Protokoll der Sitzung vom 11.07.2006

Es ist folgerichtig, dass wir das gemacht haben, weil das Erziehungsrecht der Eltern und das Erziehungsrecht des Staates, also der Schule, gleichberechtigt nebeneinander im Schulgesetz angesiedelt sind. Darauf hat der Landeselternrat in der Anhörung hingewiesen. Wir haben das umgesetzt, weil das an unseren Schulen heute schon selbstverständlich ist. Schule und Eltern leben heute eine ganz andere Partnerschaft als noch vor zehn oder 15 Jahren. Diese gelebte Partnerschaft zwischen Elternhaus und Schule hat das gemeinsame Ziel: Wir wollen das Beste für unsere Kinder, und zwar auf gleicher Augenhöhe. Genau darauf kommt es in einer Debatte über Schulpolitik doch an.

Ich bin fest davon überzeugt - auch wenn hier immer wieder unterschwellig andere Dinge gesagt werden -, dass es in den meisten Fällen weitgehend gemeinsame Beschlüsse gibt. Für den Fall, dass es einmal nicht so sein sollte, hat der Schulleiter doppeltes Stimmrecht. Auch das darf in Richtung einiger Kritiker gesagt werden. Nur, den Fundamentalkritikern, vor allem von der Funktionärsebene einiger Gewerkschaften und Verbände, sage ich: Der Schulvorstand ist nicht der Untergang der deutschen Schulstruktur - das muss ich in aller Deutlichkeit sagen -,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

auch nicht der deutschen Schulkultur. Natürlich ist das eine völlig veränderte Situation. Aber ich kann die Kritiker überhaupt nicht verstehen, die nur bei den Lehrkräften die entsprechende Kompetenz für Mitarbeit und Mitgestaltung sehen, aber den Eltern

jegliche Kompetenz absprechen und Schüler sogar regelrecht herabwürdigen. Das geht so nicht.

(Beifall bei der CDU)

Ich war selbst lange Jahre Schulleiter, habe Gesamtkonferenzen mitgemacht und auf allen Ebenen gearbeitet. Es gibt keine Grundlage für eine unangebrachte Kritik. Ich kann nur sagen: Unakzeptabel ist die Haltung. Wer so argumentiert, der sollte sich seinen Erziehungsauftrag noch einmal vergegenwärtigen und darüber nachdenken, ob er an der richtigen Stelle tätig ist.

In Wirklichkeit sieht es so aus: Die gute Schulleiterin oder der gute Schulleiter, die ohnehin die Eltern bei Entscheidungen mit einbeziehen, werden mit dieser Vorgabe, die wir jetzt ins Gesetz geschrieben haben, ganz hervorragend klar kommen. Die Gesamtkonferenz konzentriert sich nun wirklich auf die pädagogischen und erzieherischen Fragen, Frau Eckel. Das ist der Kern der Erziehungsarbeit. Darauf soll sie sich konzentrieren. Sie soll nicht alles andere machen. Sonst wird man doch verrückt und verzettelt sich. Die Gesamtkonferenz muss sich um pädagogische Fragen kümmern. Nehmen Sie als Beispiel die Erstellung des Schulprogramms. Das Schulprogramm ist das wichtigste Papier für das Gelingen von Schule. Hier hat die Gesamtkonferenz die letzte Entscheidung. Das ist doch eine tolle Sache. Die Gesamtkonferenz beschließt auch über die Grundsätze für die Leistungsbewertung und über die Grundsätze für Klassenarbeiten und Hausaufgaben. Auch das sind ganz zentrale pädagogische und erzieherische Fragen und sehr klare Kompetenzen. Natürlich können auch Teilkonferenzen eingerichtet werden.

Ich habe jetzt zu meiner Überraschung gelesen, die CDU/FDP-Landesregierung bringe mit dieser neuen Zuordnung das ganze niedersächsische Schulsystem in Gefahr. Ich frage mich: Was soll diese Art von Polemik in dieser Frage angesichts der Erfahrungen, die wir doch alle in Gesamtkonferenzen und mit Gesamtkonferenzen gemacht haben, wenn wir daran teilgenommen haben? Meine Damen und Herren, die Gesamtkonferenzen haben gute Arbeit gemacht. Aber wer sie jetzt als Nonplusultra darstellt oder es zumindest versucht, der hat den Blick für die Realität verloren. Ich habe eine ganze Reihe von Gesamtkonferenzen geleitet, habe an ihnen teilgenommen und kann mich an so viele unendliche, manchmal tagelange Diskussionen erinnern. Selbst über Kleinigkeiten wurde oft stundenlang geredet. Ich wage zu sagen,

dass der normale Lehrer oder die normale Lehrerin nicht immer ein großes Interesse an dieser Veranstaltung haben. Das ist die Realität und muss man auch einmal zur Kenntnis nehmen.

