Protokoll der Sitzung vom 16.09.2011

3. Welche Maßnahmen zur Prävention sexueller Gewalt an Schulen, Internaten und Heimen in Niedersachsen hat die Landesregierung seit 2010 ergriffen?

Die öffentliche Diskussion um Vorkommnisse sexualisierter Gewalt in Institutionen, namentlich in Schulen, schulnahen und anderen Einrichtungen, leistet einen wichtigen Beitrag zur Enttabuisierung des Themas.

Die in der Anfrage zitierten Ergebnisse der Umfrage des Deutschen Jugendinstituts (DJI) im Rahmen des Projekts „Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen in Institutionen“ belegen eine hohe Zahl von Verdachtsfällen „irgendeiner Form von sexueller Gewalt“, mit denen sich die genannten Einrichtungen in den letzten drei Jahren auseinanderzusetzen hatten. Gezählt wurde eine Einrichtung bereits dann, wenn dort mindestens ein Verdachtsfall aufgetreten ist. Eingerechnet sind allerdings auch diejenigen Fälle, die nicht aufgeklärt werden konnten, sich als unbegründet

erwiesen oder dem Raum außerhalb von Schulen, Internaten oder Heimen zuzurechnen sind.

Der Veröffentlichung des DJI ist auch keine Definition der Vorkommnisse zu entnehmen, die den gezählten Verdachtsfällen sexueller Gewalt in der Umfrage zugerechnet wurden, sodass von einer hohen Bandbreite ausgegangen werden muss und keine qualitativen Aussagen - etwa über Art, Intensität oder Schwere der zur Last gelegten Taten - getroffen werden können.

Auf jeden Fall spricht aus diesen Zahlen eine erhöhte Sensibilität für die Problematik insgesamt. Neben den Angaben zu Verdachtsfällen, die in Verbindung mit dem Personal von Schulen, Internaten und Heimen stehen, muss auch der den Umfrageergebnissen zu entnehmende, erschreckend hohe Anteil von Verdachtsfällen sexualisierter Gewalt unter Kindern und Jugendlichen nachdenklich stimmen.

Von sexualisierter Gewalt betroffene Opfer leiden unter ihrem Trauma häufig ein Leben lang. Schonungslose Aufklärung und wirksame präventive Maßnahmen sind daher ein absolutes Muss. Bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage „Was tut die Landesregierung zur Vermeidung von sexuellem Missbrauch in Schulen, Internaten und Kindertageseinrichtungen“ wurde auf die Handlungsempfehlungen der KMK zur Vorbeugung und Aufarbeitung von sexuellen Missbrauchsfällen und Gewalthandlungen in Schulen und schulnahen Einrichtungen hingewiesen, an deren Zustandekommen Niedersachsen wesentlich beteiligt war.

Diese Empfehlungen stehen allen Schulen in Deutschland zur Verfügung. Auch die Leitlinien zur Einschaltung der Strafvollzugsbehörden bieten eine Grundlage für eine Haltungsänderung mit dem Ziel, in Verdachtsfällen von Handlungen gegen die sexuelle Selbstbestimmung in geeigneter Weise zu reagieren und die Handlungssicherheit zu erhöhen.

Bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist die Wahrung der professionellen Distanz von wesentlicher Bedeutung. Um Grenzüberschreitungen zu verhindern, setzen freie und öffentliche Träger von Schulen auf klare und unmissverständliche Handlungsrichtlinien für das in ihren Einrichtungen tätige Personal, insbesondere für das pädagogische Personal. Sie bauen dabei in vielfältiger Weise Sicherungen, wie etwa die Arbeit im Team, das Mehr-Augen-Prinzip und Supervisionen ein.

Das Thema sexueller Missbrauch wird an den Schulen sehr ernst genommen. Sofern Verdachtsmomente, auch aufgrund von Beschwerden aus der Elternschaft, an einer öffentlichen Schule auftreten, wird die Niedersächsische Landesschulbehörde (NLSchB) eingeschaltet, die dann den Fall in der Bearbeitung übernimmt und über alle weiteren Maßnahmen, unbeschadet von gegebenenfalls bereits laufenden Ermittlungs- und Strafverfahren, entscheidet.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: Die Aussagekraft der zitierten Umfrage ist - wie bereits ausgeführt - begrenzt. Die Landesregierung sieht sich nicht in der Lage, diese Angaben, bezogen auf die niedersächsischen Verhältnisse, zu bestätigen bzw. zu widerlegen. Hierzu bedarf es weiterer qualitativer Forschungen, die zur Erhellung des Dunkelfeldes im Bereich sexualisierter Gewalt beitragen können.

