Tun Sie sich einen Gefallen: Reden Sie vielleicht auch mal mit den sozialdemokratischen und grünen kommunalen Verantwortungsträgern, die ihr Geschäft vor Ort wirklich kennen und wissen, was los ist! Wenn Sie eine gemeinsame Schule machen, dann brechen Sie die Standortlandschaft in diesem Flächenland Niedersachsen auf
und dann es gibt viele Standorte nicht mehr. Dann wird es Hauptschule, Realschule und Gymnasium nicht mehr geben, sondern eine Schule für alle. Ich weiß gar nicht, ob Sie sich die Dimension dessen vorstellen können, was Sie da anrichten.
Wir sind aber ein demokratisches Land. Dann mag es auch so sein, dass Sie sich auf Ihrem Parteitag so oder so positionieren. Dann muss in diesem Lande darüber geredet werden.
Abschließend möchte ich einen interessanten Satz von Frau Eckel aufgreifen. Sie sagen: So und so zur Eigenverantwortlichen Schule, damit Sie 2008 nicht alles neu machen müssen. - Ich bin mir sicher: In diese Verlegenheit kommen Sie gar nicht!
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung um zusätzliche Redezeit gebeten. Frau Korter, ich erteile Ihnen eine Redezeit von zwei Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Busemann, mehr Rechte für Eltern und Schülerinnen und Schüler in der Schulkonferenz, wie wir es in unserem Gesetzentwurf vorschlagen, wären ein echter Fortschritt. Ich würde es begrüßen, wenn Sie verhandlungsfähig und dazu bereit wären.
Das wäre ein riesiger Schritt für Niedersachsen. Aber bisher findet sich in Ihrem Gesetzentwurf nichts dazu.
Herr Busemann, das allerdings, was Sie zum Elternwillen gesagt haben, ist - das muss ich sagen Quatsch. In einer gemeinsamen Schule für die Klassen 1 bis 9 schaffen wir nicht den Elternwillen ab, sondern die Eltern haben die bestmögliche Förderung für ihre Kinder.
Sie biegen sich den Elternwillen immer so zurecht, wie Sie es gerade brauchen. Es gibt keine Abschulung und kein Sitzenbleiben mehr. Wenn man nicht sortiert, dann braucht man auch nicht den Elternwillen einzuschränken und abzufragen.
Bei Ihnen ist das so: Sie legen sich den Elternwillen so aus, wie es Ihnen passt. Bei den Gesamtschulen, die Sie ja nicht mehr im Schulgesetz haben wollen, ist Ihnen der Elternwille egal. Die IGS Schaumburg hat jedes Jahr mehr Ablehnungen als Aufnahmen. Auch da ist Ihnen der Elternwille egal. Wie lange hat es gedauert, bis wir dort eine Oberstufe genehmigt bekommen haben? Bleiben Sie bitte einmal bei der Wahrheit!
Frau Körtner, ich bin darüber erschrocken, welche Ahnungslosigkeit Sie als schulpolitische Sprecherin bei reformpädagogischen Ansätzen an den Tag legen.
Gehen Sie endlich einmal in Schulen und gucken Sie sich an, wie die Förderung von gemischten Alters- und Schülergruppen funktioniert! Gucken Sie sich an, wie gut Starke dabei wegkommen, wie gut Starke davon profitieren und wie toll auch leistungsschwache Kinder davon profitieren! Da wird Leistung produziert und nicht Mittelmaß, wie Sie sich das vorstellen.
Letzter Satz: Herr Schwarz, ich lasse mir von Ihnen nicht mehr anhängen, wir würden die Hauptschulen kaputtreden.
Sie haben mit Ihrer Schulstrukturreform, mit der Trennung nach Klasse 4, mit der frühen Sortierung die Hauptschulen kaputtgemacht. Gucken Sie sich doch die Zahlen in Hannover an!
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Ich habe mehrere Hauptschulen in Hannover besucht. Ich habe mich von der hervorragenden Arbeit dort überzeugt: Bewerbungstraining, Berufsvorbereitung - alles toll. Aber was nützt das den Kindern, wenn sie nicht einmal eine Einladung zum Vorstellungsgespräch und keinen Ausbildungsplatz bekommen? - Das, was Sie machen, ist Augenwischerei! Sie machen die Hauptschulen kaputt!. Dagegen haben Sie kein Rezept.
Die SPD-Fraktion hat sich zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter Jüttner, Sie haben noch eine Redezeit von 7:49 Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Busemann, ich habe eben darüber nachgedacht: Vielleicht sollten wir Sie als Gastreferenten auf unseren Landesparteitag einladen.
Ich glaube, das würde den Letzten davon überzeugen, dass die aktuelle Schulpolitik gegen die Wand gefahren worden ist und dass wir dringend Alternativen brauchen, meine Damen und Herren.
