Protokoll der Sitzung vom 25.05.2011

Bei den Plänen, die es dort gibt, geht es mitnichten um eine Einrichtung, wie Sie sie beschrieben haben. Sie ist nicht im Entferntesten mit einer Einrichtung wie in Lohne zu vergleichen. In Berlin geht es darum, eine Einrichtung zu schaffen - - -

(Zurufe von der CDU)

- Sie können doch in Bierzelten und auf Schützenfesten auch zuhören. Dann hören Sie doch auch einmal hier zu!

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Ich war Gott sei Dank noch nie mit Ihnen in einem Bierzelt, und dabei kann es auch bleiben!)

Es geht darum, bei vermeintlich jugendlichen Straftätern, die beim Dealen oder bei anderen Sachen aufgegriffen worden sind und die behaupten, sie seien minderjährig, die Altersfeststellung vorzunehmen, damit man genau beurteilen kann, mit welchem Maß man ihre Straftat bewertet.

(Glocke der Präsidentin)

Ich komme zum Schluss. Wir - und ich denke, da kann ich für uns in der Opposition sprechen - sagen Ihnen: Es reichen die bestehenden Konzepte und die Gesetzeslage aus, um eine mögliche Bestrafung vorzunehmen. Aber um so eine Einrichtung, wie Sie sie beschrieben haben, ging es nicht.

(Jens Nacke [CDU]: Wie unverschämt Sie auftreten!)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Humke.

(Patrick-Marc Humke [LINKE]: Sie sollten bei der Wahrheit bleiben!)

Die anderthalb Minuten sind vorbei.

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Ich denke, das geht so nicht!)

Die zweite Kurzintervention - deswegen hatte ich eben „zunächst“ gesagt - kommt von der SPDFraktion. Herr Brunotte, auch für Sie anderthalb Minuten! Bitte schön!

(Jens Nacke [CDU]: Frau Präsidentin, der Kollege hat uns eine Lüge vorge- worfen!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir schließen ja nun mittlerweile fast an die Diskussion in der Aktuellen Stunde von heute Vormittag an. Es geht um die Frage: Wie ist eigentlich die Zielrichtung dieser Landesregierung im Bereich Jugendkriminalität? Wie hat sich die Kriminologie insofern weiterentwickelt? - Wir müssen feststellen: In Lohne hat diese Landesregierung und die sie tragende Mehrheit außer „Law and Order“ kein Konzept.

Herr Focke, Sie müssen sich in der Koalition einmal bei der Frage einig werden, was Sie dort für eine Einrichtung haben wollen. Ist das denn nun ein geschützter Raum, eine Einrichtung der Jugendhilfe für das Klientel, das Herr Riese beschrieben hat? Oder haben wir dort eine Einrichtung für jugendliche Straftäter? - Diese Unterscheidung in der Zielgruppe wurde mir bei den beiden Debattenbeiträgen in keiner Form deutlich. Das zeigt das Rumgeeiere, das wir an dieser Stelle haben: keine klar definierte Zielgruppe, kein klares Konzept und damit auch keine vernünftige Belegung.

(Beifall bei der SPD)

Zum Thema Zuhören: Wir haben im Ausschuss Herrn Professor Dr. Pfeiffer gehört, der einer der bundesweit anerkannten Fachleute in diesem Bereich ist. Er hat sehr deutlich dargestellt, dass eine Einrichtung wie die in Lohne kein geeignetes Instrument der Jugendhilfe ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Focke möchte antworten. Anderthalb Minuten auch für Sie!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Humke, Sie haben es mit Ihren Einlassungen ja nicht besser gemacht. Ich habe Ihnen das bei der letzten Debatte - ich glaube, da betraf es auslandspädagogische Maßnahmen - schon einmal gesagt: Wenn Sie hier solche Anträge stellen und dann versuchen, in einer Landesregierung, in der Sie Verantwortung tragen - - -

(Patrick-Marc Humke [LINKE]: Bleiben Sie doch einfach bei der Wahrheit und lügen Sie hier nicht herum!)

- Entschuldigen Sie!

(Patrick-Marc Humke [LINKE]: Okay, das nehme ich zurück!)

Ich kann das ja nur aus Ausschussprotokollen wiedergeben.

(Jens Nacke [CDU]: Frau Präsidentin, es kann nicht sein, dass er uns eine Lüge vorwirft!)

