Protokoll der Sitzung vom 23.06.2006

Also sind Sie doch noch nicht von Ihrem ursprünglichen Konzept weg.

Was sind solche hoheitlichen Befugnisse? - Platzverweise und Bußgeldbescheide verhängen sowie Ausübung unmittelbaren Zwangs. Die Hilfspolizei soll mehr sein als eine Sammlung engagierter ehrenamtlicher Bürger. Sie soll gezielt auf Fehlverhalten oder Missstände reagieren. Die Ausbildung von 30 bis 40 Stunden unter Einbeziehung der Polizei ist Bestandteil Ihres Konzepts. Das entspricht dem Umfang einer Ausbildungswoche der Polizeianwärter und -anwärterinnen. Warum dauert eine Ausbildung für Polizeianwärter eigentlich drei Jahre? - Nach unserer Auffassung aus gutem Grund.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Kein Wort sagten Sie in Ihrer Präsentation zu der geplanten Aufwandsentschädigung für die Ehrenamtlichen. Ich kann auch verstehen, warum; denn das löst ja erhebliche Irritationen, insbesondere im

Bereich der freiwilligen Feuerwehren, aus. Die Feuerwehrleute erhalten keine Aufwandsentschädigung. Warum sollen Ehrenamtliche, die Hilfspolizeifunktionen oder - wie Sie sagen - Jedermannrechte wahrnehmen, Aufwandsentschädigungen erhalten?

Wir fordern die Landesregierung mit unserem Entschließungsantrag auf, ihre Bemühungen einzustellen, ein solches Konzept zu realisieren, weil erstens die Notwendigkeit einer Hilfspolizei in den Kommunen nicht besteht, zweitens die öffentliche Sicherheit Sache der Polizei ist und bleiben soll, drittens polizeiliche Fußstreifen und Kontaktbeamte den Bürgerinnen und Bürgern schon jetzt Sicherheit bieten und hohe Akzeptanz vor Ort finden und viertens durch die Zahlung einer Aufwandsentschädigung für die Angehörigen der Hilfspolizeieinheiten eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu den Angehörigen der Feuerwehr installiert werden würde.

Wer macht denn nun mit, Herr Minister? - Sie hatten ja vor einigen Wochen vollmundig erklären lassen, mehr als 50 Kommunen hätten sich bereits gemeldet, sodass der unbefangene Leser dachte: Donnerwetter! Da werden 50 Kommunen in das Pilotprojekt einsteigen.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Nein! Das haben wir erklärt!)

Durch eigene Recherchen haben wir feststellen können, dass sich von denen, die Interesse gezeigt hatten, sich Ihre Unterlagen schicken zu lassen, und die an der Präsentationsveranstaltung vergangenen Montag teilgenommen haben, viele gar nicht beteiligen werden. Wie ist es mit Hannover? Wie ist es mit Braunschweig? Wie ist es mit Lüneburg? Wie ist es mit Hameln? Wie ist es mit Achim? - Nur um einmal einige Städte unterschiedlicher Größenordnung zu nennen.

(Hermann Dinkla [CDU]: Nennen Sie doch die, die mitmachen!)

- Dies wird Herr Schünemann sicherlich gleich sagen.

Ihre Leute haben ganz schön zu tun, um in CDUregierten Gemeinden Unterstützung und Bereitschaftserklärungen einzufordern.

Herr Minister, zum Abschluss: Wer sich aus dem Fenster lehnt - das ist ja eine Haltung, die Sie häufiger praktizieren -, darf sich nicht wundern, wenn

die Liste der Misserfolge und Patzer entsprechend vergrößert wird. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Biallas das Wort.

Hochverehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Lennartz, ich habe, wie das häufig vorkommt, Ihre Rede mit Erstaunen gehört. Aber sie hat mich nicht schockiert; denn ich habe ja Ihren Antrag gelesen, und darin steht dasselbe.

Kommen wir gleich zur Überschrift, die lautet: „Hilfspolizei gescheitert!“ - Ich bin ja immer für einen sorgsamen Umgang mit der deutschen Sprache. Deswegen möchte ich Sie einmal fragen, wer eigentlich jemals von einer „Hilfspolizei“ und einer „Bürgerwehr“ gesprochen hat.

(Heiner Bartling [SPD]: Sie!)

Das haben weder der Innenminister noch Vertreter der CDU-Fraktion getan. Insofern geht Ihre Rede mit allem, was Sie hier vorgetragen haben, weit an dem vorbei, worüber wir eigentlich reden müssten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben aber gerade noch die Kurve gekriegt; denn Sie haben gesagt, der Innenminister sei jetzt auf den Freiwilligen Ordnungs- und Streifendienst gekommen. Unter diesem Arbeitstitel firmierte dieses wichtige Vorhaben schon seit vielen Monaten. Wenn Sie über Hilfspolizei reden wollen, dann können Sie Ihren Antrag eigentlich zurückziehen; denn darum geht es überhaupt nicht. Sie machen damit zwar Stimmung in der Bevölkerung, wie das ja manchmal rot-grüne Art ist, entziehen sich aber einer sachlichen Auseinandersetzung mit diesem wichtigen Thema.

