Sie haben gar nichts im Griff! Sie haben noch nicht einmal Ihre eigene Angst vor den Landtagswahlen 2013 im Griff, meine Damen und Herren. Ihre Panik wird durch Umfragewerte und durch das exorbitant schlechte Kommunalwahlergebnis sogar gesteigert, meine Damen und Herren.
Wenn Sie, meine Damen und Herren, einmal genauer hinschauen, dann erkennen Sie: Nach 30 Jahren sind wir nur noch wenige Punkte von der CDU entfernt. Das Lager Rot-Grün ist aus diesen Kommunalwahlen erheblich gestärkt herausgekommen.
Wer so panisch reagiert oder agiert, macht Fehler, und Sie machen sehr viele Fehler. Wer die Macht so sehr liebt wie Sie, Herr McAllister, der macht noch mehr Fehler. Und wer glaubt, die Macht sogar gepachtet zu haben, wie Sie es gestern ausgedrückt haben, der macht erhebliche Stockfehler, meine Damen und Herren.
Für Ihren Versuch, die kleine Schuldenbremse, die wir jetzt schon in Artikel 71 der Niedersächsischen Verfassung verankert haben, mit einem sehr schwachen Verfassungskommentar auszuhebeln, haben Sie eine gründliche Quittung erhalten.
Drei Gutachten - nicht zuletzt durch den Steuerzahlerbund, meine Damen und Herren - vernichten Ihnen diese unhaltbare Rechtsauffassung. Der Ministerpräsident ist hier eingebrochen und lässt den Finanzminister im Regen stehen. Sie mussten den Haushaltsentwurf schon nach zwei oder drei Tagen nachbessern. Wie peinlich!
Was haben Sie eigentlich für ein bedenkliches Verfassungsverständnis? Hier testweise einmal so eben einen nicht verfassungsgemäßen Haushaltsentwurf einzubringen, ist dem Parlament wirklich unwürdig!
Meine Damen und Herren, Sie sollten Ihre Energie lieber darauf verwenden, sich Gedanken darüber zu machen, wie ein Konzept für eine nachhaltige Finanz- und Haushaltspolitik aussehen könnte, wie durch Konsolidierung und Einnahmeverbesserungen die von der Verfassung vorgegebenen Staatsziele auch in Zukunft erreicht werden können wie vor allen Dingen die Finanzierung wichtigster Zukunftsaufgaben, die hier in Niedersachsen vorgesehen sind, ermöglicht werden soll. Meine Damen und Herren, kümmern Sie sich lieber darum!
Ich habe wirklich darüber gelacht, als der Finanzminister sagte, die mittelfristige Finanzplanung nutze er als Unterlage für wackelnde Tische.
(Johanne Modder [SPD]: Ja, genau! So ist das! - Minister Dr. Althusmann: Was haben Sie denn gemacht? - Zu- rufe von der CDU)
Bei Ihnen wackeln aber nicht nur die Tische! Man muss einer mittelfristigen Finanzplanung mehr Respekt entgegenbringen. Das soll die Grundlage für eine seriöse Finanzplanung für die nächsten fünf Jahre sein. Sie ist nicht beliebig. So eine Finanzplanung muss auch unterlegt werden. Ich sage Ihnen: Ihre ganze Regierungs- und Zukunftspolitik ist absolut wackelig.
Ihre Bildungspolitik kann den von IHK und Handwerkskammern beklagten Fachkräftemangel wahrlich nicht auffangen. Sie verschärft ihn sogar. Jahr für Jahr fehlen in unserer Wirtschaft aufgrund der demografischen Entwicklung mehr qualifizierte und hochqualifizierte Beschäftigte. Sie tun nichts dagegen!
Im Gegenteil: Die letzte PISA-Studie bescheinigt dem Land, dass es seine Bildungsreserven nicht ausschöpft, weil Kinder aus bildungsfernen Schichten nicht genügend gefördert werden.
Hier trifft sich übrigens die Forderung der SPD nach mehr Chancengleichheit mit den Interessen der Wirtschaft. Darauf muss ausdrücklich hingewiesen werden. Diese Landesregierung beharrt aber stur auf ihrer alten Bildungsideologie.
Meine Damen und Herren, Sie haben es heute auch wieder gehört: Niedersachsen ist Schlusslicht bei der frühkindlichen Bildung. Die Versorgungsquote für Kinder unter drei Jahren liegt bei wirklich schlechten 16,5 %. Der zweite Evaluationsbericht zum Kinderfördergesetz der Bundesregierung sowie die Untersuchung „Kinderbetreuungsfinanzierung 2008 bis 2013“ der Uni Köln bestätigen unsere Kritik und unsere Befürchtung, dass Niedersachsen beim Ausbau der Kinderbetreuung auch weiterhin Schlusslicht bleibt. Sowohl die bisherige Ausbaugeschwindigkeit als auch die Finanzierungsplanung sind absolut unzureichend.
