Protokoll der Sitzung vom 25.05.2011

(Ronald Schminke [SPD]: Völlig an- ders im System!)

ganz abgesehen von Verteuerungen bei öffentlichen Aufträgen und einem nicht zu bewältigenden bürokratischen Aufwand.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Wer glaubte, dass es im Nachgang zu ruinösem Wettbewerb mit Niedriglohnanbietern gekommen ist, der wird festgestellt haben, dass dieser ausgeblieben ist.

Herr Höttcher, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Lies?

Egal, von wem. Aber die wollen uns hier nur aufhalten. Also nein.

In einem stimme ich Ihnen allerdings zu, nämlich darin, dass es notwendig ist, Wettbewerbsverzerrungen durch Lohndumping zu verhindern. Aber besser, als ein neues Gesetz zu schaffen, ist es, die Rahmenbedingungen zu verbessern, damit Unternehmen grundsätzlich in der Lage sind, ihren Mitarbeitern mehr Geld zu bezahlen.

(Zustimmung bei der CDU)

Was den Mindestlohn anbelangt, möchte ich darauf hinweisen, dass es in Niedersachsen unterschiedliche Regionen gibt, in denen leider unterschiedliche Löhne gezahlt werden müssen oder nur gezahlt werden können.

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Wa- rum „müssen“? Die müssen nicht un- terschiedlich bezahlt werden!)

- Weil es der Markt dort nicht hergibt.

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Ach, Herr Höttcher!)

- Haben Sie schon einmal einen Handwerker beschäftigt - das würde ich gern einmal wissen - oder einen sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter? - Dann könnten Sie da ein bisschen mehr mitreden. Es gibt Regionen, in denen die Unternehmen einfach keinen anderen Preis durchsetzen können, weil es eine Konkurrenz gibt und auch die erforderliche Kaufkraft fehlt.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Das gilt doch für alle! Der Mindestlohn gilt doch für alle! - Weitere Zurufe von den LINKEN und von der FDP)

- Sie wollen es nicht verstehen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Ich warte noch ein bisschen. Wenn Sie mit Ihren Zwischenrufen am Ende sind, geht es weiter.

Ihr Gesetzentwurf dagegen beinhaltet eine wahre Flut von vergabefremden Kriterien. Vieles von dem, was Sie fordern, ist schon heute im Landesvergabegesetz enthalten.

(Olaf Lies [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)

- Natürlich! Schon heute ist - Sie sollten einmal in die geltende Fassung des Gesetzes hineinschauen - die Tariftreueerklärung fester Bestandteil des

§ 3. Trotzdem fordern Sie sie. Die Tariftreueerklärung gibt es schon. Ohne diese Erklärung wird das Angebot von der Wertung ausgeschlossen.

Das Vergabegesetz kann nicht verstecktes Gesetz für Mindestlöhne und mehr Ausbildungsplätze sein. Dies muss in einem gesonderten bundesweiten Gesetz verankert werden. Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen ist dann ohnehin daran gebunden, dass die Firmen geltendes Recht einhalten. Letztendlich ist es Aufgabe der Tarifparteien, die Einhaltung von Tarifverträgen zu kontrollieren.

Die Anwendungsschwelle des Landesvergabegesetzes ist wie in den letzten beiden Jahren auch im Jahr 2011 bis zum Ende dieses Jahres auf 100 000 Euro angehoben worden. Der Herabsetzung dieser Schwelle auf 10 000 Euro, wie Sie sie mit Ihrem Gesetzentwurf fordern, Herr Schminke - die Argumente wurden schon ausgetauscht -, stimmen wir nicht zu und lehnen sie auch entschieden ab. Die Tariftreueerklärung liegt weiterhin bei 30 000 Euro.

(Ronald Schminke [SPD]: Sie wollen doch gar nichts!)

- Doch, wir wollen ganz viel. Alles das, was den Unternehmen und den Mitarbeitern hilft.

Wir haben bereits jetzt ausreichend gute Regelungen. Diese gilt es - - -

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Das glaube ich nicht, Herr Höttcher!)

- Bitte? Das habe ich nicht verstanden. Sagen Sie es noch einmal!

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Das glauben wir Ihnen nicht!)

- Na ja, das ist Ihr Problem. Also gut.

