Protokoll der Sitzung vom 13.07.2006

Natura 2000, Elbvertiefung und Hafenschlick - Entwicklungen im Ästuar der Elbe?

Auf verschiedenen Veranstaltungen der letzten Wochen wirbt die Hamburg Port Authority (HPA) mit einem „visionären“ Konzept zur Entwicklung des Elbeästuars, das die „Versöhnung von Naturschutz und Strombau“ verspricht. Die Rede ist von einer Einengung des Mündungsgebietes durch künstlich angelegte große Ringinseln, in die Hamburger Hafenschlick eingespült werden könnte. Oberhalb von Glücksstadt sollen der Flutraum vergrößert und neue Flachwasserzonen geschaffen werden. Ziel ist eine Dämpfung des Tidenhubs. Dieser nimmt inzwischen dauerhaft zu, gefährdet damit die Deichsicherheit und verschlechtert nachhaltig die ökologische Qualität des Ästuars. Außerdem soll der flutstromdominierte Sedimenttransport (der so genannte Tidal-Pumping-Ef- fekt, d. h. die Flut transportiert mehr Sediment stromauf als der Ebbstrom Richtung Nordsee) begrenzt werden, der Hamburg seit der letzten Elbvertiefung eine Verdreifachung der Baggergutmengen im Hafen gebracht hat. Als weiterer Hintergrund der Diskussion sind die Ausweisung der Tideelbe als FFH-Gebiet und das damit verbundene Verschlechterungsverbot zu nennen. Eine FFH-Lenkungsgruppe, an der auch Niedersachsen beteiligt ist, soll an einem Managementplan arbeiten, der das Elbeästuar für die EU-Natura-2000-Kulisse sichern, entwickeln und außerdem die Wasserrechtsrahmenrichtlinie (WRRL) umsetzen soll. Auf einem

Workshop zum diesem Thema am 8. Juni 2006 in Hamburg wurde deutlich, dass in der Hansestadt die HPA quasi die Federführung in diesem Arbeitsprozess übernommen hat. Damit drängt sich der Eindruck auf, dass hier der Naturschutz instrumentalisiert wird, um vorrangig die Akzeptanz für die geplante nächste Elbvertiefung zu verbessern und preiswerte Lösungen für die selbst geschaffenen Baggergutprobleme durchzusetzen. Dieser Eindruck nährt sich natürlich auch aus den Erfahrungen mit der unzureichenden Umsetzung der Auflagen der letzten Elbvertiefung durch die Hamburger Behörden. Die Glaubwürdigkeit des Kooperationsangebotes zwischen Naturschutz und Strom- und Hafenbau leidet zudem darunter, dass die neu geplante Elbvertiefung nicht in die angebotene Zusammenarbeits- und Beteiligungsentwicklung eingeordnet, sondern unabhängig davon massiv vorangetrieben wird.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über das Hamburger Konzept, und wie beurteilt sie diese „Neugestaltung“ des Elbeästuars?

2. Welchen Arbeitsstand hat die trilaterale FFHLenkungsgruppe, und welche Rolle spielt sie in Zusammenhang mit den genannten Vorstellungen von HPA?

3. In welchem Umfang sind nach meiner Mündlichen Anfrage im Januar-Plenum 2005 die Beweissicherungsauflagen des Planfeststellungsverfahrens und die Ausgleichsmaßnahmen der letzten Elbvertiefung umgesetzt worden, und was steht noch aus?

Zu 1: Die Hamburg Port Authority (HPA) hat als Diskussionsbeitrag gemeinsam mit der Wasserund Schifffahrtsverwaltung des Bundes im Juni 2006 ein „Konzept für eine nachhaltige Entwicklung der Tideelbe als Lebensader der Metropolregion Hamburg“ vorgelegt. In dem 18-seitigen Dokument wird allgemein auf die Funktion der Tideelbe, eine Situationsbeschreibung mit Hinweis auf morphologische Entwicklung, den Hochwasserund Sturmflutschutz,die hydrodynamische Entwicklung und die Sedimentdynamik sowie die Schadstoffbelastung eingegangen. Dann werden Eckpfeiler eines zukünftigen Aktionsplanes zur Diskussion gestellt, u. a. die Dämpfung der einschwingenden Tideelbe durch strombauliche Maßnahmen insbesondere im Mündungstrichter, die Schaffung von Flutraum im Bereich zwischen Glückstadt und Geesthacht sowie die Optimierung des Sedimentmanagements unter Berücksichtung des Gesamtsystems der Elbe. Schließlich werden Aussagen zum Nutzen eines zukünftigen Aktionsplanes für die Themenbereiche Wirtschaft und Verkehr, Naturschutz und Tourismus, Hochwasser

schutz sowie Fischerei und Landwirtschaft getroffen, kurz politische Rahmenbedingungen wie Natura 2000, die Wasserrahmenrichtlinie und das weitere Vorgehen angesprochen.

