Protokoll der Sitzung vom 01.07.2011

Anlage 47

Antwort

des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf die Frage 50 des Abg. Victor Perli (LINKE)

Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel

Die Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel ist eine der herausragenden kulturellen und wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes Niedersachsen. Der Wissenschaftsrat hat in einer Stellungnahme vom 27. Mai 2011 empfohlen, die Zusammenführung der HerzogAugust-Bibliothek Wolfenbüttel mit der Klassik Stiftung Weimar und dem Deutschen Literaturarchiv in einem Verbund zu prüfen. Die Prüfempfehlung richtet sich an die Zuwendungsgeber und damit auch an das Land Niedersachsen.

In der Pressemitteilung des Wissenschaftsrates vom 27. Mai heißt es weiter: „Diese drei Einrichtungen sind zentrale Orte für die Bewahrung, Pflege, Erschließung und Erforschung der deutschen literarischen und intellektuellen Tradition seit dem ausgehenden Mittelalter. Der Verbund soll die Zusammenarbeit der drei Forschungsarchive und -bibliotheken festigen, ihre Stellung als bedeutende Forschungs- und Forschungsinfrastruktureinrichtungen für die internationalen Geisteswissenschaften unterstreichen und ihre internationale Sichtbarkeit weiter verbessern. Die Einrichtungen des Verbundes sollen ihre rechtliche Eigenständigkeit behalten. Ihre Finanzierungsstrukturen und institutionellen Verfassungen sollen allerdings so gestaltet werden, dass eine verlässliche und angemessene Finanzausstattung und eine funktionsfähige Organisation jeweils sichergestellt sind. Der Wissenschaftsrat regt weiterhin an zu prüfen, ob die bundes

seitige Zuständigkeit für die drei Einrichtungen auf das Bundesministerium für Bildung und Forschung übertragen werden sollte.“

In der Fachwelt und in den Feuilletons großer Tageszeitungen wurde die Stellungnahme als Grundsatzkritik an den bisherigen Trägern gewertet. So heißt es beispielsweise im Tagesspiegel vom 30. Mai: „Die Aufgabe ist zu groß, um sie weiterhin der Kleingeisterei von Trägervereinen oder Länderministerien zu überlassen.“ Auch der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Wolfgang Marquardt, hat sich bereits festgelegt: „Ein Verbund würde national und international hohe Sichtbarkeit erzeugen und die Wissenschaftslandschaft enorm beleben.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet sie die Prüfempfehlung des Wissenschaftsrates, die genannten Einrichtungen stärker zu vernetzen und in einem Verbund zusammenzuführen, und welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus mit Blick auf die Herzog-August-Bibliothek?

2. Wie bewertet sie die Anregung, eine stärkere Beteiligung des Bundes oder gar die Übertragung der Zuständigkeit für die HerzogAugust-Bibliothek auf das Bundesministerium für Bildung und Forschung zu prüfen, und worauf führt sie diese Anregung zurück?

3. Sieht sie Weiterentwicklungsbedarf bei den Forschungsarchiven und -bibliotheken im Allgemeinen und bei der Herzog-August-Bibliothek im Besonderen? Wenn ja, in welchen Bereichen und mithilfe welcher Maßnahmen?

Die Landesregierung begrüßt, dass der Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen zur Klassik Stiftung Weimar und zum Deutschen Literaturarchiv Marbach vom 27. Mai dieses Jahres die Rolle dieser beiden aufgrund entsprechender Bitten des Freistaats Thüringen und des Landes BadenWürttemberg begutachteten Einrichtungen und in dem Zusammenhang auch der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel so positiv benannt hat. Die Benennung der Herzog-August-Bibliothek als einer „bedeutenden Forschungs- und Forschungsinfrastruktureinrichtung für die internationalen Geisteswissenschaften“, obwohl die Bibliothek nicht vom Wissenschaftsrat begutachtet wurde, ist ein erfreulicher Beleg für die sehr gute Forschungsarbeit und das sehr gute Serviceangebot der Einrichtung. Die vom Wissenschaftsrat genannte weitere Verbesserung der internationalen Sichtbarkeit aller drei Einrichtungen sieht auch das Land als eine wichtige Aufgabe an. Unter anderem deshalb hat das Land mit der Bibliothek deren Weiterentwicklung im Rahmen von abgestimmten Zielvereinbarungen vorangetrieben und unterstützt die Einrichtung durch die Bewilligung

zahlreicher, kooperativer Forschungs- und Erschließungsprojekte seit 2008 mit einem Gesamtvolumen von fast 3 Millionen Euro.

Dieses vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Zu 1: Bereits seit vier Jahren geben die drei Einrichtungen die Zeitschrift für Ideengeschichte gemeinsam heraus und haben gemeinsame, von der Gerda-Henkel-Stiftung geförderte Forschungsstipendien entwickelt. Die Empfehlung des Wissenschaftsrates, diese Kooperation auszubauen und vor allem den Forschungsverbund stärker zu institutionalisieren, baut damit auf einer bewährten Zusammenarbeit auf. Die Empfehlung des Wissenschaftsrates ist derzeit Gegenstand von Gesprächen zwischen der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel, der Klassik Stiftung Weimar, dem Deutschen Literaturarchiv Marbach sowie den beteiligten Ländern und dem Bund.

