Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

weder Sie noch Herr Rösler noch Herr Westerwelle weiter Verantwortung tragen.

(Beifall bei der SPD)

Es kann doch nicht sein, dass Sie Ihre Befindlichkeiten dann, wenn Sie Ihren Kopf in Berlin bei Frau Merkel nicht durchsetzen können, in die Landtage tragen! Sie regieren doch derzeit in Berlin noch mit! Sie haben doch dafür gesorgt, dass Gläubigerbeteiligungen, Finanztransaktionsteuer, die Eingrenzung von Hedgefonds und Schattenbanken immer wieder verwässert wurden.

(Christian Dürr [FDP]: Sie haben dafür gesorgt, dass der Euro instabil wird, Frau Emmerich-Kopatsch! Entschul- digen Sie sich dafür!)

Herr Dürr, Ihr Außenminister wird doch auf dem diplomatischen Parkett überhaupt nicht ernst genommen. Sonst hätte man doch bereits internationale Absprachen treffen können. Ihre Gesinnung hat doch erst dafür gesorgt, dass so gefährliche Finanzprodukte entstehen konnten,

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP] - lacht -: Was hat denn die Re- gierung gemacht? Wer hat denn die Finanzmärkte dereguliert? Das war Schröder, Schröder, Schröder!)

dass Computer in Millisekunden Milliarden umsetzen oder vernichten? Sie haben doch mit Ihrer naiven Marktgläubigkeit erst dafür gesorgt, dass diese Finanzkrise entstehen konnte.

(Christian Dürr [FDP]: Das ist bar je- der Realität! - Minister Dr. Althus- mann: Die Gesetzentwürfe stammen von Hans Eichel! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Haben Sie denn jemals Vorschläge zur Regulierung der Finanzmärkte gemacht? - Nein, das haben Sie nicht, weil Sie das ausdrücklich ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben dafür gesorgt, dass die anderen begünstigt werden und der Steuerzahler die Zeche zahlen muss. Denn was machen wir denn immer? Sie haben gerade sagen lassen, dass Stabilitätskriterien verletzt worden seien. Wir retten doch in Wirklichkeit immer noch Banken, immer wieder Banken. Wenn Sie oder Herr Rösler einer Staatspleite das Wort reden, dann fragen Sie einmal deutsche und insbesondere französische Großbanken, was dann passieren würde. Der Preis

wäre wahrscheinlich so hoch, dass wir alle ihn nicht mehr bezahlen könnten.

(Beifall bei der SPD - Christian Gra- scha [FDP]: So ein Unsinn!)

Wir von der SPD legen großen Wert auf ein freies und friedliches Europa, ein Europa mit sozialen Standards, mit guten Arbeitsplätzen und Zukunftschancen für alle Bürgerinnen und Bürger. Wir lassen nicht zu, dass Sie aus parteitaktischen Gründen dieses Europa gefährden.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie meinen, Eurobonds seien nicht das Mittel der Wahl, dann frage ich Sie: Was ist denn mit den Zukäufen von Staatsanleihen durch die EZB? Wir gehen damit doch Haftungsrisiken ein, die Sie bei den Eurobonds gerade befürchten. Aber wo ist denn der Unterschied?

(Klaus Rickert [FDP]: Das war ein Sündenfall der EZB! Das habe ich doch ausgeführt!)

Es sind doch Quasi-Eurobonds. Wenn Sie am 29. September im Bundestag über den EFSF mit abstimmen müssen, dann stimmen Sie zu, dass auch dieser Rettungsschirm weitere Staatsanleihen kaufen kann und kaufen wird. Sollten Sie nicht zustimmen, Herr Dürr, dann ist es doch mit Ihrer Regierungszeit sowieso vorbei. Sie stehen doch mit dem Rücken an der Wand.

(Zustimmung Ralf Briese [GRÜNE])

Wie albern geht es denn eigentlich noch, wenn Sie überlegen, die FDP in einem Mitgliederentscheid über Euro-Rettungsmaßnahmen abstimmen zu lassen? Sie machen sich doch nur noch lächerlich. Das sagt heute sogar das Handelsblatt, das völlig unverdächtig ist, eines unserer Veröffentlichungsorgane zu sein.

Um es klar zu sagen: Wir lassen uns von Ihnen kein schlechtes Gewissen einreden. Wir brauchen gerade als größte Volkswirtschaft ein finanzpolitisch abgestimmtes Vorgehen in Europa für unsere Industrie; denn die ist untrennbar mit Europa verbunden und hängt davon ab. Von Ihnen müssen wir uns nichts sagen lassen.

