Protokoll der Sitzung vom 13.09.2011

Für Betrieb und Unterhaltung waren es in den vergangenen Jahren immer schon 20 bis 22 Millionen Euro. Das ist also nichts Neues. Die Mittel reichen nicht aus, um das Landesvermögen Landesstraßen, Straßenbau nachhaltig zu sichern. Um den Investitionsrückstand hier aufzuholen, ist wesentlich mehr nötig.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Schon 2007 hatte der Landesrechnungshof von Verschleudern von Landesvermögen gesprochen. Sie haben jetzt nachhaltige Investitionen suggeriert, indem Sie gesagt haben: Die Bagger auf den Landesstraßen bleiben draußen und arbeiten weiter. Die Mittel sinken aber 2014 schon wieder auf 75 Millionen Euro. Meines Erachtens gehen Sie hier halbherzig vor, Herr Minister Bode. Sie wollen die Landesstraßen in Niedersachsen weiter verrotten lassen. Substanzerhalt sieht völlig anders aus.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Vorbemerkung zur mittelfristigen Finanzplanung sprechen Herr Ministerpräsident McAllister und

Herr Minister Möllring davon, dass die Landesregierung „mit innovationsfreundlicher Wirtschaftspolitik zu einem stabilen Wachstum von Wirtschaftsleistung und Wohlstand beiträgt“.

(Zustimmung bei der CDU)

Zugleich warnt aktuell die OECD in einer Studie aus diesem Monat vor einem Einbruch der deutschen Konjunktur im zweiten Halbjahr dieses Jahres. Träfe diese Prognose ein, wäre Deutschland Schlusslicht der großen Industrienationen.

Ich frage Sie: Wie wollen Sie dieser Entwicklung entgegentreten, vor der hier gerade gewarnt wird? Real haben Sie kein Konzept für eine innovative Wirtschaftsförderung, geschweige denn für eine ökologische Industrie- und Strukturpolitik in diesem Land.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zum Beleg ein paar Zahlen aus der Innovationsförderung: Gerade für kleine und mittlere Unternehmen sinkt diese Förderung von 14,5 Millionen Euro im Jahr 2011 auf etwa 10 Millionen Euro im Jahr 2012. Das sind 30 % weniger, meine Damen und Herren. Trauen Sie sich eigentlich angesichts dieser Zahlen noch, mit den Wirtschaftsverbänden und den Kammern zu reden? - Ich glaube, nicht.

(Beifall bei der SPD)

Sie sind hier genauso blank wie bei den sonst so wichtigen Leitmärkten wie der maritimen Verbundwirtschaft. Auch dazu ein paar Zahlen: Hier sinken die Investitionsmittel von 53 Millionen Euro im Jahr 2011 über 35 Millionen Euro im Jahr 2012 auf 23 Millionen Euro im Jahr 2015. Das ist wirklich kein gutes Zeugnis der Landesregierung in diesem wichtigen und innovativen Feld, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Sie werden sicherlich darauf verweisen, dass sich die Einnahmesituation in den nächsten Jahren weiter verbessern wird, und sagen, dass dann alle diese Zukunftsinvestitionen nachgeholt werden können.

Abgesehen davon, dass Sie dann gar nicht mehr an der Regierung sind: Sie versuchen hier wieder zu bluffen. Ein ernsthaftes Konzept haben Sie nicht. Stattdessen betreiben Sie - übrigens genauso wie bei Ihren grandiosen Prognosen zum Schuldenabbau - eine Einnahmepolitik „by Lineal“,

meine Damen und Herren. Ich habe die Tafel mitgebracht. Schauen wir sie uns einmal an:

(Der Redner zeigt ein Schaubild)

Bei den Einnahmen ziehen Sie mit dem Lineal immer eine gerade Linie nach oben,

(Heiterkeit bei der SPD)

obwohl Sie beim Blick in die Vergangenheit sehen, dass die Einnahmen völlig unstet sind. Sie haben aus der Realität überhaupt nichts gelernt, meine Damen und Herren.

(Starker Beifall bei der SPD und Zu- stimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Zuruf von Christian Grascha [FDP])

Auch wenn es um den Schuldenabbau geht, meine Damen und Herren, nehmen Sie das Lineal und ziehen die Linie einfach so nach unten.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist aber das Ist!)

So machen Sie das auch bis zum Jahr 2017. Glauben Sie, dass dieses Konzept aufgehen wird?

(Zuruf von Ulf Thiele [CDU] - Gegen- ruf von Kreszentia Flauger [LINKE]: Ein Vollblutstatistiker! - Weitere Zurufe von der CDU)

So geht das nicht, meine Damen und Herren! Schon einmal wurde Ihnen dieser schlichte Wunsch von der Realität verhagelt. Sie lernen überhaupt nichts dazu.

(Beifall bei der SPD)

Sie unterstellen stetiges Wachstum für die nächsten fünf Jahre. Das widerspricht all unseren Erfahrungen, meine Damen und Herren. Machen Sie den Leuten nichts mehr vor! Mit solch einer Finanzpolitik können Sie keinen Blumentopf gewinnen.

