Protokoll der Sitzung vom 16.09.2011

Hilft das Land den vom Abzug der britischen Streitkräfte betroffenen Gebietskörperschaften bei der Nachnutzung der Liegenschaften?

In absehbarer Zeit werden die britischen Stationierungsstreitkräfte ihre Standorte in Deutschland aufgeben. Dabei werden im Regelfall große Gebäude- und Grundstücksflächen frei, die einer Nachnutzung bedürfen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Gebietskörperschaften in Niedersachsen sind vom Abzug der britischen Streitkräfte betroffen?

2. In welcher Form und gegebenenfalls mit welchem Ergebnis ist die Landesregierung bereits tätig geworden, um die betroffenen Gebietskörperschaften bei der Nachnutzung von frei werdenden Gebäuden und Flächen zu unterstützen?

3. Für welche Gebietskörperschaften gibt es bereits konkrete Nachnutzungsplanungen?

Nachdem die britische Regierung im Oktober 2010 angekündigt hatte, ihre Streitkräfte bis 2015 um 50 % und bis spätestens 2020 vollständig aus der Bundesrepublik Deutschland abzuziehen, haben bereits im November 2010 erste Gespräche zwischen der Niedersächsischen Landesregierung, den britischen Streitkräften und den vom Abzug der britischen Streitkräfte aus Deutschland betroffenen niedersächsischen Kommunen stattgefunden.

Die Niedersächsische Landesregierung setzt auf ein größtmögliches Maß an frühzeitiger Information und Transparenz. Hierzu wurde in der 23. Sitzung der Niedersächsischen Landesregierung am 11. Januar 2011 beschlossen, einen interministeriellen Arbeitskreis (IMAK) unter Federführung des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport einzusetzen. Der IMAK unterstützt die betroffenen Kommunen insbesondere durch einen Informationsaustausch zwischen allen beteiligten Ebenen (Standortkommunen, Landesverwaltung, Bundesverwaltung), um Möglichkeiten einer Förderung oder sonstigen Hilfestellung zu identifizieren.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: In Niedersachsen sind die Standorte Hameln (zur Garnison Paderborn gehörend), Bergen, Bad Fallingbostel und Celle (alle zur Garni- son Hohne gehörend) vom Abzug der britischen Streitkräfte betroffen. Darüber hinaus gibt es noch vereinzelte Liegenschaften, z. B. in Hannover, Bückeburg und Rinteln (Prince Rupert School).

Die Anzahl der britischen Soldaten und Angehörigen umfasst insgesamt ca. 11 000 Personen.

Zu 2: Bezüglich des geplanten Abzugs der britischen Streitkräfte und der hieraus resultierenden Herausforderungen für die regionale und kommunale Ebene hat das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung (ML) seit Januar 2011 - zumeist gemeinsam mit der Regierungsvertretung Lüneburg, die koordinierend vor Ort tätig ist - mit Vertretern der Landkreise Heidekreis und Celle

sowie der in diesem Bereich betroffenen Städte und Gemeinden Informations- und Beratungsgespräche wahrgenommen.

Im Hinblick auf eine zukunftsfähige Entwicklung der Region und der Kommunen vor dem Hintergrund der zu erwartenden gravierenden Problemstellungen ist angesichts der strukturellen und funktionalen interkommunalen und regionalen Verflechtungen im Raum Heidekreis/Celle vonseiten des ML angeregt worden, ein Projekt interkommunaler und kreisgrenzenübergreifender Zusammenarbeit und Abstimmung durchzuführen. In einem integrativ ausgerichteten Prozess sollen umsetzungsorientierte Strategien und daraus abgeleitete konkrete Maßnahmen für eine tragfähige Siedlungs- und wirtschaftliche Entwicklung erarbeitet werden. Hierfür wurden Fördermittel aus dem Regionalisierungsfonds des ML - der auf die Unterstützung regionaler Zusammenarbeit und Vernetzung ausgelegt ist - mit einer Förderquote von 75 % sowie eine intensive Prozessberatung und -begleitung seitens der Regierungsvertretung Lüneburg und des ML in Aussicht gestellt.

Die betroffenen Landkreise sowie Städte und Gemeinden haben diese Anregung aufgegriffen und Beschlüsse zur Durchführung eines derartigen Projekts in ihren Gremien herbeigeführt. Thematische Schwerpunkte des Projekts sollen unter Berücksichtigung des demografischen Wandels die Problematik der freiwerdenden zivilgenutzten Wohnungen sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen sein.

Derzeit wird der Förderantrag für dieses Projekt unter Federführung des Heidekreises erarbeitet. Der Beginn des Projekts ist für dieses Jahr beabsichtigt, Projektlaufzeit soll bis Mitte 2014 sein. Nach derzeitigem Kenntnisstand betragen die Projektkosten insgesamt 240 000 Euro.

