Protokoll der Sitzung vom 16.09.2011

Der gesetzlich bestimmte Zweck des Raumordnungsverfahrens ist die Prüfung der Raumverträglichkeit und Umweltverträglichkeit des vom Vorhabenträger beantragten Vorhabens einschließlich vorgelegter Trassenvarianten. Ziel ist, die mit dem notwendigen Netzausbau verbundenen, unvermeidlichen Eingriffe und Umweltbelastungen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren und im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten die eingriffsärmste Trassenvariante herauszuarbeiten. Das Raumordnungsverfahren als Vorstufe zum anschließenden Planfeststellungsverfahren ist ausdrücklich auch auf der Grundlage des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) zu führen. Mit der Aufnahme des vordringlichen Netzausbaubedarfs für die 380-kV-Höchstspannungsleitung Wahle– Mecklar in das EnLAG wurde die energiewirtschaftliche Notwendigkeit gesetzlich festgestellt. Weitergehende Regelungen wurden durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber nicht geschaffen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die dena-Netzstudie I hat den Netzausbaubedarf für das deutsche Höchstspannungsnetz bis zum Jahr 2015 ermittelt. Mit der Aufnahme des 380-kV-Netzausbauprojekts Wahle–Mecklar in die Liste des vordringlichen Bedarfs des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) gilt der Bedarf als bundesgesetzlich festgeschrieben. Die Realisie

rung des Vorhabens muss demnach bis 2015 erfolgen.

Eine erneute Ermittlung bzw. Überprüfung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit entfällt damit im Zuge des aktuellen ROV. Maßgebliche Grundlage für rechtsstaatliches Verwaltungshandeln sind auch bei der Durchführung von Raumordnungsverfahren die geltenden Gesetze und nicht einzelne, diesen entgegenstehende Expertenmeinungen.

Mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) vom 28. Juli 2011 wurde zur künftigen Bedarfsermittlung für die Netzentwicklungsplanung ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren bestimmt. Das NABEG gilt ausdrücklich für überregionale Netzausbauprojekte nach 2015, die ausdrücklich nicht im EnLAG enthalten sind. Der Entwurf eines von den Übertragungsnetzbetreibern gemeinsam zu erarbeitenden nationalen Netzentwicklungsplanes muss bis 3. Juni 2012 der Bundesnetzagentur zur Bestätigung vorgelegt werden. Der Netzentwicklungsplan ist Grundlage für einen Bundesbedarfsplan, der vom Bundesgesetzgeber als Gesetz beschlossen wird.

Nach dem derzeitigen Sachstand gibt es keinerlei Hinweise, dass die 380-kV-Leitung Wahle–Mecklar nicht gebraucht wird.

Zu 2: Die dena-Netzstudie II untersuchte die Integration erneuerbarer Energien in die deutsche Stromversorgung im Zeitraum bis 2020/2025. Die Studie wurde im Herbst 2007 begonnen und unterstellte den Ausstieg aus der Kernenergienutzung gemäß dem Kernenergiekonsens (aus dem Jahr 2000) bis zum Jahr 2023. Im Einzelnen untersuchte die Studie den zukünftigen Ausbaubedarf der Übertragungsnetze sowie die Flexibilisierung des Elektrizitätssystems hinsichtlich Stromangebot, Stromtransport und Stromnachfrage. Der mit der beschleunigten Energiewende im Frühsommer 2011 beschlossene beschleunigte Kernenergieausstieg führt faktisch dazu, dass die ursprünglichen Bedarfsannahmen wieder gelten.

Die am 23. November 2010 der Öffentlichkeit vorgestellte dena-Netzstudie II hat untersucht, wie das deutsche Stromnetz bis zum Zeitraum 2020/25 ausgebaut werden muss, um die Ausbauziele im Bereich der erneuerbaren Energien zu erreichen und zugleich die Versorgungssicherheit auch weiterhin zu gewährleisten. In der Studie werden verschiedene Varianten zum Ausbau unter Betrachtung der unterschiedlichen verfügbaren Übertragungstechnologien untersucht. Die untersuchten Varianten machen deutlich, dass ein erheblicher