Wir werden es - so sagt die Untersuchung - selbst bei äußerster Anstrengung nicht schaffen, das Ziel von 35 % zu erreichen. Meine Damen und Herren, Sie haben ganz eindeutig versagt.
Um eine Unterrichtungsversorgung von 100 % zu erreichen, sind nach bisherigen Berechnungen des Kultusministeriums für 2012 rund 1 050 Stellen notwendig. Der größte Teil davon wird aber durch die Ausgleichsphase des verpflichtenden Arbeitszeitkontos aufgezehrt. Das allein sind 700 Stellen. Die Differenz von 350 Stellen muss das Kultusministerium jetzt aus dem eigenen Haushalt erwirtschaften. Bei einer erneuten globalen Minderausgabe von 105 Millionen Euro bleibt da für die Steigerung der Qualität in Kindertagesstätten und Schulen wirklich kein Geld mehr übrig.
Was das auslöst, heißt: Es kann und es wird keine Erhöhung der Mittel für die Ganztagsschulen geben, obwohl es immer mehr bewilligte Ganztagsschulen gibt. Die Folge ist, dass nur ein Drittel der bestehenden Ganztagsschulen vollständig mit Lehrerstellen ausgestattet ist. Die anderen erhalten entweder nur einen begrenzten Zusatzbedarf
oder sie haben gar keine Ausstattung. Das ist gar keine Ganztagsschule mehr. Das ist nicht einmal mehr „Ganztagsschule light“.
Das Ganze setzt sich auch noch bei den Hochschulen fort. Das Bildungsvorhaben der „Offenen Hochschulen“ nimmt die Landesregierung überhaupt nicht ernst. Es wird finanziell schlecht unterlegt, und zwar erneut nur mit 800 000 Euro. So kann die Studierendenquote überhaupt nicht gesteigert werden.
Hinzukommt: Ihre Studiengebühren tragen mit dazu bei, dass hier weitere soziale Barrieren aufgetürmt werden.
Unsere Position zu den Studiengebühren ist ganz klar: Wir werden sie abschaffen und zusammen mit den Hochschulen stattdessen als Kompensation für die wegfallenden Studiengebühren einen Pakt für gute Lehre abschließen. Das ist versprochen.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Sie werden es nie verstehen! - Rein- hold Hilbers [CDU]: Wer gibt das Geld in diesen Pakt? Ohne Moos nichts los! - Weitere Zurufe - Glocke des Präsi- denten)
Jetzt noch einmal zur Wirtschaftsförderung. Im Frühjahr hat der Landesrechnungshof die Wirtschaftsförderpraxis des Landes stichprobenartig untersucht und dabei skandalöse Fehlentwicklungen festgestellt. Das Konsenspapier zwischen Wirtschaftsministerium und Landesrechnungshof, von dem wir jetzt im Ausschuss gehört haben, das jetzt öffentlich geworden ist, nimmt Herrn Minister Bode endlich an die Kandare.
Das Papier ermöglicht nämlich, dass wir jetzt an der nötigen Weiterentwicklung der Wirtschaftsförderung arbeiten können. Wir müssen hin zu einer Innovationsförderung und einer Förderung wichtiger Infrastrukturprojekte. Wir müssen weg von den Zuschüssen und hin zu den Darlehen. Das ist effi
ziente Wirtschaftsförderung ohne Mitnahmeeffekte, die Sie deutlich gefördert haben, meine Damen und Herren!
Die Haushaltswirklichkeit ist aber noch eine andere. Das Selbstabschaffungsprogramm der FDP macht nämlich auch vor dem Wirtschaftsetat nicht Halt. Das Ausgabevolumen des Wirtschaftsministeriums sinkt laut Haushaltsentwurf und mittelfristiger Finanzplanung von 1,64 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf 1,29 Milliarden Euro im Jahr 2015. Der Eigenanteil des Landes an diesem Wirtschaftsetat sinkt von 31 % im Jahr 2011 kontinuierlich in den Folgejahren ab. Das ist gar keine Wirtschaftsförderung mehr!
Die Landesregierung kündigte - wir haben es gerade gehört - eine Sanierungsoffensive Straßenbau an. Wir haben die Zahl gehört. Die 104 Millionen Euro jährlich bedeuten aber in Wirklichkeit für die reinen Investitionen in Landesstraßen 2012 und 2013 jeweils nur 81 Millionen Euro.
Für Betrieb und Unterhaltung waren es in den vergangenen Jahren immer schon 20 bis 22 Millionen Euro. Das ist also nichts Neues. Die Mittel reichen nicht aus, um das Landesvermögen Landesstraßen, Straßenbau nachhaltig zu sichern. Um den Investitionsrückstand hier aufzuholen, ist wesentlich mehr nötig.