Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Aber die müssen doch hin- und herpen- deln!)

Ich habe diese Fragen mit einem Lächeln gelesen. Aber gut, man kann dazu ja etwas schreiben.

Aber nachdem ich Ihre Pressemitteilung, Herr Adler, zur European Medical School gelesen habe, stellt sich die Situation für mich doch anders dar. Große fette Überschrift - ich glaube, es hat niemand gedruckt, aber Sie haben es als Pressemitteilung herausgegeben

(Victor Perli [LINKE]: Doch, doch!)

- noch schlimmer! -, ich zitiere:

„Die Linke zur geplanten Einführung eines Medizinstudiengangs in Oldenburg: ‚Es droht eine Totgeburt.’“

(Editha Lorberg [CDU]: Oh, wie wider- lich!)

Und dann wird erklärt, dass Sie, Herr Adler, vor 40 Jahren als Student auch schon einmal in einem Gründungsausschuss waren. Warum er gescheitert ist, weiß ich nicht.

(Zurufe von der LINKEN)

Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie es nicht verstanden haben oder nicht bewerten können. Das unterstelle ich in keiner Art und Weise; denn das können Sie ganz sicher. Deswegen die Frage: Warum produzieren Sie solche Überschriften?

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Aus Sorge!)

Nicht aus Unkenntnis oder Unverständnis! Es kann sein, dass Sie sich ärgern, dass es ein Erfolg wird. Aber wenn Sie Sorge haben oder sich ärgern, was ich eher denke, dann kann ich an dieser Stelle die Wortwahl „Totgeburt“ im Hinblick auf den Aufbau einer Medizinischen Fakultät in einer Situation, in der sich unsere Medizinischen Fakultäten in Hannover und in Göttingen im Zusammenhang mit EHEC und der Schweinegrippe in diesem Jahr dermaßen engagiert haben und um jedes Leben kämpfen, nicht akzeptieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Jetzt hat der Kollege Wulf von der SPD-Fraktion das Wort. Auch er kommt mit sieben Minuten aus.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird Sie nicht überraschen: Die SPDLandtagsfraktion unterstützt selbstverständlich nachhaltig die Gründung der European Medical School mit Medizinischer Fakultät an der Carl-vonOssietzky-Universität Oldenburg.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, eine solche Entscheidung, die wir hier fällen werden, wird die Hochschullandschaft Niedersachsens natürlich tiefgreifend verändern. Aber es ist auch gut, wenn es uns gelingt, dies in einem breiten politischen Konsens zu tun. Wir haben im Oktober letzten Jahres bei

der Beratung des SPD-Antrages zur Umsetzung des Medizinstudiengangs in Oldenburg eigentlich von allen Fraktionen Unterstützung für diesen Studiengang erhalten. Ich finde es sehr positiv - das will ich ausdrücklich sagen -, dass sich insbesondere der Ministerpräsident McAllister mehrfach wie wir deutlich für diesen Studiengang in Oldenburg ausgesprochen hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Allerdings, meine Damen und Herren, gibt es - darauf hat Frau Wanka gerade zu Recht hingewiesen - im Moment ein kleines Problem mit der Fraktion der Linken. Natürlich ist es richtig und notwendig, dass man die Landesregierung in der Frage der konsequenten Umsetzung des Medizinstudienganges treibt und kritische Fragen stellt. Aber wer eine völlig unplatzierte Sprache und eine insgesamt gefährliche Einschätzung in einer sehr unsinnigen Presseerklärung vornimmt, wie es in der letzten Woche vonseiten der Linken mit der Überschrift „Totgeburt droht“ geschehen ist, der malt ein Menetekel an die Wand, das keinem nutzt. Da hat die Ministerin mit ihrer Kritik völlig recht.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wer jetzt so wie die Linken von einer drohenden Totgeburt schwafelt, der gefährdet, ehrlich gesagt, eher als Totengräber die Medizin in Oldenburg, als dass er irgendjemandem nutzt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir in Niedersachsen brauchen den Medizinstudiengang in Oldenburg dringend. Die gesundheitliche Versorgung in unserem Bundesland muss verbessert werden. Wir wissen, dass es insbesondere in den ländlichen Regionen einen Mangel an Haus- und Fachärzten gibt. Wir brauchen einfach mehr Medizinstudienplätze im eigenen Land. Die Lösung dafür stellt für Niedersachsen die Gründung der Medizinischen Fakultät in Oldenburg dar.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Dann muss man das auch ordentlich ma- chen!)

