Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

Ich finde im Übrigen - das will ich an dieser Stelle auch sagen - die Berufung des Gründungsdekans Professor Dr. Eckhart Georg Hahn sehr positiv. In einem Gespräch mit ihm habe ich einen hervorragenden Eindruck gewonnen. Er ist sicherlich ein

hoch kompetenter Fachmann. Seine inhaltlichen Positionen weisen ihn als einen Experten aus, der für die Verwirklichung der progressiven Inhalte des Oldenburger Modells mit Sicherheit bestens geeignet ist. Eine gute Entscheidung, Frau Ministerin!

Mit der Amtsübernahme von Herrn Hahn ist aber nur ein erster, wenn auch wichtiger Schritt in Sachen Medizinstudiengang in Oldenburg getan. Wir erwarten von der Landesregierung hinsichtlich der Finanzierung und des Zeitplans präzise Angaben. Wenn der Lehrbetrieb wirklich zum Wintersemester 2012 beginnen soll, dann muss schnellstmöglich die konkrete Planung erfolgen, dann müssen konkrete Zahlen und verbindliche Zusagen auf den Tisch gelegt werden.

Wir brauchen in Niedersachsen den Medizinstudiengang in Oldenburg! Die SPD will ihn. Wir fordern die konsequente Umsetzung. Wir fordern die Mittel im Haushalt 2012 und in der Mipla.

Meine Damen und Herren, die Verpflichtung zur Erfüllung dieser Forderungen hat die Landesregierung. Die gesamte Region Nordwest erwartet, dass die Landesregierung zu ihren Worten steht, insbesondere der Ministerpräsident.

Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Heinen-Kljajić.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Niedersachsen bildet im Bundesvergleich unterdurchschnittlich viele Mediziner aus. Bundesweit bekommt nur jeder fünfte Bewerber einen Studienplatz im Bereich Medizin. Gleichzeitig bemängeln wir einen Ärztemangel. Dann finde ich es folgerichtig zu sagen: Wir schaffen in NordwestNiedersachsen eine neue Medizinische Fakultät.

(Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE])

Nun steckt die EMS noch in der Gründungsphase. Es gibt noch keine Rahmenvereinbarung zwischen der Universität Oldenburg und den einzelnen Krankenhausträgern. Der Gründungsausschuss, der die Errichtung voranbringen soll, hat auch noch nicht getagt. Angesichts der hochkomplexen Materie, die es hier auszuhandeln gilt, finde ich aber,

dass das doch durchaus ein ambitioniertes Tempo bzw. ein ambitionierter Zeitplan ist - auch wenn es angesichts des doppelten Abiturjahrgangs vielleicht schade ist, dass die Studienplätze nicht schon früher zur Verfügung stehen.

Auch ein Finanzplan liegt noch nicht vor. Das haben meine beiden Vorredner schon angesprochen. Ich muss aber gestehen, dass ich zu einer etwas anderen Bewertung komme; denn ich finde es angesichts des Planungsstandes nachvollziehbar, dass man nicht jetzt schon auf Heller und Pfennig benennen kann, was das Ganze kosten wird, um es dann schon irgendwie im Haushalt abzubilden.

Damit ist aber natürlich gleichzeitig die Befürchtung, die an der Hochschule durchaus existiert, dass die Gründung einer Medizinischen Fakultät zulasten anderer Studiengänge gehen könnte, immer noch nicht vom Tisch.

Es ist geplant, neben 31 Neuberufungen Lehrkapazitäten von 15 bestehenden Professuren der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, die in die Medizinische Fakultät wechseln sollen, durch fünf neue Professuren zu kompensieren. Lieber Kollege Adler, das scheint mir angesichts einer recht begrenzten Zahl von Studienplätzen erst einmal eine nachvollziehbare Ausstattung an Lehrstühlen zu sein. Trotzdem gilt natürlich auch für uns weiterhin: Nur wenn die EMS ausreichend finanziert wird, kann sie ein Erfolg werden, und nur wenn ihre Gründung nicht zulasten anderer Fachbereiche geht, wird sie die Universität Oldenburg stärken.

Ärgerlich finde ich an dieser ganzen Geschichte aus unserer Sicht allerdings, dass der damals zuständige Bundesgesundheitsminister Rösler keine Bachelor- und Masterabschlüsse für die EMSStudiengänge in Oldenburg zugelassen hat, obwohl die Uni dieses Pilotprojekt ausdrücklich gerne zur Profilierung genutzt hätte

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Und der Wissenschaftsrat sich dafür ausge- sprochen hat!)

- genau - und obwohl der Wissenschaftsrat das auch abgesegnet hatte.

(Glocke des Präsidenten)

So viel, liebe Frau von Below-Neufeldt, zum liberalen Credo „Freiheit für die Hochschulen“!

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Aus schierem Opportunismus ist Ihr Minister vor der geballten Macht der Ärztelobby eingeknickt.

Meine Damen und Herren, warum soll eigentlich ein Medizinstudium nicht in Bachelor- und Masterstrukturen möglich sein? In der Schweiz und in den Niederlanden funktioniert das längst. In der Medizin gibt es für Bachelorabschlüsse - das kann man nicht von jedem Bachelor behaupten - auch Verwendung: vom Klinikmanagement über die Pharmaindustrie bis zum Assistenzdienst.

Da in Oldenburg jetzt nur auf Staatsexamen studiert werden kann, müssen Groningen und Oldenburg unterschiedliche Studienstrukturen aufbauen, die trotzdem noch so weit kompatibel sind, dass ein Studium an zwei Orten möglich bleibt.