Netzausbaubedarf auf Deutschland zukommen kann, der bei der kostengünstigsten Basisvariante ca. 3 600 km Neubaubedarf ausmacht. Da die dena-Netzstudie II zum Ergebnis hat, dass sowohl Temperaturmonitoring als auch Hochtemperaturleiterseile im Kosten-Leistungs-Verhältnis deutlich negativer abschneiden, muss davon ausgegangen werden, dass die Annahmen der Basisvariante die größte Umsetzungswahrscheinlichkeit haben. Allerdings enthält die dena-Netzstudie II keine konkreten Trassenplanungen. Es ist anders als bei der dena-Netzstudie I daher nicht erkennbar, welche Trassenlängen Niedersachsen betreffen werden.

Zu 3: Beim Umbau der Energieversorgung kommt dem Netzausbau eine zentrale Bedeutung zu. Dabei sind die norddeutschen Bundesländer in besonderer Weise betroffen, da hier insbesondere im Bereich der Windenergienutzung die insgesamt größten Ausbaupotenziale bestehen. Bereits heute übersteigt in Norddeutschland die erzeugte Strommenge den Verbrauch deutlich. Mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der On- und Offshorewindenergienutzung, wird dieser Überschuss weiter ansteigen. Zudem ist das Übertragungsstromnetz in Norddeutschland bei günstigen Wetterbedingungen für die Erzeugung von Strom aus Windkraft teilweise bereits heute überlastet. Niedersachsen ist schon jetzt spitze in der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien.

Die stetige Zunahme von aus regenerativen Energiequellen erzeugtem Strom, der vorrangig in die Netze eingespeist wird, verdeutlicht außerdem das Erfordernis, diese Strommengen perspektivisch vollständig in die Stromhandelsmärkte zu integrieren. Dadurch könnte dem Erfordernis an bezahlbare Energie und eine wettbewerbliche Organisation der Energiemärkte Rechnung getragen und die Akzeptanz des Ausbaus weiter verbessert werden. Zudem ließen sich so die Ausbauziele der Energiewende mit dem europäischen Ziel eines gemeinsamen Binnenmarktes vereinbaren.

Nach Auffassung der Niedersächsischen Landesregierung lässt sich insgesamt feststellen, dass das Stromnetz die heutigen Anforderungen auf hohem Qualitätsniveau erfüllt, zugleich aber ein erheblicher Ausbaubedarf besteht, damit insbesondere die anderen, wechselnden Lastflüsse aufgrund zunehmender unstet einspeisenden erneuerbarer Energien aufgenommen werden können und der steigende Stromhandel realisiert werden kann.

Auch mit Blick auf den grenzüberschreitenden Stromhandel wird ein Ausbau der Netze erforderlich; denn nur so kann der Strommarkt seine preisdämpfende Wirkung entfalten.

Anlage 2

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 3 des Abg. Dr. Max Matthiesen (CDU)

Wie wirkt sich die Reform der Nahverkehrsbeförderung für schwerbehinderte Menschen auf Niedersachsen aus?

Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen haben durch die Reform der Nahverkehrsbeförderung eine Möglichkeit erhalten, sich barrierefrei in Niedersachsen und im übrigen Bundesgebiet von Regionalzügen der Deutschen Bahn befördern zu lassen.

Abhängig von ihrem Wohnort, konnten Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung und einem gültigen Schwerbehindertenausweis in einem Radius von 50 km bis vor Kurzem kostenlos in Regionalzügen der Deutschen Bahn fahren. Diese Regelung wurde reformiert. Ab dem 1. September 2011 ist es für Behinderte möglich, im gesamten Bundesgebiet unabhängig von ihrem Wohnort ohne Fahrschein die Regionalbahnen, Regionalexpresse und die S-Bahnen in der 2. Klasse zu benutzen.

Insofern erfahren Schwerbehinderte in Niedersachsen eine enorme Verbesserung ihrer Mobilität. Nahezu jede niedersächsische Stadt ist durch das Regionalnetz und die kommunalen Nahverkehrsmittel für Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis nun kostenfrei erreichbar. Gleichwohl muss gewährleistet sein, dass die Eisenbahnverkehrsunternehmen angemessen auf die neue Situation eingestellt sind.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Auswirkungen der Reform der Nahverkehrsbeförderung für Schwerbehinderte sind der Landesregierung bisher bekannt?

