Protokoll der Sitzung vom 24.02.2006

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die flächendeckende ärztliche Versorgung in Niedersachsen ist gesichert. Die finanzielle Unzufriedenheit einzelner Facharztgruppe beruht auf einem innerärztlichen Verteilungsproblem. Die Honorarverteilung ist Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen. Wie die Verteilung auf die einzelnen Arztgruppen erfolgt, ergibt sich aus dem Honorarverteilungsvertrag, der zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbart wurde. Der Honorarverteilungsvertrag unterliegt nicht der Genehmigungspflicht des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit. Die Auseinandersetzung um die Höhe des Honorars für einzelne Facharztgruppen führt nach vorliegenden Erkenntnissen nicht zu dem Schluss, die flächendeckende ambulante Versorgung der Menschen habe sich verschlechtert. Genaue Erkenntnisse dazu, bei welchen Fachärzten sich in welchen Regionen Niedersachsens gegebenenfalls die Wartezeiten für einen Behandlungstermin in welchem Umfang verlängert haben, liegen hier nicht vor und können auch nicht ermittelt werden.

Zu 2: Auf der Grundlage des § 73 c SGB V haben Krankenkassen und Vertragsärzte sowohl auf einzelvertraglicher als auch auf kollektivvertraglicher Ebene die Möglichkeit, besonderen Versorgungsbedürfnissen Rechnung zu tragen. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber aber nur für die Lösung besonderer Versorgungsprobleme außerhalb der Regelversorgung vorgesehen. Die ambulanten Operationen sind Teil der Regelversorgung. Damit dürfte der Abschluss von Verträgen nach § 73 c SGB V für die Vertragspartner nicht in Betracht kommen.

Zu 3: Bisher liegen dem Ministerium keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die flächendeckende

Versorgung mit niedergelassenen Ärzten in Niedersachsen nicht gegeben ist. Unabhängig davon haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Im Rahmen der Weiterentwicklung der Gesetzlichen Krankenversicherung wird zu prüfen sein, inwieweit hier Änderungsbedarf besteht. Das zu 1. Ausgeführte gilt entsprechend.

Anlage 2

Antwort

des Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auf die Frage 8 des Abg. Hans-Jürgen Klein (GRÜNE)

Antibiotika in Salat und Weizen

Der Presse ist zu entnehmen, dass Forscher der Universität Paderborn Antibiotikarückstände in Salat und Weizen nachgewiesen haben (die tageszeitung, 18. Januar 2006). Der Transfer von Tiermedikamenten über die Gülle und den Boden in die angebauten Pflanzen ist also wissenschaftlich nachgewiesen. Die Aufnahme durch die tägliche Nahrung gefährdet die Anwendung beim Menschen als wirksames Medikament zur Bekämpfung von Erregern lebensgefährlicher Infektionen. Die Krankheitserreger erfahren dadurch eine Immunisierung gegen die Antibiotika, die zu wirkungslosen Humanmedikamenten werden. Dieser Umstand führte zu einem EU-weiten Verbot von Fütterungsantibiotika, die den Futtermitteln für Masttiere beigefügt wurden (zur Stabilisierung der Tierge- sundheit unter nicht tiergerechten Haltungsbe- dingungen und Erhöhung des Masterfolgs) und die sich im Fleisch dieser Tiere wiederfanden.

Weiterhin möglich ist der Einsatz von Antibiotika zur Krankheitsbekämpfung bei Masttieren. Davon wird in der Massentierhaltung reichlich Gebrauch gemacht; denn eine Einzeltierbehandlung ist wegen der Höhe des Risikos in den großen Tierbeständen nicht üblich.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Maßnahmen wird sie auf der Basis dieser neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bereich der niedersächsischen Nutztierhaltung ergreifen?

2. Welche Maßnahmen wird sie zum Schutz der Verbraucher in dieser Angelegenheit ergreifen?

3. In welchem Umfang werden in Niedersachsen Antibiotika zur Krankheitsbekämpfung bei Masttieren eingesetzt, und welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über die Eintragung

von Antibiotika über den Weg Gülle-BodenPflanze vor?

Wie von Ihnen ausgeführt, sind Untersuchungen der Universität Paderborn zur umweltverträglichen und standortgerechten Landwirtschaft vorgenommen worden. Im Versuch ist mit drei Antibiotika, nämlich Sulfadiazin, Trimethoprim und Chlortetracyclin, belastete Gülle einige Monate gelagert und anschließend im Freiland ausgebracht worden. Auf diesen Flächen erfolgte die Anzucht von Feldsalat und Winterweizen. Daneben sind Möhren, Feldsalat und Winterweizen unter Hydrokultur-Bedingungen angezogen worden. Untersucht wurden die Gülle, der Boden und die Pflanzen aus beiden Anzuchtprojekten.