Zu 2: Die NLSchB berät Schulleitungen und Lehrkräfte zum Thema sexueller Missbrauch mit dem Ziel, den Blick zu schärfen, nicht wegzusehen, eventuellen Verdachtsmomenten unverzüglich nachzugehen und durch Wachsamkeit und Präsenz Problemsituationen erst gar nicht entstehen zu lassen bzw. durch unverzügliches Handeln Leid für schutzbefohlene Kinder zu verhindern. Darüber hinaus sind die den Schulen bereits verfügbaren Handreichungen für den Umgang mit Krisen in der Schule zum 1. August 2010 unter dem Stichwort „sexuelle Diskriminierung und sexuelle Übergriffe im Kontext Schule“ inhaltlich deutlich erweitert worden. Dadurch soll Lehrkräften Handlungssicherheit im Umgang mit derartigen Vorfällen vermittelt werden.

Bei den Internaten in Landesträgerschaft wurde sichergestellt, dass für Schülerinnen und Schüler an jeder Einrichtung sowohl eine Beratungslehrerin als auch ein Beratungslehrer ansprechbar ist (Geschlechterparität).

Bei Schulen in freier Trägerschaft hat das Land keine personalrechtlichen Befugnisse. Dort sind die Träger selbst für Prävention sowie für Aufklärung und Konsequenzen im Falle sexuellen Missbrauchs zuständig. Der staatlichen Schulaufsicht sind durch das Niedersächsische Schulgesetz Befugnisse eingeräumt, die auch genutzt werden. So kann nach § 167 Abs. 3 NSchG einer Lehrkraft diese Tätigkeit untersagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die bei Lehrkräften an öffentlichen

Schulen die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen würden.

Zu 3: Die NLSchB ist mit Erlass vom 8. April 2010 angewiesen worden, bei der Einstellung von lehrendem und nicht lehrendem Personal im schulischen Bereich generell von den Bewerberinnen und Bewerbern das erweiterte Führungszeugnis zur Vorlage bei Behörden zu verlangen. Grundlage ist die zum 1. Mai 2010 in Kraft getretene Novellierung des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) unter Einfügung eines neuen § 30 a und Veränderung der §§ 31 und 32. Allen Trägern privater Schulen ist seitens der Landesregierung empfohlen worden, sich bei Einstellungen ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30 a des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen zu lassen.

Bereits seit 2005 sind die Schulen verpflichtet, in Zusammenarbeit mit Schülerinnen, Schülern, Erziehungsberechtigten sowie externen Partnern (z. B. Polizei, Schulträger, GUV) ein schulisches Sicherheitskonzept, das durch gewaltpräventive Maßnahmen gestützt wird, zu entwickeln und in das Schulprogramm aufzunehmen. Dieses Konzept ist regelmäßig fortzuschreiben und in Konferenzen zu behandeln. Diese sowie weitere Regelungen zur Zusammenarbeit mit Behörden aus dem Jahr 2003 sind in dem Erlass Sicherheits- und Gewaltpräventionsmaßnahmen in Schulen in Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft vom 9. November 2010 zusammengefasst worden.

Der überörtliche Träger der Jugendhilfe ist zuständig für die Beratung und die Aufsicht zum Schutz des Wohls der in Einrichtungen betreuten jungen Menschen, sowohl im Rahmen des Betriebserlaubnisverfahrens als auch während des laufenden Betriebes. Rechtliche Grundlagen sind die §§ 45 bis 49 des Sozialgesetzbuches - Achtes Buch (SGB VIII). Sie folgen der programmatischen Forderung des § 1 Abs. 3 Nr. 3 SGB VIII, nach der die Jugendhilfe junge Menschen vor Gefahren für ihr Wohl schützen soll, mithin auch dort, wo Eltern ihre Sorge- bzw. Aufsichtspflicht delegieren.

Über die Umsetzung der §§ 45 ff. SGB VIII durch das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (LS) trägt das Land dazu bei, dass landesweit in den niedersächsischen Heimen die erforderlichen Präventionsmaßnahmen konzeptionell entwickelt und in die Leistungs-,

Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen aufgenommen werden.