Zu 2: Bereits jetzt ist die Förderung von Forschungsprojekten und Forschungskooperationen der drei Einrichtungen durch das BMBF möglich. Die erbetene Bewertung ist zum jetzigen Zeitpunkt und ohne Stellungnahmen der Einrichtungen, des Bundes sowie der weiteren Sitzländer noch nicht möglich. Eine Stellungnahme zur Empfehlung, die beiden Einrichtungen in Weimar und Marbach auf Bundesebene dem BMBF zuzuordnen, ist nicht Angelegenheit des Landes Niedersachsen, sondern eine Entscheidung der Bundesregierung.

Zu 3: Der Wissenschaftsrat, aber auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft haben in diesem Jahr eine Reihe von Empfehlungen zur Forschungsinfrastruktur und zur Informationsinfrastruktur einschließlich Digitalisierung und der damit verbundenen Fragestellungen und Herausforderungen der „hybriden Bibliothek“ erarbeitet. Zahlreiche bewilligte Drittmittelprojekte und nicht zuletzt die vorliegende Stellungnahme zeigen, dass die Herzog-August-Bibliothek hierbei seit vielen Jahren auf dem richtigen Wege ist.

Bei der Entwicklung zur Digitalen Bibliothek bzw. elektronischer Bibliotheksangebote setzt das Land auf kooperative Modelle der Vernetzung zwischen Hochschulen und Forschungsbibliotheken. Niedersachsen gehört in diesem Feld mit den Aktivitäten der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen und der Herzog-August-Bibliothek zu den führenden Ländern in Deutschland. Aus diesem Grund hat die Landesregierung die Kooperation der Herzog-August-Bibliothek mit mehreren nie

dersächsischen Hochschulen im Rahmen von Forschungsprojekten finanziell unterstützt. Außerdem arbeitet die Einrichtung in Rahmen der Kulturgutdigialisierung mit anderen Einrichtungen des Landes zusammen und tauscht sich über aktuelle Fragestellungen wissenschaftlicher Bibliotheken im Beirat der wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes regelmäßig aus.

Anlage 48

Antwort

des Justizministeriums auf die Frage 51 der Abg. Ursula Weisser-Roelle und Kreszentia Flauger (LINKE)

Straf- und Bußgeldverfahren gegen Carsten Maschmeyer - AWD

In Ergänzung auf die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE (Drs. 16/3324) fragen wir die Landesregierung:

Welche Straf- und Bußgeldverfahren sind gegen Carsten Maschmeyer, die Firma AWD und die AWD-Holding in Niedersachsen bei Gerichten mit welchem Ergebnis abgeschlossen worden, und welche Verfahren sind gegebenenfalls anhängig?

In der Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Verbindungen und Einflüsse Carsten Maschmeyers und seines Firmengeflechts auf Politiker und Politik des Landes Niedersachsen“ (Drs. 16/3324) , deren Ergänzung die o. g. Mündliche Anfrage dient, war nach Straf- und Bußgeldverfahren gegen die Firma AWD und die Firma AWD-Holding oder Geschäftsführer dieser Firmen, die in Niedersachsen bei Gericht anhängig sind oder waren, gefragt worden. In der Antwort der Landesregierung (Drs. 16/3706) wurde inhaltlich dazu ausgeführt, dass vollständige Auskünfte anhand der vorhandenen Statistiken nicht erteilt werden können, da Beschuldigte bzw. Betroffene regelmäßig namentlich unter Familien- und Vornamen und nur ausnahmsweise unter dem Namen der von ihnen vertretenen Firmen erfasst werden.

Die o. g. Mündliche Anfrage fragt nun konkret nach Straf- und Bußgeldverfahren gegen Carsten Maschmeyer, die Firma AWD und die AWDHolding, weshalb in den vorhandenen Statistiken nach diesen Namen gefiltert werden konnte. Es ist in diesem Zusammenhang indessen abermals darauf hinzuweisen, dass die sich daraus ergebenden Erkenntnisse deshalb nicht belastbar

sind, da Verfahren gegen Unternehmensverantwortliche des AWD und der AWD-Holding, sofern es solche gibt, unter den jeweiligen Familiennamen erfasst wären.

Dies vorangeschickt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:

Sämtliche niedersächsischen Gerichte haben mitgeteilt, dass in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich keine Straf- und Bußgeldverfahren gegen Carsten Maschmeyer, die Firma AWD und die AWD-Holding anhängig waren oder noch anhängig sind.

Die niedersächsischen Staatsanwaltschaften haben mit Ausnahme der Staatsanwaltschaften in Hannover und Hildesheim ebenfalls Fehlanzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft Hildesheim führte im Jahre 2009 zwei Verfahren gegen Carsten Maschmeyer wegen Vorwürfen im Zusammenhang mit der entgeltlichen Vermittlung akademischer Titel und Abschlüsse der Universität Hildesheim. Die genannten Verfahren wurden in der Folge von der Staatsanwaltschaft Hannover übernommen und sodann wegen fehlenden Tatverdachts am 20. September 2009 gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt.