Daneben stehen den betroffenen Gebietskörperschaften und Interessenten für frei werdende Gebäude- und Grundstücksflächen sämtliche Förderprogramme der Landesregierung zur Verfügung, soweit die Fördervoraussetzungen im Einzelfall erfüllt werden.

Beispielhaft aufgeführt sind dies im Bereich des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr u. a.:

- Businessplanförderung/Wachstumsprojekte zur Steigerung von Wachstum und Beschäftigung, orientiert an Wertschöpfungsketten einer Region

- Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur

- einzelbetriebliche Förderung

- Förderung Beherbergungsgewerbe und von touristischer Infrastruktur

- Förderung des Wissens- und Technologietransfers in Gebietskörperschaften

- Gründungscoaching, „Gründercampus“

- Innovationsförderprogramm, Innovationsnetzwerke

- Arbeits- und Beschäftigungsförderung/Berufliche Qualifizierung bei besonderen Qualifizierungsbedarfen

Ausführliche Beschreibungen dieser und weiterer Förderprogramme sind auf den Internetseiten der NBank einsehbar.

Im Übrigen hat der IMAK von Beginn an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die für die Verwertung von künftig frei werdenden Bundesliegenschaften (Kasernengelände und Wohnun- gen) zuständig ist, eng in die Tätigkeit einbezogen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben arbeitet dazu konstruktiv mit den betroffenen Kommunen zusammen, um im Sinne aller Beteiligten Lösungen zur Nachnutzung vorzubereiten und zu realisieren.

Zu 3: Bereits vor ihrer letztjährigen Ankündigung zum Abzug der britischen Streitkräfte aus der Bundesrepublik Deutschland hatte die britische Regierung im Jahre 2006 bekannt gegeben, dass die in Osnabrück stationierten britischen Streitkräfte abgezogen werden. Die dortige Garnison ist zum 31. März 2009 geschlossen worden.

Im Rahmen des Teilprogramms „Stadtumbau West“ des Bund-Länder-Programms der Städtebauförderung des Landes Niedersachsen werden seit dem Programmjahr 2008 die Stadtumbaumaßnahmen der Stadt Osnabrück „Konversionsstandort Westerberg“ (Scharnhorst-Kaserne und Metzner-Kaserne) und „Konversionsstandort Hafen“ (Winkelhausenkaserne) gefördert. Fördergegenstand ist die jeweilige Stadtumbaumaßnahme als Gesamtmaßnahme zur städtebaulichen Erneuerung der Konversionsflächen.

Ziel der Stadtumbaumaßnahme „Konversionsstandort Westerberg“ ist aufgrund der Nähe zur Universität und zur Fachhochschule die Errichtung eines Wissenschaftsparks zur Ansiedlung von Existenzgründungsunternehmen in Kombination mit gehobener Wohnbebauung.

Ziel der Stadtumbaumaßnahme „Konversionsstandort Hafen“ ist die Entwicklung als Standort für Dienstleistung und Gewerbe im Zusammenhang mit der Entstehung eines Logistikzentrums für den Güterverkehr mit Anschluss an das Straßen- Schienen- und Wasserverkehrswegenetz.

Förderfähig im Rahmen einer Stadtumbaumaßnahme als städtebauliche Gesamtmaßnahme sind u. a. städtebauliche Investitionen, die der städtebaulichen Neuordnung sowie der Wiedernutzung von z. B. Militärbrachen dienen. Dazu zählen Maßnahmen wie die bauliche Anpassung der Infrastruktur, die Aufwertung sowie der Umbau des vorhandenen Gebäudebestandes oder auch der Rückbau leerstehender, dauerhaft nicht mehr benötigter Gebäude oder Infrastruktur.

Anlage 26

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 27 der Abg. Helge Limburg, Miriam Staudte und Filiz Polat (GRÜNE)

Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus dem Beschluss der Bundesregierung, ihre Vorbehaltserklärung zur UNKinderrechtskonvention zurückzunehmen?

Am 3. Mai 2010 hat das Bundeskabinett beschlossen, die Vorbehalte zur UNKinderrechtskonvention zurückzunehmen. Mit der Hinterlegung der rechtsverbindlichen Rücknahmeerklärung der Bundesregierung bei der UN in New York ist dieser Beschluss zum 15. Juli 2010 rechtswirksam geworden.

