sich mühelos auf alle staatlichen Ebenen übertragen, so auch auf die Kommunen. Auch hier sehen wir vielfältige Möglichkeiten, die staatlichen Aktivitäten auf den Kernbereich des Hoheitlichen zu beschränken und damit privatwirtschaftlichen Lösungen Bahn zu brechen.“
Meine Damen und Herren, wir sehen: Das ist Ideologie, die vor der kommunalen Daseinsvorsorge nicht Halt macht. Doch Herr Hirche ist hartnäckig. Ich zitiere weiter:
„Aber machen wir uns nichts vor: die Prüfung von Privatisierungsmöglichkeiten bedeutet in aller Regel das Bohren sehr dicker Bretter. Viele Widerstände sind zu überwinden.“
Meine Damen und Herren, mit Blick auf die mittlerweile verabschiedete Änderung des kommunalen Wirtschaftsrechts stelle ich fest: Um den Widerstand der CDU-Fraktion in diesem Hause gegen diesen Angriff auf die kommunale Daseinsvorsorge zu überwinden, mussten keine dicken Bretter gebohrt werden. Da bedurfte es etwas weniger Kraft.
Tatsache ist, dass die FDP in Niedersachsen das Thema Rechtsstaat kampflos aufgegeben hat. Ich erinnere nur an das vernichtende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum niedersächsischen Polizeigesetz, das nicht nur eine derbe Schlappe für den Innenminister ist, sondern gleichzeitig auch eine hochnotpeinliche Blamage für die FDP darstellt.
Aber gerade weil die FDP auf diesem Gebiet völlig versagt hat, konzentriert sie sich jetzt ganz auf die im Gemeindewirtschaftsrecht zum Ausdruck kommende neoliberale Ideologie.
Meine Damen und Herren, die nächste Niederlage dieser Landesregierung vor einem Verfassungsgericht deutet sich bereits an. Zahlreiche Kommunen in Niedersachsen haben sich zusammengetan, um gegen den 2005 erfolgten Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich zu klagen, den CDU und FDP auch in diesem Jahr fortschreiben wollen.
Insgesamt führt die Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs, die CDU und FDP jetzt beschließen wollen, dazu, dass den Kommunen bis 2008 Finanzausgleichsmittel in Höhe von 642 Millionen Euro vorenthalten werden. Da eine große Zahl von kommunalen Gebietskörperschaften bereits heute keine ausgeglichen Haushalte vorlegen kann, führt dieser Eingriff des Landes zu einer weiteren Inanspruchnahme von Überziehungskrediten durch die Städte, Gemeinden und Landkreise. Tatsache ist, dass in keinem anderen Bundesland die kommunale Ebene derart in die Verschuldung getrieben worden ist wie in Niedersachsen.
Was macht der zuständige Kommunalminister? Er nimmt Jahr für Jahr 150 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich und verweist grinsend auf die Notwendigkeit einer Gemeindefinanzreform in Berlin.