Je größer eine Schule ist, umso schwerfälliger ist natürlich auch eine Gesamtkonferenz. Ich kenne Gesamtkonferenzen mit 200 Teilnehmern. Die können nicht mehr in der Schule tagen, sondern müssen ins Theater der Stadt gehen. Das kann doch nicht die Zukunft der Schule sein! Und Sie wollen die Kompetenzen dieser Gesamtkonferenzen gegenüber dem jetzigen Schulgesetz noch erweitern!

(Walter Meinhold [SPD]: Sie haben doch nichts verstanden, Kollege Kla- re!)

Meine Damen und Herren, zu der Behauptung, wenn man die Gesamtkonferenz reduziere, reduziere man die Demokratie, kann ich nur sagen: Viel mehr Unsinn kann man gar nicht sagen. Es handelt sich in einer Schule nicht um gewählte Mitglieder, die ein Mandat ausüben, sondern es handelt sich um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Behörde. Wenn man schon von Demokratie redet, dann muss man das kleine Häuflein von Eltern und Schülern, die ja in Gesamtkonferenzen bisher gar nichts zu sagen hatten und am Katzentisch saßen, zumindest mit einbeziehen. Das haben wir gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe nichts dagegen, dass Verbandsinteressen durchgesetzt werden. Aber ich bitte diejenigen, die heute schon fast verklärt über Gesamtkonferenzen reden, die Realität zu beachten. Im Mittelpunkt der Arbeit in den Gesamtkonferenzen stehen unsere Lehrer und steht die Erziehungsarbeit. Genau das wird mit dem jetzigen Aufgabenkatalog gewährleistet. Der Schulträger hat eine besondere Bedeutung; dem haben wir mit einem eigenen Kapitel und einem eigenen Paragrafen Rechnung getragen. Ein Vertreter kann an allen Sitzungen des Schulvorstands teilnehmen, er hat Rede- und Antragsrecht und erhält alle Sitzungsunterlagen - übrigens auch den Bericht der Inspektion. Dieser Forderung können wir jetzt nachkommen. Wir haben auch die Schulinspektion gesetzlich abgesichert. Das war ein Wunsch der Grünen, meine Damen und Herren. Da es ein hervorragender und vernünftiger Wunsch war, sind wir dem gefolgt. Wir haben ebenfalls die gesetzliche

Verpflichtung des Landes zur Schaffung eines Unterstützungs- und Beratungssystems aufgenommen. Auch das war ein Wunsch der Grünen, dem wir ebenfalls gerne nachgekommen sind.

Meine Damen und Herren, der Weg in die Eigenverantwortliche Schule ist ein großer Schritt. Er wird die Schule völlig verändern. Ich habe vorhin von einem Paradigmenwechsel gesprochen. Es ist ganz natürlich, dass bei den Schulen noch Unsicherheit und Angst vorherrschen, weil vielen noch nicht ganz klar ist, wohin der Weg geht. Ich kann das sehr wohl nachvollziehen. Deswegen werden wir gemeinsam mit dem Ministerium immer wieder für Transparenz sorgen; denn Schulen müssen die Schritte mitgehen können. Ich bin dem Kultusminister sehr dankbar, weil er die Schulen immer wieder über die Abläufe informiert. Wir haben die große Schulreform mit den Schulen gemacht - das ist gelungen. Wir werden auch diese zweite große Schulreform mit den Schulen machen - auch das wird gelingen.

Meine Damen und Herren, natürlich wird es notwendige Fortbildungen geben. Das ist ganz wichtig. Natürlich wird es Verlagerungen für Schulleiterinnen und Schulleiter geben. Da sie zusätzliche Aufgaben bekommen, muss es auch zusätzliche Verlagerungsstellen geben. Dieses Gesetz ist ein Meilenstein für eine zukunftsorientierte Schule - mit klaren Entscheidungsstrukturen und mit partnerschaftlicher Einbindung aller Beteiligten, auch hin zu einem Wettbewerb zwischen den Schulen.