Die ermittelten Daten zeigen, dass Arzneimittel aus der Tierhaltung über die Gülle in den Boden und von dort über die Wurzel in Nutzpflanzen gelangen können. Damit ist nach Auffassung der an dem Versuch beteiligten Forscher die Möglichkeit eines Eintrags antibiotisch aktiver Rückstände in die Nahrungskette gegeben. Allerdings wird eingeräumt, dass weitere Forschungen nötig sind, um die praktische Bedeutung der Ergebnisse und sich daraus ergebende Risiken und Konsequenzen zu ermitteln.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat zu diesem Forschungsprojekt im Juni 2005 Stellung genommen. Es sieht keine Anhaltspunkte dafür, arzneimittelrechtliche Maßnahmen einzuleiten. Zur Begründung wird auf methodische Mängel bei der Durchführung der Versuche hingewiesen, wie beispielsweise die Auswahl der Pflanzen ohne nähere Begründung, die fehlende Vergleichbarkeit von Hydrokultur- und Feldversuch und unzureichende Probenzahlen. Daneben wird darauf verwiesen, dass die Rückstände in unter Freilandbedingungen aufgezogenem Feldsalat und Weizen sehr gering waren und in den essbaren Pflanzenteilen weit unterhalb von geltenden gesundheitlichen Referenzwerten lagen.

Auch das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) kommt in seiner Stellungnahme vom Juli 2005 zu dem Schluss, dass „die unter Modellbedingungen gewonnenen Ergebnisse nur teilweise praktische Bedeutung haben und die Sicherheit von Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs nicht generell in Frage stellen.“ Und weiter heißt es:

„Auf Basis der verwendeten Bewertungsmodelle wurde keine akute bzw.

chronische Gefährdung der Verbraucher durch über pflanzliche Lebensmittel aufgenommene Chlortetracyclin-Rückstände ermittelt.“

Für eine generelle Bewertung des Verbraucherrisikos fehlen dem Bundesamt für Risikobewertung belastbare Rückstands- und toxikologische Daten.

Ein Untersuchungsprojekt zum Nachweis des Eintrags von Antibiotika (Tetracyclinen) in Böden des Weser-Ems-Gebietes mit regelmäßiger Güllezufuhr ist im Jahr 2000 in Zusammenarbeit des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung und der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover durchgeführt worden. Tetracyclin- und Chlortetracyclinrückstände konnten in der obersten Bodenschicht nachgewiesen werden. In den Sickerwasserproben wurde keine der untersuchten Substanzen gefunden. Auch aus diesen Untersuchungen ließen sich im Hinblick auf die Belastung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs keine Aussagen treffen.

Im September 2003 ist der Abschlussbericht des Bund/Länderausschusses zur Chemikaliensicherheit (BLAC) zum Untersuchungsprogramm „Arzneimittel in der Umwelt“ vorgelegt worden. Untersucht wurde der Eintrag von Human- und Tierarzneimitteln in den Boden und das Wasser (aquati- sches System). Die Ergebnisse zeigen, dass der Anteil der in der Humanmedizin eingesetzten Arzneimittel am Vorkommen in der Umwelt nicht unberücksichtigt bleiben darf. Dem Bericht ist zu entnehmen, dass in einem Gebiet mit intensiver Tierhaltung Untersuchungen zum Eintrag von Tierarzneimitteln durchgeführt worden sind. Es wurden Gülle-, Boden-, Sicker- und Grundwasserproben auf Tetracycline, Tylosin und Sulfonamide untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Tetracycline in den Boden gelangen können. Ein Sulfonamid ist auch im Grundwasser nachgewiesen worden. Der Bund/Länderaus-schuss Chemikaliensicherheit gibt jedoch selbst zu bedenken, dass es sich hierbei um Einzelbefunde handelt und repräsentative Ergebnisse nicht vorliegen. Die Wirkung der nachgewiesenen Rückstände auf die Ökologie von Gewässern und Böden könne nicht ausreichend bewertet werden. Auch die aus den USA vorliegenden Forschungsberichte bringen keine zusätzlich wesentlich neuen Erkenntnisse.

Welche Schlüsse sind nun aus diesen wissenschaftlichen Arbeiten zu ziehen? - Sicherlich doch,

1. dass sie noch kein abschließendes Gesamtbild ergeben und deshalb weitere Untersuchungen erforderlich sind und

2. dass sie aber die Bedeutung der Verminderung des Einsatzes von Antibiotika aufzeigen.