(Beifall bei der SPD)

Und alles, was helfen könnte, die wirtschaftlichen Bedingungen zu verbessern, wird von Ihnen ordentlich verschlafen. Zum Beispiel könnte eine Fachkräfteoffensive die Weichen für Wachstum und Wohlstand stellen. Die Schaffung guter Beschäftigungsverhältnisse, die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes würden die Kaufkraft und den Binnenmarkt in Deutschland stärken.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Der schöne Effekt wäre, dass dadurch sogar Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge steigen würden. Das wäre wirklich eine Politik für den Binnenmarkt. Der DGB und die Wirtschaftsverbände haben an dieser Stelle recht, und auch für die Menschen wäre das die bessere Politik.

Herr Schostok, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Möllring?

Ich habe nur noch wenig Zeit, nein, danke.

(Christian Dürr [FDP]: Och, Mann!)

Sie gehen meines Erachtens fahrlässig mit dem großen Potenzial des Landes Niedersachsen um. Sie stabilisieren die Konjunktur mit diesem Wirtschaftsetat keineswegs. Im Gegenteil, Ihr Haushalt - anders kann man ihn nicht nennen - ist ein Konjunkturdestabilisierungsprogramm, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das Gleiche gilt für die Energiewende. Herr McAllister hat einen starken Spruch gemacht und gesagt: Das wird einen tiefgreifenden Umbau unserer Energieversorgung nach sich ziehen. Die Landesregierung ist bereit, diesen Kurs nachhaltig zu unterstützen. - Das ist ein wirklich starker Kurs, aber es gibt keinen Cent mehr im niedersächsischen Haushalt. Dem Wirtschaftsförderfonds des MW werden für den Bereich Energie, für den ökologischen Bereich Jahr für Jahr nur 7 Millionen Euro zugeführt. Wie wollen Sie denn damit die Energiewende bestehen?

(Beifall bei der SPD)

Aus diesem Topf sind keine Impulse für eine dringend notwendige ökologische Industriepolitik und schon gar keine Innovationsschübe zu erwarten. Vor allem der Mittelstand und das Handwerk wollen aber dringend wissen, was sie tun können. Wenn sie gerade im Bereich Energie- und Rohstoffeffizienz ihre Leistungen in diesen Prozess einbringen, dann wäre hier ein gigantischer Beschäftigungsaufbau möglich. Aber Sie unterstützen dieses Projekt nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Auch in der Sozialpolitik stehen wir vor großen Herausforderungen, sei es bei der Inklusion, sei es bei der Pflege oder auch bei einem offensiven Herangehen an das Thema Integration von Migranten. Sie haben hier überhaupt keine Linie. Sie haben überhaupt nicht verstanden, dass der Fachkräftemangel im naturwissenschaftlichen und technischen Bereich, den wir alle beklagen, in unmittelbarem Zusammenhang mit dem im sozialen Bereich steht, z. B. in der Pflege. Dieser Bereich muss genauso ausgebaut werden. Aber Sie fallen hier eher wieder zurück und tricksen nur herum, meine Damen und Herren. Das haben wir schon im letzten Jahr am Beispiel der Behindertenhilfe festgestellt. Die Auswirkungen waren wirklich dramatisch für die Einrichtungen der Behindertenhilfe.

(Beifall bei der SPD)

Die Pflege ist in Niedersachsen in einer absolut unbefriedigenden und angespannten Situation. Von einer Attraktivitätssteigerung der Pflegeberufe kann bei den vorgesehenen Maßnahmen überhaupt nicht die Rede sein. Ich würde sagen, Sie versuchen hier eher einen Taschenspielertrick.

Die Trickserei geht sogar noch weiter: In diesem Bereich sind über die Jahre ständig Mittel gekürzt und dann immer wieder neue Programme aufgelegt worden. Der von Sozialministerin Özkan angekündigte Pflegepakt mit den Verbänden ist schon durch die von ihrer Vorgängerin eingestellten Mittel in Höhe von 6,5 Millionen Euro abgedeckt. Die Verbände sollen den Pakt jetzt auch noch aus eigenen Mitteln bezahlen. Das ist wirklich ein Skandal! Wenden Sie sich dem Thema Pflege wirklich ernsthaft zu!

(Beifall bei der SPD)

Die Beschreibung der Haushaltspolitik der Landesregierung stimmt überhaupt nicht mit der Realität überein. Stichwort „Konsolidierung“: Im Doppelhaushalt 2012/2013 wird, genauso wie in den Vorjahren, nicht konsolidiert - mit Ausnahme der 2 % nach der Rasenmähermethode.

Planmäßig ist nur die Rückführung der Kreditaufnahme. Das geht aber auch nur mit dem Prinzip Hoffnung auf die neue Steuerschätzung. Die Halbwertzeit Ihrer haushaltspolitischen Aussagen wird immer kürzer. Zum Haushalt 2011 hatten Sie noch von Veräußerung von Vermögen gesprochen. Das war absolut unrealistisch, meine Damen und Herren! Sie haben die Maßnahmen zurückgenommen. Sie haben weiter von einer Begrenzung

der Tarifsteigerungen gesprochen. Das war auch absolut unrealistisch und haben Sie auch zurückgenommen. Sie haben vom Zuschussmoratorium geredet - auch zurückgenommen. Sie haben von der Begrenzung der Ausgabensteigerung auf 1 % geredet - das musste auch zurückgenommen und auf 1,6 % korrigiert werden. Auch das ist noch nicht einmal belastbar. Sie haben überhaupt keine Ahnung, wie Sie das strukturelle Defizit in diesem Haushalt in Höhe von 1,5 Milliarden Euro im konsumptiven Bereich ausgleichen, wie Sie diese Lücke schließen wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)