- Genau so. Da haben Sie, Frau Flauger, recht. Darum sagen wir auch, dass die Landesregierung in der Pflicht ist. Der Standort in Oldenburg drängt sich natürlich nahezu auf, weil gerade im Nordwesten Deutschlands die Universitätsmedizin nicht vorhanden ist.

Meine Damen und Herren, mit der Antwort der Landesregierung zum Sachstand in der Frage der

Umsetzung sind wir allerdings nicht unbedingt in allen Teilen zufrieden, weil wir natürlich z. B. auch meinen, dass das, was die Landesregierung beispielsweise zum Anteil der Universität für den Aufbau der Universitätsmedizin gesagt hat, unpräzise ist.

Meine Damen und Herren, 15 Professuren von der Uni Oldenburg sollen aus der MathematischNaturwissenschaftlichen Fakultät der Medizin zugeordnet werden. Das ist eine Menge. Diese Professuren sollen sozusagen als Eigenanteil der Universität zum Aufbau der Medizin verwendet werden. Teilweise sollen Lehrdeputate noch an der Fakultät verbleiben. Der größte Teil soll aber übergehen. Der Wissenschaftsrat hat dazu in seinem Gutachten jedoch eindeutig festgestellt, dass die Wahrung der Leistungsfähigkeit in der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften trotz dieser Umwidmung gewährleistet werden muss, und hat klar gesagt, dass zusätzliche finanzielle Mittel für die Medizin in Oldenburg nicht zulasten der anderen Fakultäten der Universität Oldenburg aufgebracht werden dürfen.

(Beifall bei der SPD)

Das sind klare Auflagen. Das sind Kriterien, die berücksichtigt werden müssen. Daran hat sich die Landesregierung zu halten. Die Antwort der Landesregierung auf die Anfrage ist in dieser Hinsicht nicht hinreichend. Zwar wird in der Antwort davon gesprochen, dass es fünf neue Professuren für den Bereich Biodiversität und Energieforschung und zwölf weitere nicht klinische Professuren geben soll. Ich frage aber: Wann soll das geschehen? Wie soll das finanziert werden? Wer finanziert das? Für welche Bereiche sollen diese nicht klinischen Professuren vorgesehen werden? Wie werden diese Lehrstühle mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im nicht klinischen Bereich ausgestattet? - Dazu, meine Damen und Herren, brauchen wir hier und jetzt Summen, Zeitpunkte und genaue Informationen.

(Beifall bei der SPD - Victor Perli [LINKE]: Das haben wir schon alles gefordert!)

Dieses bringt mich zu der entscheidenden Grundsatzfrage. Ich will an dieser Stelle noch einmal den Wissenschaftsrat aus seiner Stellungnahme zitieren. Der Wissenschaftsrat hat das Land Niedersachsen „mit Nachdruck“ - so schrieb der Wissenschaftsrat - aufgefordert, „schnellstmöglich erheblich mehr finanzielle Mittel für die Universitätsmedizin Oldenburg“ aufzubringen. - Das sind

klare Aussagen. Aber Aussagen der Landesregierung zu exakten Zahlen, die die Forderungen des Wissenschaftsrates erfüllen, habe ich nicht gehört. Sie stehen nicht in der Antwort. Das hat die Ministerin eben auch noch nicht gesagt. Wir aber fordern diese ganz klaren Angaben ein. Die entscheidende Frage hieß in Frage 44:

„In welcher Form wird das Land den Aufbau und den laufenden Betrieb der Medizinischen Fakultät mit allen seinen begleitenden Kosten finanzieren?“

Das ist meines Erachtens eine ziemlich klare Frage. Dazu hat die Überraschung stattgefunden. Die Antwort der Landesregierung heißt:

„Durch finanzielle Mittel im Wege eines Zuschusses für Forschung und Lehre.“

Wenn das nicht einmal eine exakte Auskunft ist!