Durch diesen formalen Akt wird der Weg freigemacht, hier lebenden Flüchtlingskindern die gleichen Rechte zu gewähren wie allen anderen Kindern auch. Kinderrechte nach der UNKinderrechtskonvention müssen nun auch in asyl- und ausländerrechtlichen Verfahren zur Anwendung kommen. Minderjährige dürfen in diesen Verfahren nicht mehr bereits ab dem Alter von 16 Jahren wie Erwachsene behandelt werden.

Die Bundesjustizministerin hat am 15. Juli 2010 anlässlich der Rücknahme des Vorbehalts zur UN-Kinderrechtskonvention die Länder aufgefordert, „ihre legislative Praxis und die Gesetzesanwendung kritisch zu überprüfen.“ So müsse die Abschiebehaft auf die kürzeste noch angemessene Zeit reduziert werden. Bei der Anwendung des Asylbewerberleistungsgesetzes, vor allem bei der medizinischen Versorgung, sollten die Sozialbehörden auf die besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen Rücksicht nehmen. In Asylverfahren sollte Jugendlichen nicht nur bis zum 16. Lebensjahr, sondern bis zum

18. Lebensjahr ein angemessener Rechtsbeistand zur Seite gestellt werden. Es gebe auch keine Verpflichtung, minderjährige Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften zu beherbergen.

Auch Organisationen wie Pro Asyl und terre des hommes haben gesetzliche Konsequenzen aus der Rücknahme der Vorbehalte gegen die UN-Kinderrechtskonvention gefordert.

Beobachter halten es für notwendig, auch die Kommunalverwaltungen über die Konsequenzen aus dem Beschluss, die Vorbehalte gegen die UN-Kinderrechtskonvention zurückzunehmen, zu informieren. Uns liegen Berichte vor, wonach Verwaltungen auf kommunaler Ebene nicht ausreichend über die Konsequenzen aus der Rücknahme der Vorbehalte gegen die UNKinderrechtskonvention informiert worden sind.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Verwaltungsvorschriften hat die Landesregierung erlassen oder geändert, um zu gewährleisten, dass sich die Rücknahme der Vorbehalte gegen die UNKinderrechtskonvention auch im Verwaltungshandeln niederschlägt?

2. In welcher Weise hat die Landesregierung die Verwaltungen auf kommunaler Ebene darüber informiert, welche Konsequenzen für das Verwaltungshandeln aus der Rücknahme der Vorbehalte gegen die UN-Kinderrechtskonvention zu ziehen sind?

Die von Deutschland im Jahre 1992 abgegebene Zusatzerklärung zur UN-Kinderrechtskonvention hielt im Wesentlichen fest, dass die UN-Kinderrechtskonvention nicht dahin gehend ausgelegt werden dürfe, dass die widerrechtliche Einreise oder der widerrechtliche Aufenthalt eines minderjährigen Ausländers allein wegen dessen Minderjährigkeit erlaubt würde. Damit sollten Fehl- und Überinterpretationen im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der Kinderrechtskonvention vermieden werden. Die Erklärung war somit kein Vorbehalt, der Nachteile oder Einschränkungen für Kinder zur Folge haben sollte, sondern lediglich eine Klarstellung über die Rechtsfolgen der Konvention. Mit der Rücknahme dieser deklaratorischen Erklärung im Jahre 2011 sollte verdeutlicht werden, dass die Bundesrepublik Deutschland Kinderrechte ohne Vorbehalt achtet und schützt. Durch diesen Akt ist deshalb auch kein zusätzlicher Handlungsbedarf für Änderungen im Bereich des Aufenthalts- und Asylrechts entstanden. Die Regelungen des deutschen Aufenthalts- und Asylrechts sowie des Jugendhilferechts entsprachen bereits vor der Rücknahme der Erklärung den Anforderungen der Kinderrechtskonvention. Die Erfordernisse des Kindeswohls fließen

nach wie vor als besonders gewichtiger Gesichtspunkt in die von den Ausländerbehörden zu treffenden Entscheidungen ein. Insbesondere unbegleiteten Minderjährigen werden wie bisher nach Maßgabe des Achten Buchs des Sozialgesetzbuchs Leistungen entsprechend dem von den örtlich zuständigen Jugendämtern festgestellten Jugendhilfebedarf gewährt.

Auch bei der Anwendung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) wird Rücksicht auf die besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen genommen. Den besonderen Bedürfnissen von Kindern wird durch die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 1 AsylbLG Rechnung getragen. Als leistungsrechtliche Auffangklausel normiert § 6 Abs. 1 AsylbLG die Möglichkeit, sonstige Leistungen insbesondere zu gewähren, wenn sie im Einzelfall zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten sind.

Die besonderen Belange von ausreisepflichtigen unbegleiteten Minderjährigen, die in ihre Heimat zurückkehren müssen, werden in vollem Umfang im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) berücksichtigt.