Ganz persönlich bedaure ich die Menschen, die aufgrund Ihrer sonderbaren Politik in Berlin jetzt nicht mehr in die Kommunalparlamente gekommen sind, u. a. das FDP-Mitglied und den Schwiegervater von Herrn Rösler. Ihn mochte ich besonders

gerne. Er ist nun auch nicht mehr dabei. Ich denke, er hat Ihnen nichts zu verdanken.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der FDP: Was soll das denn?)

Meine Damen und Herren, nächste Rednerin ist die Kollegin Polat, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Manövrierunfähig treibt die FDP in der Koalition und schlägt wild um sich. Jetzt wollen Sie aus der Krise in Europa politisch Profit schlagen. Nichts anderes machen Sie in Berlin und jetzt auch hier in Niedersachsen. In Berlin werben Sie auf neuen Wahlkampfplakaten mit dem Slogan „Wollen Sie die Zeche für die Schulden anderer zahlen? Nur eine starke FDP verhindert Eurobonds“. Meine Damen und Herren, diese bundesweite Kampagne ist nichts anderes als eine öffentliche Destabilisierung der Europäischen Union. Das ist unverantwortlich und schierer politischer Populismus.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Rickert, wir müssen hier einmal ganz klar sagen: Wir haben keine Krise des Euro! Der Euro ist stabil. Wir haben eine Krise des europäischen Projektes, die größer und vielschichtiger als in den vergangenen Jahren ist und was Sie anscheinend gar nicht erkennen. Wir haben nationale Egoismen, zögerliche und konzeptlose Regierungen und einen um sich greifenden uneuropäischen Geist, meine Damen und Herren.

(Christian Dürr [FDP]: Ist die Schul- denproblematik an Ihnen vorbei ge- gangen?)

Leider mischen hier die Spitzen von CDU und FDP ganz oben mit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Kommissar Oettinger fordert, die Fahnen von EU-Staaten, die Hilfsprogramme erhalten, auf Halbmast zu setzen. Wirtschaftsminister Rösler spekuliert öffentlich über die Insolvenz eines EU-Mitgliedstaates und fängt scheinbar erst jetzt das Denken an. Welches Erdbeben an den Akti

enbörsen er damit ausgelöst hat, scheint ihn überhaupt nicht zu interessieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie lange will die Kanzlerin diesem amateurhaften Treiben in ihren Reihen eigentlich noch zusehen?

(Unruhe)

Selbst die Kanzlerin, die das Erbe von Konrad Adenauer und Helmut Kohl - Herr Nacke - zu wahren hätte, hat mit der proeuropäischen Tradition der Christdemokraten gebrochen.

Klaus Hillenbrand schreibt zu Recht in seinem Kommentar heute in der taz:

„Diese Regierung ist so weit gesunken, dass man sich fast nach Helmut Kohl sehnen möchte.“

(Zuruf von der SPD: Aber nur fast!)

- Ja, nur fast. Die Kanzlerin schürt in bester Westerwelle- oder Rösler-Manier antieuropäische Ressentiments. Es wird hemmungslos und ständig die nationale Karte gespielt und das Bild vom Zahlmeister Deutschlands an die Wand gemalt. Meine Damen und Herren, gerade in der Krise brauchen wir mehr europäische Solidarität.

(Christian Dürr [FDP]: Was denn kon- kret?)

Natürlich brauchen wir auch den konsequenten Weg der Konsolidierung.

(Christian Dürr [FDP]: Aha!)

Aber da haben wir klare Vereinbarungen mit Griechenland getroffen. Sie haben im letzten Jahr im Bundestag dem ESFS auch zugestimmt. Jetzt diskutieren wir über den ESM.

(Christian Dürr [FDP]: Die Frage ist doch, was passiert, wenn sie nicht einhalten werden!)

Die Troika, die in dieser Woche nach Athen fährt - Europäische Kommission, IWF, EZB -,

(Klaus Rickert [FDP]: Sie ist schon da!)

wird jetzt schauen, ob die Zusagen eingehalten werden. Dann wird die neue Tranche von 8 Milliarden Euro für dieses Jahr ausgezahlt.

Bei aller Richtigkeit von Haushaltskürzungen und Sparanstrengungen muss auf die soziale Balance geachtet werden. Das ist die gemeinsame europäische Aufgabe. Die Protestierenden in Athen und