Für Einrichtungen und sonstige betreute Wohnformen der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe, die dem Erlaubnisvorbehalt nach § 45 SGB VIII unterliegen, werden durch das LS die Mindestvoraussetzungen für die Erteilung der Betriebserlaubnis geprüft. In diesem Verfahren haben die Träger vor der Inbetriebnahme einer Einrichtung eine Leistungsbeschreibung vorzulegen, in der sie ihr spezifisches Leistungsangebot darstellen und beschreiben, wie die pädagogische Betreuung durchgeführt wird. In der Entwicklung dieser Leistungsbeschreibung und bei der Überprüfung der Mindestvoraussetzungen für die Erteilung der Betriebserlaubnis werden Aspekte der altersgerechten Sexualerziehung (sexualpädago- gisches Konzept) und geeignete, einrichtungsbezogene Präventionsstrategien thematisiert.

Seit Gültigkeit der fortgeschriebenen Hinweise für die Erteilung der Betriebserlaubnis von Einrichtungen und sonstigen betreuten Wohnformen nach § 45 ff SGB VIII durch das Landesamt, per Dienstanweisung in Kraft gesetzt am 8. Juni 2011, haben die Träger in der Leistungsbeschreibung explizit darzustellen, wie die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in der Praxis erfolgt. Dies beinhaltet auch Aussagen zu dem in der Einrichtung bestehenden Beschwerdemanagement für Kinder und Jugendliche.

In der Betriebserlaubnis wird der Träger darauf hingewiesen, dass er vor Aufnahme des Betriebes mit dem örtlichen Jugendhilfeträger eine Vereinbarung über die Einbeziehung in den Schutzauftrag nach § 8 a SGB VIII und über die persönliche Eignung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sinne der §§ 72, 72 a SGB VIII schließt. Der Träger wird weiterhin auf seine Verpflichtung aufmerksam gemacht, vor dem geplanten Einsatz von neuen pädagogisch tätigen Kräften von diesen gemäß § 72 a SGB VIII i. V. m. § 30 a Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes ein erweitertes Führungszeugnis zu verlangen, das nicht älter als einen Monat ist.

Als Betriebserlaubnis erteilende Stelle wird durch das LS landesweit sichergestellt, dass - unabhängig vom regionalen Standort der Einrichtungen oder der Einrichtungsteile, deren Trägersitz und deren konzeptioneller Ausrichtung und Größe - bei Verdacht auf sexuelle Grenzverletzungen oder bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch die erforderliche Überprüfung zeitnah erfolgt, die ange

messene Beratung des Trägers und der Einrichtungsleitung bzw. der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeboten wird und - soweit möglich - auch eine Unterstützung bei der Aufarbeitung der Vorfälle realisiert wird. In begründeten Einzelfällen übernimmt das LS auch die Beratung der öffentlichen Träger in besonders schwierigen Einzelfällen oder moderiert einen Qualitätsentwicklungsprozess zwischen öffentlichen und freien Trägern zum Schutz der untergebrachten Kinder und Jugendlichen.

Im Prozess der Kontrolle und Beratung wird durch das LS darauf hingewirkt, dass sich die betroffenen Einrichtungen der Jugendhilfe oder Eingliederungshilfe weiter qualifizieren. Über geeignete Fortbildungsangebote des LS oder externer Anbieter wird informiert, nachdem der jeweilige Fortbildungsbedarf analysiert wurde. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Fortbildungserfordernissen im Hinblick auf die Auswahl geeigneter Fachkräfte (Bewerbungsverfahren, Feststellung der persönlichen und fachlichen Eignung, Umgang mit Verdachtsfällen, Arbeitsrecht), der Organisationsentwicklung (Ausgestaltung präventiv wirkender Einrichtungsstrukturen und der Entwicklung von Präventionskonzepten zum Schutz der unterge- brachten Kinder und Jugendlichen) sowie der fachlichen Qualifizierung für den adäquaten Umgang mit sexuell auffälligen und zum Teil grenzverletzenden Kindern und Jugendlichen und der Entwicklung spezieller Konzeptionen für die stationäre Betreuung von minderjährigen Sexualtätern.

Neben diesen Aktivitäten hat das Land seit 2010 die Präventionsmaßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt um mehrere Ansätze erweitert.

