Es liegt mir jetzt die Wortmeldung von Frau Prüssner von der CDU-Fraktion vor. Sie haben das Wort, Frau Prüssner,
- Ich bitte um etwas mehr Ruhe. Wenn ich es richtig sehe, ist das die erste Rede von Frau Prüssner. Ich bitte deswegen wirklich um Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist keine neue Erkenntnis, dass die Steigerung der Lebenserwartung mit all ihren wunderbaren Möglichkeiten auch die Aufgabe beinhaltet, einen steigenden Pflegebedarf zu organisieren und zu finanzieren. Die demografische Entwicklung und die Auswirkungen des neuen Fallpauschalensystems im Krankenhaus machen es notwendig, die ambulante Pflege zu stärken und dadurch mit weniger stationärer Versorgung auszukommen.
Das bedeutet bei gleicher und besserer Lebensqualität erhebliche finanzielle Ersparnisse für die Pflegekassen und Sozialhilfeträger. Dabei müssen wir auf bessere Pflegeüberleitungen vom Krankenhaus in den häuslichen Bereich mit ambulanter Voraussetzung und auf den Aufbau der ambulanten gerontopsychiatrischen Betreuung setzen. Menschen mit Demenzproblemen erhalten in diesen Einrichtungen wertvolle Hilfestellungen, um einen Heimaufenthalt zu vermeiden. Gerade im zuletzt genannten Bereich konnte im Landtag die Förderung von ambulanten gerontopsychiatrischen Zentren in Niedersachsen eingeführt
und eine dauerhafte Finanzierung mit wesentlichen Beträgen aus dem Landeshaushalt sichergestellt werden.
Insgesamt 140 Millionen Euro zahlt das Land aktuell zur Förderung von Tages- und Kurzzeitpflege. Das ist eine ganze Menge.
Dennoch: Die Zahl der pflegebedürftigen überwiegend alten Menschen in Niedersachsen wird - das wissen wir alle - in den kommenden Jahren demografisch bedingt erheblich zunehmen. Auch dieser Problematik haben wir uns durch das Einsetzen der Enquete-Kommission konstruktiv und zukunftsorientiert zugewandt.
Im Rahmenkonzept zu Leistungen und zur Gestaltung von Kurzzeitpflegeeinrichtungen in Niedersachsen geht der Landespflegeausschuss von
einer Schätzung aus, nach der in Niedersachsen bis 2010 rund 17 500 häuslich pflegebedürftige Personen mehr leben. Demgemäß ist eine zahlenmäßig und qualitativ ausreichende Versorgung mit Pflegeeinrichtungen zur Sicherung der häuslichen Pflege erforderlich. Natürlich zählen zu diesen Einrichtungen neben den Pflegediensten und den Einrichtungen für die Tages- und Nachtpflege insbesondere die Kurzzeitpflegeeinrichtungen, deren Leistung im Schwerpunkt auf die Wiedergewinnung der häuslichen pflegerischen Versorgungsfähigkeit ausgerichtet ist. Allerdings ist auch die soziale und psychosoziale Betreuung gerade in der Anfangsphase der Pflegebedürftigkeit ein wichtiger und nicht zu vernachlässigender Bestandteil.
Vor diesem Hintergrund geht der Antrag der Fraktion der Grünen in die falsche Richtung. Inhaltlich richtet sich der Antrag der Grünen weniger an die Landesregierung, sondern eigentlich an die Selbstverwaltungsorgane. So ist es ein Problem, die Landesregierung zu Aktivitäten aufzufordern, die eigentlich von anderen unternommen werden müssten.
Auf der Grundlage der Empfehlungen des Rahmenkonzeptes zu Leistungen und zur Gestaltung von Kurzzeitpflegeeinrichtungen in Niedersachsen hat der Landespflegeausschuss in einer seiner letzten Sitzungen beschlossen, eine Wirkungsanalyse zu seiner eigenen Empfehlung durchzuführen und Gespräche mit den Beteiligten zu führen. Die nächste Sitzung widmet sich dann schwerpunktmäßig dem Landespflegebericht. Hier soll auch ein Erfahrungsaustausch zum Thema Kurzzeitpflege stattfinden. Bis Mitte 2006 werden Ergebnisse dieser Gespräche vorliegen. Bei diesen Entwicklungen ist es nicht notwendig, dass das Land die im Antrag der Grünen geforderte Moderatorenrolle übernimmt. Die CDU-Fraktion vertraut der Selbstverwaltung der jeweiligen Partner.
Wir wollen keine zusätzlichen Aufgabengebiete erfinden und zusätzliches Papier produzieren. Wir sind angetreten und haben unseren Bürgern versprochen, unser Land von Bürokratie zu entlasten.