Konkrete Informationen über etwaige Planungen liegen der Landesregierung nicht vor. Es ist ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf Basis der vorliegenden Informationen noch nicht möglich, sich ein fachlich begründetes Urteil zu dem Konzept zu bilden.

Zu 2: Die trilaterale FFH-Lenkungsgruppe entwickelt derzeit ein Konzept, in dem die teilweise unterschiedlichen fachlichen Ansprüche der FFHund der Wasserrahmenrichtlinie zusammengeführt werden sollen. Mittelfristig soll dieses Konzept in einen Bewirtschaftungsplan (im Sinne der FFH- und der Wasserrahmen-Richtlinie) für die Unterelbe münden. Die Hamburg Port Authority (HPA) wird bei ihren künftigen Plänen und Projekten die Aussagen dieses Konzeptes in ihrem jeweils erreichten Sachstand berücksichtigen.

Zu 3: Nach der Mündlichen Anfrage im JanuarPlenum 2005 ist der 4. Beweissicherungsbericht 2004 vorgelegt worden. Mit ihm wurden alle bis zu diesem Zeitpunkt umzusetzenden Beweissicherungsauflagen des Planfeststellungsverfahrens erfüllt. Allerdings ist in einem Fall ein unzutreffender Berechnungsgang angewandt worden. Diesbezüglich haben Besprechungen mit dem Träger des Vorhabens stattgefunden. Von dort wurde Abhilfe zugesichert. Der 5. Beweissicherungsbericht soll in Kürze vorgelegt werden. Er wird die Datenerhebung bis mindestens Ende 2004 enthalten. Die Ergebnisse der angeordneten Beweissicherungsauflagen werden in den Berichten dokumentiert.

Die landschaftspflegerischen Ausführungsplanungen für zwei Maßnahmegebiete liegen vor und sind bereits abgestimmt. Die noch fehlende landschaftspflegerische Ausführungsplanung für den Belumer Außendeich wird in Kürze nachgereicht. Mit der Umsetzung der Maßnahmen soll bei gesicherter Finanzierung in diesem Sommer begonnen werden.

Anlage 14

Antwort

des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf die Frage 16 der Abg. Dr. Gabriele Heinen-Kljajić (GRÜNE)

Neue Belastungen für die niedersächsischen Hochschulen

Durch die vom Bund mit Zustimmung des Bundesrates beschlossene Mehrwertsteuererhöhung werden auf die niedersächsischen Hochschulen ab kommendem Jahr erhebliche Mehrausgaben zukommen, denen keine entsprechende Entlastung gegenübersteht. Die Finanzhilfen und Zuführungen des Landes an die Hochschulen sind mit dem so genannten Zukunftsvertrag bis zum Jahr 2010 auf Höhe der Zuführungsbeträge, die im Haushalt 2006 ausgewiesen sind, festgeschrieben. Dem Landeshaushalt werden durch die Mehrwertsteuererhöhung ab dem Jahr 2007 erhebliche Mehreinnahmen zufließen.

Auch die jetzt abgeschlossenen Tarifvereinbarungen zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) auf der einen Seite und ver.di und dem Marburger Bund auf der anderen Seite führen zu Mehrausgaben bei den Hochschulen und Universitätskliniken. Nach dem Zukunftsvertrag werden nur die Besoldungs- und Tarifanpassungen, die netto 0,8 % je Anpassung übersteigen, den Hochschulen vom Land erstattet. Diese Regelung gilt jedoch, bezogen auf die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) und den Bereich Humanmedizin der Georg-August-Universität Göttingen, Stiftung öffentlichen Rechts, nur für das aus den Landeszuschüssen finanzierte Personal.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Mehrausgaben werden auf die Hochschulen in den Jahren 2007 und 2008 durch die Mehrwertsteuererhöhung zukommen (wenn nicht anders kalkulierbar, geschätzt auf Basis der mehrwertsteuerpflichtigen Istausga- ben im Jahr 2005 oder 2004) ?

2. Welche Mehrausgaben werden auf die Hochschulen in den Jahren 2007 und 2008 durch die von der TdL mit ver.di und dem Marburger Bund abgeschlossenen Tarifverträge zukommen?

3. Wie will die Landesregierung vor dem Hintergrund der Mehreinnahmen des Landes aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung dafür sorgen, dass die zusätzlichen Belastungen der Hochschulen nicht zulasten von Forschung und Lehre gehen?

Der Haushaltsplan des Landes für das Jahr 2007 wird zurzeit aufgestellt. Am 17. und 18. Juli wird das Kabinett in einer Klausursitzung über den Entwurf beraten, um ihn dann am 21. Juli zu verabschieden. Bereits aus diesem Grund ist die Aussage in den Vorbemerkungen zu den Fragen, dass den erheblichen Mehrausgaben der Hochschulen keine entsprechende Entlastung gegenüberstehe, rein spekulativ. Der begründende Hinweis an selber Stelle, dass der Zukunftsvertrag vom

11. Oktober 2005 die Finanzhilfen und Zuführungen des Landes an die Hochschulen auf die Höhe der Ansätze des Jahres 2006 festschreibe, übersieht offensichtlich, dass es sich hierbei um eine Festschreibung im Sinne einer Mindestsummengarantie handelt. Einer Erhöhung der Zuführungen und Finanzhilfen aus besonderem Anlass steht diese Festschreibung jedoch nicht entgegen. Auch die Aussage, dass den Hochschulen lediglich Besoldungs- und Tarifanpassungen erstattet werden, die netto 0,8 % je Anpassung übersteigen, ist in dieser Absolutheit nicht richtig. § 1 A des Zukunftsvertrages führt in Satz 3 nämlich aus, dass die Vertragsparteien davon ausgehen, dass die Hochschulen hierdurch nicht schlechter gestellt werden als andere Landesbetriebe.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Hochschulen wirtschaften bekannterweise mit einem so genannten Globalhaushalt. Das bedeutet, dass aus den Zuführungen bzw. Finanzhilfen für laufende Zwecke sowohl mehrwertsteuerpflichtige wie auch mehrwertsteuerfreie Ausgaben getätigt werden. Der überwiegende Anteil der Ausgaben entfällt bekanntlich auf mehrwertsteuerfreie Personalausgaben. Anhand der Wirtschaftspläne lassen sich Schätzungen über die mehrwertsteuerpflichtigen Ausgaben vornehmen. Für alle Hochschulen zusammen ergeben sich hieraus rein rechnerisch Mehrbelastungen aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung von rund 8,5 Millionen Euro pro Jahr wobei abzuwarten sein wird, in welchem Umfang sich der Kosteneffekt tatsächlich in Marktpreisen niederschlagen wird.

Zu 2: Die tatsächlichen Mehrbelastungen aus den Tarifabschlüssen werden aufgrund der Komplexität der Verträge mit der erforderlichen Genauigkeit erst mit Vorliegen der kaufmännischen Jahresabschlüsse erkennbar sein. Die Konsequenzen der Tarifeinigungen mit ver.di und dem Marburger Bund lassen sich zurzeit noch nicht vollständig berechnen, weil beide Vertragswerke noch durch die Ausübung von Optionen bzw. durch redaktionelle Vereinbarungen vervollständigt werden müssen. Erst danach wird das NLBV den Hochschulen die konkreten Berechnungen liefern können.

Zu 3: Im Hinblick auf die Deckungsmöglichkeiten des Haushalts und das zwingende Erfordernis, die Verschuldensobergrenze der Verfassung einzuhalten, besteht für die Ausweitung des Ausgaberahmens kaum Spielraum. Danach sind auch die

zu erwartenden Ausgabeneffekte aus der Erhöhung der Mehrwertsteuer grundsätzlich durch Einsparungen an anderer Stelle zu bewältigen. Ob darüber hinaus eine teilweise Kompensation erforderlich und möglich ist, wird unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Frage 1 im laufenden Aufstellungsverfahren zu entscheiden sein.

Anlage 15

Antwort

des Umweltministeriums auf die Frage 17 der Abg. Stefan Wenzel und Andreas Meihsies (GRÜNE)

Sicherheitsmängel am neuen Castorbehälter?