Die Kinderschutzzentren Hannover und Oldenburg führen beispielsweise das Projekt „Sichere Orte - Institutionelle Qualitätsentwicklung zur Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt gegen Mädchen und Jungen durch Mitarbeitende“ durch. Insgesamt drei Jugend- bzw. Behinderteneinrichtungen werden im Zeitraum September 2010 bis Dezember 2011 bei der Entwicklung von Kinderschutzkonzepten bei sexuellen Übergriffen beraten und unterstützt.

Mit Förderung des Landes wurde darüber hinaus zum 1. April 2011 die Präventionsstelle Kinderschutzkonzepte beim Deutschen Kinderschutzbund, Landesverband Niedersachsen, eingerichtet. Bausteine des Projektes sind die Qualifizie

rung von Fachkräften und anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Etablierung eines Beschwerdemanagements und Verfahrensablaufs sowie die lokale Netzwerkbildung zu Fachberatungsstellen und weiteren Fachleuten.

Ein weiteres aktuelles und mit Landesmitteln gefördertes Vorhaben, das Präventionsprojekt „Grenzgebiete - sexuelle Übergriffe unter Jugendlichen“, richtet sich in besonderer Weise an Jugendarbeit und Schulen. Die Landesstelle Jugendschutz hat in Kooperation mit der Theaterpädagogischen Werkstatt Osnabrück ein theaterpädagogisches Projekt entwickelt, das landesweit Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte erreichen soll. Zur Bekanntmachung fanden für Fachkräfte der Jugendarbeit und Lehrkräfte im Mai 2011 drei Auftaktveranstaltungen statt. Im Rahmen des Projektes können Schulen und Träger der Jugendhilfe kostenfrei die Theateraufführung, Infoveranstaltungen und Fortbildungen buchen. Als Begleitmaterialien stehen Projekt- sowie Elternflyer zur Bestellung zur Verfügung. Das Projekt wird im Zeitraum von Dezember 2010 bis Jahresende 2012 durchgeführt.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen und die Ausführungen zu 2. verwiesen.

Anlage 22

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 23 der Abg. Ralf Briese und Enno Hagenah (GRÜNE)

Wird sich die Landesregierung für eine Güterumgehungstrasse im Raum Oldenburg im Bundesverkehrswegeplan und im Landes-Raumordnungsprogramm einsetzen?

Die Proteste gegen den zu erwartenden Bahnlärm nach der Eröffnung des JadeWeserPorts im Jahr 2012 in Oldenburg nehmen weiter zu. Am Samstag, dem 27. August, haben erneut viele Menschen für die rechtzeitige Lärmvorsorge und für eine Bahnumgehungstrasse in Oldenburg demonstriert. Viele Bahnanlieger sind vor allem sehr enttäuscht von der Deutschen Bahn AG, dem Bund und dem Land Niedersachsen, weil den Anwohnern an der Bahnstrecke ein effektiver Lärmschutz vor der Inbetriebnahme des neuen Tiefwasserhafens zugesagt wurde. Dieses Versprechen scheint nicht mehr eingehalten werden zu können, da der neue Superhafen 2012 in Betrieb gehen wird, aber der Lärmschutz in Oldenburg frühestens in den Jahren 2016 oder gar erst 2018 kommen wird. Die notwendigen Finanzie

rungszusagen für den Lärmschutz vom Bund sind bisher zudem nicht gegeben.

Im Zusammenhang mit Auswirkungen des JadeWeserPorts und den Befürchtungen der Anlieger der Bahnstrecke Wilhelmshaven–Oldenburg hat Herr Verkehrsminister Bode am 11. Juli 2011 in einem Interview mit der Oldenburger Nordwest-Zeitung sinngemäß auch geäußert, dass langfristig eine Güterumgehungstrasse im Raum Oldenburg eine mögliche Option sei, um die Menschen vor gesundheitsschädigendem Lärm zu schützen. Entsprechende Infrastrukturvorhaben haben eine lange Planungsvorlaufzeit. Daher ist bereits heute effektives politisches Handeln notwendig, wenn die Umgehungstrasse überhaupt eine Chance haben soll.