2. Wie viel Prozent der niedersächsischen Bahnhöfe sind behindertengerecht (z. B. Roll- stuhlrampe, Fahrstuhl) ausgebaut?

3. Welche Hilfen stehen Fahrgästen mit Behinderung an den Bahnhöfen zur Verfügung?

Bereits seit mehr als 60 Jahren werden bestimmte Gruppen schwerbehinderter Menschen im Nahverkehr unentgeltlich befördert. Dieses Recht soll einen Ausgleich für die Nachteile darstellen, die durch körperliche Einschränkungen entstehen - einen Ausgleich für Beeinträchtigungen, die dazu

führen, dass teilweise auch kurze Strecken nicht zu Fuß bewältigt werden können.

Nach den aktuell geltenden bundesgesetzlichen Regelungen der §§ 145 bis 154 SGB IX können die freifahrtberechtigten schwerbehinderten Frauen und Männer deshalb Nahverkehrsmittel in der 2. Wagenklasse ohne Fahrausweis nutzen. Hierzu zählen u. a. Straßenbahnen und Omnibusse, S-Bahnen, Eisenbahnen auf Strecken, die innerhalb von Verkehrsverbünden liegen, DB-Nahverkehrszüge im Umkreis von 50 km um den Wohnort und Privatbahnen auf Strecken, in denen die Mehrzahl der Beförderungen eine Strecke von 50 km nicht übersteigt.

So können freifahrtberechtigte Personen bundesweit, abhängig von der Nahverkehrsstruktur, auch durchaus längere Strecken unentgeltlich zurücklegen. Voraussetzung dafür ist lediglich eine Anbindung oder Umsteigemöglichkeit zu S-Bahnen, Zügen in Verkehrsverbünden oder Privatbahnen, die auch bisher in ihrer nutzbaren Streckenlänge nicht begrenzt sind.

Nur wenn ausschließlich Nahverkehrszüge der Deutschen Bahn AG (DB AG) genutzt werden, besteht die gesetzliche Einschränkung auf einen Radius von 50 km um den Wohnort. Aber auch diese Beschränkung soll nun ein Ende finden: Seit dem 1. September dieses Jahres können aufgrund einer Absprache zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der DB AG auch DBNahverkehrszüge ohne Streckenbegrenzung unentgeltlich genutzt werden. Das Ziel ist eine anvisierte Gesetzesänderung zum 1. Januar 2012, mit der die genannte Regelung verbindlich wird.

Damit komme ich zu der Beantwortung ihrer Fragen:

Zu 1: Der Wegfall der Streckenbegrenzung in Nahverkehrszügen der DB AG stellt für die freifahrtberechtigten Personen eine deutliche Erleichterung dar; Reiseplanungen sind einfacher vorzunehmen, häufige Umstiege werden reduziert.

Zu 2: Von den 354 Bahnhöfen, die in Niedersachsen im Nahverkehr auf der Schiene bedient werden, sind nach Auskunft des Betreibers, der Deutschen Bahn AG, bereits 277 stufenfrei zu erreichen - das sind fast 80 %! Stufenfrei bedeutet, dass der Zugang entweder höhengleich ist oder der Bahnsteig durch eine Rampe oder durch Aufzüge erreicht werden kann.

Weitere 55 Stationen - das sind rund 15 % - sind zumindest teilweise stufenfrei erreichbar, beispielsweise einer von zwei Bahnsteigen.

Zu 3: Es gibt zahlreiche Hilfen, die die DB AG in ihrer Verantwortung als Betreiber der Bahnstationen für mobilitätseingeschränkte Personen und schwerbehinderte Menschen anbietet. Jedoch ist nicht jeder Bahnhof gleich ausgestattet; das variiert je nach Größe der Station, der Nachfrage und Ausbauzeitpunkt. Hilfen sind beispielsweise die bereits erwähnten Aufzüge oder Rampen als Zugang zu den Stationen. Außerdem werden an vielen Stationen mobile Einstiegshilfen - Hublifte - angeboten. Hilfeleistungen werden aber auch durch das Servicepersonal erbracht - z. B. ein Begleitservice für Rollstuhlfahrer oder Blinde. Die DB AG hat speziell für mobilitätseingeschränkte Personen eine Mobiltitätszentrale eingerichtet, die alle Fragen zu geeigneten Zügen, der Barrierefreiheit von Bahnhöfen, Hilfsangeboten beantwortet.