Hinsichtlich der Reduktion von Antibiotika in der Tierhaltung sind bereits verschiedene administrative Maßnahmen eingeleitet worden:

1. Die Bundestierärztekammer und die Länderarbeitsgemeinschaft leitender Veterinärbeamter haben bereits 1999 Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antimikrobiell wirksamen Tierarzneimitteln und Empfehlungen zur Verminderung der Resistenzentwicklung, die so genannten Antibiotika-Leitlinien, herausgegeben, um hier frühzeitig einen Beitrag zum vorbeugenden Gesundheitsschutz zu leisten.

2. Es dürfen nur noch zugelassene Arzneimittel bei den Tieren eingesetzt werden.

3. Die Abgabe der Arzneimittel ist den Tierärzten nur im Rahmen einer ordnungsgemäßen Behandlung erlaubt. Das heißt, der Tierarzt muss die Einzeltiere bzw. die Herde genau untersuchen und darf erst nach einer entsprechenden Diagnose das jeweilige Arzneimittel verordnen. Die Menge, die im Einzelfall veterinärmedizinisch gerechtfertigt ist, richtet sich nach der Zahl der erkrankten Tiere und der Prognose über den weiteren Verlauf der Erkrankung. Dabei gilt, so wenig wie möglich, aber soviel wie nötig.

4. Art und Umfang der ordnungsgemäßen Behandlung werden regelmäßig im Rahmen der Kontrolle tierärztlicher Hausapotheken geprüft.

5. Ebenso finden Kontrollen des Arzneimitteleinsatzes in den landwirtschaftlichen Betrieben durch die kommunalen Veterinärbehörden statt.

6. Für Tierarzneimittel, die neu zugelassen werden, sind seit 2005 Ökotoxizitätstest zwingend vorgeschrieben. Im Falle einer festgestellten Umweltgefährlichkeit kann die Zulassung bei Tierarzneimitteln auch versagt werden.

7. Ab 2006 gilt das Verbot der antibiotischen Leistungsförderer EU-weit.

Dies vorangeschickt, beantworte ich die Fragen seitens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind nicht neu. Deshalb wird neben den bereits eingeleiteten administrativen Maßnahmen erst weiteren Forschungsergebnissen nachzugehen sein, sobald diese vorliegen.

Zu 2: Siehe Antwort zu 1.

Zu 3: Daten zum therapeutischen Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung sind bisher nur für einige Regionen in Deutschland erhoben worden. Schätzungen existieren für sechs Landkreise in Niedersachsen mit hohem Viehbesatz: Dort wurden 1997 knapp 76 t Reinwirkstoffe eingesetzt. Die Tetracycline nahmen mit über 50 % den Hauptteil ein, gefolgt von Sulfonamiden (19 %). Beide Wirkstoffe werden hauptsächlich in der Schweinemast eingesetzt. Über die Eintragung von Antibiotika über den Weg Gülle - Boden - Pflanze liegen der Landesregierung die oben ausführlich dargelegten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor.

Anlage 3

Antwort

des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 9 des Abg. Friedrich Pörtner (CDU)

Probleme der stationären Pflegeeinrichtungen in Niedersachsen

Immer wieder wird von stationären Pflegeeinrichtungen im Land Klage geführt, die sich zum einen auf die Wartezeiten bei den Pflegebedürftigkeitseinstufungen durch den Medizinischen Dienst (MDK) sowie zum anderen auf einen Mangel an Tagespflegeangeboten bezieht.

So betrage der Zeitraum zwischen Antragsstellung beim MDK und Begutachtung zeitweise mehr als ein halbes Jahr. Dadurch entstünden bei den Einrichtungen zum Teil erhebliche finanzielle wie personelle Probleme. Zudem gibt es eine Diskrepanz zwischen den sofort erbrachten Pflegeleistungen und den zu einem späteren Zeitpunkt bewilligten.

Aus ihrem Erfahrungsaustausch mit pflegenden Angehörigen resultierend, fordern die Einrichtungen des Weiteren eine gesetzliche Regelung zur Einrichtung weiterer so genannter eingestreuter Tagespflegeplätze.

Außerdem gäbe es häufig Unklarheiten bei der Bemessung und Festsetzung von Investitionskosten, welche die Objekte der Pflegeeinrichtungen betreffen. Hierbei kommt es oft zu Streitigkeiten, sodass - verbunden mit entsprechend finanziellem und zeitlichem Aufwand - häufig nur die Anrufung der Schiedsstelle eine Entscheidung bringt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Maßnahmen können in Abstimmung von MDK und Pflegeeinrichtungen eine zeitnahe Begutachtung und somit eine Verbesserung der geschilderten Situation ermöglichen?

2. Plant sie Regelungen im Bereich der Tagespflege, die den Bedürfnissen der pflegenden Angehörigen entgegenkommen?