Die Menschen sind uns wichtig, die Pflegebedürftigen und in besonderem Maße auch diejenigen, die sich für Pflegeeinrichtungen engagieren, die tagtäglich die pflegebedürftigen Menschen umsorgen und betreuen. Das eingesetzte Geld muss bei den Menschen ankommen und darf nicht für neues Papier verwendet werden. Die kurze Formel dazu lautet: Pflege statt Bürokratie.
Wir erwarten von dem aktuellen Landespflegebericht neue Erkenntnisse und sind im Ausschuss für Soziales übereingekommen, uns am 15. März 2006 darüber unterrichten zu lassen. Wir werden uns dann natürlich mit diesem Thema beschäftigen und es diskutieren. Zudem kann man sicher davon ausgehen, dass das Thema Kurzzeitpflege im Zusammenhang mit der Diskussion über die Reform der Pflegeversicherung behandelt wird.
Meine Damen und Herren, aus den dargelegten Gründen sind wir im Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit dem Antrag der Fraktion der Grünen nicht gefolgt. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies ist der erste Antrag aus einer Reihe von Initiativen zum Thema Pflege von dieser Seite des Hauses - der zweite folgt ja gleich beim nächsten Tagesordnungspunkt -, denen sich die Regierungskoalition verweigert. Offenbar wollen Sie dieses wichtige Zukunftsthema aussitzen, indem Sie Anträge entweder ablehnen oder die Behandlung in der Enquete-Kommission mindestens auf das Ende der Wahlperiode verschieben. Dabei drängen die Probleme. Alle wesentlichen Daten liegen vor. Sie müssen nur mal in den Endbericht der Enquete-Kommission „Demographischer Wandel“ des Deutschen Bundestages schauen.
Für Niedersachsen sind die Zahlen auch klar. Nur eine Zahl: Heute ist jede 23. Einwohnerin Niedersachsens 80 Jahre und älter. 2020 wird fast jede 15. und 2050 jede 9. Niedersächsin hoch betagt
sein. Wir haben bereits jetzt ein sinkendes Pflegepotenzial zur Pflege durch eigene Kinder und deren Lebenspartner, steigende Erwerbsquoten von Frauen und eine veränderte Haushaltsstrukturentwicklung, die zu nachlassender Pflegebereitschaft führen.
Wichtigstes Ziel aller Maßnahmen - zumindest so weit sind wir uns ja einig - ist die Sicherung des Vorrangs häuslicher Versorgung. Die meisten Menschen wollen im Alter zu Hause leben. Dies können wir aber heute in vielen Fällen nicht gewährleisten, weil wir unzureichende Kurzzeit- und Übergangspflegeplätze haben. Die Folgen bestehen für die Betroffenen in der Regel im Verlust der eigenen Wohnung und der Direkteinweisung in ein Heim, was die meisten Menschen nicht wollen und als Schock erleben. Deshalb war es die Intention unseres Entschließungsantrages - der übrigens von der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, dem Niedersächsischen Evangelischen Verband für Altenhilfe und ambulante pflegerische Dienste, der Landesarbeitsgemeinschaft der Verbände der privaten Pflegeeinrichtungen in Niedersachsen unterstützt wurde -, nach Wegen zu suchen, wie der Verbleib in der eigenen Wohnung durch die Verbesserung vorgelagerter Hilfesysteme verbessert werden kann. Dies könnte, wenn es nicht über das SGB XI gelingt, auch durch Wiedereinführung der von Herrn Seehofer damals abgeschafften so genannten ausgelagerten häuslichen Krankenpflege im SGB V geschehen.
Meine Damen und Herren, zurzeit gehen der Tagespflege die Besucherinnen und Besucher aus. Einige Einrichtungen sind bereits geschlossen geworden. Einen Rahmenvertrag gibt es immer noch nicht. Die Empfehlungen des Landespflegeausschusses sind noch nicht umgesetzt worden.
Ich glaube, es reicht nicht aus, auf die Selbstverwaltung zu vertrauen. Die war nämlich sozusagen die Ursache des Problems. Das Land steht zusammen mit den Kommunen in der Pflicht, eine ausreichende Pflegeinfrastruktur vorzuhalten. Sie haben bislang aber keinen einzigen Vorschlag dafür unterbreitet, wie Sie die ambulante und teilstationäre Pflege gegenüber der stationären Pflege aufwerten wollen.
gering ist. Den von Ihnen selbst angekündigten Änderungsantrag haben Sie im Ausschuss nicht vorgelegt. Alle Angebote zur Einigung - bis hin zum Angebot eines gemeinsamen Antrags - haben Sie abgelehnt.
Meine Damen und Herren, mit warmen Worten, wie wir sie eben gehört haben, und mit ein bisschen Bürokratieabbau werden Sie den Problemen in der Pflege nicht gerecht.
Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Mit dem Regierungswechsel 2003 haben die alten pflegebedürftigen Menschen in unserem Land ihre Lobby verloren. Das wird einmal mehr am Umgang der Fraktionen von CDU und FDP mit dem vorliegenden Antrag deutlich. Fast zwei Jahre haben Sie gebraucht, um diesen Antrag nicht etwa zu verbessern, sondern um ihn glatt abzulehnen. Dabei ist das Ansinnen die Förderung der häuslichen Pflege und die Verbesserung der Kurzzeitpflege gewesen. Dabei gibt es hier im Land viel zu verbessern.
Die seinerzeitige SPD-geführte Landesregierung hat nach Einführung der solidarischen Pflegeversicherung mit Unterstützung der SPD-Landtagsfraktion über Jahre hinweg für eine kontinuierliche Umsetzung der Pflegeversicherung auf Landesebene gesorgt. Das Landespflegegesetz, das Altenpflegeberufegesetz und die Landespflegeplanung seien hier nur als Beispiele genannt, die für den effektiven Einsatz, zur Schaffung von Grundlagen und zur Weiterentwicklung einer qualitätsorientierten Pflege oder der pflegerischen Unterstützung von Angehörigen stehen.
Frau Elsner-Solar, warten Sie bitte einen Augenblick! - Herr Böhlke, wenn Sie sich zu Wort melden wollen, dann können Sie das tun. Jetzt hat Frau Elsner-Solar das Wort.
Ich kann damit umgehen. Danke. - Doch seit dem Wechsel zu einer CDU-geführten Landesregierung herrscht im Land in dieser Beziehung Stillstand Stillstand auf der ganzen Linie. Ich werfe der früheren Ministerin nicht vor, dass sie ihren Schwerpunkt auf das alte SPD-Thema „Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ gesetzt hat. Nein, meine Herren und Damen, hier gilt: Man muss das eine tun, darf das andere aber nicht lassen.
Die Grünen fordern die Landesregierung mit ihrem Antrag auf, die häusliche Pflege zu fördern. Angesichts der erwarteten Zunahme der Zahl der Hochbetagten, über die hier schon gesprochen worden ist, und der damit verbundenen Zunahme der Zahl der pflegebedürftigen Menschen in unserer Gesellschaft ist das nicht nur unter humanitären Gesichtspunkten eine unterstützenswerte Forderung, sondern das ist unter fiskalischen Gesichtspunkten eine geradezu notwendige Überlebensstrategie für uns alle. Es sei denn, verehrte Kollegen und Kolleginnen, Sie hielten einen Zuwachs um weitere 8 000 vollstationäre Altenpflegebetten in Niedersachsen für das Jahr 2010 für erstrebenswert.
Wir wollen die häusliche Pflege stützen. Dazu gehört aber auch ein Unterstützungsnetz. Neben den ambulanten Diensten zur Pflege, der Weiterführung des Haushalts usw. nimmt in diesem Zusammenhang die Möglichkeit zur Kurzzeitpflege eine wichtige Funktion ein. Das Gesetz unterscheidet Kurzzeitpflege in die Bereiche Verhinderungspflege und Übergangspflege. Während die Modalitäten zur Verhinderungspflege gesetzlich relativ gut gefasst sind, gibt es leider von Beginn an Probleme bei der Auslegung und Anwendung des Themas Übergangspflege. Sie landete im Bermudadreieck zwischen Kranken- und Pflegeversicherung.
Die Übergangspflege ist aber angesichts kürzer werdender Liegezeiten in den Krankenhäusern - insbesondere nach Einführung der Fallpauschalenregelung - für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept. Sie soll z. B. nach Krankenhausaufenthalten einsetzen und eigentlich in die häusliche Pflege zurückführen. Dass die Inanspruchnahme nicht so funktioniert, wie ursprünglich geplant, und auch durch die Richtlinien zur Ausgestaltung und Finanzierung von Kurzzeitpflege nur unzureichende Unterstützung zur Etablierung erfährt, liegt unserer Meinung nach an mindestens zwei beobachtbaren Phänomenen.
Zum einen - so wird vermutet - gibt es wegen der Auslastungsrisiken dieser speziellen nur auf Rehabilitation ausgerichteten Häuser nur etwa 25 Einrichtungen mit ca. 250 Plätzen. Es stehen also nur wenige Angebote dieser Art und keinesfalls flächendeckend zur Verfügung, obgleich sie nach Auswertung erster Erfahrungen hervorragende Überleitungsquoten zurück in die häusliche Pflege liefern.
Im Bedarfsfall stehen bestenfalls noch so genannte eingestreute Kurzzeitpflegeplätze in Dauereinrichtungen zur Verfügung. Diese sind aber sowohl vom refinanzierten Verwaltungs- als auch vom Personaleinsatz her sowie auch konzeptionell nur schwer auf rehabilitative Pflege auszurichten.