Des Weiteren arbeitet die DB seit Jahren daran, die Informationsgestaltung gemäß dem ZweiSinne-Prinzip kontinuierlich zu verbessern. So werden verstärkt visuelle Anzeigen und akustische Durchsagen synchronisiert. Auch verfügen viele Aufzüge inzwischen über akustische Informationen. Sehgeschädigte Personen und Blinde finden an immer mehr Stationen Blindenleitstreifen an den Bahnsteigen und Informationen in Blindenschrift vor.

Wie Sie sehen, verbessert die Bahn zusehends ihr Angebot und legt immer größeren Wert auf die Barrierefreiheit ihrer Stationen.

Anlage 3

Antwort

des Justizministeriums auf die Frage 4 der Abg. Grant Hendrik Tonne, Daniela Behrens, Marcus Bosse, Hans-Dieter Haase, Stefan Politze, Klaus Schneck und Dörthe Weddige-Degenhard (SPD)

Beförderung oder was noch? - Wurde die ermittelnde Braunschweiger Staatsanwältin in der „Stadtwerke-Affäre Wolfsburg“ an das Justizministerium abgeordnet?

Den Wolfsburger Nachrichten vom 4. August 2011 war zu entnehmen, dass im Fall der Stadtwerke Wolfsburg - also in den Verfahren gegen Herrn Nahrstedt, Herrn Schnellecke und Herrn Karp - „kurzfristig die zuständige Sachbearbeiterin, die seit Beginn der Affäre die Ermittlungen leitet, ans Landesjustizministerium abgeordnet“ wurde.

Als Folge dieser Abordnung, so wurde dort vermutet, wurden die Verfahren gegen Herrn Karp und Herrn Schnellecke von dem Verfahren gegen Herrn Nahrstedt abgetrennt und eine Abschlussentscheidung auf die Zeit nach der Kommunalwahl verschoben. Wörtlich heißt es in dem Artikel: „Für die CDU kommt der Personalwechsel in der Staatsanwaltschaft hingegen zu einem günstigen Zeitpunkt.“

Wir fragen die Landesregierung:

1. Ist es richtig, dass die zuständige Staatsanwältin kurzfristig an das Ministerium abgeordnet wurde?

2. Wenn dies zutrifft, welche Überlegungen der Landesregierung lagen der Abordnung zugrunde?

3. Warum nimmt die Landesregierung in Kauf, dass es durch die Abordnung zu Verzögerungen in dem Verfahren kommen wird?

Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu 1: Bereits in der Aprilausgabe der Niedersächsischen Rechtspflege 2011 war der halbe Dienstposten einer Referentin bzw. eines Referenten im Referat 305 der Abteilung III des Niedersächsischen Justizministeriums ausgeschrieben worden. Da das Referat 305 u. a. für den Vollzug der Sicherungsverwahrung zuständig ist und die Umsetzung äußerste Priorität hat, wurde entschieden, einen ganzen Dienstposten zu besetzen. Für diese Tätigkeit bekundete die in Rede stehende Staatsanwältin ihr Interesse. Nach dem mit ihr geführten Vorstellungsgespräch erschien sie als äußerst qualifiziert für den vakanten Dienstposten. Vor diesem Hintergrund wurde sie mit Wirkung vom 1. August 2011 an das MJ abgeordnet.

Überdies hatte sie ihr Interesse an einer Tätigkeit bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle bekundet. Von der Bewerbung dort hat sie indes nach der Zusage des Justizministeriums Abstand genommen.

Zwischen dem bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig geführten Ermittlungsverfahren gegen Professor Dr. Markus Karp, Maik Nahrstedt, Professor Rolf Schnellecke u. a. und der Abordnung der Staatsanwältin besteht kein Zusammenhang.