(Glocke des Präsidenten)

Wer sich dann in Oldenburg für ein Staatsexamen entschieden hat und hinterher noch einen Master drauflegen möchte, wird sich vermutlich durch mühsame Anerkennungsverfahren quälen müssen, weil er keinen Bachelorabschluss hat. - So viel zum Thema zusammenwachsendes Europa!

Meine Damen und Herren, durch die Zweigleisigkeit bei den Studienabschlüssen hat das Modellprojekt an Reformpotenzial verloren.

Frau Kollegin, da leuchtet eine rote Lampe!

Ein letzter Satz.

Gut.

Wir hoffen, dass zukünftige Gesundheitsminister in dieser Frage zu mutigeren Entscheidungen kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Dr. Siemer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen jetzt über die European Medical School Groningen-Oldenburg

bzw. Oldenburg-Groningen. Das betone ich besonders, weil Groningen dort eine ganz entscheidende Rolle spielt.

Die Kernpunkte dieses innovativen Konzepts sind bereits genannt worden. Es ist für den Nordwesten von großer Bedeutung. Die Landespolitik hat beim Aufbau der European Medical School bereits große Erfolge erzielt.

Hierzu liegt nun diese Große Anfrage vor. Angesichts der Fülle der Fragen und ihrer Detailverliebtheit, auf die ich gleich noch zu sprechen komme, danke ich den Mitarbeitern der Landesregierung, die diese Fragen umfassend beantwortet haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Medizin in Niedersachsen genießt einen hervorragenden Ruf. Die Medizinische Hochschule Hannover ist bereits erwähnt worden. Die Universitätsmedizin in Göttingen ist selbstverständlich auch zu nennen. Mit der European Medical School würde sich eine weitere Medizinische Fakultät in Oldenburg etablieren.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Part des Universitätsklinikums durch das Evangelische Krankenhaus, das Klinikum Oldenburg und das Pius-Hospital dargestellt wird. Es ist auch wichtig, zu erwähnen, dass diese Häuser bereits Lehrkrankenhäuser sind, also auf umfassende Erfahrungen zurückgreifen können.

Zu dem modernen Studienkonzept ist schon einiges gesagt worden. Die Stichworte waren modulare Lernbausteine sowie Mentoren- und Tutorenkonzepte. Das brauche ich jetzt also nicht weiter zu vertiefen.

Wichtig ist - das hat die Ministerin auch gesagt -, dass wir mit der Rijksuniversiteit Groningen einen hervorragenden Partner für die Universität Oldenburg gewinnen konnten. Sie ist tatsächlich eine der international renommiertesten Universitäten in diesem Bereich. Ich glaube, wir können dankbar sein, dass dieser Partner mit uns zusammenarbeitet und dass wir mit diesem Partner ein solches internationales und innovatives Konzept verwirklichen können. Wahrscheinlich werden die weitreichenden Erfahrungen, die Niedersachsen mit internationalen Kooperationen gewonnen hat - ich nenne hier die Hanse Law School -, dabei auch eine Rolle gespielt haben.

In den vorangegangenen Wortbeiträgen kam zur Sprache, dass wir in der Medizin unterdurch

schnittlich ausbildeten. - In der Tiermedizin übernimmt Niedersachsen mehr als den für Niedersachsen sonst üblichen Bundesanteil!

(Daniela Behrens [SPD]: Das nützt den Menschen aber wenig!)

Das muss man also insgesamt sehen. Der Vorredner Adler hatte sehr weitgehend diskutiert, ob die 40 Studenten angemessen seien. Die Ministerin hat dazu ausgeführt, dass auch die MHH in dieser Größenordnung angefangen habe. Ich glaube, wenn ein solch innovatives Konzept verwirklicht wird, sollte man bezüglich der Studentenzahlen eher vorsichtig anfangen. Hierbei geht Qualität vor Quantität.

(Zustimmung bei der CDU)

Über die Bedeutung der Universität für Niedersachsen und insbesondere für den Nordwesten ist auch schon einiges gesagt worden. Ich kann dies nur bestärken. Wenn wir solche innovativen Konzepte verfolgen - es ist ein neuer Studiengang, diverse Kliniken arbeiten dort zusammen, wir haben eine internationale Ausrichtung, und, wie bereits dargestellt, die Rechtsformen der Kliniken sind unterschiedlich -, ist es nicht ganz einfach, das entsprechende Vertragswerk zu schaffen und die gesetzlichen Voraussetzungen detailliert zu benennen. Insofern verwundert es nicht, dass bei dieser Großen Anfrage viele Fragen verfrüht gestellt wurden und insofern auch nicht in allen Punkten detailliert beantwortet werden können.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Allerdings verstehe ich bei meinen Vorrednern, auch bei meinem Vorredner Herrn Wulf, nicht, warum er sich wundert, dass z. B. auf die Frage 44 noch nicht exakte Zahlen genannt werden können. Wohl alle in diesem Raum wissen, dass demnächst die Haushaltsplanberatungen anstehen und wir im September Haushaltsplanentwürfe bekommen. Naturgemäß ist es nicht so, dass dieser Haushaltsplanentwurf jetzt mit einzelnen Titeln aufgeführt wird. Insofern ist die Antwort nicht verwunderlich; denn der Schlüsselbegriff ist die Veranschlagungsreife. Sie können die exakten Zahlen dann im Haushaltsplanentwurf nachlesen. So lange müssen Sie sich noch gedulden, Herr Wulf. Von daher haben Sie rhetorisch auf dem aufgesetzt, was die Linken in der Großen Anfrage gemacht haben. Auch Sie haben diese Frage zu früh gestellt und müssen sich noch etwas gedulden. Aber

ich gehe davon aus, dass Sie wissen, was „Veranschlagungsreife“ bedeutet.