Anscheinend erzählen Ihre Kollegen in Berlin nicht die Wahrheit. Sie können nicht - - -

Herr Kollege Focke, ich muss Sie unterbrechen. - Mir wurde zugetragen, dass Herr Humke, als ich das Mikrofon schon abgestellt hatte, sinngemäß gesagt habe: Sagen Sie endlich die Wahrheit, und lügen Sie nicht. - Das wurde mir zugetragen; das habe ich nicht gehört. Dafür hätte ich Ihnen nach Abschluss der Debatte einen Ordnungsruf erteilt.

Sie haben diesen Zwischenruf eben das zweite Mal gemacht, haben ihn aber gleich zurückgezogen, nachdem Sie gemerkt haben, dass das diesmal wir alle gehört haben. Einen Ordnungsruf ertei

len wir Ihnen. Seien Sie bitte vorsichtig mit der Wortwahl!

Herr Focke, Sie haben weiterhin das Wort.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Er soll die Wahrheit sagen!)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Also noch einmal: Es lässt sich ja nicht die Wahrheit, wie in Berlin gehandelt wird, wegdiskutieren. Sie versuchen, sich rauszuwinden, indem Sie sagen, Sie wollten kein geschlossenes Heim, sondern nur eine Einrichtung, aus der man nicht weglaufen kann.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie ver- drehen alles!)

Meine Damen und Herren, so funktioniert das nicht. Sie müssen einmal klar Farbe bekennen und dürfen hier nicht solche Anträge stellen! Oder Sie müssen Ihre Kollegen in Berlin einmal darauf ansprechen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Bleiben Sie bei der Wahrheit!)

Nun zu dem, was Herr Brunotte gesagt hat: Sie haben mit Ihrem Beitrag versucht, davon abzulenken. Herr Wowereit hat ja sogar Bund und Länder dazu aufgefordert, initiativ zu werden und geschlossene Heime bundesweit anzubieten.

Aber von pädagogischen Konzepten aus Berlin habe ich bisher noch nichts gehört. Anscheinend geht es den Berliner SPD-Kollegen und den Berliner Kollegen der Linken nur um Populismus.

(Zuruf von der SPD: Was haben Sie denn für Konzepte?)

Deswegen haben Sie diese Forderungen aufgestellt.

Ich kann nur sagen: Wenn Sie bei der Wahrheit bleiben und wenn Sie konsequente Politik machen, haben Sie vielleicht einmal eine Chance. Aber in naher Zukunft sehe ich die nicht.

(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Unverschämt! - Pat- rick-Marc Humke [LINKE]: Substanz- los!)

Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Özkan das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind uns ja einig: In der Kinder- und Jugendhilfe gibt es immer wieder junge Menschen, die von den herkömmlichen Angeboten nicht mehr erreicht werden können. Um diese Kinder nicht aufzugeben, gehören leider auch Maßnahmen in geschlossenen Einrichtungen zum Angebot der Jugendhilfe.

Zielgruppe sind dabei vor allem als Intensivtäter aufgefallene Jugendliche, die im Rahmen stationärer Heimerziehung oder in anderen intensivpädagogischen Maßnahmen nicht mehr vermittelbar sind.

Mit der geschlossenen intensivtherapeutischen Wohngruppe in Lohne macht das CaritasSozialwerk den zuständigen Jugendämtern für diese besonderen Fälle ein Betreuungsangebot. Es bietet den betroffenen Jugendlichen ein hohes Maß an Hilfestellung. Das sollten wir hier auch einmal anerkennen.

(Beifall bei der CDU)

Das Konzept überzeugt. Die Einrichtung arbeitet mittlerweile in einem bundesweiten Arbeitskreis ähnlicher Einrichtungen mit, sodass ein Austausch über aktuelle Herausforderungen und Problemlagen sichergestellt ist.

(Zuruf von der SPD: Das heißt doch nicht, dass das Konzept erfolgreich ist!)

Im Übrigen haben wir ja gerade eben gehört: Auch andere Bundesländer haben erkannt, dass man leider ohne eine geschlossene Einrichtung oder Unterbringung als Ultima Ratio - ich betone: als Ultima Ratio - nicht auskommt, wie die aktuellen Diskussionen in Berlin und Hamburg zeigen. Im SPD-Regierungsprogramm für Hamburg steht unter dem Kapitel „Innere Sicherheit in Hamburg stärken“ - Seite 29 ff. -, Unterkapitel „Jugendgewalt verhindern“, dass ein neues Konzept gegen Jugendgewalt aufgelegt und umgesetzt werden soll, das u. a. die Schaffung einer intensivpädagogischen Einrichtung für besonders gewaltauffällige Jugendliche im Nordverbund vorsieht.