Ein weiteres vormals bei der Staatsanwaltschaft Hannover anhängiges Verfahren, das gegen Carsten Maschmeyer wegen Vorwürfen des strafrechtlich relevanten Verhaltens im Zusammenhang mit einem vor dem Landgericht Regensburg geführten Zivilrechtsstreit eingeleitet worden war, wurde im Mai 2011 an die Staatsanwaltschaft Regensburg abgegeben und von dort übernommen. Über den dortigen Verfahrensausgang liegen keinerlei Erkenntnisse vor.

Anlage 49

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 52 des Abg. Reinhold Hilbers (CDU)

Einführung einer EU-Steuer

Die EU-Kommission kritisiert das derzeitige System der Finanzierung der Europäischen Union als kompliziert und undurchsichtig. Dies liegt vor allem an den vielen Ausnahmen und Sonderbestimmungen bei der Erhebung der Mitgliedsbeiträge. Derzeit finanziert sich der Haushalt der EU zu etwa 20 % aus traditionellen Eigenmitteln (Agrarabgaben, Zölle) sowie zu etwa 80 % aus Zahlungen der Mitgliedstaaten, die sich am jeweiligen Bruttonationaleinkommen (BIP) orientieren.

In der EU wird über eine eigene Einkommensquelle nachgedacht, eine Steuer, die zu gesicherten, eigenen Einnahmen für die EU führen soll. Erhoben werden könnte diese nach bisherigen Verlautbarungen aus Brüssel über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, einer CO2-Steuer oder auch einer Luftfahrtgebühr. Damit ist auch die Ausgestaltung des Finanzierungsinstrumentes als Abgabe, Gebühr oder Steuer offen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung die Überlegungen der EU-Kommission zur Einführung einer eigenen Europasteuer?

2. Welche Auswirkungen kämen auf Niedersachsen mit der Einführung einer zusätzlichen Steuer zu?

3. Welche Vorschläge zur Reform des EU-Finanzsystems sind für Niedersachsen von besonderer Bedeutung?

Bundesregierung und Bundesrat lehnen die Übertragung von steuerrechtlichen Kompetenzen auf die Europäische Union ab. Die Ministerpräsidentenkonferenz hat bereits im März 2008 deutlich gemacht, dass „das Recht der Besteuerung als zentraler Bereich nationaler Souveränität ausschließlich die Mitgliedstaaten haben. Die Länder lehnen daher EU-Steuern oder steuerbasierte Einnahmen der EU ab“. Die Europäische Union ist ein zwischenstaatlicher Staatenverbund sui generis, kein eigenes Staatsgebilde. Das Besteuerungsrecht steht insofern ausschließlich den Mitgliedstaaten zu.

Die Landesregierung ist der Auffassung, dass das Ziel einer angemessenen Finanzausstattung der Europäischen Union auch ohne eine generelle Zuweisung von eigenen Besteuerungs- oder Abgabenrechten erreicht werden kann.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen des Abgeordneten Hilbers im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Landesregierung lehnt die Einführung eigener EU-Steuern, wie oben ausgeführt, aus staatsrechtlichen, integrationspolitischen und fiskalpolitischen Überlegungen ab.

Zu 2: Bei der Einführung von EU-Steuern besteht folgende Gefahr: Wenn die Steuer an Besteuerungstatbestände anknüpft, die auch auf nationaler Bundes-, Länder- oder kommunaler Ebene besteuert werden, wird zumindest das Aufkommen auf nationaler Ebene geschmälert. Denn ein „Aufsatteln“ der EU-Steuer auf die nationalen Steuern wird es im Interesse des Schutzes der Steuerbürger nicht geben können. Was wir also

potenziell an Zuweisungen aus der EU, die mit eigenen EU-Steuern finanziert werden, gewinnen würden, müsste als Minderung des nationalen Steueraufkommens „gegenfinanziert“ werden.

Sofern aber eine neue, bisher auf nationaler Ebene noch nicht erhobene EU-Steuer eingeführt wird - die Kommission befürwortet z. B. eine Steuer auf Finanztransaktionen -, wäre die Einführung eines solchen Besteuerungstatbestandes für die Mitgliedstaaten blockiert. Damit würde die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung eines integrierten und kohärenten Besteuerungssystems, das der jeweiligen sozioökonomischen Entwicklung der Mitgliedstaaten folgt, ausgehebelt. Zudem würden wir mit dem Verzicht auf neue Besteuerungstatbestände ein gegebenenfalls dynamisch verlaufendes Aufkommenspotenzial aus der Hand geben. Auch das wäre eher ein Nullsummenspiel.

Zu 3: Die konkreten Vorschläge der EU-Kommission zur zukünftigen Finanzierung der Europäischen Union werden in den nächsten Wochen erwartet. Die Landesregierung wird sie detailliert auswerten und sich im Rahmen der Bundesratsbeteiligung unter vorheriger Einbindung des Landtags positionieren.