(Reinhold Coenen [CDU]: So ist es!)

In der Ausgabe der Schaumburger Zeitung vom 21. Juni - Herr Bartling, jetzt weiß ich auch, warum Sie eher aus Israel abgereist sind, nämlich damit das rechtzeitig in die Zeitung kommt - steht:

„Bartling: Die Hilfspolizei ist bereits gescheitert.“

(Heiner Bartling [SPD]: Genau! Ich musste die Pressemitteilung formulie- ren! Das war’s!)

Herr Bartling, noch einmal: Niemand will eine Hilfspolizei.

(Heiner Bartling [SPD]: Was wollt ihr eigentlich?)

Ich frage Sie: Wie kann etwas scheitern, was es eigentlich gar nicht gibt? - Das wäre ja genauso, als wenn ich sagen würde: „Die SPD ist gescheitert“, wenn es sie gar nicht gäbe. Die SPD ist nur deshalb gescheitert - jedenfalls gelegentlich -, weil es sie gibt, so wie sie ist. Das ist das Problem.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, dann geht es mit Herrn Bartling weiter - auf wenig Raum viel geschossen -: Bartling hält eine schwarz uniformierte Hilfspolizei für höchst überflüssig. - Ich frage Sie: Woher haben Sie das denn? Auch wir halten eine schwarz uniformierte Hilfspolizei für höchst überflüssig, damit das einmal klar ist.

(Beifall bei der CDU)

Nun möchte ich einmal zu etwas Positivem kommen. Herr Bartling, den Einlassungen sowohl der Grünen als auch der Roten ist ja durchaus etwas sehr Positives und Richtiges zu entnehmen, was wir, jedenfalls in jüngster Zeit, von Ihnen nie gehört haben. Deswegen will ich das einmal lobend erwähnen. Sie haben in allen Debatten über die niedersächsische Landespolizei immer das Gegenteil dessen behauptet, was wir jetzt zur Kenntnis nehmen können. Ich zitiere aus dem Entschließungsantrag der Grünen:

„Die Sicherheit im Land wird allein durch die niedersächsische Polizei bestens gewährleistet!“

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Herzlichen Glückwunsch allen Polizistinnen und Polizisten! Herzlichen Glückwunsch, Herr Innenminister! Ein besseres Zeugnis kann Ihnen niemand ausstellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Lennartz, ich würde mir wünschen, dass Sie diese richtige Erkenntnis noch etwas konservieren könnten. Wir werden ja spätestens im Rahmen der Haushaltsberatungen wieder über den Dienst der niedersächsischen Landespolizei sprechen. Da hören wir von Ihnen immer genau das Gegenteil dessen, was Sie in dem Antrag geschrieben haben. Insofern herzlichen Glückwunsch, dass Sie in Ihrem Denken ein bisschen weitergekommen sind.

Nun kommen wir wieder zu Herrn Bartling. Herr Bartling stößt in dasselbe Horn und sagt etwas, was wir von ihm, jedenfalls seit seinem unfreiwilligen Ausscheiden aus dem Amt des Innenministers, noch nie gehört haben. So werden die Schaumburger Nachrichten vom 21. Juni zu einem historischen Dokument der Umkehr des Heiner Bartling; denn dort heißt es:

„Die niedersächsische Polizei leistet nach den Worten von Heiner Bartling eine hervorragende Arbeit.“

(Heiner Bartling [SPD]: Haben Sie je- mals etwas anderes von mir gehört?)

Vielen Dank für dieses Lob, Herr Bartling.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Walter Meinhold [SPD]: Sie sind doch ein Schwätzer!)

Dies finden auch wir. Wir würden uns freuen, wenn Sie diese Erkenntnis bei zukünftigen Debatten möglichst nicht vergessen würden.

Sie wären aber nicht Heiner Bartling, wenn Sie nicht auch der Wahrheit eine Prise Unwahrheit beimischen würden.

(Widerspruch bei der SPD)

Ich zitiere wieder Bartling.

(Zuruf von Uwe Harden [SPD])

- Warum schreien Sie denn so, wenn ich Ihren Kollegen Bartling hier zitiere? Das ist ja völlig neu. - Also Bartling wörtlich:

„Nachdem einzelne Polizeipräsidenten zugegeben hätten, dass Hilfspolizisten Streifengänge der hauptamtlichen Polizei ersetzen könnten, lehnen die niedersächsischen Städte und Gemeinden die Hilfspolizei entschieden ab.“

Typisch Heiner Bartling. Weil es nicht stimmt, nennen Sie vorsichtshalber keinen der von Ihnen in Anspruch genommenen Polizeipräsidenten beim Namen. Denn es gibt keinen einzelnen Polizeipräsidenten, der es je behauptet hat.