Meine Damen und Herren, ich finde, so geht es nicht. Wir haben ein Recht darauf, uns hier nicht vorführen lassen zu müssen, sondern eine klare und deutliche Auskunft und exakte Daten zu bekommen und nicht irgendwelche Larifari-Antworten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Wir wollen wissen: Wo bleiben die konkreten Finanzzusagen? Wo bleiben die notwendigen Mittel, und zwar in hinreichender Höhe? Wo ist der Haushaltstitel? Wie ist er für 2012 ausgestattet? Wie sieht es in der Mipla aus, meine Damen und Herren? - Frau Ministerin hat es gerade angedeutet. - Wir hätten gerne exakte Zahlen.

Meine Damen und Herren, bei der Entwicklung der Universitätsmedizin in Oldenburg hat es hinsichtlich der Zielsetzungen leider bereits einige Abstriche gegeben. Das hat die Ministerin gerade ebenfalls angesprochen. Das gilt beispielsweise für die Frage der Struktur mit Bachelor- und Masterstudiengängen. In der Antwort 9.1 ist zu lesen: Dieses geschah aufgrund von Vorgaben auf Bundesebene. - Seien wir doch einmal ehrlich! Das geschah doch damals nur deswegen, weil der damalige FDP-Gesundheitsminister Rösler dem Druck der konservativen Ärzteverbände nachgegeben hatte

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Genau so war es!)

und sich gegen einen innovativen Bachelor- und Masterstudiengang in Medizin gesperrt hat. Das war doch der wahre Grund.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dort besteht aber natürlich Nachbesserungsbedarf. Die neue Landesregierung wird das auch tun.

Es war angedacht, ein gemeinsames Universitätsklinikum in Oldenburg als GmbH zu bilden, bestehend aus dem Städtischen Klinikum, dem Evangelischen Krankenhaus und dem katholischen PiusHospital. Nun antwortet die Landesregierung, dass es nach dem derzeitigen Planungsstand nicht zu einer Gründung eines Universitätsklinikums kommen wird, „da die drei Krankenhäuser in Oldenburg ihre rechtliche Selbstständigkeit beibehalten wollen und sollen.“ Mit dieser Darstellung bleibt die Landesregierung diffus und stellt die Hintergründe, warum die Selbstständigkeit der Kliniken erhalten werden soll, nicht dar. Es hätte meiner Ansicht nach dem Gesamtprojekt besser angestanden, wenn die Landesregierung an dieser Stelle deutlich gemacht hätte, dass der tatsächliche Grund - nach meinen Informationen - die schwierigen steuerrechtlichen Probleme mit der ursprünglich geplanten Universitätsklinikum-GmbH gewesen sind. Schon der Wissenschaftsrat hatte ja zu dieser Struktur Bedenken angemeldet.

Nunmehr wird es statt der GmbH eine Rahmenvereinbarung der Kliniken untereinander mit der Universität geben, sodass diese Kooperation unter dem Dach und Titel „Universitätsmedizin Oldenburg“ erfolgen wird. Diese Dachgesellschaft ist eine Konstruktion, die durchaus auch einem Vorschlag des Wissenschaftsrates entspricht.

Es muss aber sichergestellt werden - das ist sehr wichtig, meine Damen und Herren -, dass diese Konstruktion die Qualitätsstandards eines Universitätsklinikums erfüllt und dass die überregionale Akzeptanz dafür auch gesichert wird.

Diese Rahmenvereinbarung muss durch den Gründungsausschuss mit Leben erfüllt werden. Hinsichtlich des Gründungsausschusses, der nächste Woche gegründet werden soll, ist es eindeutig, dass wir hier auch klare Antworten erwarten.

Ich finde im Übrigen - das will ich an dieser Stelle auch sagen - die Berufung des Gründungsdekans Professor Dr. Eckhart Georg Hahn sehr positiv. In einem Gespräch mit ihm habe ich einen hervorragenden Eindruck gewonnen. Er ist sicherlich ein