Die Ignoranz, mit der Sie die aktuelle Situation beurteilen, vor allem Frau Körtner, ist wirklich beeindruckend. Wir haben gestern ins Stammbuch geschrieben bekommen, dass wir in Deutschland Schlusslicht im Umgang mit einer großen Gruppe von Heranwachsenden sind. In Hannover sind das übrigens 40 % eines Jahrgangs. Wir kümmern uns zusammen gerade um das Thema Elterngeld, liebe CDU. Und hier, wo mit vergleichsweise wenig Aufwand die Möglichkeit bestünde, Bildungsreserven auszuschöpfen, tun Sie nichts. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Schülerinnen und Schüler auf der Strecke bleiben, meine Damen und Herren!
Die Untersuchungen dokumentieren genau, dass das Modell, das gegenwärtig praktiziert wird, für eine Förderung strukturell nicht in der Lage ist. Das ist das Problem, mit dem wir uns auseinander zu setzen haben. Und Sie reden hier Schulformen schön, die inzwischen in der Tat durch Elternwille abgewählt werden, nämlich durch Abmarsch aus den Schulen. Das ist die Situation, mit der wir uns zu befassen haben.
Unser Konzept setzt auf den Elternwillen. Es setzt vor allem auf individuelle Förderung - das, was bei Ihnen gegenwärtig gestrichen wird.
Dann wollen Sie uns eine Standortdebatte an die Hacken reden. Sie erzählen vor allem, Herr Schwarz - das ist ja Ihr Hobby -: Die Hauptschulen in Niedersachsen sind klasse, da wird gute Arbeit gemacht. - Aber so, wie sie sind, haben sie doch gar keine Chance. Es gibt einen Erlass aus dem Hause Busemann, in dem steht, dass jeder Jahrgang in der Hauptschule mindestens zweizügig sein muss. Wissen Sie, wie die Zahlen ausweislich des Hauses zurzeit sind? - In 44 % aller Hauptschulen gibt es im 5. Jahrgang gegenwärtig nur eine Klasse. Inzwischen gibt es Hauptschulen, die für das nächste Jahr überhaupt keine Anmeldungen mehr haben, meine Damen und Herren. Und dann wollen Sie uns erzählen, ein gegliedertes Schulsystem entspreche den Bildungserwartungen der Kinder? - Das ist doch lächerlich!
Sie wissen doch genau, wie hoch die Fehlerquote der Diagnostik im Übergang vom 4. zum 5. Schuljahr ist. Dann kommt Herr Busemann und will uns erzählen, wir wären gegen den Elternwillen. - Nein, meine Damen und Herren, es ist anders: Wir wollen ein Bildungssystem entwickeln, bei dem der Elternwille realisiert wird. Wissen Sie nämlich, was der Elternwille ist? - Die Eltern wollen, dass für ihr Kind das Bestmögliche geschieht. Darum geht es.
Das realisiere ich jedoch nicht, indem ich die Umsetzung der ständischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts der Schulstruktur zugrunde lege, meine Damen und Herren. Das ist das 19. Jahrhundert!
Ich rate Ihnen, in der Gegenwart anzukommen. Achten Sie einmal darauf, was Ihnen die Abnehmerorganisationen heute sagen - übrigens inzwischen selbst in Teilen des Handwerks, in der der Industrie und im Handel. Die wollen nämlich Schülerinnen und Schüler bei sich haben, die umfassend auf das Berufsleben vorbereitet sind. Das geschieht durch eine höchst differenzierte Bildung und Ausbildung. Das ermöglicht ein System, das für jede Person, für jeden Heranwachsenden ein Optimum bereitstellt und nicht von vornherein Wege versperrt. Ihr Spruch von Durchlässigkeit ist im schulischen Alltag in einer Weise widerlegt, wie es kaum anders sein kann, meine Damen und Herren. Nichts davon findet statt!
Herr Busemann, Sie erwecken hier den Eindruck, Sie machten alles klasse. Ich werde Ihnen heute Nachmittag einmal die Situation in den niedersächsischen Schulen hinsichtlich der Unterrichtsversorgung darstellen. Bei dieser Gelegenheit werde ich Ihnen einmal erzählen, wie Ihr Ruf in den Schulen inzwischen ist. Er ist desaströs. Sie wissen das. Die Kreis- und Stadtelternräte haben Ihnen in den letzten Wochen doch entsprechende Briefe geschrieben. Wir bekommen diese Briefe doch in Kopie. Was antworten Sie darauf? - Sie antworten: Wir machen alles klasse. - Nein, Sie machen gar nicht alles klasse. Sie machen die Augen zu, damit Sie die Probleme nicht sehen, oder aber - das ist die Alternative - Ihr Vorzimmer
enthält Ihnen diese Briefe vor, in denen solche kritischen Bemerkungen stehen. Letzteres wäre aber nicht in Ordnung. Dann sollten Sie mal eine Weisung geben, dass Sie diese Briefe auch zu Gesicht bekommen.
Herr Busemann, ich will Ihnen gerne einräumen, dass die Selbständigkeit der Schule ein Baustein in einem Zukunftskonzept ist. Deshalb haben wir im Februar übrigens einen Gesetzentwurf vorgelegt. Es war bei Ihnen ein bisschen hektisch. Sie wollten uns zuvorkommen. Das hat aber nicht so richtig geklappt.