Der Bundesverkehrswegeplan wird bis zum Jahr 2015 neu fortgeschrieben und überarbeitet. Daher wären Schritte zur Verankerung der Umgehungstrasse im Bundesverkehrswegeplan jetzt notwendig. Gleichzeitig müsste die Landesregierung auch das Raumordnungsprogramm des Landes ändern, damit die von Minister Bode ins Spiel gebrachte Umgehungstrasse in der Landesplanung Berücksichtigung findet.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wird sich die Landesregierung für eine Güterumgehungstrasse um Oldenburg im Bundesverkehrswegeplan einsetzen bzw. eine Güterumgehungstrasse für den Großraum Oldenburg bei der nächsten Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans anmelden?

2. Wird die Landesregierung eine Güterumgehungstrasse im Raumordnungsprogramm des Landes berücksichtigen?

3. Welche konkreten Schritte wird die Landesregierung für die Umgehungstrasse im Raum Oldenburg in nächster Zeit in Angriff nehmen, damit das Projekt Güterumgehungstrasse eine Realisierungschance hat?

Das Bestandsnetz der Schieneninfrastruktur ist in seinen Grundzügen über 150 Jahre alt. Kennzeichen der ursprünglichen Streckenführung ist die Verbindung der wichtigen Städte. Somit führen auch heute noch die meisten Eisenbahnstrecken mitten durch die Städte bzw. sind die Städte sogar Knotenpunkt mehrerer Strecken und haben in ihrer Entwicklung erheblich von dieser Situation profitiert. Insoweit stellt die Lage der Stadt Oldenburg an mehreren Eisenbahnstrecken keine Besonderheit in Deutschland dar. Insgesamt hat die Bedeutung des Eisenbahnnetzes und damit auch der Knoten Oldenburg an Bedeutung verloren. Dieses liegt zum einen am Wegfall einiger Verbindungen wie z. B. nach Norden über Jever. Es liegt aber auch am Rückbau von zwei Gleisen auf ein Gleis, wie es teilweise für die Strecke Olden

burg–Wilhelmshaven zutrifft. Dieser Rückbau wird nun für den neuen Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven rückgängig gemacht. Wie schon häufig erwähnt, hat der Bund den Anwohnern dieser Strecke einen weitaus größeren Lärmschutz zugesagt, als rechtlich vorgeschrieben wäre. Das Land hat auch Vorsorge getragen, dass die dann erhöhte Kapazität der Strecke durch den durchgängigen Ausbau auf zwei Gleise erst dann genutzt wird, wenn der zugesagte Lärmschutz installiert ist. Auf diese Weise werden die Anwohner der Strecke geschützt, während zugleich die Stadt Oldenburg ihre Vorstellungen für die bauliche Gestaltung des Bahnübergangs Alexanderstraße umsetzen kann. Wie Minister Bode im Interview angesprochen hat, ist mit der Einführung lärmarmer Güterwagen ohnehin mit einem zukünftig leiseren Güterverkehr zu rechnen.

Es ist auch zu bedenken, dass eine Umgehungsstrecke - je nach Lage und Gestaltung - Auswirkungen auf Abschnitte der Strecke Oldenburg– Hude haben könnte. Diese Strecke ist mit Unterstützung des Landes in das Lärmsanierungsprogramm des Bundes aufgenommen worden. Der Bund stellt jährlich 100 Millionen Euro für die Lärmsanierung bereit. Im Sinne der Anwohner an dieser gesamten Strecke sollte vorab geprüft werden, ob für diese der Status im Lärmsanierungsprogramm aufrechtzuerhalten wäre oder ob dann aufgrund der geringeren Betroffenheit die Sanierung vom Bund nicht mehr angestrebt wird.

Minister Bode hat in einem Interview auf die Frage nach seiner Meinung zu einem solchen Projekt seine Sympathie geäußert und mitgeteilt, dass eine Umfahrungsstrecke ein langfristig anzustrebendes Ziel sei. Entsprechende Umfahrungsprojekte für den Straßen- und Schienenverkehr sind in vielen Orten langfristig erstrebenswerte Ziele, um so Verkehre aus den Städten heraushalten zu können.

Geeignete Finanzierungsinstrumente sind Voraussetzung, um ein solches Projekt in Angriff nehmen zu können. Angesichts der geringen verkehrlichen Wirkung und angesichts der zu erwartenden geringen Entlastung für die Anwohner bei gleichzeitiger Beanspruchung der Landschaft ist für eine Umgehungstrasse derzeit kein gangbarer Weg erkennbar.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt: