Das mag jeder von Ihnen für sich selbst tun. Das macht deutlich, wie hoch die Wertigkeit der beiden Minister für dieses Thema ist.
(Beifall bei der SPD - Wilhelm Heide- mann [CDU]: Frau Geuter, auch ich bin doch da! - Reinhold Coenen [CDU]: Ich auch!)
Die finanziellen Defizite der niedersächsischen Kommunen sind in den letzten Jahren ständig angestiegen. Selbst die finanziell guten Jahre 2007 und 2008 haben nicht ausgereicht, um die Liquiditätskredite der Kommunen nachhaltig und signifikant abzusenken. Daher ist ein entschlossenes und zielgerichtetes Handeln notwendig, um den Kommunen in unserem Land eine verlässliche und aufgabengerechte Einnahmesituation zu verschaffen, um auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene auf eine verantwortungsgerechte Übernahme von sozialen Leistungen hinzuwirken und um die Kommunen bei der Konsolidierung ihrer Haushalte zu unterstützen.
Die Bundesregierung hat am 27. Februar 2010 die Einsetzung einer Kommission zur Erarbeitung von Vorschlägen zur Neuordnung der Gemeindefinanzierung beschlossen. Zwei Mitglieder dieser Landesregierung sind Mitglieder dieser Gemeindefinanzkommission in Berlin. Sie haben in der Vergangenheit immer darauf hingewiesen, wie aktiv sie sich dort für eine solide Einnahmebasis der Kommunen und für eine Entlastung auf der Aufgabenseite einsetzen wollen.
Vor diesem Hintergrund hat uns schon ein wenig verwundert, dass die Landesregierung für die Beantwortung unserer Anfrage mehr als sechs Monate gebraucht hat. Denn wenn man aktiv und solide mitarbeitet, dann muss man eigentlich von Anfang an wissen, welches Ziel man dort verfolgt.
Ich möchte an dieser Stelle gerne zugeben, dass die Erarbeitung der umfangreichen tabellarischen Übersichten und Anlagen sehr zeit- und arbeitsintensiv gewesen ist. Ich möchte mich bei allen Beteiligten, die dazu beigetragen habe, recht herzlich bedanken.
Diese Übersichten verdienen es, dass wir sie sorgfältig lesen und auswerten. Von daher werde ich an dieser Stelle dazu nicht Stellung nehmen. Ich möchte das an einem Beispiel deutlich machen:
In der Anlage ist auch eine Übersicht über die Belastungen der Kommunen im Hinblick auf die Grundsicherung enthalten. Sie alle wissen, dass im Zusammenhang mit der Einigung im Verfahren zum SGB II auch eine Veränderung im Bereich der
Grundsicherung erfolgt ist. Der Chef des Niedersächsischen Landkreistages hat vor wenigen Tagen zu Recht darauf hingewiesen, dass davon, in welcher Form jetzt die Ausgliederung der Grundsicherung aus dem Quotalen System erfolgen wird, abhängen wird, in welcher Form die Kommunen entlastet werden oder ob die Entlastung möglicherweise auch beim Land liegen wird.
Wie gesagt: Wir versprechen Ihnen, dass wir uns diese Zahlen sorgfältig anschauen und sicherlich an anderer Stelle noch darauf zurückkommen werden.
Aufgefallen ist uns in der gesamten Antwort, dass sie zwischendurch immer wieder relativ große Werbeblöcke für die Arbeit der Landesregierung enthält.
(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von der CDU: Zu Recht! - Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Die macht auch gute Arbeit!)
Das ist eigentlich atypisch für die Beantwortung einer Anfrage. Das geht sogar so weit, dass Sie sich mit bereits abgelaufenen Maßnahmen wie dem Brückenjahr und dem Programm „Familien mit Zukunft“ schmücken.
Ich rate Ihnen eindringlich: Fragen Sie doch einmal Ihre eigenen Kommunalpolitiker, wie hilfreich sie es finden, dass sie jetzt vor Ort mit viel Mühe versuchen müssen, die Ausgaben zu wuppen, die durch den Rückzug des Landes aus diesen Programmen entstanden sind, weil es die Kommunen für nötig und sinnvoll halten, z. B. Familienservicebüros weiterhin aufrechtzuerhalten.
Bemerkenswert ist auch, dass die Landesregierung in ihrer Antwort einleitend den Versuch wagt, zu behaupten, die finanziellen Probleme der Kommunen seien ausschließlich die Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise.
Davor seien die Kommunen - ich zitiere aus der Antwort - „für die Bewältigung der vor ihnen liegenden Aufgaben … gut gerüstet“ gewesen. Meine Damen und Herren, das ist wirklich viel zu kurz gesprungen.
Die vielen Kommunalpolitiker in Ihren Reihen werden Ihnen sicherlich Nachhilfe erteilen und erläutern können, wie viele Jahre sie schon unter einem erheblichen Konsolidierungsdruck stehen, wie viele Jahre sie schon die sogenannten freiwilligen Leistungen immer weiter einschränken mussten und in wie vielen Jahren sie Investitionen nicht so vornehmen konnten, wie es sinnvoll und notwendig gewesen wäre. Der Versuch der Vernebelung ist an dieser Stelle wirklich offenkundig.
Seit 2001 haben die Haushalte der niedersächsischen Kommunen lediglich in den Jahren 2006 bis 2008 mit einem positiven Finanzierungssaldo abgeschlossen. Dazu fällt der Landesregierung auf Seite 29 der Antwort ein, es sei bedauerlich, dass diese „Trendumkehr“ - ich halte es für fragwürdig, bei einem so kurzen Zeitraum schon von „Trendumkehr“ zu sprechen - keinen dauerhaften Bestand gehabt habe. - Meine Damen und Herren, die positive Einnahmeentwicklung dieser drei Jahre hat lediglich dafür gesorgt, dass die Defizite nicht ganz so hoch ausgefallen sind. Eine dauerhafte Entlastung der Kommunen hat sie nicht gebracht.
Sie widersprechen mit Ihrer Aussage übrigens auch den von Ihnen am Anfang Ihrer Antwort beschriebenen Zielen der Gemeindefinanzkommission, die ja darauf ausgerichtet ist, die Kommunalfinanzen dauerhaft und nachhaltig auf eine vernünftige Basis zu stellen.
Ich komme jetzt zu einigen einzelnen Punkten; alle werde ich nicht behandeln können. Beim Thema Standards weisen Sie darauf hin, dass „sich eine signifikante und nachhaltige Verbesserung der kommunalen Finanzen nur durch Maßnahmen im Bereich der Sozialausgaben erreichen lässt“. Sie definieren diese Maßnahmen aber nicht konkret, sondern es erfolgt dann nur eine Auflistung von Vorschlägen, in denen keinerlei Einsparungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Zum Schluss verweisen Sie lediglich darauf, dass sich die Landesregierung in einem Schreiben vom 27. Oktober zum
Entwurf des Abschlussberichts der Arbeitsgruppe „Standards“ für einen konkreten Vorschlag des BMF zur Verbesserung der finanziellen Situation der Kommunen ausgesprochen und die angebotenen Vorschläge als „unbefriedigend“ kritisiert hat.
Meine Damen und Herren, wir hätten gerne von Ihnen selbst gehört, wie Sie sich das konkret vorstellen und was Sie in dem von Ihnen zitierten Schreiben tatsächlich gefordert haben.
Spannend wird es auch beim Thema Einnahmeseite. Obwohl zwei Landesminister in der Gemeindefinanzkommission vertreten sind, wird in der Antwort behauptet, dass sich die Landesregierung im Moment zu den beiden vorliegenden Modellen - einmal zum Arbeitsauftrag der Gemeindefinanzkommission und zum anderen zum Modell der Kommunen - nicht äußert, weil sie abwarten möchte, bis verlässliche, belastbare Zahlen vorliegen. Vor dem Hintergrund ist überhaupt nicht zu erklären, dass die Landesregierung, die die vorliegenden Modelle nicht bewertet, gleichzeitig ein neues auf den Markt wirft. Dieses Modell ist sicherlich noch weniger zielführend als all das, was schon auf dem Tisch liegt.
In der Anhörung im Innenausschuss ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass die Zahlen aus dem Jahre 2006 stammen und von daher sicherlich nicht ganz belastbar sind. Ich will das an einem Beispiel deutlich machen: Dieses Modell geht davon aus, dass es zu einer Entlastungswirkung für viele Kommunen führt. Aber eine Entlastungswirkung entsteht nur dann, wenn es zu einer Verlagerung auf die Seite der Kommunen und des Landes kommt. - Vor dem Hintergrund des vom Finanzminister ausgesprochenen Zuschussmoratoriums haben wir natürlich auch gefragt, ob denn diese Verlagerung mit dem Finanzminister abgesprochen sei. Die Antwort war, dass es seit 2006 so viele Veränderungen im Bereich der Steuergestaltung gegeben habe, dass man davon ausgehen könne, dass eine solche Auswirkung auf die Landesfinanzen überhaupt nicht eintreten könne.
Meine Damen und Herren, wenn nicht einmal die Auswirkungen auf die Landesfinanzen belastbar sind, wie belastbar können dann die Auswirkungen auf die Kommunen sein?
Auf die Frage, ob das sogenannte NiedersachsenModell nicht verfassungswidrig ist, weil es damit im Grunde genommen bei der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer zu einer gleichen Besteuerung kommt und möglicherweise gegen das Doppelbesteuerungsverbot verstoßen wird, gab es überhaupt keine Antwort.
(Björn Thümler [CDU]: Sie haben ja immer gute Berater! - Heinz Rolfes [CDU]: Sie sind ja immer gegen alles!)
Entlarvend für die gesamte Antwort ist der Hinweis auf Seite 39, es sei die Aufgabe der Kommunen selbst, ihre Handlungsfähigkeit herzustellen.
Meine Damen und Herren, wer nimmt denn auf Bundesebene Einfluss auf die Gesetzgebung im Bereich der Steuergestaltung, auf Steuersenkungen? Wer nimmt auf Bundesebene Einfluss bei der Übertragung von Aufgaben auf die Kommunen? - Das sind doch nicht die Kommunen selbst, sondern das ist das Land! Da kann man sich nicht einfach aus der Verantwortung mogeln!
Das Gleiche gilt für den Bereich der Schuldenbremse. Da wird nur schulterzuckend darauf hingewiesen, dass die Kommunen von der Schuldenbremse nicht betroffen sind. Meine Damen und Herren, das Land gibt für die nächsten Jahre - bis 2020 - konkrete Ausgabepfade vor und weist die Ministerien an, sich innerhalb dieser Pfade zu bewegen. Sie werden doch wohl niemandem glaubhaft erklären können, dass die Kommunen davon nicht betroffen sein werden.