Wir haben bereits jetzt ausreichend gute Regelungen. Diese gilt es, jetzt sinnvoll zu bündeln, um daraus ein Vergabegesetz zu schnüren, das letztlich auch europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Damit sind wir am Ende der Beratungen angelangt..

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend tätig werden soll der Ausschuss für Wirt

schaft, Arbeit und Verkehr, und mitberaten sollen den Gesetzentwurf der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sowie der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer so entscheiden möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe? - Das ist so beschlossen worden.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Wohnraum und zur Bekämpfung der Immobilienspekulation - Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/3627

Der Gesetzentwurf wird durch Herrn Adler für die Fraktion DIE LINKE eingebracht. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Adler.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wohnungsfrage wird zunehmend zu einer sozialen Frage, und zwar in unterschiedlichem Maße in Niedersachsen, also nicht überall gleich. Wir haben Regionen, in denen Wohnungsleerstände zu verzeichnen sind. Es gibt in zunehmendem Maße in den Ballungsräumen aber auch Gebiete, in denen richtig Wohnraummangel herrscht. Das hat natürlich zur Folge, dass dort die Mieten steigen. In einer Übersicht, die vor wenigen Wochen in der Zeitschrift Focus veröffentlicht worden ist, ist ganz gut nachzulesen, wie die Mieten in Räumen wie Hannover, Braunschweig, Göttingen sowie um Hamburg und auch um Bremen herum - zum Teil auch im Emsland - angezogen sind.

Schon vor eineinhalb Jahren habe ich in einer Landtagsdebatte über die Wohnraumförderung dieses Problem angesprochen und darauf hingewiesen, dass die Wohnraumförderung durch das Land viel zu niedrig ist. In diesem Fall werden ja nur Bundesmittel weitergereicht, und es wird kein eigenes Geld dazugelegt. Die Förderung ist also völlig unzureichend, um diesen zunehmenden Wohnungsproblemen gerecht zu werden.

In den letzten anderthalb Jahren hat sich die Situation aber dramatisch verschärft, vor allem in den von mir genannten Ballungsräumen. Deshalb müssen wir als Landesgesetzgeber meiner Meinung nach versuchen, das Problem von zwei Seiten her zu lösen. Auf der einen Seite müssen wir die Wohnraumförderung verbessern, damit mehr Wohnungsbau stattfindet, vor allem aber Mietwoh

nungsbau und auch der Bau von kleinen Ein- und Zweizimmerwohnungen; denn da ist das Problem am größten. Zum andern müssen wir aber auch solche Instrumente einführen, wie es sie in Niedersachsen früher schon einmal gegeben hat. Ich meine das Zweckentfremdungsverbot.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieses Zweckentfremdungsverbot wurde in Niedersachsen am 1. Januar 2004 unter der damaligen Wohnungsbauministerin Ursula von der Leyen aufgehoben. Zur Begründung hatte sie damals gesagt: Wir können das Zweckentfremdungsverbot aufheben, weil sich der Wohnungsmarkt in den vergangenen Jahren zusehends entspannt hat. - So ihre damalige Erklärung.

(Carsten Höttcher [CDU]: War ja auch richtig!)

Sie bezog sich damals auf das Zweckentfremdungsverbot, das es in Städten wie Braunschweig, Göttingen, Hannover, Lüneburg, Norderney und Oldenburg gegeben hatte. Wenn das damals richtig war - ich möchte jetzt nicht darüber diskutieren, ob es zum damaligen Zeitpunkt richtig war -, dann ist es heute in der Logik dieser Argumentation richtig, das Zweckentfremdungsverbot wieder einzuführen;

(Beifall bei der LINKEN)

denn die Situation am Wohnungsmarkt hat sich von 2004 bis 2011 dramatisch verändert. Wer das nicht sieht, ist blind.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben in unserem Gesetzentwurf das so gemacht: Wir als Landesgesetzgeber geben den Kommunen einen Rahmen, und die Kommunen sollen das jeweils durch ihre örtlichen Satzungen regeln. - Das scheint uns der sinnvollste Weg zu sein, um auf diese Weise flexibel zu reagieren; denn, wie ich schon gesagt habe, die Situation ist nicht in allen Kommunen Niedersachsens gleich.