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg hat in einer Pressemitteilung vom 26. Juni 2006 den Verdacht geäußert, dass bei Falltests eines neuen Castorbehälters ein Zwischenfall verschwiegen wurde.

In die französische Wiederaufarbeitungsanlage La Hague wurden in den letzten Jahren Brennelemente mit erhöhtem Abbrand aus deutschen Atomkraftwerken verbracht. Die erhöhten Abbrandraten erfordern Behälter, die mehr Wärmeleistung aufnehmen können. Auch die höhere Neutronenstrahlung erfordert neue Castoren. Der bisher benutzte Castortyp HAW 20/28 CG für 45 kW Wärmeinventar ist für 40 Jahre Zwischenlagerung zugelassen. Künftig bedarf es offenbar eines Behälters für 56 kW Hitzeentwicklung.

Alle bisher nach Gorleben verbrachten Castortypen wurden bekanntlich keinem Falltest mit Originalbehältern unterzogen, obwohl die Internationale Atomenergiebehörde diese Falltests vorschreibt. Laut Informationen der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg wurden bis Dezember 2005 auf dem Gelände der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) in Horstwalde bei Berlin von 16 geplanten Falltests nur 14 mit kleinen 1:2-Modellen des neuen Behälter für 56 kW Hitzeentwicklung durchgeführt.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Informationen hat die Landesregierung über Art und Umfang dieser Tests?

2. Weshalb wurden die Tests mit den Minibehältern vorzeitig beendet und weitere Falltests nicht durchgeführt?

3. Hält die Landesregierung unter diesen Umständen einen Castortransport noch in diesem Jahr für durchführbar und vertretbar?

Vorbemerkungen:

Im Rahmen der Prüfungen zur Erlangung der verkehrsrechtlichen Erstzulassung von Transport- und Lagerbehältern sind Fallversuche grundsätzlich durchzuführen. Aus diesem Grunde hat die Gesellschaft für Nuklear-Service mbH für den neu entwickelten Castor HAW28M für Glaskokillen mit höherer Wärmeleistung und höherem Nuklidinventar ein umfangreiches verkehrsrechtliches Fallversuchsprogramm bei den zuständigen Behörden, dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) , beantragt. Die Zuständigkeit für die verkehrsrechtliche und die atomrechtliche Zulassung der Behälterbauart hat das BfS, die BAM führt die notwendigen Prüfungen und Nachweise für die verkehrsrechtliche Zulassung von so genannten Typ B(U)F-Versandstücken durch und stellt das Prüfungszeugnis aus. Sie ist des Weiteren als Sachverständige bei der Zulassung der Behälterbauart vom BfS zugezogen. Sicherheitsmängel an dem neuen Behältertyp sind von den zuständigen Behörden nicht mitgeteilt worden, der Abschluss der Genehmigungsverfahren ist nicht vor Ende 2006/Anfang 2007 zu erwarten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Das für die atomrechtliche Aufsicht über das Transportbehälterlager Gorleben zuständige Niedersächsische Umweltministerium hat von der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) Antragsunterlagen für den neuen Transport- und Lagerbehälter Castor HAW28M im Rahmen der Einreichung bei dem für die Prüfung zuständigen BfS (siehe Vorbemerkungen) nachrichtlich zur Information erhalten. Diese Informationen enthalten u. a. das Programm zur mechanischen Prüfung des Testbehälters Castor HAW/TB 2 (einschließlich der vorgesehenen Fallprüfungen im Maßstab 1:2) entsprechend den normalen und Unfall-Beförderungsbedingungen.

Zu 2: Die Fallprüfungen mit dem Testbehälter Castor HAW/TB2 sind nach Auskunft der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) planmäßig und vollständig in dem Zeitraum von November 2005 bis April 2006 auf dem Testgelände der BAM in Horstwalde durchgeführt worden.

Zu 3: Der nächste Transport wird noch mit zwölf Transport- und Lagerbehältern des bereits verwendeten Typs Castor HAW 20/28 CG durchgeführt werden. Wegen des fehlenden Zusammenhangs mit angeblichen Sicherheitsmängeln an

einem Behälter neuen Typs stellt sich diese Frage daher nicht.

Anlage 16

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 18 der Abg. Ina Korter (GRÜNE)