(David McAllister [CDU]: Richtig!)

Frau Eckel, Sie haben in der Presse und auch heute noch einmal von Beratungen unter Zeitdruck gesprochen.

(Walter Meinhold [SPD]: Ja!)

Natürlich stehen wir unter Zeitdruck. Aber Sie müssen sich überlegen, was Sie bewerkstelligen wollten. Sie wollten von Anfang an das Gesetz überhaupt nicht verabschieden. Sie wollten blockieren und noch mal blockieren, weil Sie uns den Erfolg nicht gönnen. Das war die Strategie.

(Beifall bei der CDU)

Wer eine solche Strategie an den Tag legt, der muss sich nicht wundern, dass dann das eine oder andere Mal etwas durchgezogen wird. Ich kann nur sagen: Ihr Kollege Poppe hat die Ausschusssitzung geleitet. Da ging nichts durcheinander. Er hat

alles sehr klar zusammengefasst, er hat alles sehr klar und offen dargestellt,

(Zuruf von der SPD: Der kann das ja auch!)

sodass wir alle bei jeder Entscheidung mitgestimmt haben. Poppe war gut. Deshalb ein großes Lob an den stellvertretenden Ausschussvorsitzenden.

(Walter Meinhold [SPD]: Das war euer Glück, dass er das gemacht hat! Sonst wäre es noch schiefer gegan- gen!)

Meine Damen und Herren, Frau Eckel, Sie sollten mal ins Protokoll gucken, um festzustellen, bei wie vielen Punkten Sie mitgestimmt haben.

Ich kann nur sagen: Überlegen Sie es sich noch einmal; denn wenn Sie sich das Ausschussprotokoll anschauen, werden Sie feststellen, dass Sie in vielen Punkten, nämlich bei fast drei Viertel aller Beschlussfassungen, zugestimmt haben.

(Silva Seeler [SPD]: Aber nicht in den wichtigen!)

Ich möchte nun noch meinen großen Respekt vor den Gesetzesberatungen der Grünen zum Ausdruck bringen. Frau Korter, das gilt Ihnen.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie haben keine Blockadepolitik betrieben, ganz im Gegenteil.

(Walter Meinhold [SPD]: Du bist ein Spalter!)

Sie haben immer wieder den Versuch unternommen, so viele Punkte wie möglich aus Ihrem Antrag in unseren gemeinsamen Gesetzentwurf hinein zu bringen. Das ist Ihnen in einigen Teilen auch gelungen. Ich sage auch gern als Kompliment an die Fraktion der Grünen, dass das Gesetz dadurch runder geworden ist.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich danke Ihnen für diese Mitarbeit.

Jetzt bin ich aber sehr gespannt auf das Abstimmungsverhalten der SPD. Man kann nicht einerseits erklären, der Kurswechsel, den wir jetzt vollzogen haben, sei ein Sieg der Vernunft - liebe Frau Eckel, das ist nämlich der Sieg der Vernunft -, und hinterher sagen: Das reicht uns gar nicht.

(Zuruf von Ingrid Eckel [SPD])

Ich habe den Eindruck, Sie wollten eine Sollbruchstelle, weil Ihre Fraktionsspitzen Ihnen nicht erlaubt haben, diesem wichtigen Gesetz zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann Ihnen am Ende nur sagen: Meine Damen und Herren, was wäre es für ein tolles Signal, wenn dieser Landtag mit breiter Mehrheit, am liebsten einstimmig, diesem wichtigen Gesetzentwurf hin zu mehr Qualität von Schule zustimmen könnte!

(Walter Meinhold [SPD]: Dann hätten Sie mehr auf uns zugehen müssen!)

Das wäre ein Signal, das bei unseren Lehrerinnen und Lehrern, bei unseren Eltern, bei unseren Schülern und bei allen anderen an Schule Beteiligten gut ankommen würde. Ich fordere Sie einfach auf, noch einmal in sich zu gehen,

(Ingrid Eckel [SPD]: Dann hätten Sie sich bewegen müssen! Sie haben sich nicht bewegt!)

um nach dem, was ich Ihnen jetzt, hoffentlich überzeugend, gesagt habe,

(Walter Meinhold [SPD]: Das war alles andere als überzeugend!)

noch zu einer anderen Meinungsbildung zu kommen. - Herzlichen Dank für das Zuhören.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Klare, Sie haben die Redezeit punktgenau ausgeschöpft. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Korter das Wort.